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Kulturpsychologie Pradeep Chakkarath und Jürgen Straub Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Historische Perspektive und disziplinäre Einordnung einer kulturwissenschaftlichen Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Theoretische und methodologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Wichtige Themen und zentrale Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Indigene Psychologien und Desiderata kulturpsychologischer Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Ausblick: Stand und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 285 287 294 296 298 299 Zusammenfassung In diesem Beitrag werden die ideengeschichtlichen Ursprünge der Kulturpsychologie und ihre damit verbundenen methodologischen Positionen nachgezeichnet. Betont wird die kulturwissenschaftliche Perspektive auf psychische Phänomene, die in der Abhängigkeit von kulturell variierenden Lebensformen, Sprachspielen, Praktiken und Diskursen betrachtet und mit besonderem Interesse für damit zusammenhängende Bedeutungs- und Sinngebungsprozesse untersucht werden. Es wird erläutert, weshalb sich diese Zusammenhänge mit Methoden der vornehmlich naturwissenschaftlich ausgerichteten Mainstream-Psychologie nicht befriedigend analysieren lassen und warum kulturpsychologische Analysen insbesondere auf interpretative Verfahren und interdisziplinäre Befunde zurückgreifen. P. Chakkarath (*) Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland E-Mail: pradeep.chakkarath@rub.de J. Straub Fakultät für Sozialwissenschaft, Lehrstuhl für Sozialtheorie und Sozialpsychologie, RuhrUniversität Bochum, Bochum, Deutschland E-Mail: juergen.straub@rub.de © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Mey, K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-18234-2_16 283 284 P. Chakkarath und J. Straub Schlüsselwörter Kulturpsychologie · Interpretative Verfahren · Indigene Psychologie · Kultur · Handlung 1 Einleitung Folgt man einer historiografisch gut etablierten Narration zur Psychologiegeschichte, so nimmt die genuin wissenschaftliche Erforschung psychischer Phänomene ihren Anfang im 19. Jahrhundert, vornehmlich in Deutschland und im Schnittfeld verschiedener naturwissenschaftlich ausgerichteter Disziplinen wie der Medizin (vor allem Anatomie, Physiologie und Pathologie) und der Physik (vor allem der Elektrophysik, Optik und Akustik). Vielzitierte Initiatoren dieser thematischen und methodologischen Ausrichtung des Faches waren beispielsweise Ernst H. Weber, Gustav T. Fechner, Rudolph H. Lotze und Hermann v. Helmholtz. Wenn ihre unterschiedlichen Beiträge zur Erforschung und insbesondere apparategestützten Messung psychischer Phänomene immer mal wieder als „Psychophysik“ etikettiert werden, so trifft das durchaus einen bestimmenden Charakterzug dieses disziplinären Anfangs und seines weiteren Verlaufs, der bis in die moderne Neuropsychologie führt (Read 2015; Sowden 2012). Man darf jedoch nicht übersehen, dass die psychologische Theorienbildung des 19. Jahrhunderts in beträchtlichem Maße auch von klassischen philosophischen, insbesondere erkenntnistheoretischen Fragestellungen etwa zu Rationalismus, Nativismus und Empirismus, Determinismus, Indeterminismus und Willensfreiheit, zur Abgrenzung nomothetischer von ideografischen Perspektiven, der Erklären-Verstehen-Kontroverse oder auch zu religiösem und ästhetischem Empfinden geprägt war. Wie sehr die Anfänge der modernen Psychologie noch philosophisch informiert und von durchaus differenzierten erkenntnis- bzw. wissenschaftstheoretischen und methodologischen Beiträgen begleitet waren, gerät auch aus dem Blick, wenn immer mal wieder das Jahr 1879, in dem Wilhelm Wundt an der Universität Leipzig das vermutlich erste psychologische Laboratorium einrichtete, zum geradezu mythologischen Gründungsjahr der modernen Psychologie verklärt wird. Zwar wurde mit diesem Labor tatsächlich die psychophysikalisch inspirierte Idee einer exakten Messbarkeit und Berechenbarkeit psychischer Phänomene akademisch institutionalisiert, doch ist Wundt mit seiner Forderung nach einer „dualen Psychologie“, die sich nicht nur experimenteller, sondern auch kultur- und sozialwissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse bedient, eine denkbar schlecht gewählte Gallionsfigur einer betont am Vorbild der Naturwissenschaften, insbesondere an der Methodologie der Physik orientierten Psychologie (Jüttemann 2006). Mag es Wundt (1900–1920) mit seiner voluminös angelegten „Völkerpsychologie“ ebenso wenig wie den früheren „Völkerpsychologen“ des 19. Jahrhunderts gelungen sein, eine methodologisch und systematisch überzeugende Ergänzung der experimentellen Psychologie vorzulegen, so kann doch in seinem Bemühen um eine inhaltlich wie auch methodisch interdisziplinär ausgerichtete und kulturintegrative Psychologie durchaus ein moderner Impuls für die Entstehung der Kulturpsychologie im 20. Jahrhundert gesehen werden. So Kulturpsychologie 285 betrachtet, könnte sich auch die Historiografie der Psychologie motiviert fühlen, die geläufigen und häufig eurozentrischen Rekonstruktionen der Entwicklung des Faches als einer Naturwissenschaft um psychologisch relevante geistes- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu ergänzen, die weit vor dem 19. Jahrhundert und auch außerhalb Europas und der USA geleistet wurden. Entlang dieser Hinweise werden wir in den folgenden Abschnitten versuchen, die historiografischen und methodologischen Perspektiven der Kulturpsychologie, ihre interdisziplinäre Ausrichtung, ihre disziplinären Abgrenzungen, ihr Menschenbild, ihre auf all dem basierenden Methodenpräferenzen sowie ihr wissenschaftliches Selbstverständnis zu skizzieren. Dabei sollen die dargestellten Prinzipien und Perspektiven, die viele kulturpsychologische Ansätze verbinden, nicht über eine gewisse Diversität und Heterogenität „der“ Kulturpsychologie hinwegtäuschen. 