Kulturpsychologie
Pradeep Chakkarath und Jürgen Straub
Inhalt
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Historische Perspektive und disziplinäre Einordnung einer kulturwissenschaftlichen
Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Theoretische und methodologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Wichtige Themen und zentrale Diskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Indigene Psychologien und Desiderata kulturpsychologischer Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6 Ausblick: Stand und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
284
285
287
294
296
298
299
Zusammenfassung
In diesem Beitrag werden die ideengeschichtlichen Ursprünge der Kulturpsychologie und ihre damit verbundenen methodologischen Positionen nachgezeichnet.
Betont wird die kulturwissenschaftliche Perspektive auf psychische Phänomene,
die in der Abhängigkeit von kulturell variierenden Lebensformen, Sprachspielen,
Praktiken und Diskursen betrachtet und mit besonderem Interesse für damit zusammenhängende Bedeutungs- und Sinngebungsprozesse untersucht werden. Es
wird erläutert, weshalb sich diese Zusammenhänge mit Methoden der vornehmlich
naturwissenschaftlich ausgerichteten Mainstream-Psychologie nicht befriedigend
analysieren lassen und warum kulturpsychologische Analysen insbesondere auf
interpretative Verfahren und interdisziplinäre Befunde zurückgreifen.
P. Chakkarath (*)
Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
E-Mail: pradeep.chakkarath@rub.de
J. Straub
Fakultät für Sozialwissenschaft, Lehrstuhl für Sozialtheorie und Sozialpsychologie, RuhrUniversität Bochum, Bochum, Deutschland
E-Mail: juergen.straub@rub.de
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
G. Mey, K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18234-2_16
283
284
P. Chakkarath und J. Straub
Schlüsselwörter
Kulturpsychologie · Interpretative Verfahren · Indigene Psychologie · Kultur ·
Handlung
1
Einleitung
Folgt man einer historiografisch gut etablierten Narration zur Psychologiegeschichte, so nimmt die genuin wissenschaftliche Erforschung psychischer Phänomene
ihren Anfang im 19. Jahrhundert, vornehmlich in Deutschland und im Schnittfeld
verschiedener naturwissenschaftlich ausgerichteter Disziplinen wie der Medizin (vor
allem Anatomie, Physiologie und Pathologie) und der Physik (vor allem der Elektrophysik, Optik und Akustik). Vielzitierte Initiatoren dieser thematischen und
methodologischen Ausrichtung des Faches waren beispielsweise Ernst H. Weber,
Gustav T. Fechner, Rudolph H. Lotze und Hermann v. Helmholtz. Wenn ihre
unterschiedlichen Beiträge zur Erforschung und insbesondere apparategestützten
Messung psychischer Phänomene immer mal wieder als „Psychophysik“ etikettiert
werden, so trifft das durchaus einen bestimmenden Charakterzug dieses disziplinären Anfangs und seines weiteren Verlaufs, der bis in die moderne Neuropsychologie
führt (Read 2015; Sowden 2012). Man darf jedoch nicht übersehen, dass die
psychologische Theorienbildung des 19. Jahrhunderts in beträchtlichem Maße auch
von klassischen philosophischen, insbesondere erkenntnistheoretischen Fragestellungen etwa zu Rationalismus, Nativismus und Empirismus, Determinismus, Indeterminismus und Willensfreiheit, zur Abgrenzung nomothetischer von ideografischen Perspektiven, der Erklären-Verstehen-Kontroverse oder auch zu religiösem
und ästhetischem Empfinden geprägt war. Wie sehr die Anfänge der modernen
Psychologie noch philosophisch informiert und von durchaus differenzierten erkenntnis- bzw. wissenschaftstheoretischen und methodologischen Beiträgen begleitet waren, gerät auch aus dem Blick, wenn immer mal wieder das Jahr 1879, in dem
Wilhelm Wundt an der Universität Leipzig das vermutlich erste psychologische
Laboratorium einrichtete, zum geradezu mythologischen Gründungsjahr der modernen Psychologie verklärt wird. Zwar wurde mit diesem Labor tatsächlich die psychophysikalisch inspirierte Idee einer exakten Messbarkeit und Berechenbarkeit
psychischer Phänomene akademisch institutionalisiert, doch ist Wundt mit seiner
Forderung nach einer „dualen Psychologie“, die sich nicht nur experimenteller,
sondern auch kultur- und sozialwissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse
bedient, eine denkbar schlecht gewählte Gallionsfigur einer betont am Vorbild der
Naturwissenschaften, insbesondere an der Methodologie der Physik orientierten
Psychologie (Jüttemann 2006). Mag es Wundt (1900–1920) mit seiner voluminös
angelegten „Völkerpsychologie“ ebenso wenig wie den früheren „Völkerpsychologen“ des 19. Jahrhunderts gelungen sein, eine methodologisch und systematisch
überzeugende Ergänzung der experimentellen Psychologie vorzulegen, so kann
doch in seinem Bemühen um eine inhaltlich wie auch methodisch interdisziplinär
ausgerichtete und kulturintegrative Psychologie durchaus ein moderner Impuls für
die Entstehung der Kulturpsychologie im 20. Jahrhundert gesehen werden. So
Kulturpsychologie
285
betrachtet, könnte sich auch die Historiografie der Psychologie motiviert fühlen, die
geläufigen und häufig eurozentrischen Rekonstruktionen der Entwicklung des
Faches als einer Naturwissenschaft um psychologisch relevante geistes- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu ergänzen, die weit vor dem 19. Jahrhundert und auch
außerhalb Europas und der USA geleistet wurden.
Entlang dieser Hinweise werden wir in den folgenden Abschnitten versuchen, die
historiografischen und methodologischen Perspektiven der Kulturpsychologie, ihre
interdisziplinäre Ausrichtung, ihre disziplinären Abgrenzungen, ihr Menschenbild,
ihre auf all dem basierenden Methodenpräferenzen sowie ihr wissenschaftliches
Selbstverständnis zu skizzieren. Dabei sollen die dargestellten Prinzipien und Perspektiven, die viele kulturpsychologische Ansätze verbinden, nicht über eine gewisse Diversität und Heterogenität „der“ Kulturpsychologie hinwegtäuschen.
2
Historische Perspektive und disziplinäre Einordnung einer
kulturwissenschaftlichen Psychologie
Dass der Mensch nicht nur als ein Naturwesen unter vielen, sondern hinsichtlich
seiner geistigen Fähigkeiten und Leistungen zugleich als ein einzigartiges, soziohistorisch geprägtes Kulturwesen verstanden werden kann und muss, ist eine Einsicht,
die sich in vielen frühen Texten der menschlichen Ideengeschichte findet. Die oben
erwähnte Fixierung auf eine historiografische Narration, die den Beginn der Psychologie an der experimentellen Ausrichtung des Faches festmacht, trägt dazu bei,
die psychologische Relevanz dieser weit zurückreichenden und außerhalb der
Mainstream-Psychologie nach wie vor äußerst einflussreichen Einsicht zu verdecken
(Chakkarath 2011). In einer kulturpsychologischen Perspektive sind diese Beiträge
schon alleine deshalb interessant, weil sie uns gemeinsame, ähnliche, oft aber auch
erheblich unterschiedliche Auffassungen vom Menschen und seiner Psyche vor
Augen führen. Anstatt allzu voreiligen, präsentistisch und ethnozentrisch gefärbten
universellen Annahmen zu erliegen, dürfen wir folglich davon ausgehen, dass
kulturell etablierte und gelegentlich divergierende Menschenbilder Einfluss auf
Sozialisations-, Enkulturations- und Akkulturationsprozesse sowie darin mitangelegte Erziehungs-, Denk-, Urteils-, Attributions-, Erlebens- und Verhaltensstile nahmen
und immer noch nehmen. Lehrreich ist der weiterreichende historische Rückblick aber auch für die Methodengeschichte einer Psychologie, die ihre wissenschaftliche Bedeutung nicht ausschließlich an naturwissenschaftlichen Verfahren
festmacht. So finden sich beispielsweise bereits in der griechischen Antike, etwa in
Herodots „9 Büchern zur Geschichte“, erfahrungswissenschaftliche, z. B. ethnografische Studien. Im Übergang zur frühen Neuzeit entstanden wegweisende theoretische und empirische Beiträge (Chakkarath 2003, 2013a; Jahoda 1992; Straub 2004a,
2007a). Ähnliches gilt für Traditionen außerhalb der okzidentalen Welt. Auf der
Suche nach alternativen Konzepten zur Erforschung kulturspezifischer Phänomene
wird heute vielfach auf die psychologische Bedeutung indigener (z. B. australischer,
chinesischer, indischer, koreanischer, philippinischer, taiwanesischer, lateinamerikanischer) Denk- und Forschungstraditionen hingewiesen, denen wissenschaftliche
Seriosität in vielen Fällen schwerlich abgesprochen werden kann (Chakkarath 2005,
286
P. Chakkarath und J. Straub
2007a, 2013b, 2018a; Kim et al. 2006). Daran ist festzuhalten, auch wenn die
Wissenschaftsauffassungen zwischen den Kulturen und innerhalb einer Kultur
(diachron und synchron) erheblich voneinander abweichen können.
