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Verfahren zur bakteriellen Oxydation organischer Verbindungen zwecks
Herstellung. von Oxydationsprodukten, wie Dioxyaceton usw. Es ist bekannt, daß verschiedene
organische Substanzen mit Erfolg aus anderen Verbindungen dadurch hergestellt werden
können, daß man die Fähigkeit gewisser Bakterienarten benutzt, unter bestimmten
Bedingungen eine unvollständige Oxydation herbeizuführen.
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So ist es bekannt, daß unter bestimmten Bedingungen Glycerin mit sehr
guter Ausbeute in Dioxyaceton übergeführt werden kann sowie Mannit in Fruktose,
Glucose in Gluconsäure bzw. Oxy gluconsäure (Ketogluconsäure) usw.
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Es ist bisher üblich, die zu oxydierenden Rohstoffe in einer Konzentration
von 2 bis 3 °i, in einer Flüssigkeit, die die nötigen übrigen organischen und mineralischen
Nahrungsbestandteile enthält . (wie z. B. Hefeextrakt, Nlalzkeimextrakt) zu lösen,
diese Lösung mehr oder weniger vollständig zu sterilisieren und sodann mit der geeigneten
Bakterienart zu impfen. Als solche kommen in erster Linie in Betracht das von Bertrand
angegebene bacterium xvlinum, weiterhin acetobacter suboxydans, bacterium dioxvacetonicum,
aber auch viele andere Bakterienarten lassen sich mit gleichem Erfolg anwenden.
Alsdann kultiviert man bei dafür in Betracht kommenden, meistens zwischen 2o und
4.o' C liegenden Temperaturen und wartet genügend lange Zeit, bis die Bakterien
zu guter Entwicklung gekommen sind und die Umsetzung des Oxydationssubstrates vollständig
oder praktisch vollständig geworden ist. Hierzu ist stets geraume Zeit erforderlich;
Bertrand gibt z. B. an. daß vielfach 2 bis 3 Wochen benötigt seien. In späteren
Veröffentlichungen sind wohl kürzere Zeiten genannt worden, stets aber muß man bei
der technischen Ausführung des Verfahrens während einer Zeitspanne von mehreren
Tagen, als Minimum vielleicht Tage, warten, ehe man zur Verarbeitung der Flüssigkeit
auf das Oxydationsprodukt schreiten kann.
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Das weiter unten beschriebene Verfahren bezweckt jetzt, diesem in
technischer Hinsicht als sehr hindernd empfundenen Übelstand (die Verlängerung der
Zeitdauer der Bakterieneinwirkung -bringt ja außer Zeit-und Zinsenverlust in der
Praxis eine nicht zu vernachlässigende Infektionsgefahr mit sich) zu begegnen.
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Das hiernach beschriebene Verfahren benutzt die an sich bekannte Beobachtung,
daß die Oxydationsgeschwindigkeit durch die Anwendung einer künstlichen Durchlüftung
der mit den Bakterien geimpften Flüssigkeiten
wesentlich erhöht
werden kann. Es tritt dabei jedoch die Schwierigkeit auf, daß eine kräftige Luftzufuhr
die Vermehrung der Bakterien sehr beträchtlich hemmt, so daß die stark erhöhte Durchlüftung
erst angewendet werden kann, nachdem eine genügende Menge Bakterienzellen zur Entwicklung
gekommen sind. Hierzu ist dann stets eine nicht zu vernachlässigende Zeitspanne
erforderlich.
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Das Verfahren berät nun auf der Erkenntnis, daß es möglich ist. in
einfacher Weise-die einmal gezüchteten Bakterien von den zu verarbeitenden Flüssigkeiten
zum größten Teil abzutrennen. und daB die so erhaltene große Bakterienmasse sodann
gleich dazu dienen kann, eine neue 'Menge Oxydationssubtrat enthaltende Flüssigkeit
mit Hilfe einer sofort anzuwendenden kräftigen Durchlüftung mit grober Geschwindigkeit
umzusetzen.
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Um dieses zu erreichen. kann man in zweierlei Weise vorgehen. Einerseits
gelingt es, die Bakterien in einer dazu eingerichteten Superzentrifuge unter aseptischen
Bedingungen von der umgesetzten Flüssigkeit abzutrennen und in eine frisch bereitete
sterilisierte und abgekühlte Flüssigkeit überzuführen. Anderseits hat es sich als
möglich erwiesen, die einmal gezüchtete Bakterienmasse zum größten Teil (für den
beabsichtigten Zweck in mehr als genügendem -Maße) im ursprünglichen Gefäß dadurch
zurückzuhalten, daß in dieses zu Anfang des Verfahrens eine genügende -Menge Bakterien
adsorbierende Materialien, wie gewisse Arten von Kohle, Kieselgur. Silicagel u.
dgl., gebracht wird. Wenn am Ende der Umsetzung die Lüftung eingestellt wird. sinken
diese Materialien in kurzer Zeit auf den Boden des Gefäßes, wobei sie durch Adsorption
und durch mechanisches 'Mitreißen den allergrößten Teil der Bakterien mit sich nehmen.