2 Historische Perspektive und disziplinäre Einordnung einer kulturwissenschaftlichen Psychologie Dass der Mensch nicht nur als ein Naturwesen unter vielen, sondern hinsichtlich seiner geistigen Fähigkeiten und Leistungen zugleich als ein einzigartiges, soziohistorisch geprägtes Kulturwesen verstanden werden kann und muss, ist eine Einsicht, die sich in vielen frühen Texten der menschlichen Ideengeschichte findet. Die oben erwähnte Fixierung auf eine historiografische Narration, die den Beginn der Psychologie an der experimentellen Ausrichtung des Faches festmacht, trägt dazu bei, die psychologische Relevanz dieser weit zurückreichenden und außerhalb der Mainstream-Psychologie nach wie vor äußerst einflussreichen Einsicht zu verdecken (Chakkarath 2011). In einer kulturpsychologischen Perspektive sind diese Beiträge schon alleine deshalb interessant, weil sie uns gemeinsame, ähnliche, oft aber auch erheblich unterschiedliche Auffassungen vom Menschen und seiner Psyche vor Augen führen. Anstatt allzu voreiligen, präsentistisch und ethnozentrisch gefärbten universellen Annahmen zu erliegen, dürfen wir folglich davon ausgehen, dass kulturell etablierte und gelegentlich divergierende Menschenbilder Einfluss auf Sozialisations-, Enkulturations- und Akkulturationsprozesse sowie darin mitangelegte Erziehungs-, Denk-, Urteils-, Attributions-, Erlebens- und Verhaltensstile nahmen und immer noch nehmen. Lehrreich ist der weiterreichende historische Rückblick aber auch für die Methodengeschichte einer Psychologie, die ihre wissenschaftliche Bedeutung nicht ausschließlich an naturwissenschaftlichen Verfahren festmacht. So finden sich beispielsweise bereits in der griechischen Antike, etwa in Herodots „9 Büchern zur Geschichte“, erfahrungswissenschaftliche, z. B. ethnografische Studien. Im Übergang zur frühen Neuzeit entstanden wegweisende theoretische und empirische Beiträge (Chakkarath 2003, 2013a; Jahoda 1992; Straub 2004a, 2007a). Ähnliches gilt für Traditionen außerhalb der okzidentalen Welt. Auf der Suche nach alternativen Konzepten zur Erforschung kulturspezifischer Phänomene wird heute vielfach auf die psychologische Bedeutung indigener (z. B. australischer, chinesischer, indischer, koreanischer, philippinischer, taiwanesischer, lateinamerikanischer) Denk- und Forschungstraditionen hingewiesen, denen wissenschaftliche Seriosität in vielen Fällen schwerlich abgesprochen werden kann (Chakkarath 2005, 286 P. Chakkarath und J. Straub 2007a, 2013b, 2018a; Kim et al. 2006). Daran ist festzuhalten, auch wenn die Wissenschaftsauffassungen zwischen den Kulturen und innerhalb einer Kultur (diachron und synchron) erheblich voneinander abweichen können. Beschränkt man sich auf die Tradition kulturpsychologischen Denkens in der westlichen Welt, wird man Giambattista Vico eine besonders wichtige Funktion zuschreiben dürfen (Vico 1990 [1725]; Tateo 2015). Seine vornehmlich gegen Descartes und Newton gerichtete Auffassung vom Menschen als einem historischen und gesellschaftlichen, Sinn und Bedeutung schaffenden Wesen zielte nicht allein gegen die „monistische“ und dogmatische Vorstellung einer in methodischer Hinsicht einheitlichen (Natur-)Wissenschaft. Sie ebnete zudem den Weg für eine Völkerpsychologie, um die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts Moritz Lazarus und Haijm Steinthal (von Graevenitz 1999), später schließlich Wundt (Jüttemann 2006; Straub 2007a), intensiv bemühten. Trotz theoretischer und methodischer Unterschiede, die es verbieten, eine ungebrochene Kontinuität zu unterstellen, können die sich auf Vico, J. G. Herder, W. v. Humboldt u. a. berufenden Völkerpsychologen des 19. Jahrhunderts aus den einleitend genannten Gründen als Wegbereiter der heutigen Kulturpsychologie betrachtet werden. Nach den Ansätzen im Rahmen der sogenannten geisteswissenschaftlichen Psychologie Wilhelm Diltheys oder Eduard Sprangers sowie einigen marginalen Unternehmungen, wie z. B. des Versuchs der Fortführung von Wundts Völkerpsychologie durch Willy Hellpach, trugen insbesondere Lev Wygotski, Aleksander Lurija und Alexei Leontjew als Repräsentanten der sogenannten kulturhistorischen Schule der sowjetischen Psychologie zur Profilierung einer avancierten Kulturpsychologie bei (Kölbl 2006). Weitere Impulse kamen von manchen der Wegbereiter/innen der sog. „kognitiven Wende“ im Übergang der 1950er zu den 1960er-Jahren. Nach Jerome Bruner (1997 [1990]) hatte diese cognitive revolution eine an der alltagsweltlichen Praxis interessierte, handlungs- und kulturpsychologische Neuorientierung einleiten sollen (Straub 1992, 2001). Wirklich durchsetzen konnte sich die Kulturpsychologie (cultural psychology) – trotz früher Arbeiten z. B. von Ernst E. Boesch, Michael Cole, Sylvia Scribner, Jaan Valsiner u. a. – allerdings erst, als die seit Ende der 1940er-Jahre erfolgte Institutionalisierung der nordamerikanischen cross-cultural psychology (deutsch: kulturvergleichende Psychologie) bereits weit fortgeschritten war, nämlich in den späten 1980er-Jahren (vgl. Jahoda und Krewer 1997; Lonner 2018). Mit der Profilierung der cross-cultural psychology als einer Subdisziplin der akademischen Psychologie gelang es zwar, auch in der Mainstream-Psychologie das Bewusstsein für die kulturelle Prägung psychologischer Phänomene zu erhöhen, doch blieb die kulturvergleichende Psychologie weitgehend dem quantitativen und nomologisch ausgerichteten Methodenrepertoire verpflichtet, während insbesondere die europäische Kulturpsychologie sich als kulturwissenschaftlicher Ansatz begreift und hermeneutisch-interpretative Verfahren bevorzugt. Für Außenstehende ist die Unterscheidung dieser beiden Ansätze nicht auf Anhieb plausibel, da auch die Kulturpsychologie Vergleiche anstellt und, trotz einiger nennenswerter Unterschiede, weitere Gemeinsamkeiten zwischen diesen Strömungen einer culture inclusive psychology bestehen (Straub 2001; Straub und Chakkarath 2019; Straub und Thomas 2003). Im Folgenden werden genuin kulturpsychologische Interessen und Perspektiven in Abhebung von der kulturvergleichenden Psychologie und jeder anderen Form einer primär naturwissenschaftlich-nomologisch ausgerichteten Psychologie aufgezeigt. Kulturpsychologie 3 Theoretische und methodologische Grundlagen 3.1 Prinzipien der Kulturpsychologie – im Unterschied zur kulturvergleichenden Psychologie 287 „Kulturpsychologie“ (cultural psychology) ist eine international etablierte Bezeichnung für eine Vielfalt theoretischer Ansätze und methodischer Forschungsprogramme (Boesch und Straub 2007; Chakkarath 2007a, 2011; Miller 1997; Straub 2004b). Bei aller Verschiedenheit im Detail lassen sich drei eng miteinander verbundene, weitgehend akzeptierte Ausgangspunkte identifizieren. Diese bilden eine fundamentale (meta-)theoretische Basis und einen ebenso grundlegenden methodischen Orientierungsrahmen: 1. Alle psychischen Phänomene (Strukturen, Prozesse, Funktionen) werden in ihrer „intrinsischen“ Abhängigkeit von kulturellen Lebensformen und Sprachspielen, Praktiken und Diskursen betrachtet. Das wechselseitige Konstitutionsverhältnis zwischen Kultur und Psyche bildet ein wichtiges Prinzip. Kulturpsychologie ist also – anders als etwa die kulturvergleichende Psychologie – keine Subdisziplin, sondern eine allgemeine Perspektive auf alle möglichen Gegenstände psychologischer Forschung und damit einhergehende wissenschaftliche, aber auch außerwissenschaftliche Diskurse und deren Manifestationen. 