Beschränkt man sich auf die Tradition kulturpsychologischen Denkens in der
westlichen Welt, wird man Giambattista Vico eine besonders wichtige Funktion
zuschreiben dürfen (Vico 1990 [1725]; Tateo 2015). Seine vornehmlich gegen Descartes und Newton gerichtete Auffassung vom Menschen als einem historischen und
gesellschaftlichen, Sinn und Bedeutung schaffenden Wesen zielte nicht allein gegen die
„monistische“ und dogmatische Vorstellung einer in methodischer Hinsicht einheitlichen (Natur-)Wissenschaft. Sie ebnete zudem den Weg für eine Völkerpsychologie, um
die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts Moritz Lazarus und Haijm Steinthal (von
Graevenitz 1999), später schließlich Wundt (Jüttemann 2006; Straub 2007a), intensiv
bemühten. Trotz theoretischer und methodischer Unterschiede, die es verbieten, eine
ungebrochene Kontinuität zu unterstellen, können die sich auf Vico, J. G. Herder, W. v.
Humboldt u. a. berufenden Völkerpsychologen des 19. Jahrhunderts aus den einleitend
genannten Gründen als Wegbereiter der heutigen Kulturpsychologie betrachtet werden.
Nach den Ansätzen im Rahmen der sogenannten geisteswissenschaftlichen Psychologie Wilhelm Diltheys oder Eduard Sprangers sowie einigen marginalen Unternehmungen, wie z. B. des Versuchs der Fortführung von Wundts Völkerpsychologie
durch Willy Hellpach, trugen insbesondere Lev Wygotski, Aleksander Lurija und
Alexei Leontjew als Repräsentanten der sogenannten kulturhistorischen Schule der
sowjetischen Psychologie zur Profilierung einer avancierten Kulturpsychologie bei
(Kölbl 2006). Weitere Impulse kamen von manchen der Wegbereiter/innen der sog.
„kognitiven Wende“ im Übergang der 1950er zu den 1960er-Jahren. Nach Jerome
Bruner (1997 [1990]) hatte diese cognitive revolution eine an der alltagsweltlichen
Praxis interessierte, handlungs- und kulturpsychologische Neuorientierung einleiten
sollen (Straub 1992, 2001). Wirklich durchsetzen konnte sich die Kulturpsychologie
(cultural psychology) – trotz früher Arbeiten z. B. von Ernst E. Boesch, Michael Cole,
Sylvia Scribner, Jaan Valsiner u. a. – allerdings erst, als die seit Ende der 1940er-Jahre
erfolgte Institutionalisierung der nordamerikanischen cross-cultural psychology
(deutsch: kulturvergleichende Psychologie) bereits weit fortgeschritten war, nämlich
in den späten 1980er-Jahren (vgl. Jahoda und Krewer 1997; Lonner 2018). Mit der
Profilierung der cross-cultural psychology als einer Subdisziplin der akademischen
Psychologie gelang es zwar, auch in der Mainstream-Psychologie das Bewusstsein
für die kulturelle Prägung psychologischer Phänomene zu erhöhen, doch blieb die
kulturvergleichende Psychologie weitgehend dem quantitativen und nomologisch
ausgerichteten Methodenrepertoire verpflichtet, während insbesondere die europäische Kulturpsychologie sich als kulturwissenschaftlicher Ansatz begreift und
hermeneutisch-interpretative Verfahren bevorzugt. Für Außenstehende ist die Unterscheidung dieser beiden Ansätze nicht auf Anhieb plausibel, da auch die Kulturpsychologie Vergleiche anstellt und, trotz einiger nennenswerter Unterschiede, weitere
Gemeinsamkeiten zwischen diesen Strömungen einer culture inclusive psychology
bestehen (Straub 2001; Straub und Chakkarath 2019; Straub und Thomas 2003). Im
Folgenden werden genuin kulturpsychologische Interessen und Perspektiven in Abhebung von der kulturvergleichenden Psychologie und jeder anderen Form einer primär
naturwissenschaftlich-nomologisch ausgerichteten Psychologie aufgezeigt.
Kulturpsychologie
3
Theoretische und methodologische Grundlagen
3.1
Prinzipien der Kulturpsychologie – im Unterschied zur
kulturvergleichenden Psychologie
287
„Kulturpsychologie“ (cultural psychology) ist eine international etablierte Bezeichnung für eine Vielfalt theoretischer Ansätze und methodischer Forschungsprogramme (Boesch und Straub 2007; Chakkarath 2007a, 2011; Miller 1997; Straub
2004b). Bei aller Verschiedenheit im Detail lassen sich drei eng miteinander verbundene, weitgehend akzeptierte Ausgangspunkte identifizieren. Diese bilden eine
fundamentale (meta-)theoretische Basis und einen ebenso grundlegenden methodischen Orientierungsrahmen:
1. Alle psychischen Phänomene (Strukturen, Prozesse, Funktionen) werden in ihrer
„intrinsischen“ Abhängigkeit von kulturellen Lebensformen und Sprachspielen,
Praktiken und Diskursen betrachtet. Das wechselseitige Konstitutionsverhältnis
zwischen Kultur und Psyche bildet ein wichtiges Prinzip. Kulturpsychologie ist
also – anders als etwa die kulturvergleichende Psychologie – keine Subdisziplin,
sondern eine allgemeine Perspektive auf alle möglichen Gegenstände psychologischer Forschung und damit einhergehende wissenschaftliche, aber auch außerwissenschaftliche Diskurse und deren Manifestationen.
2. Kulturpsycholog/innen hegen die Überzeugung, dass Kulturen als praktische,
dem Tun und Lassen inhärente Wissens-, Zeichen- und Symbolsysteme konzeptualisiert werden müssen, die es Menschen gestatten, ihrer Welt, ihrem
Selbst und ihrem Dasein Sinn und Bedeutung zu verleihen. Alle Menschen
denken, fühlen, bewerten und handeln zeitlebens in einem solchen Netz kultureller Bedeutungen, das sie zwar verändern oder (zumindest partiell) wechseln,
aber niemals völlig abschütteln können. Kulturen erfüllen Orientierungsfunktionen für leibliche, sprach-, empfindungs- und handlungsfähige Subjekte.
Multiple Zugehörigkeiten zu Kulturen sind möglich und in aller Regel auch
zu erwarten, insbesondere in komplexen, nicht zuletzt kulturell differenzierten
Gesellschaften (Straub 2003), einschließlich der ihnen innewohnenden Konfliktpotenziale.
3. Kulturpsychologie ist eine interpretative Wissenschaft, für die die hermeneutische Problematik des Sinnverstehens (Straub 1999a, b) im Zentrum methodologischer Reflexionen steht. Dementsprechend besteht das methodische Repertoire
der Kulturpsychologie vornehmlich aus qualitativen, rekonstruktiven oder interpretativen Methoden.
Jerome Bruner bestimmt die Kulturpsychologie ganz in diesem Sinn als eine
„interpretative Psychologie“, die versuche, „die Regeln festzustellen, nach denen
Menschen in kulturellen Kontexten Bedeutungen erzeugen“ (Bruner 1997, S. 126).
