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Verfahren zur Herstellung von Gluconsäure oder Citronensäure und deren
Salzen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Gluconsäure oder
gegebenenfalls Citronensäüre und deren Salzen durch Vergärung von glücosehaltigen
Kohlehydraten unter Verwendung einer Pilz- oder Bakteriendecke.
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Bekanntlich vermögen Fadenpilze der Gattungen Aspergillus, Citromyces,
Penicilliurn, Mucor sowie' Bakterien aus der Gruppe des B. xyhnum, B. industrium,
B. oxydans; B. gluconicum usw. Gluconsäure aus Glucose zu erzeugen.
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Es wurden auch schon Versuche gemacht, mit Hilfe der genannten Pilze
bzw. Bakterien aus reinen Zuckerlösungen oder Glucoselösungen Gluconsäure herzustellen.
Diese Versuche waren alle Laboratoriumsversuche, da man der Annahme war, daß ,von
reinen Grundsubstanzen ausgegangen werden müsse.
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Versuche haben ergeben, daß nicht reine Glucose bzw. reine Zuckerarten
zur Herstellung von Gluconsäure verwendet zu werden brauchen, sondern daß man z.
B. von Zucker enthaltenden Stoffen, wie Rübenschnitzeln, Melasse, Rohzuckersäften
usw., ausgehen kann. Als besonders geeignetes Ausgangsprodukt erwiesen sich Stärke
oder stärkehaltige Materialien, wie alle Getreidesorten, aber auch Roßkastanien,
Lupinen usw.,, da hierbei die Ausbeute an Gluconsäure bedeutend höher ist. In diesen
Fällen ist es zweckmäßig, die Stärke oder stärkehaltigen Rohstoffe in üblicher Weise
zu hydrolisieren, und zwar entweder zu Glucose durch Einwirkung von Säuren oder
zu Maltose durch Einwirkung von Diastase enthaltenden Stoffen, wie Malz oder Malzextrakten
usw. Geht man hierbei von einem künstlichen Substrat aus, so ist der Zusatz von
Nährsalzen erforderlich, wobei neben der üblichen Anwendung von Kaliumphosphat und
Magnesiumsulfat insbesondere die Art der Stickstoffquelle von Einfluß auf die Entwicklung
eines gut Gluconsäüre bildenden Pilzmycels ist. Am besten bewähren sich dabei Ammonsulfat
oder Aminosäuren oder peptonhaltige Substanzen, doch können auch alle sonstigen
ungiftigen stickstoffhaltigen Substanzen Verwendung finden.
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Bei Anwendung von Pilzen für die Gluconsäureherstellung ist zunächst
die Auswahl eines geeigneten Pilzstammes erforderlich; dies erfolgt in systematisch
durchzuführenden Kleinversuchen durch Vergleich des Gluconsäurebildungsvermögens
der verschiedenen Pilzstämme. Die Durchführung der Gluconsäureherstellung im technischen
Betrieb geschieht in der Weise, daß zunächst durch Dampf oder direktes Erhitzen
sterilisierte Flüssigkeit nach ihrer Abkühlung mit Sporen des geeigneten Pilzstammes
stark angeimpft wird, so dä;ß sich eine Pilzdecke bildet. Der Flüssigkeit . wird
zweckmäßig eine entsprechende Menge Calciumcarbonat sowie noch weitere Zuckerlösung
usw. entweder auf einmal oder in einigen Anteilen zugesetzt.