2. Kulturpsycholog/innen hegen die Überzeugung, dass Kulturen als praktische, dem Tun und Lassen inhärente Wissens-, Zeichen- und Symbolsysteme konzeptualisiert werden müssen, die es Menschen gestatten, ihrer Welt, ihrem Selbst und ihrem Dasein Sinn und Bedeutung zu verleihen. Alle Menschen denken, fühlen, bewerten und handeln zeitlebens in einem solchen Netz kultureller Bedeutungen, das sie zwar verändern oder (zumindest partiell) wechseln, aber niemals völlig abschütteln können. Kulturen erfüllen Orientierungsfunktionen für leibliche, sprach-, empfindungs- und handlungsfähige Subjekte. Multiple Zugehörigkeiten zu Kulturen sind möglich und in aller Regel auch zu erwarten, insbesondere in komplexen, nicht zuletzt kulturell differenzierten Gesellschaften (Straub 2003), einschließlich der ihnen innewohnenden Konfliktpotenziale. 3. Kulturpsychologie ist eine interpretative Wissenschaft, für die die hermeneutische Problematik des Sinnverstehens (Straub 1999a, b) im Zentrum methodologischer Reflexionen steht. Dementsprechend besteht das methodische Repertoire der Kulturpsychologie vornehmlich aus qualitativen, rekonstruktiven oder interpretativen Methoden. Jerome Bruner bestimmt die Kulturpsychologie ganz in diesem Sinn als eine „interpretative Psychologie“, die versuche, „die Regeln festzustellen, nach denen Menschen in kulturellen Kontexten Bedeutungen erzeugen“ (Bruner 1997, S. 126). Die Kulturpsychologie hat sich dabei dem Grundsatz verschrieben, ihre theoretischen und methodischen Instrumente dem interessierenden Forschungsgegenstand anzupassen – und nicht umgekehrt nur solche Gegenstände zu erforschen, die dogmatisch ausgezeichneten (natur-)wissenschaftlichen Verfahren zugänglich und in etablierten 288 P. Chakkarath und J. Straub theoretischen Begriffen erfassbar sind. Sie unterscheidet sich auch in diesem Punkt von der nomologischen kulturvergleichenden Psychologie (Matsumoto 2001). Während die kulturvergleichende Psychologie der Suche nach tatsächlich universalen psychologischen Gesetzmäßigkeiten Priorität gibt (Poortinga 1997, S. 351), geht die Kulturpsychologie auf Distanz zu diesem übergeordneten Ziel (ohne die Existenz solcher Universalien zu bestreiten). Wird gegen die Kulturpsychologie gelegentlich auch der Vorwurf erhoben, dass sie relativistische Positionen vertrete (Poortinga 2016) und es ihr aus einer nomologischen Perspektive in gewisser Hinsicht an harter Wissenschaftlichkeit mangele, so ist demgegenüber einzuwenden, dass die Identifizierung von Unterschieden und die darauf gestützte Erarbeitung von begrifflichen Differenzierungen unverzichtbare Aufgaben aller Wissenschaft sind. Entsprechende Untersuchungen müssen eine gut abgesicherte Behauptung von Gesetzmäßigkeiten und universellen Strukturen notwendigerweise begleiten, ihr häufig sogar vorangehen. In diesem Bemühen zeigt sich die Kulturpsychologie, wie auch Bruner (1997) betont, als prinzipiengeleiteter und methodisch disziplinierter Ansatz, dem es an wissenschaftlicher Rigorosität keineswegs mangelt. Ungeachtet derartiger methodologischer Debatten lehnen kulturvergleichende Psychologie wie auch Kulturpsychologie gleichermaßen entschieden den vielfach überzeugend kritisierten, „absoluten“ und „naiven“ Pseudo-Universalismus ab (Segall et al. 1998). Sowohl unreflektierte theoretische Begriffe als auch (keineswegs kulturneutrale) Standardverfahren haben reihenweise zu Artefakten einer Forschung geführt, die unisono kritisiert werden. Vielfach wurden kulturelle Besonderheiten kurzerhand gar als psychologische Universalien ausgegeben. Empirische Befunde waren bekanntlich allzu häufig Ergebnisse von Forschungen, die fast ausschließlich in der sogenannten westlichen Welt durchgeführt worden waren. Dabei wurde selbst dort nur ein kleiner und wenig heterogener Teil der Bevölkerung einbezogen. Es handelte sich vor allem um Studierende (vielfach „Versuchspersonen“ in psychologischen Studiengängen), überwiegend um relativ junge weiße Männer und auch einige Frauen aus der (zumeist protestantischen) Mittelschicht der USA sowie einiger europäischer Länder (Henrich et al. 2010). Diese Auswahl diente dann als vermeintlich repräsentative Stichprobe, an der hypothetisch formulierte, allgemeine psychologische Gesetze getestet wurden, die für „den“ Menschen schlechthin Gültigkeit beanspruchten. Anders als die berechtigten Einwände erwarten ließen, hat sich daran bis heute nicht viel geändert. Die culture inclusive psychology wendet sich noch immer gegen eine Psychologie, die gleichermaßen culture-bound, cultureinsensitive oder gar culture-blind ist. Die Kulturpsychologie und kulturvergleichende Psychologie teilen weitere Standpunkte, Orientierungen und Anliegen. Dazu gehört etwa die Kritik an den ethischen, moralischen und politischen Implikationen bzw. Konsequenzen des epistemologischen Ethnozentrismus sowie die komplementäre, an die westliche Psychologie adressierte Ermahnung, die sogenannten Anderen und Fremden in Zukunft doch ernster zu nehmen und in gebührendem Maße einzubeziehen – als Forschungsobjekte, Forschungspartner/innen und Forschungssubjekte, die ihr eigenes kulturelles und psychologisches Wissen einbringen können sollten (sowohl im Sinne eines empirischen Tatsachenwissens als auch im Sinne eines kulturspezifischen prozeduralen Wissens Kulturpsychologie 289 bzw. praktischen Know-hows, durch das die wissenschaftliche Psychologie Zugang zu kulturellen Lebensformen und Sprachspielen, Praktiken und Diskursen erhält). Erkenntnis und Anerkennung erscheinen dabei wie die zwei Seiten einer Medaille. Die sogenannten indigenen Psychologien unserer Tage haben sich als wichtiges Sprachrohr dieser „postkolonialen“ Kritik und ihrer naheliegenden politischen, epistemologischen und methodologischen Folgen erwiesen (Chakkarath 2005, 2007a, 2012; Gergen et al. 1996). Ohne hier auf weitere Gemeinsamkeiten zwischen der Kulturpsychologie und der kulturvergleichenden Psychologie näher eingehen zu können (dazu Chakkarath 2011; Straub 2001; Straub und Thomas 2003), sei wenigstens noch erwähnt, dass hier wie dort komparative Ansätze und die Methodologie des Kulturvergleichs zentral sind. In der Kulturpsychologie gibt es dabei besonders starke Bemühungen, angemessene Tertia Comparationis für kulturvergleichende Untersuchungen auszumachen, für die notwendige Äquivalenz theoretischer Begriffe und methodischer Verfahren zu sorgen oder auch vor der möglichen Unvergleichbarkeit des radikal Verschiedenen zu warnen (Greenfield 1997; Straub 1999b). Es sei ebenfalls kurz an die allseits geteilte Forderung erinnert, dass empirische Forschungen aus der „emischen“ Innen- und aus der „etischen“ Außenperspektive (im Sinne der von Pike 1954 getroffenen Unterscheidung) erfolgen sollen und dass von einer Vielfalt von (qualitativen und quantitativen) Forschungsmethoden sowie vom Prinzip der Triangulation Gebrauch gemacht werden kann (Boesch und Straub 2007). Natürlich gibt es gewisse Präferenzen auf beiden Seiten, wie etwa die Bevorzugung qualitativer Methoden durch die interpretative Kulturpsychologie, wie