Die Kulturpsychologie hat sich dabei dem Grundsatz verschrieben, ihre theoretischen
und methodischen Instrumente dem interessierenden Forschungsgegenstand anzupassen – und nicht umgekehrt nur solche Gegenstände zu erforschen, die dogmatisch
ausgezeichneten (natur-)wissenschaftlichen Verfahren zugänglich und in etablierten
288
P. Chakkarath und J. Straub
theoretischen Begriffen erfassbar sind. Sie unterscheidet sich auch in diesem Punkt
von der nomologischen kulturvergleichenden Psychologie (Matsumoto 2001). Während die kulturvergleichende Psychologie der Suche nach tatsächlich universalen
psychologischen Gesetzmäßigkeiten Priorität gibt (Poortinga 1997, S. 351), geht die
Kulturpsychologie auf Distanz zu diesem übergeordneten Ziel (ohne die Existenz
solcher Universalien zu bestreiten). Wird gegen die Kulturpsychologie gelegentlich
auch der Vorwurf erhoben, dass sie relativistische Positionen vertrete (Poortinga 2016)
und es ihr aus einer nomologischen Perspektive in gewisser Hinsicht an harter
Wissenschaftlichkeit mangele, so ist demgegenüber einzuwenden, dass die Identifizierung von Unterschieden und die darauf gestützte Erarbeitung von begrifflichen
Differenzierungen unverzichtbare Aufgaben aller Wissenschaft sind. Entsprechende
Untersuchungen müssen eine gut abgesicherte Behauptung von Gesetzmäßigkeiten
und universellen Strukturen notwendigerweise begleiten, ihr häufig sogar vorangehen.
In diesem Bemühen zeigt sich die Kulturpsychologie, wie auch Bruner (1997) betont,
als prinzipiengeleiteter und methodisch disziplinierter Ansatz, dem es an wissenschaftlicher Rigorosität keineswegs mangelt.
Ungeachtet derartiger methodologischer Debatten lehnen kulturvergleichende
Psychologie wie auch Kulturpsychologie gleichermaßen entschieden den vielfach
überzeugend kritisierten, „absoluten“ und „naiven“ Pseudo-Universalismus ab (Segall et al. 1998). Sowohl unreflektierte theoretische Begriffe als auch (keineswegs
kulturneutrale) Standardverfahren haben reihenweise zu Artefakten einer Forschung
geführt, die unisono kritisiert werden. Vielfach wurden kulturelle Besonderheiten
kurzerhand gar als psychologische Universalien ausgegeben. Empirische Befunde
waren bekanntlich allzu häufig Ergebnisse von Forschungen, die fast ausschließlich
in der sogenannten westlichen Welt durchgeführt worden waren. Dabei wurde selbst
dort nur ein kleiner und wenig heterogener Teil der Bevölkerung einbezogen. Es
handelte sich vor allem um Studierende (vielfach „Versuchspersonen“ in psychologischen Studiengängen), überwiegend um relativ junge weiße Männer und auch
einige Frauen aus der (zumeist protestantischen) Mittelschicht der USA sowie
einiger europäischer Länder (Henrich et al. 2010). Diese Auswahl diente dann als
vermeintlich repräsentative Stichprobe, an der hypothetisch formulierte, allgemeine
psychologische Gesetze getestet wurden, die für „den“ Menschen schlechthin Gültigkeit beanspruchten. Anders als die berechtigten Einwände erwarten ließen, hat
sich daran bis heute nicht viel geändert. Die culture inclusive psychology wendet
sich noch immer gegen eine Psychologie, die gleichermaßen culture-bound, cultureinsensitive oder gar culture-blind ist.
Die Kulturpsychologie und kulturvergleichende Psychologie teilen weitere Standpunkte, Orientierungen und Anliegen. Dazu gehört etwa die Kritik an den ethischen,
moralischen und politischen Implikationen bzw. Konsequenzen des epistemologischen Ethnozentrismus sowie die komplementäre, an die westliche Psychologie adressierte Ermahnung, die sogenannten Anderen und Fremden in Zukunft doch ernster zu
nehmen und in gebührendem Maße einzubeziehen – als Forschungsobjekte, Forschungspartner/innen und Forschungssubjekte, die ihr eigenes kulturelles und psychologisches Wissen einbringen können sollten (sowohl im Sinne eines empirischen
Tatsachenwissens als auch im Sinne eines kulturspezifischen prozeduralen Wissens
Kulturpsychologie
289
bzw. praktischen Know-hows, durch das die wissenschaftliche Psychologie Zugang
zu kulturellen Lebensformen und Sprachspielen, Praktiken und Diskursen erhält).
Erkenntnis und Anerkennung erscheinen dabei wie die zwei Seiten einer Medaille.
Die sogenannten indigenen Psychologien unserer Tage haben sich als wichtiges
Sprachrohr dieser „postkolonialen“ Kritik und ihrer naheliegenden politischen, epistemologischen und methodologischen Folgen erwiesen (Chakkarath 2005, 2007a,
2012; Gergen et al. 1996).
Ohne hier auf weitere Gemeinsamkeiten zwischen der Kulturpsychologie und der
kulturvergleichenden Psychologie näher eingehen zu können (dazu Chakkarath
2011; Straub 2001; Straub und Thomas 2003), sei wenigstens noch erwähnt, dass
hier wie dort komparative Ansätze und die Methodologie des Kulturvergleichs
zentral sind. In der Kulturpsychologie gibt es dabei besonders starke Bemühungen,
angemessene Tertia Comparationis für kulturvergleichende Untersuchungen auszumachen, für die notwendige Äquivalenz theoretischer Begriffe und methodischer
Verfahren zu sorgen oder auch vor der möglichen Unvergleichbarkeit des radikal
Verschiedenen zu warnen (Greenfield 1997; Straub 1999b). Es sei ebenfalls kurz an
die allseits geteilte Forderung erinnert, dass empirische Forschungen aus der „emischen“ Innen- und aus der „etischen“ Außenperspektive (im Sinne der von Pike
1954 getroffenen Unterscheidung) erfolgen sollen und dass von einer Vielfalt von
(qualitativen und quantitativen) Forschungsmethoden sowie vom Prinzip der Triangulation Gebrauch gemacht werden kann (Boesch und Straub 2007).
Natürlich gibt es gewisse Präferenzen auf beiden Seiten, wie etwa die Bevorzugung qualitativer Methoden durch die interpretative Kulturpsychologie, wie sie trotz
der frühen Grundlegung durch Jerome Bruner heute vor allem außerhalb der USA
betrieben wird (Straub und Chakkarath 2019; Slunecko et al. 2017). Auch trennende
Besonderheiten sind leicht auszumachen (wie etwa ausführliche texttheoretische,
hermeneutische und übersetzungswissenschaftliche Reflexionen auf Seiten der kulturwissenschaftlichen Strömung). Demgegenüber ist wechselseitige Kritik am sowohl komplementären als auch konkurrierenden Partner an der Tagesordnung (z. B.
Boesch 1996).
Die wichtigste Differenz hat mit einer (sozial-)ontologischen oder (sozial-)
anthropologischen Vorannahme sowie den damit verwobenen epistemologischmethodologischen Folgen zu tun. Während Vertreter/innen der kulturvergleichenden
Psychologie davon ausgehen, dass die psychologisch interessierende Wirklichkeit
im Sinne einer natürlichen Ordnung durch Gesetzmäßigkeiten strukturiert ist, die
nach dem Modell von Ursache und Wirkung konzeptualisiert und identifiziert
werden können, bricht die Kulturpsychologie mit dieser naturalistischen und kausalistischen Ontologie. Ohne die großen Erfolge der Naturwissenschaften zu mindern oder die Funktionalität speziell der experimentellen Methode für bestimmte
Zwecke zu bezweifeln, richtet sie sich gegen deren Verabsolutierung im Feld der
sozial- und kulturwissenschaftlichen Humanities. Sie wendet sich jenen interpretativen Disziplinen zu, welche sich traditionell mit der sinn- und bedeutungsstrukturierten menschlichen Welt befassen. Sinn- und Bedeutungszusammenhänge jedoch
sind anderer Art als Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. Sie lassen sich nicht nach
dem kausalistischen Modell als Naturgesetze erforschen, und zwar weder im Sinne
290
P. Chakkarath und J. Straub
des strengen deduktiv-deterministischen noch des abgeschwächten induktiv-statistischen Modells (in dem strikte Naturgesetze durch probabilistische Aussagen
ersetzt werden). Die Kulturpsychologie kennt demzufolge eine Mehrzahl gleichermaßen „wissenschaftlicher“ Erklärungsmodelle. Keines von ihnen ist „an sich“
wertvoller als die anderen. Sie dienen vielmehr spezifischen Zwecken in variablen
pragmatischen Kontexten, in denen nach wissenschaftlichen Erklärungen verlangt
wird. Erklärungen können als Antworten auf Warum- oder Wie-Fragen verschiedene
Formen annehmen und Funktionen erfüllen (Straub und Werbik 1999).
