Im Rahmen meiner Serie zum Professorenentwurf für ein neues Bundesarchivgesetz
http://archiv.twoday.net/stories/4838980/
wende ich mich § 18 (Ablieferung von Belegexemplaren) Absatz 2 vor. Der Vorschlag lautet:
Die in § 6 Abs. 1 genannten Stellen sind verpflichtet, dem Bundesarchiv ein Exemplar der von ihnen herausgegeben oder in ihrem Auftrag erschienenen Druckschriften und anderen Veröffentlichungen zur Übernahme anzubieten.
Die Begründung (S. 222f., 225) geht vor allem auf den Absatz 1 (Benutzerbelegexemplar) ein, zu Absatz 2 wird lediglich ausgeführt, dass es Parallelen im Archivrecht einiger Länder gibt, dass die Bestimmung nach den Erfahrungen der Staatsarchive notwendig sei, da sonst die Archive die Druckschriften nicht vollzählig erhielten und dass es sich - eine Formulierung aus einer Bremischen Landtagsdrucksache aufgreifend - regelmäßig um besonders wichtige Unterlagen handle, die schon im Vorfeld der Anbietung normaler Unterlagen bereits nach dem Erscheinen den Archiven anzubieten seien.
Diese kursorischen Bemerkungen schürfen ganz an der Oberfläche des Problems. Archivare sprechen von Amtsdrucksachen oder Amtsdruckschriften, Bibliothekare überwiegend von Amtsdruckschriften.
Es mag ja sein, dass Archivare eine solche Ablieferungspflicht für nützlich halten, aber von Informationsrechtlern erwarte ich eine strikte Kontextualisierung im Rahmen eines "Informationsgesetzbuches", die sich die Frage stellt, ob Archive oder Bibliotheken oder womöglich beide diese Schriften für die Nachwelt sammeln sollen und ob dafür eine gesetzliche Grundlage sinnvoll ist. Ohne Bibliotheksrecht kann man hier kein Archivrecht betreiben!
Als bibliothekarisches Portal zu diesem Thema ist zu nennen:
http://amtsdruckschriften.staatsbibliothek-berlin.de/
Dort erfährt man auch, dass die Ablieferung der amtlichen Druckschriften des Bundes durch einen Erlass aus dem Jahr 1958 (Text ebenda) geregelt ist und einige Bibliotheken als Amtsdrucksachen-Pflichtexemplar-Bibliotheken genannt werden.
Zu landesrechtlichen Vorschriften verweise ich auf einige Notizen im Weblog des Bibliotheksjuristen Steinhauer:
http://www.bibliotheksrecht.de/?tag=amtsdruckschriften
Alle entscheidenden Fragen lässt der Regelungsvorschlag daher offen:
* Wie sind bibliothekarische und archivarische Interessen an amtlichen Drucksachen und anderen Veröffentlichungen (Websites?) abzugrenzen?
* Wäre es sinnvoll, den Amtsdrucksachenerlass des Bundes auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen (und folgerichtig neben den bedachten Bibliotheken auch das Bundesarchiv als Pflichtexemplarstelle zu verankern)?
* Wäre es sinnvoll, ein digitales Informationssystem des Bundes zu schaffen (siehe auch für die USA http://www.gpoaccess.gov/ ), wobei hinsichtlich der Archivierung der veralteten Dokumente die Deutsche Nationalbibliothek ("Digitales Pflichtexemplar") und nicht das Bundesarchiv ins Spiel käme?
In diesem digitalen Informationssystem würde die gesamte Öffentlichkeitsarbeit aller Bundesbehörden den Bürgern "Open Access" angeboten.
* Sollte man nicht liberale Nachnutzungsmöglichkeiten der öffentlichen Informationen (in den USA sind ja die Werke der Bediensteten des Federal Government vom Urheberrechtsschutz gänzlich ausgenommen) schaffen? Zur Problematik des Informationsweiterverwendungsgesetzes siehe
http://archiv.twoday.net/stories/3095107/
Bevor diese Fragen nicht beantwortet und erörtert sind, ist es nicht sinnvoll, ein Amtsdruckschriftenbelegexemplar in das Bundesarchivgesetz aufzunehmen. Die Autoren des ProfE hätten die Aufgabe gehabt, einer bornierten Selbstgenügsamkeit auszuweichen, die nur die Wünsche der Archive sieht, sich aber einer größeren Einordnung in informationsrechtliche Fragen verweigert.
(Abgesehen davon, dass man sicher auch archivische Sekundärliteratur zu Amtsdrucksachen anführen könnte, die von den Verfassern hätte gesichtet werden müssen und sei es nur der in der Archivwissenschaftlichen Bibliographie auf der Website der Archivschule Marburg nachgewiesene Titel aus der den Verfassern durchaus bekannten Festschrift für Kahlenberg 2000: Dolatowski,
Das Bemühen um Amtsdruckschriften als bleibende Herausforderung)
http://archiv.twoday.net/stories/4838980/
wende ich mich § 18 (Ablieferung von Belegexemplaren) Absatz 2 vor. Der Vorschlag lautet:
Die in § 6 Abs. 1 genannten Stellen sind verpflichtet, dem Bundesarchiv ein Exemplar der von ihnen herausgegeben oder in ihrem Auftrag erschienenen Druckschriften und anderen Veröffentlichungen zur Übernahme anzubieten.
