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Verfahren zur Herstellung von Citronensäure mittels Pilzen Bekanntlich
verwandeln manche Pilze, wenn sie auf Zuckerlösungen, welche die erforderlichen
anorganischen Nährstoffe enthalten, gewachsen sind, einen Teil des Zuckers in Citronensäure,
und man hat bereits mehrere Verfahren zur Bildung von Citronensäure mit Hilfe von
Pilzen vorgeschlagen. Der bisherige Stand der Arbeiten über die Citronensäuregärung
mittels Pilzen erhellt aus dem im Journal of Biological Chemistry Vol. XXXI zg=7,
Seite 15, veröffentlichten Aufsatz von J. N. Currie, wo der Verfasser einen Bericht
über seine eigenen Versuche gibt und auch auf Arbeiten anderer Forscher, insbesondere
von Wehmer und Zahorski, hinweist.
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Bei dem Versuche, die Citronensäuregärung in einem technisch-wirtschaftlichen
Maßstabe auszuführen, haben sich indessen verschiedene Schwierigkeiten ergeben,
die vor allem darin bestehen, daß man die Lösung vor einer Verunreinigung durch
metallische oder andere Beimengung schützen und die Medien vor einer Infizierung
durch fremde, auf die Citronensäuregärung störend einwirkende Organismen bewahren
muß. Beim laboratoriumsmäßigen Arbeiten lassen sich diese Schwierigkeiten leicht
vermeiden, da die zu vergärende Flüssigkeit in dem gleichen Behälter, in dem sie
vergoren wird, gewöhnlich einem kleinen Glasgefäß, durch Hitze sterilisiert werden
kann.
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Beim industriellen Arbeiten in großen Behältern dagegen ist die Sterilisierung
der Flüssigkeit durch Hitze mit großen Übelständen verbunden, da die verwendeten
Pilze schon gegen Spuren von metallischen oder sonstigen Verunreinigungen, die bei
diesen Behältern kaum zu vermeiden sind, äußerst empfindlich sind und in ihrem Gärungswert
bei der Anwesenheit solcher Verunreinigungen auf einen ganz niedrigen Betrag sinken.
Abgesehen davon bleibt auf alle Fälle die Gefahr der Infizierung durch Mikroorganismen
nach der Kühlung oder Impfung bestehen. Anderseits wird bei Verzicht auf die Sterilisierung
das Wachstum der gewünschten Organismen fast immer durch die Entwicklung von fremden
Organismen, wie Bakterien, Hefearten oder anderen Pilzen, gestört, die zur Zeit
der Impfung vorhanden sind oder hernach in die Lösung gelangen.
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Das Vorhandensein dieser Schwierigkeiten hat man natürlich erkannt,
und J. N. Currie weist in dem eingangs erwähnten Aufsatz daher darauf hin, daß die
Gefahr der Infizierung weitgehend verringert werden kann, wenn zu der Lösung eine
kleine Menge Salzsäure zugegeben wird, wodurch eine vollständige Sterilisierung
bei einmaliger, 30 Minuten dauernder Erhitzung in Dampf von Atmosphärendruck
ermöglicht wird. J. N.Curriehataberdabeinurinkleinem Maßstabe gearbeitet, indem
er nicht mehr als z 1 Lösung für jeden Versuch benutzt hat. Außerdem hat die Hitzesterilisierung
auch beim Arbeiten mit kleinen Gefäßen den Nachteil, daß sie Hydrolyse hervorzurufen
sucht.
Nach der Erfindung wird nun, um die Erzeugung von Citronensäure
mittels Pilzen, insbesondere Kolbenschimmelpilzen, aus einer die erforderlichen
Nährstoffe enthaltenden Rohrzuckerlösung in einem technisch-industriellen Maßstäbe
mit guter Ausbeute und günstigem Wirkungsgrad zu verwirklichen, der Schutz der zu
behandelnden Medien vor der Gefahr der Infizierung in anderer Weise als durch Hitzesterilisierung
bewirkt. Versuche haben gezeigt, daß Salzsäure, in verhältnismäßig großen Mengen
zur Lösung zugegeben, die Hitzesterilisierung unnötig macht. Die zuzugebenden Salzsäuremengen,
die in gewissem Grade von den anderen Bestandteilen der Lösung abhängen, werden
erfindungsgemäß so bemessen, daß sie genügen, die Wasserstoffionenkonzentration
auf einen pH-Wert im Bereiche von 1,a bis 2,5 zu bringen, bei dem nicht nur Bakterien,
sondern auch Hefearten und eine große Mehrzahl anderer Pilze am Wachstum gehindert
werden, die gewählten Organismen dagegen keine Hemmung erfahren. Durch diese Säurezugabe
läßt sich auf einfache Weise die Hitzesterilisierung mit ihren Nachteilen im Großbetrieb
vermeiden.