3.2
„Kultur“ in der Kulturpsychologie: begriffliche Grundlagen
und theoretische Perspektiven
Die Kulturpsychologie befasst sich mit menschlichem Erleben, Denken, Urteilen, Fühlen, Wollen und Handeln (einschließlich seiner Genese, Objektivationen
und Objektivierungen/Subjektivierungen), wobei sie beliebige Einzelphänomene
in ihren jeweiligen Sinn- und Bedeutungsgehalten als kulturell geprägt untersucht.
„Kultur“ fungiert in dieser Perspektive als eine Art Quelle, die einer bestimmten
Handlung in jeweils spezifischer Weise Sinn und Bedeutung verleiht. Es sind
u. a. kulturell etablierte und einer größeren Zahl von Akteur/innen bekannte Regeln,
die z. B. das Verspeisen einer Oblate im Rahmen eines institutionalisierten Rituals in
einer Kirche als eine ganz bestimmte religiöse Handlung ausweisen, verständlich
machen und ihr Zustandekommen (partiell) erklären. Wer diese Regeln und ihren
weltanschaulich-christlichen Rahmen nicht kennt, wird in der vom Geistlichen an
die Gläubigen gereichten Oblate schwerlich den „Leib Christi“ symbolisiert sehen,
etc. Er oder sie wird diese religiöse Praxis in ihrer kulturell konstituierten Sinn- und
Bedeutungsstruktur nicht erkennen, identifizieren, beschreiben, verstehen und erklären und an der kulturellen und sozialen Praxis, zu der das Verspeisen einer Oblate
gehört, nicht „kompetent“ teilnehmen können: Diese Praxis bleibt dann unverständlich, äußerlich und fremd.
Handlungen bilden den paradigmatischen Gegenstand einer Kulturpsychologie,
die in vielen Varianten handlungstheoretisch ausgerichtet ist. In welchen Weisen
werden nun Kultur und Handlung in der kulturpsychologischen Forschung miteinander verbunden, aufeinander bezogen bzw. relationiert (Straub und Shimada
1999)? Welche möglichen Beziehungen werden theoretisch unterstellt? Was heißt
es mithin, Handlungen (sowie andere psychische, sinn- und bedeutungsstrukturierte
Phänomene) als kulturelle Phänomene aufzufassen, zu beschreiben, zu verstehen
und zu erklären? Der Begriff der Kultur selbst liefert die Antwort auf diese Fragen.
Er zeigt z. B., warum es zum Geschäft kulturpsychologischer Handlungserklärungen
gehört, wie im oben gegebenen Beispiel nach explanativen (konstitutiven oder
regulativen) Regeln zu suchen (Straub 1999a, S. 113–140) – und warum sich dieses
Geschäft in dieser Aufgabe nicht erschöpft.
Zwar gibt es zahllose Bestimmungen des Kulturbegriffs (Chakkarath 2003; Straub
2007b), doch zeigt sich vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen der
heuristische und explanative Wert des von Boesch vorgeschlagenen Verständnisses
Kulturpsychologie
291
von Kultur. Boeschs Kulturbegriff erweist sich als nützlich beim Versuch, die Welt des
Menschen als eine sinn- und bedeutungsstrukturierte Welt menschlichen Handelns zu
beschreiben, zu verstehen und zu erklären (Straub et al. 2020):
„Culture is a field of action, whose contents range from objects made and used by human
beings to institutions, ideas and myths. Being an action field, culture offers possibilities of,
but by the same token stipulates conditions for, action; it circumscribes goals which can be
reached by certain means, but establishes limits, too, for correct, possible and also deviant
action. The relationship between the different material as well as ideational contents of the
cultural field of action is a systemic one; i.e. transformations in one part of the system can
have an impact in any other part. As an action field, culture not only induces and controls
action, but is also continuously transformed by it; therefore, culture is as much a process as a
structure.“ (Boesch 1991, S. 29)
Kultur ist praktisches Wissen und untrennbar mit der wissensbasierten Praxis des
Menschen verwoben. Kulturelles Wissen eröffnet und begrenzt Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten. Dieses Wissen kann verschiedene Gestalten annehmen: Es
kann explizit, artikuliert, vielfältig symbolisiert und reflektiert sein, oder implizit
bleiben, leiblich verkörpert sein und performativ inszeniert werden, in Institutionen
objektiviert, in Dingen, Räumen und Plätzen materialisiert sein. Es ist veränderlich,
also grundsätzlich historisch verfasst und im Übrigen ein Produkt kulturellen Austauschs (Burke 2000). Kulturen sind keine Archipele, sondern offene und dynamische Systeme. Es sind keine objektiv identifizierbaren Entitäten mit geschlossenen
Grenzen, sondern wissensbasierte Praktiken, die stets nur in vergleichender Perspektive – also von einem bestimmten Standpunkt und in einer bestimmten Perspektive – wahrgenommen und beobachtet werden können. Kulturen sind, mit
anderen Worten, unweigerlich relationale Konstrukte. Sie werden von verschiedenen
Menschen unterschiedlich erfahren und bestimmt, wobei Kulturen eine variable
Mehrzahl von in vielerlei Hinsicht unterschiedlichen Personen integrieren, also
keineswegs nur als „Nationalkulturen“ oder „Kulturkreise“ bestimmbar sind. Sie
bilden vielmehr einen konjunktiven Erfahrungsraum und Erwartungshorizont, den
die Angehörigen eines Kollektivs teilen. Diese Gemeinsamkeit macht sie zu Zugehörigen, die gewisse Aspekte ihrer qualitativen Identität gemeinsam haben und
partiell auch gemeinsam haben wollen (zum Identitätsbegriff s. Straub 2004c, 2018).
Möchte man genauer begreifen, wie sich die Kulturpsychologie auf kulturelles
Wissen bezieht, um ausgewählte psychische Phänomene (z. B. Handlungen) in ihrer
jeweiligen Sinn- und Bedeutungsstruktur genauer zu beschreiben, zu verstehen und
zu erklären, tut man gut daran, dieses Wissen in verschiedene typische Formen zu
gliedern. Diese Formen passen nicht zufällig zu jenen Modellen der Handlungserklärung, welche in der Philosophie und Wissenschaftstheorie seit gut einem halben
Jahrhundert als ernst zu nehmende Alternativen zum deduktiv-nomologischen und
induktiv-statistischen Modell gehandelt werden (Straub und Werbik 1999).
Eine Kultur stellt bisweilen auf ganz offenkundige, häufiger auf kaum merkliche
Weise einer wandelbaren Vielzahl von Personen Ordnungsformen sowie Deutungsund Bewertungsmuster für die kognitive und rationale, emotionale und affektive
Identifikation, Evaluation und Strukturierung von Gegebenheiten und Geschehnissen
292
P. Chakkarath und J. Straub
sowie Prinzipien und Paradigmen der Handlungsorientierung und Lebensführung
bereit. Fasst man den Kulturbegriff als offene und dynamische Wissensstruktur auf,
lassen sich nun dreierlei Formen oder Typen kulturellen Wissens unterscheiden.
Kultur ist demnach nicht einfach eine lediglich vage charakterisierbare „symbolische
Ordnung“ (oder dergleichen), sondern ein differenziell bestimmbares, transindividuelles und handlungsleitendes Wissens-, Zeichen- oder Symbolsystem, das sich zusammensetzt aus
1. kollektiven Zielen, die Individuen übernehmen, situationsspezifisch konkretisieren und als zweckrational handelnde Akteur/innen durch den Einsatz wiederum
kulturspezifischen Mittelwissens verfolgen können (Straub 1999a, S. 102–112);
2. kulturspezifischen Handlungsregeln; dazu gehören auch sprachliche Regeln aller
Art, außerdem – wie gesagt – soziale Normen, die in Aufforderungs- bzw. die sie
fundierenden Bewertungsnormen oder Werte differenziert werden können (Straub
1999a, S. 113–140);
3. einem kulturspezifischen Reservoir an geteilten Geschichten, durch die Angehörige einer Kultur ihre Identität, ihr kollektives und individuelles Selbst- und
Weltverständnis bilden, artikulieren und tradieren, und dies so, dass nicht zuletzt
der zeitlichen und kreativen Dimension der Praxis Rechnung getragen wird
(Straub 1999a, S. 141–161).