sie trotz der frühen Grundlegung durch Jerome Bruner heute vor allem außerhalb der USA betrieben wird (Straub und Chakkarath 2019; Slunecko et al. 2017). Auch trennende Besonderheiten sind leicht auszumachen (wie etwa ausführliche texttheoretische, hermeneutische und übersetzungswissenschaftliche Reflexionen auf Seiten der kulturwissenschaftlichen Strömung). Demgegenüber ist wechselseitige Kritik am sowohl komplementären als auch konkurrierenden Partner an der Tagesordnung (z. B. Boesch 1996). Die wichtigste Differenz hat mit einer (sozial-)ontologischen oder (sozial-) anthropologischen Vorannahme sowie den damit verwobenen epistemologischmethodologischen Folgen zu tun. Während Vertreter/innen der kulturvergleichenden Psychologie davon ausgehen, dass die psychologisch interessierende Wirklichkeit im Sinne einer natürlichen Ordnung durch Gesetzmäßigkeiten strukturiert ist, die nach dem Modell von Ursache und Wirkung konzeptualisiert und identifiziert werden können, bricht die Kulturpsychologie mit dieser naturalistischen und kausalistischen Ontologie. Ohne die großen Erfolge der Naturwissenschaften zu mindern oder die Funktionalität speziell der experimentellen Methode für bestimmte Zwecke zu bezweifeln, richtet sie sich gegen deren Verabsolutierung im Feld der sozial- und kulturwissenschaftlichen Humanities. Sie wendet sich jenen interpretativen Disziplinen zu, welche sich traditionell mit der sinn- und bedeutungsstrukturierten menschlichen Welt befassen. Sinn- und Bedeutungszusammenhänge jedoch sind anderer Art als Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Sie lassen sich nicht nach dem kausalistischen Modell als Naturgesetze erforschen, und zwar weder im Sinne 290 P. Chakkarath und J. Straub des strengen deduktiv-deterministischen noch des abgeschwächten induktiv-statistischen Modells (in dem strikte Naturgesetze durch probabilistische Aussagen ersetzt werden). Die Kulturpsychologie kennt demzufolge eine Mehrzahl gleichermaßen „wissenschaftlicher“ Erklärungsmodelle. Keines von ihnen ist „an sich“ wertvoller als die anderen. Sie dienen vielmehr spezifischen Zwecken in variablen pragmatischen Kontexten, in denen nach wissenschaftlichen Erklärungen verlangt wird. Erklärungen können als Antworten auf Warum- oder Wie-Fragen verschiedene Formen annehmen und Funktionen erfüllen (Straub und Werbik 1999). 3.2 „Kultur“ in der Kulturpsychologie: begriffliche Grundlagen und theoretische Perspektiven Die Kulturpsychologie befasst sich mit menschlichem Erleben, Denken, Urteilen, Fühlen, Wollen und Handeln (einschließlich seiner Genese, Objektivationen und Objektivierungen/Subjektivierungen), wobei sie beliebige Einzelphänomene in ihren jeweiligen Sinn- und Bedeutungsgehalten als kulturell geprägt untersucht. „Kultur“ fungiert in dieser Perspektive als eine Art Quelle, die einer bestimmten Handlung in jeweils spezifischer Weise Sinn und Bedeutung verleiht. Es sind u. a. kulturell etablierte und einer größeren Zahl von Akteur/innen bekannte Regeln, die z. B. das Verspeisen einer Oblate im Rahmen eines institutionalisierten Rituals in einer Kirche als eine ganz bestimmte religiöse Handlung ausweisen, verständlich machen und ihr Zustandekommen (partiell) erklären. Wer diese Regeln und ihren weltanschaulich-christlichen Rahmen nicht kennt, wird in der vom Geistlichen an die Gläubigen gereichten Oblate schwerlich den „Leib Christi“ symbolisiert sehen, etc. Er oder sie wird diese religiöse Praxis in ihrer kulturell konstituierten Sinn- und Bedeutungsstruktur nicht erkennen, identifizieren, beschreiben, verstehen und erklären und an der kulturellen und sozialen Praxis, zu der das Verspeisen einer Oblate gehört, nicht „kompetent“ teilnehmen können: Diese Praxis bleibt dann unverständlich, äußerlich und fremd. Handlungen bilden den paradigmatischen Gegenstand einer Kulturpsychologie, die in vielen Varianten handlungstheoretisch ausgerichtet ist. In welchen Weisen werden nun Kultur und Handlung in der kulturpsychologischen Forschung miteinander verbunden, aufeinander bezogen bzw. relationiert (Straub und Shimada 1999)? Welche möglichen Beziehungen werden theoretisch unterstellt? Was heißt es mithin, Handlungen (sowie andere psychische, sinn- und bedeutungsstrukturierte Phänomene) als kulturelle Phänomene aufzufassen, zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären? Der Begriff der Kultur selbst liefert die Antwort auf diese Fragen. Er zeigt z. B., warum es zum Geschäft kulturpsychologischer Handlungserklärungen gehört, wie im oben gegebenen Beispiel nach explanativen (konstitutiven oder regulativen) Regeln zu suchen (Straub 1999a, S. 113–140) – und warum sich dieses Geschäft in dieser Aufgabe nicht erschöpft. Zwar gibt es zahllose Bestimmungen des Kulturbegriffs (Chakkarath 2003; Straub 2007b), doch zeigt sich vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen der heuristische und explanative Wert des von Boesch vorgeschlagenen Verständnisses Kulturpsychologie 291 von Kultur. Boeschs Kulturbegriff erweist sich als nützlich beim Versuch, die Welt des Menschen als eine sinn- und bedeutungsstrukturierte Welt menschlichen Handelns zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären (Straub et al. 2020): „Culture is a field of action, whose contents range from objects made and used by human beings to institutions, ideas and myths. Being an action field, culture offers possibilities of, but by the same token stipulates conditions for, action; it circumscribes goals which can be reached by certain means, but establishes limits, too, for correct, possible and also deviant action. The relationship between the different material as well as ideational contents of the cultural field of action is a systemic one; i.e. transformations in one part of the system can have an impact in any other part. As an action field, culture not only induces and controls action, but is also continuously transformed by it; therefore, culture is as much a process as a structure.