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Es ist bekannt, daß Pilze am besten in Flüssigkeiten mit saurer Reaktion
gedeihen. Auch hat schon J. N. Currie festgestellt, daß Kolbenschimmelpilze Citronensäure
in einem sauren Medium erzeugen, und gibt hierfür in dem mehrfach angeführten Aufsatz
eine schwache Acidität mit einem PH von 3,5 bis 3,4 an. Ferner beschreibt Butkewitsch
in der Biochemischen Zeitschrift 1924, Seite 177 bis igo, Versuche über Citrönensäureherstellung
mittels Pilzen in saurem Medium, bei denen die schwachen, durch das Wachsen der
Pilze hervorgerufenen natürlichen Aciditäten ausgenutzt werden, womit die von diesem
Forscher erzielten geringen Ausbeuten an Citronensäure in Übereinstimmung stehen.
Die erfindungsgemäß erforderliche und angewendete Acidität 'st ganz erheblich größer
und wird durch eine den Schutz der Kulturen vor fremden Organismen gewährleistende
Salzsäuremenge erreicht. Der dadurch mögliche Fortfall der Hitzesterilisierung hat
die günstige Folge, daß der Pilz zuerst am Rohrzucker und nachher am Invertzucker
wirkt, was zu den besten Ausbeuten an Citronensäure führt.
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Zweckmäßig ist es, die Zugabe der Salzsäure ;u den vergärenden Flüssigkeiten
nach der Erfindung vor der Impfung vorzunehmen. Vorteil-Jaft hat es sich ferner
erwiesen, die angesäuerte Lösung mit den Sporen von ausgewählten A,spergillusarten
und ähnlichen Pilzen, zu.impfen, lie günstige Fähigkeiten für die Citronenäureerzeugüng
besitzen und auf neutralem 3ährboden gezüchtet sind. Wenn auch erindungsgemäß eine
Hitzesterilisierung nicht nötig ist, kann man unter Umständen bei dem neuen Verfahren
auch eine Wärmezufuhr anwenden, die aber dann nicht so kräftig sein darf, daß sie
eine Verunreinigung der Flüssigkeit durch etwaige, vom Kessel stammende Verunreinigungen
oder eine schädliche Hydrolyse des Zuckers hervorruft.
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Um das Verfahren nach der Erfindung in ganz oder teilweise kontinuierlichem
Arbeitsgang bis zur Erschöpfung der Pilze durchzuführen, kann man während des Verlaufes
der Gärung eine Zugabe von weiterem Zucker zur Lösung vornehmen. Durch diesen Zusatz,
der absatzweise oder dauernd und mit oder ohne entsprechende Abführung von Citronensäureflüssigkeit
erfolgen kann, ergibt sich eine Erhöhung der in Prozenten auf den verwendeten Zucker
berechneten Ausbeute an Citroneilsäure. Die Steigerung der Ausbeute wird auch dadurch
begünstigt, daß die zugegebene frische Zucker-' lösung, da erfindungsgemäß eine
Hitzesterilisierung unnötig ist, nicht sterilisiert und daher nicht invertiert ist
und der Schimmelpilz besser auf nicht invertierten Zucker einwirkt. Auf gleiche
Weise wie Zucker können auch frische Nährstoffe allein oder zusammen mit Zucker
während der Gärung der Lösung zugegeben werden, um die Leistungsfähigkeit des Verfahrens
zu erhöhen.