Die Begründung (S. 222f., 225) geht vor allem auf den Absatz 1 (Benutzerbelegexemplar) ein, zu Absatz 2 wird lediglich ausgeführt, dass es Parallelen im Archivrecht einiger Länder gibt, dass die Bestimmung nach den Erfahrungen der Staatsarchive notwendig sei, da sonst die Archive die Druckschriften nicht vollzählig erhielten und dass es sich - eine Formulierung aus einer Bremischen Landtagsdrucksache aufgreifend - regelmäßig um besonders wichtige Unterlagen handle, die schon im Vorfeld der Anbietung normaler Unterlagen bereits nach dem Erscheinen den Archiven anzubieten seien.
Diese kursorischen Bemerkungen schürfen ganz an der Oberfläche des Problems. Archivare sprechen von Amtsdrucksachen oder Amtsdruckschriften, Bibliothekare überwiegend von Amtsdruckschriften.
Es mag ja sein, dass Archivare eine solche Ablieferungspflicht für nützlich halten, aber von Informationsrechtlern erwarte ich eine strikte Kontextualisierung im Rahmen eines "Informationsgesetzbuches", die sich die Frage stellt, ob Archive oder Bibliotheken oder womöglich beide diese Schriften für die Nachwelt sammeln sollen und ob dafür eine gesetzliche Grundlage sinnvoll ist. Ohne Bibliotheksrecht kann man hier kein Archivrecht betreiben!
Als bibliothekarisches Portal zu diesem Thema ist zu nennen:
http://amtsdruckschriften.staatsbibliothek-berlin.de/
Dort erfährt man auch, dass die Ablieferung der amtlichen Druckschriften des Bundes durch einen Erlass aus dem Jahr 1958 (Text ebenda) geregelt ist und einige Bibliotheken als Amtsdrucksachen-Pflichtexemplar-Bibliotheken genannt werden.
Zu landesrechtlichen Vorschriften verweise ich auf einige Notizen im Weblog des Bibliotheksjuristen Steinhauer:
http://www.bibliotheksrecht.de/?tag=amtsdruckschriften
Alle entscheidenden Fragen lässt der Regelungsvorschlag daher offen:
* Wie sind bibliothekarische und archivarische Interessen an amtlichen Drucksachen und anderen Veröffentlichungen (Websites?) abzugrenzen?
* Wäre es sinnvoll, den Amtsdrucksachenerlass des Bundes auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen (und folgerichtig neben den bedachten Bibliotheken auch das Bundesarchiv als Pflichtexemplarstelle zu verankern)?
* Wäre es sinnvoll, ein digitales Informationssystem des Bundes zu schaffen (siehe auch für die USA http://www.gpoaccess.gov/ ), wobei hinsichtlich der Archivierung der veralteten Dokumente die Deutsche Nationalbibliothek ("Digitales Pflichtexemplar") und nicht das Bundesarchiv ins Spiel käme?
In diesem digitalen Informationssystem würde die gesamte Öffentlichkeitsarbeit aller Bundesbehörden den Bürgern "Open Access" angeboten.
* Sollte man nicht liberale Nachnutzungsmöglichkeiten der öffentlichen Informationen (in den USA sind ja die Werke der Bediensteten des Federal Government vom Urheberrechtsschutz gänzlich ausgenommen) schaffen? Zur Problematik des Informationsweiterverwendungsgesetzes siehe
http://archiv.twoday.net/stories/3095107/
Bevor diese Fragen nicht beantwortet und erörtert sind, ist es nicht sinnvoll, ein Amtsdruckschriftenbelegexemplar in das Bundesarchivgesetz aufzunehmen. Die Autoren des ProfE hätten die Aufgabe gehabt, einer bornierten Selbstgenügsamkeit auszuweichen, die nur die Wünsche der Archive sieht, sich aber einer größeren Einordnung in informationsrechtliche Fragen verweigert.
(Abgesehen davon, dass man sicher auch archivische Sekundärliteratur zu Amtsdrucksachen anführen könnte, die von den Verfassern hätte gesichtet werden müssen und sei es nur der in der Archivwissenschaftlichen Bibliographie auf der Website der Archivschule Marburg nachgewiesene Titel aus der den Verfassern durchaus bekannten Festschrift für Kahlenberg 2000: Dolatowski,
Das Bemühen um Amtsdruckschriften als bleibende Herausforderung)
KlausGraf - am Freitag, 4. April 2008, 22:16 - Rubrik: Archivrecht