Diese Ziele, Regeln, Normen und Werte sowie die Geschichten, die in einer
Kultur kursieren und das Handeln orientieren und bestimmen, müssen keineswegs
eine sprachsymbolische oder diskursive Gestalt besitzen. Sie sind dem Handeln
häufig implizit und allenfalls in Spuren oder Anzeichen präsent (z. B. in so genannten „narrativen Abbreviaturen“, die auf Geschichten oder Erzählungen mit Diskurscharakter verweisen, wie z. B. „1989“ oder „Twin Towers“ oder „Mekka“). Ebenso
können sie in nichtsprachlichen Symbolen (z. B. Verkehrsschildern, Orden und
Kunstwerken) verkörpert sein. Symbole sind Anzeichen oder Spuren kultureller
Überlieferungs-, Sinn- und Bedeutungszusammenhänge. An solchen Anzeichen
oder Spuren setzt die kulturpsychologische Handlungsinterpretation an, wenn sie
Handlungen in bestimmter Weise identifiziert, versteht und erklärt, indem sie „kulturelle Texte“ auch „über die Schultern der Handelnden hinweg“ zu lesen versucht
und mit deren konkretem Tun und Lassen in Zusammenhang bringt (Straub und
Weidemann 2015).
Kulturelles Wissen ist keine Bedingung menschlichen Handelns im Sinne eines
kausal wirksamen Faktors. Es stellt vielmehr ein Reservoir heterogener, in systematischer Absicht jedoch unterscheidbarer Typen von Bestimmungsgründen dar, denen
sich die stets polyvalente Sinn- und Bedeutungsstruktur von Handlungen verdankt
(zum Begriff der „Polyvalenz“ s. Boesch 1991). Dies klar zu machen und dadurch
theoretische Perspektiven für die hermeneutische Erklärung menschlichen Handelns
(und anderer psychischer Phänomene) zu eröffnen, ist die Funktion der oben skizzierten Typologie kultureller Wissensformen. Insofern zahlreiche Handlungen auf
transindividuelles, kulturelles Wissen verweisen (und ohne dieses Wissen gar nicht
denkbar wären), ist die Kulturpsychologie am Zug. Ihr Terrain bilden psychische
Kulturpsychologie
293
Phänomene, die Bestandteile eines nur interpretativ zu erschließenden, durch kollektive Wissenssysteme konstituierten Verweisungszusammenhangs sind. Deswegen
steht die Problematik des Sinnverstehens im Zentrum der Methodologie und Methodik kulturpsychologischer Forschung. Das oben angeführte Beispiel – das Verspeisen einer Oblate im Kontext eines religiösen Rituals – spricht auch diesbezüglich für
sich. Solche Handlungen verweisen auf die religiösen Welt- und Menschenbilder
wie auch auf die praktischen Überzeugungssysteme, zu denen sie gehören. Sie sind
demgemäß gerade nicht als diskrete Variablen konzeptualisierbar, die logisch unabhängig von diesen Weltbildern und Überzeugungssystemen wären und in rein
empirisch-kontingenten Beziehungen zu diesen stünden (z. B. Greenfield 1997,
S. 303; Markus et al. 1996).
Zahllose Rituale, Mythen, Utopien sowie darin angelegte Vorstellungen vom
Richtigen und Falschen, darin verankerte Legitimationen bestehender Verhältnisse
und erwünschter Entwicklungen, wie auch darüber vermittelte handlungsorientierende Überzeugungen bieten anschauliche Beispiele für die komplexen und mitunter
überaus komplizierten Zusammenhänge, um deren sinnverstehende Entschlüsselung
es kulturpsychologischer Forschung geht (Chakkarath 2007b, sehr anschaulich
macht das auch Boesch 1983, 2005).
Solche Beispiele zeigen zugleich, wie etwa Ritualisierungen, Mythologisierungen und damit einhergehende Zeit- und Handlungsorientierungen nahezu alle
menschlichen Lebensbereiche – von Religion über Politik und Sport bis zu Wissenschaft und persönlichem Alltag (für Beispiele siehe Chakkarath und Weidemann
2018; Kölbl und Sieben 2018; Valsiner 2012) – bedeutungsstiftend durchziehen und
sich entsprechend auch in narrativen Selbstauskünften von Individuen wiederfinden,
deren Analyse vor dem Hintergrund des bisher Gesagten von besonderem kulturpsychologischen Interesse ist (Brockmeier 2015; Straub 1999a).
3.3
Grundlagen der Methodenwahl
Die kulturpsychologische Empirie schließt damit unmittelbar an die alltags- oder
lebensweltliche Erfahrungs- und Wissensbildung an. Greenfield fordert demgemäß,
dass die kulturpsychologische Forschung Verfahren einzusetzen habe, durch die sich
die Entwicklung gemeinsamer Aktivitäten und gemeinsamer Bedeutungen sowie der
kommunikative Prozess ihres Erwerbs adressieren lassen (Greenfield 1997, S. 305).
Dies bedeutet nicht zuletzt, dass die Forschungsmethoden der jeweiligen kulturellen
Praxis, in der sie eingesetzt werden sollen, angemessen sein müssen. Mitunter
können sie deswegen erst im Zuge der kulturpsychologischen Forschung entwickelt
werden (Scribner und Cole 1981). Diese in der indigenen Psychologie verbreitete,
auch in der Kulturpsychologie anzutreffende Auffassung macht ethnografische
Forschung, wie sie etwa in der Tradition phänomenologiebasierter Wissenssoziologie betrieben wird (Hitzler und Eisewicht 2016), häufig unverzichtbar. Sie eröffnet
überdies fruchtbare Anschlussmöglichkeiten an neuere autoethnografische Ansätze,
die eine methodische Selbstreflexion der Forschenden einfordern, in der etwa die
eigene Beobachterposition und Standortgebundenheit auf den Einfluss hin geprüft
294
P. Chakkarath und J. Straub
werden, den sie auf den Forschungsprozess und die Forschungsresultate nehmen
(Ellis 2004; Ellis und Bochner 2010).
Das kulturpsychologische Bemühen, die interessierenden und gelegentlich noch
unvertrauten Phänomene möglichst unvoreingenommen, aber dennoch methodisch
gesichert zu untersuchen, erfordert strukturiertes, reflektiertes und flexibles Vorgehen zugleich. In dieser generellen Ausrichtung, die sie offen für multimethodale und
multiperspektivische Forschungsdesigns wie auch für interdisziplinäre Anleihen
macht, trifft sie sich mit grundlegenden Positionen der Grounded-Theory-Methodologie (Mey und Berli 2019) oder verwandter Ansätze (Ratner et al. 2001). Dies
schließt den Einsatz experimenteller und speziell quantitativer Methoden keineswegs aus, relativiert ihn aber erheblich. Im Übrigen bemühen sich manche Vertreter/
innen durchaus um eine gewisse Integration qualitativer und quantitativer Methoden
sowie der dazu gehörenden wissenschaftlichen Paradigmen – ohne deren Unterschiede zu vertuschen (was im Zuge einer oberflächlichen „Integrationsrhetorik“
leicht geschieht). Eine in dieser Hinsicht exemplarische und sowohl in der kulturvergleichenden Psychologie wie auch in der Kulturpsychologie vielbeachtete Arbeit
ist Patricia Greenfields Langzeitstudie zu intergenerationaler Transmission und
kreativer Transformation kulturellen Wissens in indigenen Gemeinden des mexikanischen Bundesstaates Chiapas (Greenfield 2004).
