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Verfahren zur Herstellung von therapeutisch wirksamen Präparaten.
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geeigneten Präparaten.
Von aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrenden Militärpersonen wurde in verschiedenen Ländern ein Pilz in die Heimat mitgebracht, dem besondere Heilwirkungen zugeschrieben wurden. Nach einer Meinung soll es sich hier um ein in Japan unter dem Namen Kombucha bekanntes uraltes Volksheilmittel handeln, das von den Ostasiaten den Europäern gegenüber jahrhundertelang geheimgehalten worden wäre. Eine andere Meinung ist, dass die Kombucha in Japan bis in die jüngste Zeit unbekannt war und auch dort erst nach dem Kriege über Russland Eingang gefunden habe. Wie immer sich das verhalten mag. so haben doch Erfahrungen an verschiedenen Orten und zur Klärung dieser Frage unternommene klinische Versuche bestätigt, dass dem Pilz tatsächlich wertvolle therapeutische Wirkungen zukommen.
Die Verwendung erfolgt in der Weise, dass ein Stückchen von der dem Aussehen nach mit einer Meeresqualle vergleichbaren Pflanze abgeschnitten und auf zimmerwarmen, mit gewöhnlichem Rohrzucker gesüssten Teeaufguss gelegt wird. Der Pilz wächst schnell, wobei sich an der Oberfläche eine mehr oder weniger dicke Haut ausbildet und der Tee sauer wird und einen angenehmen säuerlicharomatischen Geruch annimmt. Der so veränderte Tee wird in grösseren Mengen regelmässig getrunken und die entnommene Flüssigkeit durch frischen gesüssten Tee ersetzt.
Durch wissenschaftliche Versuche (vgl. Biochemische Zeitschrift 1928, S. 176 ff. ) wurde von uns festgestellt, dass der so gesäuerte Tee neben unverändertem Rohrzucker (und Invertzucker) ansehnliche Mengen von Glukonsäure und Essigsäure enthält. Wird statt des Rohrzuckers technischer Traubenzucker (Glukose) dem Teeaufguss zugesetzt, so bildet sich neben geringen Mengen Essigsäure hauptsächlich Glukonsäure. Lävulose liefert nur Essigsäure. Milchzucker und Maltose werden nicht gesäuert.
Der Tee dient nur als Stickstoff quelle. Wachstum und Säurebildung tritt in grundsätzlich gleicher Weise auch bei Zusatz anderer stickstoffhaltiger Stoffe, z. B. von Hefewasser oder von anorganischen Nährlösungen, zu den entsprechenden Zuckerlösungen ein. Reine Glukose wird von dem Pilz bis zu 50% ihres Gewichtes in Glukonsäure umgewandelt. Es können auch Teile der Decke zur Weiterzüchtung des Pilzes verwendet werden.
Bei der mykologischen Untersuchung der Kombucha wurde nun der eigentliche Glukonsäurebildner aufgefunden (vgl. Biochemische Zeitschrift 1928, S. 188 ff. und 1929, S. 297 ff.). Es hat sich zunächst gezeigt, dass das in der Kombucha vorliegende Pilzgemenge aus zwei Hefenarten und aus Bakterien besteht. Die Hefen sind Sprosspilze, von denen die eine Hefenart wohl Rohrzucker zu invertieren vermag, aber auf keiner der vorher genannten Zucker arten Gärungserscheinungen hervorzurufen imstande ist. Die andere Hefenart invertiert Rohrzucker nicht, bildet aber aus Rohrzucker, Traubenzucker, Lävulose und in geringer Menge auch aus Maltose Alkohol. Milchzucker wird von ihr nicht vergoren.
Die Trennung der Mikroorganismen erfolgte durch Petrisehalenkultur auf Teegelatine und Würzeagar in der Weise, dass ein Teil der Pilzhant in Reibsehalen zerstossen und in zunehmenden Verdünnungen ausgestrichen wurde. Von Bakterien wurde Bakterium xylinum und Bakterium xylinoides isoliert. Daneben zeigten sich auch kleine, rundliche, fleischfarbige Kolonien von salbenartiger Beschaffenheit. Die Reinzucht dieser Kolonien erwies sich als der eigentliche Glukonsäurebildner. Dieses Bakterium bildet, wie die Zeichnung zeigt. kleine sehr kurze Stäbchen, die meist zu zweit auftreten, so dass sie fast
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wie Diplokokken aussehen.