“ (Boesch 1991, S. 29) Kultur ist praktisches Wissen und untrennbar mit der wissensbasierten Praxis des Menschen verwoben. Kulturelles Wissen eröffnet und begrenzt Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten. Dieses Wissen kann verschiedene Gestalten annehmen: Es kann explizit, artikuliert, vielfältig symbolisiert und reflektiert sein, oder implizit bleiben, leiblich verkörpert sein und performativ inszeniert werden, in Institutionen objektiviert, in Dingen, Räumen und Plätzen materialisiert sein. Es ist veränderlich, also grundsätzlich historisch verfasst und im Übrigen ein Produkt kulturellen Austauschs (Burke 2000). Kulturen sind keine Archipele, sondern offene und dynamische Systeme. Es sind keine objektiv identifizierbaren Entitäten mit geschlossenen Grenzen, sondern wissensbasierte Praktiken, die stets nur in vergleichender Perspektive – also von einem bestimmten Standpunkt und in einer bestimmten Perspektive – wahrgenommen und beobachtet werden können. Kulturen sind, mit anderen Worten, unweigerlich relationale Konstrukte. Sie werden von verschiedenen Menschen unterschiedlich erfahren und bestimmt, wobei Kulturen eine variable Mehrzahl von in vielerlei Hinsicht unterschiedlichen Personen integrieren, also keineswegs nur als „Nationalkulturen“ oder „Kulturkreise“ bestimmbar sind. Sie bilden vielmehr einen konjunktiven Erfahrungsraum und Erwartungshorizont, den die Angehörigen eines Kollektivs teilen. Diese Gemeinsamkeit macht sie zu Zugehörigen, die gewisse Aspekte ihrer qualitativen Identität gemeinsam haben und partiell auch gemeinsam haben wollen (zum Identitätsbegriff s. Straub 2004c, 2018). Möchte man genauer begreifen, wie sich die Kulturpsychologie auf kulturelles Wissen bezieht, um ausgewählte psychische Phänomene (z. B. Handlungen) in ihrer jeweiligen Sinn- und Bedeutungsstruktur genauer zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären, tut man gut daran, dieses Wissen in verschiedene typische Formen zu gliedern. Diese Formen passen nicht zufällig zu jenen Modellen der Handlungserklärung, welche in der Philosophie und Wissenschaftstheorie seit gut einem halben Jahrhundert als ernst zu nehmende Alternativen zum deduktiv-nomologischen und induktiv-statistischen Modell gehandelt werden (Straub und Werbik 1999). Eine Kultur stellt bisweilen auf ganz offenkundige, häufiger auf kaum merkliche Weise einer wandelbaren Vielzahl von Personen Ordnungsformen sowie Deutungsund Bewertungsmuster für die kognitive und rationale, emotionale und affektive Identifikation, Evaluation und Strukturierung von Gegebenheiten und Geschehnissen 292 P. Chakkarath und J. Straub sowie Prinzipien und Paradigmen der Handlungsorientierung und Lebensführung bereit. Fasst man den Kulturbegriff als offene und dynamische Wissensstruktur auf, lassen sich nun dreierlei Formen oder Typen kulturellen Wissens unterscheiden. Kultur ist demnach nicht einfach eine lediglich vage charakterisierbare „symbolische Ordnung“ (oder dergleichen), sondern ein differenziell bestimmbares, transindividuelles und handlungsleitendes Wissens-, Zeichen- oder Symbolsystem, das sich zusammensetzt aus 1. kollektiven Zielen, die Individuen übernehmen, situationsspezifisch konkretisieren und als zweckrational handelnde Akteur/innen durch den Einsatz wiederum kulturspezifischen Mittelwissens verfolgen können (Straub 1999a, S. 102–112); 2. kulturspezifischen Handlungsregeln; dazu gehören auch sprachliche Regeln aller Art, außerdem – wie gesagt – soziale Normen, die in Aufforderungs- bzw. die sie fundierenden Bewertungsnormen oder Werte differenziert werden können (Straub 1999a, S. 113–140); 3. einem kulturspezifischen Reservoir an geteilten Geschichten, durch die Angehörige einer Kultur ihre Identität, ihr kollektives und individuelles Selbst- und Weltverständnis bilden, artikulieren und tradieren, und dies so, dass nicht zuletzt der zeitlichen und kreativen Dimension der Praxis Rechnung getragen wird (Straub 1999a, S. 141–161). Diese Ziele, Regeln, Normen und Werte sowie die Geschichten, die in einer Kultur kursieren und das Handeln orientieren und bestimmen, müssen keineswegs eine sprachsymbolische oder diskursive Gestalt besitzen. Sie sind dem Handeln häufig implizit und allenfalls in Spuren oder Anzeichen präsent (z. B. in so genannten „narrativen Abbreviaturen“, die auf Geschichten oder Erzählungen mit Diskurscharakter verweisen, wie z. B. „1989“ oder „Twin Towers“ oder „Mekka“). Ebenso können sie in nichtsprachlichen Symbolen (z. B. Verkehrsschildern, Orden und Kunstwerken) verkörpert sein. Symbole sind Anzeichen oder Spuren kultureller Überlieferungs-, Sinn- und Bedeutungszusammenhänge. An solchen Anzeichen oder Spuren setzt die kulturpsychologische Handlungsinterpretation an, wenn sie Handlungen in bestimmter Weise identifiziert, versteht und erklärt, indem sie „kulturelle Texte“ auch „über die Schultern der Handelnden hinweg“ zu lesen versucht und mit deren konkretem Tun und Lassen in Zusammenhang bringt (Straub und Weidemann 2015). Kulturelles Wissen ist keine Bedingung menschlichen Handelns im Sinne eines kausal wirksamen Faktors. Es stellt vielmehr ein Reservoir heterogener, in systematischer Absicht jedoch unterscheidbarer Typen von Bestimmungsgründen dar, denen sich die stets polyvalente Sinn- und Bedeutungsstruktur von Handlungen verdankt (zum Begriff der „Polyvalenz“ s. Boesch 1991). Dies klar zu machen und dadurch theoretische Perspektiven für die hermeneutische Erklärung menschlichen Handelns (und anderer psychischer Phänomene) zu eröffnen, ist die Funktion der oben skizzierten Typologie kultureller Wissensformen. Insofern zahlreiche Handlungen auf transindividuelles, kulturelles Wissen verweisen (und ohne dieses Wissen gar nicht denkbar wären), ist die Kulturpsychologie am Zug. Ihr Terrain bilden psychische Kulturpsychologie 293 Phänomene, die Bestandteile eines nur interpretativ zu erschließenden, durch kollektive Wissenssysteme konstituierten Verweisungszusammenhangs sind. Deswegen steht die Problematik des Sinnverstehens im Zentrum der Methodologie und Methodik kulturpsychologischer Forschung. Das oben angeführte Beispiel – das Verspeisen einer Oblate im Kontext eines religiösen Rituals – spricht auch diesbezüglich für sich. Solche Handlungen verweisen auf die religiösen Welt- und Menschenbilder wie auch auf die praktischen Überzeugungssysteme, zu denen sie gehören. Sie sind demgemäß gerade nicht als diskrete Variablen konzeptualisierbar, die logisch unabhängig von diesen Weltbildern und Überzeugungssystemen wären und in rein empirisch-kontingenten Beziehungen zu diesen stünden (z. B. Greenfield 1997, S. 303; Markus et al. 1996). Zahllose Rituale, Mythen, Utopien sowie darin angelegte Vorstellungen vom Richtigen und Falschen, darin verankerte Legitimationen bestehender Verhältnisse und erwünschter Entwicklungen, wie auch darüber vermittelte handlungsorientierende Überzeugungen bieten anschauliche Beispiele für die komplexen und mitunter überaus komplizierten Zusammenhänge, um deren sinnverstehende Entschlüsselung es kulturpsychologischer Forschung geht (Chakkarath 2007b, sehr anschaulich macht das auch Boesch 1983, 2005). Solche Beispiele zeigen zugleich, wie etwa Ritualisierungen, Mythologisierungen und damit einhergehende Zeit- und Handlungsorientierungen nahezu alle menschlichen Lebensbereiche – von Religion über Politik und Sport bis zu Wissenschaft und persönlichem Alltag (für Beispiele siehe Chakkarath und Weidemann 2018; Kölbl und Sieben 2018; Valsiner 2012) – bedeutungsstiftend durchziehen und sich entsprechend auch in narrativen Selbstauskünften von Individuen wiederfinden, deren Analyse vor dem Hintergrund des bisher Gesagten von besonderem kulturpsychologischen Interesse ist (Brockmeier 2015; Straub 1999a). 