Jetzt läßt man die klare. niederschlagfreie Flüssigkeit mittels eines zu dem beabsichtigten
Zweck an dem Gefäß an passender Stelle angebrachten, d. 1i. unmittelbar üben der
hinabgesunkenen Schicht de: Absorptionsmittels befindlichen Hahnes, abfließen, wonach
man neue sterilisierte und abgekühlte Flüssigkeit zufließen läßt. Gleich darauf
wird kräftig durchlüftet, und unter diesen Bedingungen, nämlich Anwesenheit einer
großen 14lenge Bakterien und hohe Sauerstoffspannung, verläuft die Oxydation finit
sehr großer Geschwindigkeit. So kann z. B. Glycerin in 2- bis 5°[oigen Lösungen
innerhalb 24 Stunden praktisch vollständig in Dioxyaceton umgesetzt werden. Die
gleichen Behandlungen werden dann wiederholt, und die Erfahrung lehrt, daß in gleicher
Weise mittels einer und derselben Bakterienmasse bis zwanzig und mehr Chargen mit
gutem Erfolg und großer Geschwindigkeit verarbeitet werden können.
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In welchem Grade dieses Ergebnis als wichtig und unerwartet betrachtet
werden muB, geht aus der Tatsache hervor, daB in einem neuen österreichischen Patent
113 851 als ein Vorteil des dort angemeldeten Verfahrens die Tatsache erwähnt wird,
daß eine entsprechende Umsetzung innerhalb 4. bis Tagen erreicht werden kann.
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Gemäß der Erfindung wird also die bakterielle Oxydation in zwei Stufen
ausgeführt. Die erste Stufe findet fast ohne Oxydation und starker Vermehrung der
Bakterien statt. Die zweite Stufe jedoch ohne wesentliche Vermehrung der Bakterien
und unter starker Oxydationswirkung. Die zweite Stufe kann nun öfters mit neuem
Substrat wiederholt werden, und diese öftere Wiederholung bedingt die Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens.
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Die Ausführung des Verfahrens kann z. B. in folgender Weise geschehen:
Beispiel i 2o hl einer Lösung von 2 °/o Glycerin in Malzkeimextrakt, zu der 2o kg
Infusoriener de zugefügt worden sind, werden sterilisiert, auf 30° C abgekühlt und
sodann mit ioo 1 einer zuvor bereiteten Kultur von acetobacter suboxvdans in verdünntem
Malzextrakt geimpft. yDann wird schwach durchlüftet (durchgeblasene Luftmenge im
Ganzen io cbm pro Stunde). Nach 36 Stunden ist die Bakterienentwicklung in genügendem
Maße vorangeschritten, um eine kräftige, d. h. wachstumheminende Durchlüftung (24o
cbm Luft pro Stunde) zulassen zu können. Ungefähr 24 Stunden später ist das Glycerin
zu 950f, in Dioxyaceton umgesetzt. Man läßt jetzt die Infusorienerde sich absetzen,
die überstehende klare Flüssigkeit abfließen und fügt aufs neue 2o hl einer sterilisierten
und abgekühlten 2°1oigen Glycerinlösung zu. Jetzt wird sofort zur kräftigen Durchlüftung
geschritten, wodurch das zugefügte Glycerin schorrnach 2o bis 24 Stunden zu 92 bis
97 °%o in Dioxyaceton umgesetzt wird. Die Durchlüftung wird dann wieder eingestellt,
die Infusorienerde läßt man sich auf den Boden absetzen und wiederholt auch weiterhin
alle oben beschriebenen Behandlungen, und zwar jedesmal nach einem Zeitabschnitt
von ungefähr 2o bis 2q. Stunden. auf diese Weise verfügt man nach je 24 Stunden
über eine 2°1oige Lösung von Dioxvaceton, die nach bekannten Verfahren auf das reine
Produkt verarbeitet werden kann.
Beisliiel2 In ein mit Dampf
sterilisiertes Gefäß von t;nn 1 Inhalt werden io lil sterilisierte 2.; " oige @Tatuiitlösung
gebracht, welche durch I.ö;tin;- vnn (i; k- Manna in io Iil einer zehnfach mit Wasser
verdünnten autolysierten Bierhefe erhalten worden ist. Nachdem die Temperatur durch
Kühlung auf 320 C herab"rgan"en ist, wird mit 5o 1 einer zuvor bereiteten Kultur
von acetobacter suborvdans in verdünntem Dfalzextraktgeimpft und hierauf schwach
gelüftet (4. cbm in der Stunde). Nach 12 Stunden wird die Lüftung allmählich verstärkt
in der Weise, daß stündlich die durchgeblasene Luftmenge um 2 cbm erhöht wird. Etwa
30 Stunden nach der Impfung »ist die Bakterienentwicklung genügend fortgeschritten.
um die Betriebslüftung von 125 cbm in der Stunde zulässig zu machen. 'Nach weiteren
24 Stunden ist der \larinit zu mehr als yo ° o in I#ruktose übergeführt, während
die etwa im Manna und in der Impfflüssigkeit vorhandene geringe Menge Glucose in
Gluconsäure bzw. Oxvgluconsäure umgewandelt worden ist, so daß die erhaltene Fruktoselösung
frei von Glucose (im allgemeinen frei von Aldosen) ist.
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Die fertige Maische wird nun durch eine sterilisierte Superzentrifuge
abgelassen, worauf die Fruktose durch Eindampfen der Lösung und nachfolgende Kristallisation
gewonnen wird. Die abzentrifugierte Bakterienmasse wird möglichst bald aus der Zentrifuge
durch eine neue sterilisierte Mannitmaische wieder in das Olvdationsgefäß zurückgeführt.
Alsbald wird die maximale Betriebslüftung wieder eingestellt. Innerhalb 2o bis 25
Stunden ist auch in der zweiten :Maische der Mannit wieder praktisch vollständig
in Fruktose übergeführt, wonach die beschriebenen Operationen beliebig oft (jedenfalls
wenigstens i5mal) wiederholt «-erden können.