Die Molekularbewegung ist sehr stark, einzelne Stäbchen zeigen selbständige Bewegung. AufWürzeagar bildet sich ein glänzender, fleischfarbiger Belag von salbenartiger Beschaffenheit. Die auf Wärzegelatine und auf Biergelatine gezogenen Auflagerungen haben dasselbe Aussehen. Bei 390 findet die Bakterienentwicklung noch statt, bei 400 hört das Wachstum auf.
Werden mit diesem Bakterium entsprechend zusammengesetzte kohlenhydrathaltige Nährlösungen beimpft, so tritt die Bakterienentwicklung ausnahmslos ohne Hautbildung ein. Nur bei Entwicklung der Kultur unter Vermeidung jeder Erschütterung konnten in einigen Fällen auf Würze, manchmal auch auf zuckerhaltigen Teeaufgüssen, Bakterienanhäufungen beobachtet werden, die zwar ein häutchenähnliches Aussehen hatten, sich aber bei der Berührung mit einem Platindraht als unzusammenhängend erwiesen. Bei Erschütterung der Lösung fallen diese Bakterienanhäufungen zu Boden und bilden einen fleischfarbigen Bodensatz, wobei das mikroskopische Aussehen der Bakterien genau mit dem der auf Würzeagar gezogenen Kultur übereinstimmt. Zu Hautbildungen kommt es also bei der Entwicklung dieses Bakteriums nicht.
Das Verhalten des isolierten Bakteriums in verschiedenen Nährlösungen zeigt die nachfolgende Tabelle. Es wurden stets 100 cm3 der Nährlösung in Erlenmeyer-Kolben mit Watteverschluss bei Zimmertemperatur (20-22 C) zu dem Versuch verwendet, nachdem die Nährlösungen vor der Beimpfung an drei aufeinanderfolgenden Tagen sterilisiert worden waren.
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<tb>
<tb>
Nährlösung <SEP> Bakterlenentwicklung <SEP> Gebildete <SEP> Stoffe
<tb> reichlich, <SEP> Diploformen, <SEP> keine
<tb> Ha. <SEP> ut
<tb> Würze+3% <SEP> Alkohol......... <SEP> reichlich, <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Essigsäure
<tb> Bier <SEP> mässig, <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Bier+1-5% <SEP> Essigsäure....... <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+2% <SEP> Essigsäure........ <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+1#2% <SEP> Michsäure <SEP> ......| <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+2% <SEP> Milchsäure <SEP> ........ <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+1% <SEP> Kaliumiphosphat.. <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Bier+5% <SEP> Kaliumbiphosphat.. <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+0'3% <SEP> NaCl <SEP> ........ <SEP> | <SEP> sehr <SEP> gering, <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Bier+1% <SEP> NaCl <SEP> ............. <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Bier+7% <SEP> Magnesiumsulfat...
<SEP> gering, <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Bier+1% <SEP> Ammonsulfat...... <SEP> gering, <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Bier+8% <SEP> Ammonsulfat...... <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Hefewasser <SEP> ................ <SEP> keine <SEP> Haut
<tb> Hefewasser+3% <SEP> Alkohol.... <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Essigsäure
<tb> Hefewasser+6% <SEP> Dextrin.... <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Säuerung
<tb> Hefewasser+1#2% <SEP> Bernsteinsäure.................... <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Hefewasser+1% <SEP> Traubensäure <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> hefewasser+0#4% <SEP> Apfelsäure. <SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung <SEP> nach
<tb> Fuhrmann <SEP> ................
<SEP> kein <SEP> Wachstum
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung <SEP> nach <SEP> (0#3 <SEP> michtflüchtige <SEP> Säure,
<tb> Fuhrmann+10% <SEP> Rohrzucker <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> schwache <SEP> Reduktion <SEP> FehlingAnorganische <SEP> Nährlösung+10%| <SEP> || <SEP> scher <SEP> Lösung
<tb> Traubenzucker <SEP> ............ <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> viel <SEP> Glukonsäure
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+10%
<tb> Lävulose <SEP> .............. <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Essigsäure, <SEP> Spuren <SEP> Azetaldehyd
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+ <SEP> 10%
<tb> Maltose <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> keine <SEP> Säuerung
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+10%
<tb> Milchzucker <SEP> ..............