3.3 Grundlagen der Methodenwahl Die kulturpsychologische Empirie schließt damit unmittelbar an die alltags- oder lebensweltliche Erfahrungs- und Wissensbildung an. Greenfield fordert demgemäß, dass die kulturpsychologische Forschung Verfahren einzusetzen habe, durch die sich die Entwicklung gemeinsamer Aktivitäten und gemeinsamer Bedeutungen sowie der kommunikative Prozess ihres Erwerbs adressieren lassen (Greenfield 1997, S. 305). Dies bedeutet nicht zuletzt, dass die Forschungsmethoden der jeweiligen kulturellen Praxis, in der sie eingesetzt werden sollen, angemessen sein müssen. Mitunter können sie deswegen erst im Zuge der kulturpsychologischen Forschung entwickelt werden (Scribner und Cole 1981). Diese in der indigenen Psychologie verbreitete, auch in der Kulturpsychologie anzutreffende Auffassung macht ethnografische Forschung, wie sie etwa in der Tradition phänomenologiebasierter Wissenssoziologie betrieben wird (Hitzler und Eisewicht 2016), häufig unverzichtbar. Sie eröffnet überdies fruchtbare Anschlussmöglichkeiten an neuere autoethnografische Ansätze, die eine methodische Selbstreflexion der Forschenden einfordern, in der etwa die eigene Beobachterposition und Standortgebundenheit auf den Einfluss hin geprüft 294 P. Chakkarath und J. Straub werden, den sie auf den Forschungsprozess und die Forschungsresultate nehmen (Ellis 2004; Ellis und Bochner 2010). Das kulturpsychologische Bemühen, die interessierenden und gelegentlich noch unvertrauten Phänomene möglichst unvoreingenommen, aber dennoch methodisch gesichert zu untersuchen, erfordert strukturiertes, reflektiertes und flexibles Vorgehen zugleich. In dieser generellen Ausrichtung, die sie offen für multimethodale und multiperspektivische Forschungsdesigns wie auch für interdisziplinäre Anleihen macht, trifft sie sich mit grundlegenden Positionen der Grounded-Theory-Methodologie (Mey und Berli 2019) oder verwandter Ansätze (Ratner et al. 2001). Dies schließt den Einsatz experimenteller und speziell quantitativer Methoden keineswegs aus, relativiert ihn aber erheblich. Im Übrigen bemühen sich manche Vertreter/ innen durchaus um eine gewisse Integration qualitativer und quantitativer Methoden sowie der dazu gehörenden wissenschaftlichen Paradigmen – ohne deren Unterschiede zu vertuschen (was im Zuge einer oberflächlichen „Integrationsrhetorik“ leicht geschieht). Eine in dieser Hinsicht exemplarische und sowohl in der kulturvergleichenden Psychologie wie auch in der Kulturpsychologie vielbeachtete Arbeit ist Patricia Greenfields Langzeitstudie zu intergenerationaler Transmission und kreativer Transformation kulturellen Wissens in indigenen Gemeinden des mexikanischen Bundesstaates Chiapas (Greenfield 2004). 4 Wichtige Themen und zentrale Diskussionen Zu den besonders gut ausgearbeiteten theoretischen Konzeptionen, die vielfach auch umfangreiche empirische Forschungen angeregt haben, gehören: • Ernst E. Boeschs „symbolische Handlungstheorie und Kulturpsychologie“; • Lutz Eckensbergers in Anlehnung an Boesch entwickelte und in diversen empirischen Projekten fruchtbar gemachte Konzeption; zusammen mit B. Krewer gelten die drei Autoren manchmal als Repräsentanten der „Saarbrückener Schule“ (Eckensberger 1990; Krewer 1992); • Jerome Bruners handlungs- und erzähltheoretisch fundierte Kulturpsychologie; • Richard Shweders Entwurf einer cultural psychology, der sich auf unterschiedliche, darunter ethnologische Quellen stützt (Shweder 1990); • Jürgen Straubs an Überlegungen von Hans Werbik anschließende, textwissenschaftliche und hermeneutische Handlungs- und Kulturpsychologie (Straub 1999a; Straub und Werbik 1999); • Michael Coles Ansatz, der an die tätigkeitstheoretische, soziogenetische bzw. kulturhistorische Tradition der russischen Psychologie anknüpft (Cole 1996); • ebenfalls dieser Tradition verpflichtet ist die kultur- und entwicklungspsychologische, zudem sozialanthropologisch informierte Konzeption von Jaan Valsiner (Valsiner 2000, 2014), der auch als Herausgeber des internationalen Journals „Culture & Psychology“ tätig ist; Kulturpsychologie 295 • an dieselbe Richtung knüpft James V. Wertsch in zahlreichen Arbeiten an, u. a. unter Bezugnahme auf Bakhtins Literaturtheorie (Wertsch 1991); • eine der einst aktivsten Gruppen in Europa war die „Nijmegen Cultural Psychology Group“ (NCPG); zu ihr zählten etwa Paul Voestermans, Cor Baerveldt, Theo Verheggen oder Harry Kempen, der u. a. mit Hubert Hermans Arbeiten zum dialogischen Selbst verfasst hat (Hermans und Kempen 1993); • Gustav Jahoda hat neben viel beachteten historischen Untersuchungen zahlreiche systematische Beiträge vorgelegt; • Carl Ratner hat u. a. mehrere Publikationen zur Theorie und Methodologie qualitativer Forschung in der Kulturpsychologie publiziert (Ratner 2012; Ratner et al. 2001); • Alfred Lorenzer und Hans-Dieter König gehören zu jener Gruppe von Autor/ innen, die die Psychoanalyse (bzw. „Tiefenhermeneutik“) auch im Feld der psychologischen Kulturanalyse fruchtbar zu machen suchen; • die Ethnopsychoanalyse wird etwa von Mario Erdheim, Maya Nadig oder Paul Parin vertreten. Diese Liste ist unvollständig (für weiterführende Angaben s. Boesch und Straub 2007; Straub und Chakkarath 2019; Straub et al. 2006). Zahlreiche weitere theoretische, methodologische sowie empirische Beiträge können der Kulturpsychologie zugeordnet werden – Markova, Markus, Kitayama, Peng, Nisbett oder Rogoff gehören zur Reihe der vor allem in angelsächsischen Ländern tätigen Kulturpsycholog/innen, die ihre Positionen und häufig multimethodal angelegten Untersuchungen als „kulturpsychologisch“ bezeichnen würden. Einige Konzeptionen, die gegenwärtig ebenfalls intensiv diskutiert werden, unterhalten zumindest partielle, bisweilen auch engere Verwandtschaften zur Kulturpsychologie. Dazu zählen etwa • der zeitgenössische „soziale Konstruktionismus“ Kenneth Gergens und die damit verwandte „diskursive Psychologie“; • die im deutschen Sprachraum insbesondere von Carl-Friedrich Graumann vertretene phänomenologische Psychologie; • die Psychologie sozialer Repräsentationen von Serge Moscovici; • die als psychologische Semantik konzipierte, phäno- und logografische Sozialpsychologie Uwe Lauckens; • die rekonstruktiv verfahrende „Psycho-logik“ (regelgeleiteter) semantischer und pragmatischer Beziehungen, wie sie Jan Smedslund vertritt; • die verstehend-erklärende Psychologie Norbert Groebens (und Brigitte Scheeles), die sich um eine Integration hermeneutischer und empiristischer Traditionen bemüht; • indigene Psychologien unterschiedlicher Provenienz und Ausrichtung (s. Abschn. 