4
Wichtige Themen und zentrale Diskussionen
Zu den besonders gut ausgearbeiteten theoretischen Konzeptionen, die vielfach auch
umfangreiche empirische Forschungen angeregt haben, gehören:
• Ernst E. Boeschs „symbolische Handlungstheorie und Kulturpsychologie“;
• Lutz Eckensbergers in Anlehnung an Boesch entwickelte und in diversen empirischen Projekten fruchtbar gemachte Konzeption; zusammen mit B. Krewer
gelten die drei Autoren manchmal als Repräsentanten der „Saarbrückener
Schule“ (Eckensberger 1990; Krewer 1992);
• Jerome Bruners handlungs- und erzähltheoretisch fundierte Kulturpsychologie;
• Richard Shweders Entwurf einer cultural psychology, der sich auf unterschiedliche, darunter ethnologische Quellen stützt (Shweder 1990);
• Jürgen Straubs an Überlegungen von Hans Werbik anschließende, textwissenschaftliche und hermeneutische Handlungs- und Kulturpsychologie (Straub 1999a;
Straub und Werbik 1999);
• Michael Coles Ansatz, der an die tätigkeitstheoretische, soziogenetische bzw.
kulturhistorische Tradition der russischen Psychologie anknüpft (Cole 1996);
• ebenfalls dieser Tradition verpflichtet ist die kultur- und entwicklungspsychologische, zudem sozialanthropologisch informierte Konzeption von Jaan Valsiner
(Valsiner 2000, 2014), der auch als Herausgeber des internationalen Journals
„Culture & Psychology“ tätig ist;
Kulturpsychologie
295
• an dieselbe Richtung knüpft James V. Wertsch in zahlreichen Arbeiten an, u. a.
unter Bezugnahme auf Bakhtins Literaturtheorie (Wertsch 1991);
• eine der einst aktivsten Gruppen in Europa war die „Nijmegen Cultural Psychology Group“ (NCPG); zu ihr zählten etwa Paul Voestermans, Cor Baerveldt, Theo
Verheggen oder Harry Kempen, der u. a. mit Hubert Hermans Arbeiten zum
dialogischen Selbst verfasst hat (Hermans und Kempen 1993);
• Gustav Jahoda hat neben viel beachteten historischen Untersuchungen zahlreiche
systematische Beiträge vorgelegt;
• Carl Ratner hat u. a. mehrere Publikationen zur Theorie und Methodologie
qualitativer Forschung in der Kulturpsychologie publiziert (Ratner 2012; Ratner
et al. 2001);
• Alfred Lorenzer und Hans-Dieter König gehören zu jener Gruppe von Autor/
innen, die die Psychoanalyse (bzw. „Tiefenhermeneutik“) auch im Feld der
psychologischen Kulturanalyse fruchtbar zu machen suchen;
• die Ethnopsychoanalyse wird etwa von Mario Erdheim, Maya Nadig oder Paul
Parin vertreten.
Diese Liste ist unvollständig (für weiterführende Angaben s. Boesch und Straub
2007; Straub und Chakkarath 2019; Straub et al. 2006). Zahlreiche weitere theoretische, methodologische sowie empirische Beiträge können der Kulturpsychologie
zugeordnet werden – Markova, Markus, Kitayama, Peng, Nisbett oder Rogoff
gehören zur Reihe der vor allem in angelsächsischen Ländern tätigen Kulturpsycholog/innen, die ihre Positionen und häufig multimethodal angelegten Untersuchungen
als „kulturpsychologisch“ bezeichnen würden. Einige Konzeptionen, die gegenwärtig ebenfalls intensiv diskutiert werden, unterhalten zumindest partielle, bisweilen
auch engere Verwandtschaften zur Kulturpsychologie. Dazu zählen etwa
• der zeitgenössische „soziale Konstruktionismus“ Kenneth Gergens und die damit
verwandte „diskursive Psychologie“;
• die im deutschen Sprachraum insbesondere von Carl-Friedrich Graumann vertretene phänomenologische Psychologie;
• die Psychologie sozialer Repräsentationen von Serge Moscovici;
• die als psychologische Semantik konzipierte, phäno- und logografische Sozialpsychologie Uwe Lauckens;
• die rekonstruktiv verfahrende „Psycho-logik“ (regelgeleiteter) semantischer und
pragmatischer Beziehungen, wie sie Jan Smedslund vertritt;
• die verstehend-erklärende Psychologie Norbert Groebens (und Brigitte Scheeles),
die sich um eine Integration hermeneutischer und empiristischer Traditionen
bemüht;
• indigene Psychologien unterschiedlicher Provenienz und Ausrichtung (s. Abschn. 5).
Schon diese knappe Aufzählung verweist auf eine Vielzahl gut bearbeiteter
Fragestellungen und empirischer Forschungsfelder, von denen hier lediglich einige
besonders bekannte erwähnt werden, nämlich die Untersuchung
296
P. Chakkarath und J. Straub
• unterschiedlicher Konzepte personaler Identität bzw. des Selbst, der narrativen
Verfasstheit des Erinnerns und des autobiografischen Gedächtnisses (Brockmeier
2015; Chakkarath 2006; Heine und Buchtel 2009; Markus und Kitayama 1991);
• kulturspezifischer Formen moralischer Entwicklung und moralischen Bewusstseins (Eckensberger 2003; Miller 2006; Miller et al. 1990);
• kulturspezifischer Emotionen (Shweder et al. 2008; in psychohistorischer Perspektive: Stearns und Stearns 1988);
• kulturell geprägter Kognitionsstile (Nisbett et al. 2001; Peng und Nisbett 1999);
• kulturell geprägter Attributionsstile (Miller 1984; Peng und Knowles 2003);
• kulturspezifischer Aspekte von Bindung bzw. Bindungsverhalten (Rothbaum und
Morelli 2005).
Alle diese Arbeiten bieten eine Fülle an konkreten Beispielen für kulturpsychologische Thematiken, Denk- und Vorgehensweisen, die sich auch in den bereits
erwähnten indigenen Psychologien finden.
5
Indigene Psychologien und Desiderata
kulturpsychologischer Ansätze
Obgleich viele Vertreter/innen der indigenen Psychologie sich aufgrund der zuvor
bereits erwähnten Kritik an der eurozentrischen Prägung der heutigen MainstreamPsychologie nicht nur in kritischer Distanz zur kulturvergleichenden Psychologie,
sondern auch zur Kulturpsychologie sehen, ist eine fachliche Integration indigener
Theorien und Forschungsansätze aus kulturpsychologischer Sicht wünschenswert
(Chakkarath 2012). Dafür sprechen vor allem drei Gründe:
• die methodologisch begründete kulturpsychologische Präferenz für emische
Ansätze, die einen reflektierten Zugang zu den Sicht- und Verständnisweisen
der beforschten Personen erleichtern;
• die Überzeugung, dass kulturspezifische Traditionen des systematischen Nachdenkens (wie auch deren Repräsentation in Laientheorien) den Enkulturationskontext von Menschen nachhaltig mit strukturieren und somit hohe entwicklungs-, kognitions- und sozialpsychologische Relevanz besitzen (Chakkarath
2013b; Super und Harkness 1997),
• die Einsicht, dass auch psychologische Theorien westlicher Provenienz, mitsamt
dazugehörigen Menschenbildern, kulturell geprägt sein und eine entsprechend
eingeschränkte Reichweite haben können.
Diese Feststellungen zeigen, dass kulturpsychologische Perspektiven auch Relevanz für wissenschaftstheoretische Debatten haben, in denen die kulturelle Prägung
von Ideen und Theorien bislang eher vernachlässigt wird (Chakkarath 2018b).
In diesen Zusammenhängen rücken auch indigene weltanschaulich sowie philosophisch eingebettete Denk- und Analysetraditionen in das Interesse der Forschung, sowohl wegen ihres möglichen Potenzials an alternativen wissenschaftli-
Kulturpsychologie
297
chen Beschreibungen, Interpretationen und Erklärungen als auch wegen ihres möglichen Einflusses auf die Entwicklung und Sozialisation von Individuen (der von der
Bewertung der Wissenschaftlichkeit dieser Traditionen nicht abhängt; Chakkarath
2007b, 2012, 2018a). Viele der Irrläufer und Fehlentwicklungen psychologischer
Forschung – z. B. rassistisch gefärbte Theorien zu vermeintlichen Intelligenz- und
Persönlichkeitsunterschieden – resultierten (und resultieren noch) zu einem guten
Teil aus der Ignoranz für diese Zusammenhänge, die sich partiell auch in Form von
historisch gewachsenen stereotypen Annahmen westlicher Theorien über „die Anderen“ zeigen (Chakkarath 2010). Dass auch die Kulturpsychologie sich dieser Kritik
stellen muss, zeigt ein Blick auf die Auswahl der von ihr mehrheitlich zitierten
Autor/innen, die sich fast ausschließlich aus europäischen und amerikanischen
„Klassikern“ der westlichen Sozialwissenschaften rekrutieren, von denen die meisten außerhalb ihrer beiden Kontinente nie geforscht haben und mit den Denktraditionen anderer Kulturen häufig nur unzulänglich vertraut waren. Die indigenpsychologische Kritik an diesem Umstand ist umso ernster zu nehmen, als sie
vornehmlich von Vertreter/innen solcher Länder vorgetragen wird, die einstmals
Kolonien genau derjenigen westlichen Staaten waren, deren wissenschaftliche Konzepte und Standards u. a. imperialistisch durchgesetzt wurden. Die Tauglichkeit
dieser Theorien und Konzepte für die Erforschung und Verbesserung der sozialen
Realitäten in den ehemaligen Kolonialländern wird aber zusehends infrage gestellt
(Chakkarath 2012; Misra und Gergen 1993).