<SEP> keine <SEP> Haut <SEP> keine <SEP> Säuerung
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+5%
<tb> Mannit <SEP> beweglich, <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Gelbfärbung, <SEP> keine <SEP> Säuerung
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+5% <SEP> (geringe <SEP> Säuerung, <SEP> Reduktion
<tb> Glycerin <SEP> ................ <SEP> keine <SEP> Haut <SEP> Kvon <SEP> Fehling <SEP> in <SEP> der <SEP> Kälte
<tb> Anorganische <SEP> Nährlösung+2% <SEP> ( <SEP> (Eioxyazeton)
<tb> Sorbit.................... <SEP> keine <SEP> Haut
<tb>
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Das wesentlichste Ergebnis dieser und anderer Versuche ist, dass durch das isolierte Bakterium Rohrzucker unter Bildung von geringen Mengen Essigsäure und Glukonsäure gesäuert w ird. I er Zucker wird hiebei teilweise invertiert.
Aus Traubenzucker erden sehr bedeutende Mengen von Glukonsäure gebildet ; in 14 : Tagen wird diese Zuckerart bis zu 80% ihres Gesichtes in Glukonsäure umgewandelt. In lävulosehaltigen Nährlösungen findet neben der Entstehung geringer Mengen von nichtilüchtiger Säure nur Essigsäurebildung statt. Maltlose und Milchzucker werden überhaupt nicht gesäuert. Die Bakterienentwicklung tritt in allen Fällen nur ein, wenn die Nährlösung ausser Zucker auch stickstoffhaltige Nährstoffe enthält. Diese können in Form von Tee, Hefewasser oder auch in Form von anor- ganischen Nährlösungen zugefügt werden.
Von den bekannten Glukonsäurebildern (vgl. Henneberg, Die deutsche Essigindustrie. 1898, 2. Band, S. 145, und Handbuch der Gärungsbakteriologie, 2. Auflage, 1926) vermag nur das Bakterium industrium und das Bakterium oxydans vergleiehsv eise erhebliche Mengen von Glukonsäure aus Glukose zu bilden. Von dem Bakterium industrium und Bakterium oxydans unterscheidet sich aber das isolierte Bakterium schon dadurch wesentlich, dass es, im Gegensatz zu diesen bekannten GlukonsäureLildern, ohne Hautbildung wächst.
Ferner kann es Maltose nicht säuren, wogegen sowohl Bakterium industrium, als auch Bakterium oxydans gerade durch diese Fähigkeit in bedeutendem Masse ausgezeichnet ist. l ie übrigen von Henneberg angegebenen Bakterien kommen schon wegen des geringeren Vermögens zur Glukonsäurebildung, dann aber auch zum Teil als Hauptbildner, zum Teil morphologisch v egen der Bildung charakteristischer Involutionsformen nicht in Betracht. Lem aus der Kombucha isolierten Bakterium xylinum kommt die Fähigkeit zur Glukonsäurebildung aus Zucker nur in sehr geringem Masse zu. Nach eigenen Untersuchungen steht das Bakterium xylinoides in dieser Fähigkeit noch hinter dem Bakterium xylinum.
Der aus der Kombucha isolierte und vorstehend beschriebene Glukonsäurebildner war also bisher nicht bekannt. Es wurde ihm der Name"Bakterium glukonikum"beigelegt. Von einigen Handelsteesorten konnte neben andern Bakterien auch ein Bakterium isoliert werden, das mit dem beschriebenen Bakterium glukonikum identisch ist. Es ist jedoch noch nicht entschieden, ob es sich um eine zufällige Infektion handelt oder ob dieses Bakterium ein Schmarotzer des lebenden Teeblattes ist.
Die mit dem Bakterium glukonikum beimpften kohlenhydrathaltigen Nährlösungen erhalten nach einigen Tagen therapeutisch wirksame Eigenschaften. Es ist zu vermuten, dass bei diesem biologischen Prozess auch ein bisher noch nicht bekanntes Produkt oder eine Mehrheit solcher Produkte entsteht, die für die therapeutische Wirksamkeit Bedeutung haben. Diese Annahme wird durch den Umstand nahegelegt, dass auch aus lävulosehaltigem Tee durch die Einwirkung des Bakterium glukonikum therapeutisch wirksame Präparate entstehen, obzwar in diesem Falle Glukonsäure nicht gebildet wird.