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Dieser Flüssigkeit kann ein für die Gluconsäurebildung selbst unschädlicher
Giftstoff zugesetzt werden, der Infektionen durch fremde Organismen verhindert,
da, wie die Erfahrung
lehrt, insbesondere Buttersäurebakterien den
Prozeß der Gluconsäurebildung fast völlig hemmen können, da die Pilze gegenüber
der Buttersäure sehr empfindlich sind. Als derartige Giftstoffe kommen in Betracht
z. B. organische Quecksilberverbindungen, wie z. B. die Samenbeizmittel Chlorphenolquecksilber
oder Cyanmercurikresolnatrium, aber auch anorganische Verbindungen, wie Sublimat,
Silbernitrat usw., wobei jeweils die geeignete Konzentration zu ermitteln ist. Dieser
Zusatz von Giftstoffen ist besonders dann von Wichtigkeit, wenn der Prozeß in annähernd
neutraler Lösung vor sich geht und daher des Selbstschutzes der eigenen Säuerung
entbehrt. Der Zusatz von Calciumcarbonat ist deshalb zweckmäßig, weil sonst die
Gluconsäurebildung vielfach entweder zum Stillstand kommt oder die Säure in Citronensäure
oder Oxalsäure übergeführt wird. Bei bestimmten Pilzstämmen, insbesondere solchen,
die schlechte Citronensäurebildner sind, kann auch in Abwesenheit von Neutralisationsmitteln
gearbeitet werden, doch ist dann die Ausbeute an Gluconsäure viel geringer. Als
Neutralisationsmittel sind außer Calciumcarbonat auch Bariumcarbonat, Magnesiumcarbonat,
Natriumcarbonat usw. geeignet, je nachdem welches Salz der Gluconsäure man herstellen
will; außerdem können auch stärker alkalische Stoffe, wie Calciumoxyd, Bariumhydroxyd
usw., verwendet werden, wenn für allmählichen Zusatz Sorge getragen wird. Der Zusatz
der weiteren Zuckerlösung bzw. Maische ist deshalb zweckmäßig, weil dadurch die
Konzentration der noch vorhandenen Stickstoffsalze verringert wird und andererseits
das Pilzmycel imstande ist, größere Mengen von glucosehaltigem Material in Gluconsäure
überzuführen. Der Gluconsäurebildungsprozeß selbst geht bekanntlich in Gegenwart
von möglichst wenig Stickstoff am besten vor sich, und der erwähnte Zusatz ermöglicht
es, diese Bedingungen zu erzeugen.
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Bei den bisherigen Gärungsverfahren durfte die Pilzdecke nicht berührt
werden, da die allgemeine Ansicht bestand, daß bei einem Zerreißen der Pilzdecke
die biochemische Tätigkeit des Pilzes gestört werde.
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Versuche haben jedoch gezeigt, daß bei vorsichtigem Aufheben der Pilzdecke
die Tätigkeit des Pilzes nicht nur nicht gehindert wird, sondern -infolge der möglichen
Entgasung des Gäransatzes dessen Lebensdauer noch verlängert wird. Von sich bildenden
Gasen kommt insbesondere Kohlensäure in Betracht, die entweder durch Atmung bzw.
durch Gärung oder bei der Neutralisation der gegebenenfalls zugesetzten Carbonate
entsteht. Erfindungsgemäß werden bei vorliegendem Verfahren die Pilzdecken durch
entsprechende Vorrichtungen planmäßig vorsichtig aufgehoben und gegebenenfalls ein
Umrühren der - Gärflüssigkeit herbeigeführt. Dem dabei entstehenden Kohlendioxyd
ist so zugleich Gelegenheit zum Entweichen geboten. Auf diese Weise gelingt es,
auch eine in relativ hoher Schicht befindliche Zuckerlösung in kurzer Zeit in gluconsaures
Salz zu verwandeln. Nach erfahrungsmäßiger Beendigung des Prozesses wird, ohne die
Flüssigkeit abzuziehen, nach Zusatz einer neuen Zuckerlösung mit Giftstoff und Calciumcarbonat
der Prozeß bis zur Erschöpfung der Gärflüssigkeit wiederholt, wobei weitere reichliche
Mengen von Gluconsäure entstehen. Zur Ermöglichung des leichteren Abhebens der Pilz-
oder Bakteriendecke können Raste, Siebe o. dgl. verwendet werden, die nur während
des Abhebens der Decke mit dieser in Berührung kommen. Das Abheben der Decke kann
von Hand aus oder durch mechanische Zeitantriebe erfolgen. Es kann auch die Einrichtung
zum Heben der Pilz- oder Bakteriendecken mit der Einrichtung zum Rühren der Flüssigkeit
zweckmäßig verbunden werden.
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Es kann auch so vorgegangen werden, daß die Pilzhaut zerkleinert wird
und dann unter Schütteln, Rühren oder unter Einleiten von Luft auf die Zuckerlösung,
die mit Giftstoff und Neutralisationsmittel versehen ist, zur Einwirkung gebracht
wird. Die günstigste Temperatur für die Arbeit mit Pilzdecken ist 3o bis
35'. Der Prozeß ist unter Einrechnung der Wachstumsperiode des Pilzmycels
in der Regel in q. bis 5 Tagen beendigt, ohne Einrechnung derselben in 2 bis 3 Tagen.
Bei wiederholtem Zusatz von Zuckerlösung verlängert sich die Gärperiode etwas. Die
Ausbeute Beispielsweise an Calciumgluconat berechnet auf wirklich vorhanden gewesene
Glucose" ist bei Verwendung eines geeigneten Pilzstammes fast quantitativ.
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Wenn man die Erzeugung der Gluconsäure mit Hilfe von Bakteriendecken
aus den obengenannten Gruppen durchführen will, so arbeitet man im Prinzip analog.