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Da weiterhin bei der erfindungsgemäß ermöglichten Citronensäureherstellung
im technischen Großbetrieb in der Regel verhältnismäßig tiefe Behälter Verwendung
finden und der Citronensäure erzeugende Pilz nur in der obersten Schicht der Lösung
wächst, empfiehlt es sich, die Gesamtheit der Lösung durch Flüssigkeitsbewegung
mit. den Pilzen in Berührung zu bringen und auch die tiefer liegenden Schichten
der Lösung nutzbar zu machen. Diese Flüssigkeitsbewegung kann auf verschiedene Weise
erreicht werden, indem man z. B. Temperaturunterschiede an gegenüberliegenden Seiten
des Behälters hervorruft-oder die Flüssigkeit durch Pumpenwirkung im Kreislauf führt
oder einfach unterhalb der Pilze umrührt oder auch den die Flüssigkeit enthaltenden
Kessel in Umdrehung versetzt.
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Das Verfahren nach der Erfindung kann bei jeder Art von Rohrzucker,
die aus Zuckerrohr oder einem anderen Ausgangsmaterial gewonnen ist, Anwendung finden.
Auch ist es nicht allein für den industriellen Großbetrieb, sondern auch für einen
Laboratoriumsbetrieb oder sonstwie für einen kleineren Maßstab geeignet. Im einzelnen
kann zur Durchführung des Verfahrens beispielsweise nach folgenden Gesichtspunkten
vorgegangen werden i. Wahl der zu verwendenden Pilze Als Pilze werden vorzugsweise
einige der dunkelgefärbten Aspergilli oder Kolbenschimmelpilze benutzt, deren reife
Konidien braun,
bräunlichschwarz, purpurschwarz oder ganz schwarz
sein können und die in der Natur weit verbreitet sind. Diese Pilze, die sich z.
B. an Kaffeebohnen und im Innern von gewissen Pflanzengalläpfeln finden, geben gewöhnlich
die beste Ausbeute an Citronensäure aus Rohrzucker, erzeugen aber auch erhebliche
Mengen an anderen Stoffen, wie z. B. Invertzucker, Glukose, Laevulose, Maltose und
Glycerin, während aus Laktose noch keine nennenswerten Mengen von Citronensäure
gewonnen worden sind. Man erkennt die in erster Linie anzuwendenden Kolbenschimmelpilze
mit dunkelgefärbten Konidien daran, daß sie in Zuckerlösungen mit geeigneten Nährstoffen
und verhältnismäßig hohen Salzsäurekonzentrationen zu keimen vermögen und Citronensäure
aus Rohrzucker in Mengen bis zu 65 °/o des verwendeten Zuckers, berechnet als kristallinische
Citronensäure, bilden können. Sie erzeugen unter den gleichen Verhältnissen zu vernachlässigende
Spuren von anderen Säuren.
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2. Auswahl und Züchtung der Sporen Eine Anzahl von in der angegebenen
Weise erhaltenen Kolbenschimmelpilzen oder Aspergilli werden in Reinkultur isoliert
und z. B. auf einem das dichte Wachstum von Sporen begünstigenden Nährboden, beispielsweise
einem an Stärke reichen Medium, gezüchtet. Dann werden kleine Mengen einer--mit
Salzsäure angesäuerten und die gebräuchlichen Nährsalze für Pilze enthaltenden Zuckerlösung
mit den Sporen geimpft und bei 30' C bis zur Erschöpfung der Zuckermasse
ausgebrütet. Von einer Anzahl solcher Kulturen werden hierauf die besonderen Arten
ausgewählt, welche die größte Fähigkeit für die Citronensäureerzeugung erkennen
lassen und keine anderen Säuren unter diesen Verhältnissen hervorbringen oder ansammeln.
Nunmehr werden von den Mutterkulturen, von denen die ausgewählten Kulturen herstammen,
eine Anzahl von Unterkulturen gebildet, und zwar wiederum auf neutralem, die Sporenerzeugung
begünstigendem Medium, um genügend Sporen für die Impfung größerer Massen Zuckerlösung
für die Herstellung von Citronensäure entstehen zu lassen. Diese Kulturen werden
dann bei geeigneter Temperatur, etwa zwischen io ° und q:0 ° C, ausgebrütet. Die
verwendeten Aspergilli liefern ohne Züchtung aus Saat auf saurem Medium gute Ergebnisse,
doch kann auch solch ein saures Medium Verwendung finden.