Die gesäuerte Lösung kann zum Zweck der therapeutischen Yen endung, allenfalls nach vorheriger Neutralisation, bis zur Entstehung eines haltbaren Sirups eingedickt oder bis zur Trockne eingedampft werden. Da die durch die Bakterientätigkeit erzeugten Säuren die Entwicklung des Bakteriums unter Umständen hemmen, kann die Säuerung in an sieh bekannter Art dadurch befördert werden, dass die entstehenden Säuren durch fortgesetzten Zusatz von Kalk, Kreide od. dgl. zur Nährlösung nach ihrer Bildung ganz oder teilweise neutralisiert werden. Man kann die Nährlösung aber auch periodisch neutralisieren und der Säuerung hernach, allenfalls durch Zusatz neuer Säurebildner, ihren Fortgang geben.
Bei der Verarbeitung von traubenzuckerhaltigen Lösungen lässt sieh das gesäuerte Präparat auch dadurch in feste Form bringen, dass die im Sirup enthaltene freie Glukonsäure in das Lakton übergeführt wird. Stellt man den Sirup über wasserentziehende Mittel, z. B. über konzentrierte Schwefelsäure, was am besten im Vakuumschrank geschieht, so wird der Sirup nach mehreren Tagen fest. Der stark saure Geschmack ist in einen süsslichen übergegangen. Das entstandene Dakton verhandelt sich bei der Berührung mit Wasser sehr rasch A leder in die freie Glukonsäure zurück. Durch Spuren von Mineralsäuren wird diese Rückbildung beschleunigt.
Auf diese Weise kann man Tabletten, Dragees usw. herstellen, welche, wenn der biologische Prozess bei einem bestimmten Säuregrad unterbrochen wurde, stets die gleiche Menge von therapeutisch wirksamen Substanzen enthalten.
Wünscht man die Glukonsäurekomponente ganz oder teilweise auszuschalten, so wird die Glukonsäure, z. B. mit Hilfe von Kalziumoxyd oder Kreide, in das Kaliumsalz übergeführt. Der Sirup kann sodann durch Auskristallisierenlassen des glukonsauren Kalziums von dieser Säure zum Teil oder fast zur Gänze unter Gewinnung der Glukonsäure befreit werden. Die Mutterlaugen enthalten ausser den durch den biologischen Prozess gebildeten therapeutisch wirksamen Stoffen noch Zucker. Will man auch diesen entfernen, so kann dies durch Einleitung der alkoholischen Gärung geschehen. Die Mutterlaugen können hierauf allenfalls unter sehr schonenden Bedingungen weiter eingeengt oder auch bis zur Trockne eingedampft werden.
Bei der Verarbeitung von saeeharose-oder von lävulosehaltigen Nährlösungen empfiehlt es sich, die gesäuerte Lösung von der entstandenen Essigsäure zu befreien, was z. B. durch Abdampfen, durch Destillation mit Wasserdämpfen oder durch Durchblasen von Wasserdampf oder Luft bei 30-40 C, allenfalls unter vermindertem Druck, vor Neutralisation der Lösung geschehen kann. Auch in diesem Fall kann die Lösung, allenfalls naeh Vergärung des Zuekers, eingedickt oder bis zurTrockne eingedampft w erden,
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Bei Verarbeitung von Saccharose kann diese in bekannter Art durch Inversion in Glukose und Lävulose zerlegt werden.
Statt reine Zuckerlösungen zu verwenden, kann man auch von sehr verschiedenartigen kohlenhydrathaltigen natürlichen Produkten oder von Zwischen-oder Endprodukten anderer Erzeugungs. prozesse ausgehen, wie z. B. von Pflanzenextrakten, Malzextrakten, Melasse usw.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung von therapeutisch wirksamen Präparaten, dadurch gekennzeichnet, dass kohlenhydrathaltige Nährlösungen der Einwirkung einer Reinkultur des Bakterium glukonikum unterworfen werden.