Als Nährboden verwendet man am besten Hefeextrakte usw., die in bekannter Weise
hergestellt werden. Ein Zusatz von Neutralisationsmitteln ist nicht unbedingt erforderlich,
kann jedoch vielfach von Vorteil sein. Als Mittel zur Verhinderung von Infektionen
durch fremde Organismen verwendet man Zusätze von niederen Fettsäuren, wie z. B.
Ameisensäure; Essigsäure, Propionsäure oder Buttersäure, wobei die jeweils geeignetste
Konzentration zu ermitteln ist. Der Prozeß geht am besten bei 25 bis 28'
vor sich und währt etwa z bis 2 Wochen.
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Die Gewinnung der Gluconsäure erfolgt am besten in Form eines Salzes,
z. B. des Calciumgluconates. Man verdampft die calciumgluconathaltige Flüssigkeit
im Vakuum bis zur geeigneten Konzentration. Die entleerte Masse erstarrt alsbald
zu einem Kristallbrei, aus dem
durch Abschleudern oder Abpressen
das Calciumgluconat gewonnen werden kann. Nach dem Umkristallisieren aus heißem
Wasser unter eventueller Anwendung eines Entfärbungsmittels erhält man reines Produkt,
aus dem jede Spur von Giftstoff ausgewaschen wird und aus dem man, wenn erwünscht,
in bekannter Weise die freie Gluconsäure oder deren Lakton herstellen kann. Beispiel
i 6 kg gelber Rohzucker werden in 40 1 Wasser gelöst und mit den erforderlichen
Nährsalzen (8o g (N H4) 2 SO" 40 g K H,P O4 und 2o g Mg S 04) versetzt, durch
Erhitzen sterilisiert und eingefüllt. Nach dem Abkühlen wird mit einer geeigneten
Pilzkultur von Aspergillus niger geimpft. Nach etwa 2tägiger Entwicklung bei etwa
35' werden weitere 6 kg Rohzucker in etwa 15°/Qiger Lösung zugesetzt und
etwa 1,2 kg CaCO3 (Schlämmkreide) eingerührt. Von nun an ist die Pilzdecke mit Hilfe
einer geeigneten im Gärgefäß befindlichen Vorrichtung, wie eines Rostes oder Netzes,
mindestens zweimal in 24 Stunden aufzuheben und das Ca C 03 aufzurühren bzw. gegebenenfalls
weitere Mengen desselben zuzusetzen, wobei die sich entwickelnde und für die Fortführung
der Gärung schädliche Kohlensäure entweichen kann. Der gleiche Zusatz wie zuvor
wurde noch zweimal in sinngemäßer Weise wiederholt, bis insgesamt 2q: kg Rohzucker
mit gleicher Decke verarbeitet sind, was insgesamt 12 Tage dauert. Die Ausbeute
an reinem Ca-Gluconat beträgt z? kg und entspricht daher, bezogen auf die vorhanden
gewesene Glucosemenge, etwa 8o°/, der Theorie. Das Gluconat ist praktisch frei von
Citronensäure und Oxalsäure.
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Beispiel 2 Im gleichen Gärgefäß wie in Beispiel i wird in analoger
Weise eine Pilzdecke zur Entwicklung gebracht, und nach etwa 2, 6 und g Tagen werden
je weitere 6 kg Rohzucker in z5°/oiger Lösung und etwa 4 kg CaC03 zugesetzt. Nach
insgesamt 22tägiger Gärzeit in Ruhe wurden aus 24 kg Rohzucker nur etwa 5 kg Ca-Gluconat
und 4 kg Ca-Citrat gewonnen. Dabei sind noch große Mengen an .Zucker unverbraucht.
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Beispiel 3 io kg Stärke werden mittels H2 S 04 verzuckert, nach dem
Neutralisieren reit Ba C 03 und Entfernen des Ba-Sulfates wird die Zuckerlösung,
die 130/() Glucose enthält, mit Nährstoffen (1 1 Leimabsud mit 15 g Stickstoff;
4o g K H2 P 04, 2o g Mg S 04) versetzt, durch Erhitzen sterilisiert, in flache Schalen
gefüllt, abgekühlt und mit einer geeigneten Kultur von Penicillium geimpft. Nach
2- bis 3tägiger Pilzentwicklung bei etwa 3o' wird eine weitere Zuckerlösungsmenge
aus io kg Stärke mit 15 bis 2o°/, Glucosegehalt und o,i g Quecksilberchlorid
zugesetzt. Nach dem Einrühren einer ausreichenden Menge Bariumcarbonat wird der
Gäransatz bei der gleichen Temperatur belassen, wobei innerhalb 24 Stunden zwei-bis
dreimal die Pilzdecke aufzuheben und das BaC03 aufzurühren ist. Weiterhin wird sinngemäß
wie in Beispiel i vorgegangen. Die Ausbeute ari reinem Ba-Gluconat beträgt 32 kg
bei Verarbeitung von insgesamt 4o kg Stärke.