5). Schon diese knappe Aufzählung verweist auf eine Vielzahl gut bearbeiteter Fragestellungen und empirischer Forschungsfelder, von denen hier lediglich einige besonders bekannte erwähnt werden, nämlich die Untersuchung 296 P. Chakkarath und J. Straub • unterschiedlicher Konzepte personaler Identität bzw. des Selbst, der narrativen Verfasstheit des Erinnerns und des autobiografischen Gedächtnisses (Brockmeier 2015; Chakkarath 2006; Heine und Buchtel 2009; Markus und Kitayama 1991); • kulturspezifischer Formen moralischer Entwicklung und moralischen Bewusstseins (Eckensberger 2003; Miller 2006; Miller et al. 1990); • kulturspezifischer Emotionen (Shweder et al. 2008; in psychohistorischer Perspektive: Stearns und Stearns 1988); • kulturell geprägter Kognitionsstile (Nisbett et al. 2001; Peng und Nisbett 1999); • kulturell geprägter Attributionsstile (Miller 1984; Peng und Knowles 2003); • kulturspezifischer Aspekte von Bindung bzw. Bindungsverhalten (Rothbaum und Morelli 2005). Alle diese Arbeiten bieten eine Fülle an konkreten Beispielen für kulturpsychologische Thematiken, Denk- und Vorgehensweisen, die sich auch in den bereits erwähnten indigenen Psychologien finden. 5 Indigene Psychologien und Desiderata kulturpsychologischer Ansätze Obgleich viele Vertreter/innen der indigenen Psychologie sich aufgrund der zuvor bereits erwähnten Kritik an der eurozentrischen Prägung der heutigen MainstreamPsychologie nicht nur in kritischer Distanz zur kulturvergleichenden Psychologie, sondern auch zur Kulturpsychologie sehen, ist eine fachliche Integration indigener Theorien und Forschungsansätze aus kulturpsychologischer Sicht wünschenswert (Chakkarath 2012). Dafür sprechen vor allem drei Gründe: • die methodologisch begründete kulturpsychologische Präferenz für emische Ansätze, die einen reflektierten Zugang zu den Sicht- und Verständnisweisen der beforschten Personen erleichtern; • die Überzeugung, dass kulturspezifische Traditionen des systematischen Nachdenkens (wie auch deren Repräsentation in Laientheorien) den Enkulturationskontext von Menschen nachhaltig mit strukturieren und somit hohe entwicklungs-, kognitions- und sozialpsychologische Relevanz besitzen (Chakkarath 2013b; Super und Harkness 1997), • die Einsicht, dass auch psychologische Theorien westlicher Provenienz, mitsamt dazugehörigen Menschenbildern, kulturell geprägt sein und eine entsprechend eingeschränkte Reichweite haben können. Diese Feststellungen zeigen, dass kulturpsychologische Perspektiven auch Relevanz für wissenschaftstheoretische Debatten haben, in denen die kulturelle Prägung von Ideen und Theorien bislang eher vernachlässigt wird (Chakkarath 2018b). In diesen Zusammenhängen rücken auch indigene weltanschaulich sowie philosophisch eingebettete Denk- und Analysetraditionen in das Interesse der Forschung, sowohl wegen ihres möglichen Potenzials an alternativen wissenschaftli- Kulturpsychologie 297 chen Beschreibungen, Interpretationen und Erklärungen als auch wegen ihres möglichen Einflusses auf die Entwicklung und Sozialisation von Individuen (der von der Bewertung der Wissenschaftlichkeit dieser Traditionen nicht abhängt; Chakkarath 2007b, 2012, 2018a). Viele der Irrläufer und Fehlentwicklungen psychologischer Forschung – z. B. rassistisch gefärbte Theorien zu vermeintlichen Intelligenz- und Persönlichkeitsunterschieden – resultierten (und resultieren noch) zu einem guten Teil aus der Ignoranz für diese Zusammenhänge, die sich partiell auch in Form von historisch gewachsenen stereotypen Annahmen westlicher Theorien über „die Anderen“ zeigen (Chakkarath 2010). Dass auch die Kulturpsychologie sich dieser Kritik stellen muss, zeigt ein Blick auf die Auswahl der von ihr mehrheitlich zitierten Autor/innen, die sich fast ausschließlich aus europäischen und amerikanischen „Klassikern“ der westlichen Sozialwissenschaften rekrutieren, von denen die meisten außerhalb ihrer beiden Kontinente nie geforscht haben und mit den Denktraditionen anderer Kulturen häufig nur unzulänglich vertraut waren. Die indigenpsychologische Kritik an diesem Umstand ist umso ernster zu nehmen, als sie vornehmlich von Vertreter/innen solcher Länder vorgetragen wird, die einstmals Kolonien genau derjenigen westlichen Staaten waren, deren wissenschaftliche Konzepte und Standards u. a. imperialistisch durchgesetzt wurden. Die Tauglichkeit dieser Theorien und Konzepte für die Erforschung und Verbesserung der sozialen Realitäten in den ehemaligen Kolonialländern wird aber zusehends infrage gestellt (Chakkarath 2012; Misra und Gergen 1993). Die indigene Psychologie hat längst darauf hingewiesen, dass eine Reihe kulturspezifischer Phänomene dem Blick westlicher Wissenschaft entgehen (obwohl gerade sie lebenspraktisch und wissenschaftlich höchst bedeutsam sind). Eines der bekanntesten Beispiele dafür dürfte amae sein, das der Psychoanalytiker Takeo Doi (1982) als einen zentralen Aspekt der japanischen Mutter-Kind-Bindung und als strukturierendes Merkmal der individuellen und kollektiven japanischen Psyche auffasste. Amae wurde gelegentlich mit „Abhängigkeit und Freiheit in Geborgenheit“ übersetzt. Dieses komplexe Phänomen und das korrespondierende Konzept, das individuelle Autonomie und soziale Bindung gerade nicht als unvereinbare Gegensätze begreift, widerspricht Doi zufolge in vielerlei Hinsicht westlichen Vorstellungen von den Grundlagen sicherer psychologischer Bindung und positiver Persönlichkeitsentwicklung (für weitere Beispiele s. Chakkarath 2007a, 2012). In methodologischer und methodischer Hinsicht wäre etwa an die seit Jahrtausenden praktizierte Erforschung psychischer Phänomene mit teilweise hochsystematisierten introspektiven Beobachtungsverfahren zu denken. Werden diese Verfahren in der westlichen Tradition sehr kritisch gesehen, so wird außerhalb Europas und Nordamerikas insbesondere die Ausrichtung der Methoden an Kultur- und Bildungsstandards westlicher Populationen kritisiert. Beispielsweise sind illiterate Gruppen nicht mit Fragebogen, geschweige denn Antwortskalen vertraut, sodass kulturadäquate und gegebenenfalls im Kulturvergleich brauchbare Alternativen entwickelt werden müssen, was ohne tief greifende indigene Kenntnisse über die untersuchten Populationen und ihre Lebenswelt nicht gelingen kann. Ein Beispiel hierfür ist das Ersetzen der klassischen fünf-stufigen Likert-Skala durch das sogenannte ladder rating, ein Verfahren, in dem illiteraten, häufig handwerklich arbeitenden Personen im ländlichen Indien 298 P. Chakkarath und J. Straub kleine handliche fünf-stufige Leitern in senkrechter Position gereicht werden, sodass sie durch Auflegen der Finger auf die jeweilige Sprosse ihre Antwortgewichtung haptisch anzeigen können (Sinha 1969). Auch hinsichtlich qualitativer Beobachtungsund Interviewverfahren haben Vertreter/innen der indigenen Psychologie die Anpassung an die kulturellen Kontexte und Lebensgewohnheiten der Untersuchungspersonen