Die indigene Psychologie hat längst darauf hingewiesen, dass eine Reihe kulturspezifischer Phänomene dem Blick westlicher Wissenschaft entgehen (obwohl
gerade sie lebenspraktisch und wissenschaftlich höchst bedeutsam sind). Eines der
bekanntesten Beispiele dafür dürfte amae sein, das der Psychoanalytiker Takeo Doi
(1982) als einen zentralen Aspekt der japanischen Mutter-Kind-Bindung und als
strukturierendes Merkmal der individuellen und kollektiven japanischen Psyche
auffasste. Amae wurde gelegentlich mit „Abhängigkeit und Freiheit in Geborgenheit“ übersetzt. Dieses komplexe Phänomen und das korrespondierende Konzept,
das individuelle Autonomie und soziale Bindung gerade nicht als unvereinbare
Gegensätze begreift, widerspricht Doi zufolge in vielerlei Hinsicht westlichen Vorstellungen von den Grundlagen sicherer psychologischer Bindung und positiver
Persönlichkeitsentwicklung (für weitere Beispiele s. Chakkarath 2007a, 2012).
In methodologischer und methodischer Hinsicht wäre etwa an die seit Jahrtausenden
praktizierte Erforschung psychischer Phänomene mit teilweise hochsystematisierten
introspektiven Beobachtungsverfahren zu denken. Werden diese Verfahren in der
westlichen Tradition sehr kritisch gesehen, so wird außerhalb Europas und Nordamerikas insbesondere die Ausrichtung der Methoden an Kultur- und Bildungsstandards
westlicher Populationen kritisiert. Beispielsweise sind illiterate Gruppen nicht mit
Fragebogen, geschweige denn Antwortskalen vertraut, sodass kulturadäquate und
gegebenenfalls im Kulturvergleich brauchbare Alternativen entwickelt werden müssen, was ohne tief greifende indigene Kenntnisse über die untersuchten Populationen
und ihre Lebenswelt nicht gelingen kann. Ein Beispiel hierfür ist das Ersetzen der
klassischen fünf-stufigen Likert-Skala durch das sogenannte ladder rating, ein Verfahren, in dem illiteraten, häufig handwerklich arbeitenden Personen im ländlichen Indien
298
P. Chakkarath und J. Straub
kleine handliche fünf-stufige Leitern in senkrechter Position gereicht werden, sodass
sie durch Auflegen der Finger auf die jeweilige Sprosse ihre Antwortgewichtung
haptisch anzeigen können (Sinha 1969). Auch hinsichtlich qualitativer Beobachtungsund Interviewverfahren haben Vertreter/innen der indigenen Psychologie die
Anpassung an die kulturellen Kontexte und Lebensgewohnheiten der Untersuchungspersonen gefordert. Enriquez (1993) zeigt dies am Beispiel der Indigenisierung psychologischer Feldforschung auf den Philippinen, wo Dauer, Ort und Häufigkeit der
Untersuchungen wie auch die Größe der untersuchten Gruppen und die Auswahl der
Mitarbeiter/innen an den Lebensgewohnheiten und Vertrautheiten der untersuchten
Personen festmacht werden. Auch die Frage, ob z. B. teilnehmende oder nichtteilnehmende Beobachtung angemessen ist, wird daran entschieden, was aus Sicht
der Untersuchten und ihrer Lebenspraxis als angemessen, vertraut und am wenigsten
störend erscheint. So kann es beispielsweise angemessen sein, dass die Forschenden
nicht nur interviewen, sondern sich von den untersuchten Personen auch interviewen
lassen (Pe-Pua 2006). Was jeweils angemessen ist, kann dabei auch regional und
ethnisch stark variieren. Eine ähnliche Kulturspezifizität und Variation wird für psychologisch relevante indigene Konzepte konstatiert, deren begriffliche Bedeutung nicht
in die Untersuchung hineingetragen, sondern ihr gemäß des emischen Forschungsansatzes allererst (z. B. über Befragung der untersuchten Personen) entnommen wird.
Aus kulturpsychologischer Sicht mahnen die indigen-psychologischen Ansätze
primär eine höhere interkulturelle Kompetenz auch in der kulturpsychologischen
Forschung an, zugleich eine größere Offenheit für indigene Denk- und Forschungstraditionen sowie für indigene Expertisen. All das ist nicht zuletzt eine Frage der
Fremdsprachen- und Übersetzungskompetenz. Was den Erwerb und die Lehre
entsprechender Kompetenzen und damit den Abbau von ethnozentrisch basierten
Barrieren und Wissensdefiziten anbetrifft, so muss sich die Kulturpsychologie zukünftig an der Ernsthaftigkeit ihrer eigenen Ansprüche messen lassen.
6
Ausblick: Stand und Perspektiven
Kulturpsychologie untersucht psychologische Phänomene mit besonderem Interesse
dafür, wie sie aus dem wechselseitigen Konstitutionsverhältnis von Kultur und
Psyche hervorgehen. Kultur wird dabei als ein praktisches, mit Anderen geteiltes
Wissens-, Symbol- und Orientierungssystem verstanden, das menschliches Denken,
Erleben und Handeln in jeweils unterschiedlichen, häufig auch überlappenden
Bereichen bzw. Handlungsfeldern strukturiert und orientiert. Insoweit Kultur es
Menschen ermöglicht, ihrem Leben, ihren Lebenswelten und ihren Inhalten Sinn
und Bedeutung zu verleihen, sind sie zwar einerseits abhängig von Kultur, können
sie aber auch verändern. Dieses Verständnis von Mensch, Kultur und Psyche reicht
weit vor die naturwissenschaftlich ambitionierte Mainstream-Psychologie der letzten beiden Jahrhunderte zurück, was den Rückgriff auf das Methodenrepertoire der
älteren, hermeneutisch und interpretativ ausgerichteten Wissenschaften in gewisser
Weise erleichtert, wobei diese methodologische Ausrichtung aber aufgrund des
spezifischen Interesses am tiefergehenden Verstehen von Prozessen der Bedeutungs-
Kulturpsychologie
299
und Sinngenerierung auch erfordert ist. Es zeigt sich hier, dass eine genauere
Profilierung und Charakterisierung der Kulturpsychologie mit einer genaueren
Rekonstruktion ihrer vielfältigen historischen Ursprünge und Entwicklungen einhergehen sollte. Eine solche Rekonstruktion der Genese kulturpsychologischer, aber
auch allgemeiner psychologischer Perspektiven sollte der Kulturpsychologie zukünftig ein wichtigeres Anliegen sein als es bisher der Fall ist. Fruchtbar wären
entsprechende Bemühungen u. a. auch für die Erweiterung klassischer wissenschaftstheoretischer Positionen um kulturpsychologische Perspektiven.
Für die zukünftige kulturpsychologische Forschung bringt auch die jüngere Bewegung der so genannten indigenen Psychologien neue Herausforderungen mit sich.