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Beispiel 4 Es wird ein Gäransatz wie in Beispie13 gemacht, jedoch
mit dem Unterschiede, daß den Zuckerlösungen kein Quecksilbersalz zugesetzt wird.
Es werden aus insgesamt 4o kg Stärke nur 18 kg Ca-Gluconat neben 2 kg Ca-Citrat
gewonnen. Beispiel 5 Es werden Kartoffeln in üblicher Weise aufgeschlossen und durch
Malz verzuckert. Die aus ioo kg Kartoffeln und 4 kg Malz erhaltene Maische (entsprechend
19,2 kg Glucose) wird zum Kochen erhitzt, wodurch sie an Extraktivstoffen aus den
Trebern reicher wird. Sodann wird sie filtriert und zwecks Sterilisation nochmals
zum Kochen erhitzt und in flache Schalen eingefüllt. Nach dem Abkühlen auf etwa
28'
werden 5o g Buttersäure zugesetzt und mit einer geeigneten Kultur von
Bacterium xylinum geimpft. Man legt auf die Flüssigkeit ein Netz aus Glaswolle,
auf dem sich die gallertige Bakteriendecke fängt. Man hebt mit geeigneter Vorrichtung
diese Decke etwa zweimal in 24 Stunden zur Entfernung der Kohlensäure ab. Die Temperatur
von 28'C wird weiterhin eingehalten und beim Abheben der Decke von Zeit zu
Zeit CaC03 zugesetzt. Falls bei dieser Behandlung die gebildete Bakterienhaut untersinkt,
entwickelt sich alsbald eine neue. Nach etwa 14tägiger Gärdauer ist der Prozeß beendet,
und das Ca-Gluconat kann in üblicher Weise gewonnen werden.. Man erhält 18 kg Ca-Gluconat
von weitgehendster Reinheit.
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Beispiel 6 Es wird ein Gäransatz mit gleicher Gärflüssigkeit wie bei
Beispiel 5 angestellt, mit dem Unterschiede, daß keine Buttersäure zugesetzt wird
und die Decke nicht abgehoben wird. Die Ausbeute beträgt io kg Ca-Gluconat. Beispiel
7 Es wurden drei Gäransätze mit einer Gärflüssigkeit, die nach Beispiel 3 angesetzt
wurde, durchgeführt, und zwar bei verschiedenen Temperaturen. Der eine Versuch lief
bei 35', zwei Versuche bei -,o' C. Die Nährsalzmenge und die Versuchsbedingungen
waren die gleichen
wie bei Beispiel 3. Bei dem Versuch bei
35'
(Versuch A) und bei einem Versuch bei 2-o' (Versuch B) wurde am 3., 7.
und ii. Tage neue Gärflüssigkeit aus io kg Stärke zugesetzt; bei dem dritten Versuch
bei 2o ° C (Versuch C) erfolgte dieser Zusatz am 3., io. und =7.. Tage. Schon die
fortlaufende Kontrolle des Säuerungsprozesses ergab, daß die Säuerung bei 2o' C
viel langsamer vor sich ging als die :Säuerung bei 35' C. Die Ausbeuten nach
der Abstellung der Versuche waren die nachstehenden: A) im Versuch bei
35' C nach i4Tagen 30 kg Ca-Gluconat, B) im Versuch bei 2o' C nach
i4Tagen 13 kg Ca-Gluconat, C) im Versuch bei 2o' C nach 25 Tagen i9 kg Ca-Gluconat.
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Das Durchführungsbeispiel i zeigt gegenüber dem Beispiel :z die Ausbeutesteigerung
an Calciumgluconat, die infolge Abhebens der Decke und des dadurch ermöglichten
Entweichens der Kohlensäure eintritt. Das Beispiel 3 zeigt gegenüber dem Beispiel
4 die günstige Auswirkung des Zusatzes von Giftstoffen auf die Ausbeute und die
Reinheit des Calciumgluconates bei der Durchführung der Gluconsäuregärurig unter
Benutzung des Abhebens von Decken. Während die Beispiele i bis 4 unter Benutzung
von Schimmelpilzen durchgeführt wurden, werden in den Beispielen 5 und 6 Bakterien
verwendet. Das Beispiel 7 zeigt die Auswirkung der günstigsten Gärtemperatur.-