gefordert. Enriquez (1993) zeigt dies am Beispiel der Indigenisierung psychologischer Feldforschung auf den Philippinen, wo Dauer, Ort und Häufigkeit der Untersuchungen wie auch die Größe der untersuchten Gruppen und die Auswahl der Mitarbeiter/innen an den Lebensgewohnheiten und Vertrautheiten der untersuchten Personen festmacht werden. Auch die Frage, ob z. B. teilnehmende oder nichtteilnehmende Beobachtung angemessen ist, wird daran entschieden, was aus Sicht der Untersuchten und ihrer Lebenspraxis als angemessen, vertraut und am wenigsten störend erscheint. So kann es beispielsweise angemessen sein, dass die Forschenden nicht nur interviewen, sondern sich von den untersuchten Personen auch interviewen lassen (Pe-Pua 2006). Was jeweils angemessen ist, kann dabei auch regional und ethnisch stark variieren. Eine ähnliche Kulturspezifizität und Variation wird für psychologisch relevante indigene Konzepte konstatiert, deren begriffliche Bedeutung nicht in die Untersuchung hineingetragen, sondern ihr gemäß des emischen Forschungsansatzes allererst (z. B. über Befragung der untersuchten Personen) entnommen wird. Aus kulturpsychologischer Sicht mahnen die indigen-psychologischen Ansätze primär eine höhere interkulturelle Kompetenz auch in der kulturpsychologischen Forschung an, zugleich eine größere Offenheit für indigene Denk- und Forschungstraditionen sowie für indigene Expertisen. All das ist nicht zuletzt eine Frage der Fremdsprachen- und Übersetzungskompetenz. Was den Erwerb und die Lehre entsprechender Kompetenzen und damit den Abbau von ethnozentrisch basierten Barrieren und Wissensdefiziten anbetrifft, so muss sich die Kulturpsychologie zukünftig an der Ernsthaftigkeit ihrer eigenen Ansprüche messen lassen. 6 Ausblick: Stand und Perspektiven Kulturpsychologie untersucht psychologische Phänomene mit besonderem Interesse dafür, wie sie aus dem wechselseitigen Konstitutionsverhältnis von Kultur und Psyche hervorgehen. Kultur wird dabei als ein praktisches, mit Anderen geteiltes Wissens-, Symbol- und Orientierungssystem verstanden, das menschliches Denken, Erleben und Handeln in jeweils unterschiedlichen, häufig auch überlappenden Bereichen bzw. Handlungsfeldern strukturiert und orientiert. Insoweit Kultur es Menschen ermöglicht, ihrem Leben, ihren Lebenswelten und ihren Inhalten Sinn und Bedeutung zu verleihen, sind sie zwar einerseits abhängig von Kultur, können sie aber auch verändern. Dieses Verständnis von Mensch, Kultur und Psyche reicht weit vor die naturwissenschaftlich ambitionierte Mainstream-Psychologie der letzten beiden Jahrhunderte zurück, was den Rückgriff auf das Methodenrepertoire der älteren, hermeneutisch und interpretativ ausgerichteten Wissenschaften in gewisser Weise erleichtert, wobei diese methodologische Ausrichtung aber aufgrund des spezifischen Interesses am tiefergehenden Verstehen von Prozessen der Bedeutungs- Kulturpsychologie 299 und Sinngenerierung auch erfordert ist. Es zeigt sich hier, dass eine genauere Profilierung und Charakterisierung der Kulturpsychologie mit einer genaueren Rekonstruktion ihrer vielfältigen historischen Ursprünge und Entwicklungen einhergehen sollte. Eine solche Rekonstruktion der Genese kulturpsychologischer, aber auch allgemeiner psychologischer Perspektiven sollte der Kulturpsychologie zukünftig ein wichtigeres Anliegen sein als es bisher der Fall ist. Fruchtbar wären entsprechende Bemühungen u. a. auch für die Erweiterung klassischer wissenschaftstheoretischer Positionen um kulturpsychologische Perspektiven. Für die zukünftige kulturpsychologische Forschung bringt auch die jüngere Bewegung der so genannten indigenen Psychologien neue Herausforderungen mit sich. Viele dieser Herausforderungen mögen nicht prinzipiell neuer Art sein, sondern in jeder Gesellschaft angesichts einer großen Zahl an soziodemografischen Unterschieden zwischen diversen Schichten und Gruppen bestehen. Die Auseinandersetzung mit so genannten indigenen Psychologien hat die Sensibilität der weitgehend aus westlichen Denktraditionen hervorgegangenen Kulturpsychologie für ihre eigene kulturelle Prägung allerdings erhöht. Psycholog/innen aus nichtwestlichen Regionen weisen immer wieder und immer hörbarer darauf hin, dass viele der aus westlichen Ländern importierten Theorien, Begrifflichkeiten und Methoden für die Arbeit mit Menschen, die in nichtwestlichen Entwicklungskontexten und Erlebenswelten sozialisiert wurden, wenig hilfreich sind. Diese Problematik zeigt sich schon lange nicht mehr als eine von fernen Menschen in entlegenen Gegenden der Welt. Migrations- und Globalisierungsprozesse haben die Begegnung von Menschen mit unterschiedlichen Kulturations- und Akkulturationserfahrungen zu einem nahezu alltäglichen, fast überall anzutreffenden und bisweilen auch als problematisch empfundenen Phänomen werden lassen. Dass die Perspektiven und das Methodenrepertoire der Kulturpsychologie einiges Potenzial aufweisen, zur genaueren Analyse derartiger Phänomene, vielleicht auch zur Lösung damit zusammenhängender Konflikte beizutragen, ist kaum zu bestreiten. Sie sollte sich dafür allerdings auch stärker als bisher neueren methodologischen Entwicklungen öffnen, die sie dabei unterstützen, präsentistische und ethnozentrische Sichtweisen einzudämmen. Zu wünschen wäre etwa ein größeres Interesse an Methoden (z. B. der Introspektion), die in psychologischen Methodenhandbüchern westlicher Verlage selten ernste Beachtung finden; zu wünschen wäre aber auch ein verstärktes Interesse an der systematischen Integration von Ansätzen (z. B. der Autoethnografie), die in den westlichen Sozialwissenschaften selbst in jüngerer Zeit entwickelt wurden, um gerade den hier angedeuteten Problemen besser begegnen zu können. Kurz: Die Kulturpsychologie wird sich, um diesen neueren Entwicklungen gerecht zu werden und ihren eigenen Maßstäben zu genügen, gründlicher als bisher mit ihrer eigenen historischen und soziokulturellen Prägung, daraus resultierenden Perspektiveinschränkungen und Methoden zu deren Überwindung befassen müssen. Literatur Boesch, E. E. (1983). Das Magische und das Schöne. Zur Symbolik von Objekten und Handlungen. Stuttgart: Fromman-Holzboog. 300 P. Chakkarath und J. Straub Boesch, E. E. (1991). Symbolic action theory and cultural psychology. Berlin: Springer. Boesch, E. E. (1996). The seven flaws of cross-cultural psychology. Mind, Culture, and Activity, 3(1), 2–10. Boesch, E. E. (2005). Von Kunst zu Terror. Über den Zwiespalt in der Kultur. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Boesch, E. E., & Straub, J. (2007). Kulturpsychologie. Prinzipien, Orientierungen, Konzeptionen. In G. Trommsdorff & H.-J. Kornadt (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie. Enzyklopädie der Psychologie (Serie VII. 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