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3. Bereitung und Impfung der Lösung Es wird eine Rohrzuckerlösung
mit einer Ausgangsstärke von io bis 2o°/o Zucker hergestellt, und dieser Lösung
werden die erforderlichen Nährstoffe, wie z. B. Ammoniumnitrat, Kaliumphosphat und
Magnesiumsulfat, zusummen mit einer Salzsäuremenge zugegeben, die genügt, die Wasserstoffionenkonzentration
auf einen pH-Wert im Bereich von 1,2 bis 2,5 zu bringen. Diese verhältnismäßig große
Salzsäurezugabe, die sich nach den jeweiligen Betriebsbedingungen ändert, hemmt,
wie - sich gezeigt hat, das Wachstum der ausgewählten Aspergilli nicht und bewirkt
auch keine Verminderung der Ausbeute an Citronensäure, während nur wenige andere
Organismen in einer solchen Lösung gedeihen können. Die Lösung wird dann bei einer
Temperatur von io ° bis 40'C ausgebrütet, bis der Zustand, bei dem der Citronensäuregehalt
der Lösung nicht weitersteigt, erreicht ist. Im allgemeinen nimmt die erforderliche
Brutdauer mit der Erhöhung der Temperatur ab, aber bei höheren Temperaturen kann
die Ausbeute leiden. Wenn die Inversion des Rohrzuckers schrittweise hauptsächlich
durch die Wirkung der Pilze und nicht vorher durch andere Agenzien hervorgerufen
wird, ergibt sich eine Verbesserung der Ausbeute. Nach vollständiger Beendigung
der Bildung von Citronensäure kann die Flüssigkeit abgeschieden und z. B. mit Kalk
oder Kreide neutralisiert werden, während das Calcium- oder sonstige $alz der Citronensäure
ausgefällt und die Säure durch Zersetzung in üblicher Weise wiedergewonnen werden
kann. Die Flüssigkeit kann auch unmittelbar als Citronensäurelösung Verwendung finden
oder zur Erzielung von Citronensäurekristallen, die gegebenenfalls weiter gereinigt
werden können, durch Verdampfung eingeengt werden.
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Nach der Beendigung des Verfahrens bleibt gewöhnlich ein kleiner Zuckerrückstand,
und in der Lösung wird bei der Durchführung des Verfahrens Stärke gebildet. Der
Rückstand kann nach geeigneter Behandlung der Lösung mittels Hefe oder hefeartiger
Organismen vergoren und die Stärke zuerst durch Hydrolyse in geeigneter Weise in
eine einfachere Form übergeführt oder reduziert und dann ohne nennenswerten Säureverlust
vergoren werden. Wenn gewünscht, können die flüchtigen Produkte hierauf durch Kochen
entfernt werden. Eine beträchtliche weitere Menge von Citronensäure kann aus dem
Pilz wiedergewonnen und einfach dadurch, daß man sie in Wasser diffundieren läßt
oder in sonst geeigneter Weise extrahiert werden.
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q.: Zahlenbeispiel 15 kg von feinem Rohrzucker werden in Wasser mit
einer geringen Menge von etwa 400 g eines üblichen Nährsalzgemisches, z. B. Ammoniumnitrat,
Kaliumphosphat und Magnesiumsulfat, aufgelöst. Die handelsüblich reinen Salze liefern,
wie sich gezeigt hat, befriedigende Ergebnisse. Die Lösung wird mit einem Volumen
von Zoo 1 hergestellt und genügend reine Salzsäure zugegeben, um die Acidität der
endgültigen
Lösung auf pH = i,8 zu bringen. Dann werden Sporen einer
reifen Kultur von Aspergillus niger, die in der angegebenen Weise ausgewählt und
gezüchtet sind, zu der Lösung zugesetzt, die umgerührt wird, um eine gleichmäßige
Verteilung der Einsaat auf der Oberfläche zu erzielen.
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Die Kultur wird bei 3o bis 35'C =o Tage lang ausgebrütet und dabei
die Flüssigkeit unter den Pilzen dauernd umgerührt. Hierauf läßt man die Gärflüssigkeit
ablaufen. Das Mycelium wird abgeschieden, gepreßt und gewaschen, was nötigenfalls
wiederholt geschehen kann, um die darin enthaltene Säure zu gewinnen, und diese
wird zu der zuerst abgelassenen Flüssigkeit zugegeben. Die vereinigten Flüssigkeiten
werden nunmehr heiß mit Kalkmilch neutralisiert, und die Citronensäure wird in üblicher
Weise durch Zerlegung des ausgefällten Calciumsalzes wiedererhalten. Die gebildete
Citronensäure stellt etwa 65 % des Gewichtes des verwendeten Zuckers dar.