Viele dieser Herausforderungen mögen nicht prinzipiell neuer Art sein, sondern in
jeder Gesellschaft angesichts einer großen Zahl an soziodemografischen Unterschieden
zwischen diversen Schichten und Gruppen bestehen. Die Auseinandersetzung mit so
genannten indigenen Psychologien hat die Sensibilität der weitgehend aus westlichen
Denktraditionen hervorgegangenen Kulturpsychologie für ihre eigene kulturelle Prägung allerdings erhöht. Psycholog/innen aus nichtwestlichen Regionen weisen immer
wieder und immer hörbarer darauf hin, dass viele der aus westlichen Ländern importierten Theorien, Begrifflichkeiten und Methoden für die Arbeit mit Menschen, die
in nichtwestlichen Entwicklungskontexten und Erlebenswelten sozialisiert wurden,
wenig hilfreich sind. Diese Problematik zeigt sich schon lange nicht mehr als eine
von fernen Menschen in entlegenen Gegenden der Welt. Migrations- und Globalisierungsprozesse haben die Begegnung von Menschen mit unterschiedlichen Kulturations- und Akkulturationserfahrungen zu einem nahezu alltäglichen, fast überall
anzutreffenden und bisweilen auch als problematisch empfundenen Phänomen werden
lassen. Dass die Perspektiven und das Methodenrepertoire der Kulturpsychologie
einiges Potenzial aufweisen, zur genaueren Analyse derartiger Phänomene, vielleicht
auch zur Lösung damit zusammenhängender Konflikte beizutragen, ist kaum zu
bestreiten. Sie sollte sich dafür allerdings auch stärker als bisher neueren methodologischen Entwicklungen öffnen, die sie dabei unterstützen, präsentistische und ethnozentrische Sichtweisen einzudämmen. Zu wünschen wäre etwa ein größeres Interesse
an Methoden (z. B. der Introspektion), die in psychologischen Methodenhandbüchern
westlicher Verlage selten ernste Beachtung finden; zu wünschen wäre aber auch ein
verstärktes Interesse an der systematischen Integration von Ansätzen (z. B. der Autoethnografie), die in den westlichen Sozialwissenschaften selbst in jüngerer Zeit entwickelt wurden, um gerade den hier angedeuteten Problemen besser begegnen zu können.
Kurz: Die Kulturpsychologie wird sich, um diesen neueren Entwicklungen gerecht zu
werden und ihren eigenen Maßstäben zu genügen, gründlicher als bisher mit ihrer
eigenen historischen und soziokulturellen Prägung, daraus resultierenden Perspektiveinschränkungen und Methoden zu deren Überwindung befassen müssen.
Literatur
Boesch, E. E. (1983). Das Magische und das Schöne. Zur Symbolik von Objekten und Handlungen.
Stuttgart: Fromman-Holzboog.
300
P. Chakkarath und J. Straub
Boesch, E. E. (1991). Symbolic action theory and cultural psychology. Berlin: Springer.
Boesch, E. E. (1996). The seven flaws of cross-cultural psychology. Mind, Culture, and Activity,
3(1), 2–10.
Boesch, E. E. (2005). Von Kunst zu Terror. Über den Zwiespalt in der Kultur. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Boesch, E. E., & Straub, J. (2007). Kulturpsychologie. Prinzipien, Orientierungen, Konzeptionen. In
G. Trommsdorff & H.-J. Kornadt (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie. Enzyklopädie der
Psychologie (Serie VII. Themenbereich C „Theorie und Forschung“, S. 25–95). Göttingen: Hogrefe.
Brockmeier, J. (2015). Beyond the archive. Memory, narrative, and the autobiographical process.
London: Oxford University Press.
Bruner, J. S. (1997). Sinn, Kultur und Ich-Identität: zur Kulturpsychologie des Sinns. Heidelberg:
Auer. [Orig. 1990].
Burke, P. (2000). Kultureller Austausch. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Chakkarath, P. (2003). Kultur und Psychologie. Zur Entwicklung und Standortbestimmung der
Kulturpsychologie. Hamburg: Kovač.
Chakkarath, P. (2005). What can Western psychology learn from indigenous psychologies? Lessons
from Hindu psychology. In W. Friedlmeier, P. Chakkarath & B. Schwarz (Hrsg.), Culture and
human development: The importance of cross-cultural research to the social sciences (S. 31–51).
New York: Psychology Press.
Chakkarath, P. (2006). Wie selbstlos sind Asiaten wirklich? Kritische und methodologische Reflexionen zur kulturvergleichenden Persönlichkeits- und Selbstkonzeptforschung. Journal für
Psychologie, 14(1), 93–119.
Chakkarath, P. (2007a). Kulturpsychologie und indigene Psychologie. In J. Straub, A. Weidemann &
D. Weidemann (Hrsg.), Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kompetenz (S. 237–249).
Stuttgart: Metzler.
Chakkarath, P. (2007b). Zur kulturpsychologischen Relevanz von Religionen und Weltanschauungen. In G. Trommsdorff & H.-J. Kornadt (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie. Enzyklopädie der Psychologie (Serie VII. Themenbereich C „Theorie und Forschung“, S. 615–674).
Göttingen: Hogrefe.
Chakkarath, P. (2010). Stereotypes in social psychology: The „West-East“ differentiation as a
reflection of Western traditions of thought. Psychological Studies, 55(1), 18–25.
Chakkarath, P. (2011). Psychologie und Kultur. Zur Problematik adäquater Fachverständnisse und
adäquater Methoden. Zeitschrift für Kulturpsychologie, 5(2), 327–342.
Chakkarath, P. (2012). The role of indigenous psychologies in the building of basic cultural psychology. In J. Valsiner (Hrsg.), The Oxford handbook of culture and psychology (S. 71–95).
New York: Oxford University Press.
Chakkarath, P. (2013a). Bernardino de Sahagún and Matteo Ricci: Catholic missionaries as
forerunners of a culture sensitive psychology. In A. Loretoni, J. Pauchard & A. Pirni (Hrsg.),
Questioning universalism: Western and New Confucian conceptions and their implications
(S. 185–197). Pisa: ETS.
Chakkarath, P. (2013b). Indian thoughts on psychological human development. In G. Misra (Hrsg.),
Psychology and psychoanalysis (Vol. VIII, part 3 of History of science, philosophy and culture
in Indian civilization, Hrsg. v. D. P. Chattopadhyaya, S. 167–190). New Delhi: Munshiram
Manoharlal Publishers.
Chakkarath, P. (2018a). Grundzüge indischer Psychologie: Buddhistische und hinduistische Beiträge. In G. Benetka & H. Werbik (Hrsg.), Die philosophischen und die kulturellen Wurzeln der
Psychologie. Traditionen in Europa, Indien und China (S. 247–268). Gießen: Psychosozial.
Chakkarath, P. (2018b). Wissenschaft. In C. Kölbl & A. Sieben (Hrsg.), Stichwörter zur Kulturpsychologie (S. 425–431). Gießen: Psychosozial.
Chakkarath, P., & Weidemann, D. (Hrsg.). (2018). Kulturpsychologische Gegenwartsdiagnosen.
Bestandsaufnahmen zu Wissenschaft und Gesellschaft. Bielefeld: transcript.
Cole, M. (1996). Cultural psychology. A once and future discipline. Cambridge, MA: Harvard
University Press.
Kulturpsychologie
301
Doi, T. (1982). Amae – Freiheit in Geborgenheit. Zur Struktur japanischer Psyche. Frankfurt a. M.:
Suhrkamp.
Eckensberger, L. (1990). From cross-cultural psychology to cultural psychology. The Quarterly
Newsletter of the Laboratory of Comparative Human Cognition, 12(1), 37–52.
Eckensberger, L. H. (2003). Kultur und Moral. In A. Thomas (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie (S. 309–345). Gottingen: Hogrefe.
Ellis, C. (2004). The ethnographic I. A methodological novel about autoethnography. Walnut
Creek: AltaMira Press.
Ellis, C., & Bochner, A. P. (2010). Autoethnography, personal narrative, reflexivity: Re-searcher as
subject. In N. K. Denzin & Y. S. Lincoln (Hrsg.), The Sage handbook of qualitative research
(2. Aufl., S. 733–768). Thousand Oaks: Sage.
Enriquez, V. G. (1993). Developing a Filipino psychology. In U. Kim & J. Berry (Hrsg.), Indigenous
psychologies: Research and experience in cultural context (S. 152–169). Newbury Park: Sage.
Gergen, K. J., Gulerce, A., Lock, A., & Misra, G. (1996). Psychological science in cultural context.
American Psychologist, 51(5), 496–503.
Graevenitz, G. von (1999). „Verdichtung“. Das Kulturmodell der Zeitschrift für Völkerpsychologie
und Sprachwissenschaft. Kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften, 12, 19–57.
Greenfield, P. M. (1997). Culture as process: Empirical methods for cultural psychology. In J. W.
Berry, Y. H. Poortinga & J. Pandey (Hrsg.), Handbook of cross-cultural psychology. Vol. 1:
Theory and method (2. Aufl., S. 301–346). Boston: Allyn & Bacon.
Greenfield, P. M. (2004). Weaving generations together: Evolving creativity in the Maya of
Chiapas. Santa Fe: School of American Research Press.
Heine, S. J., & Buchtel, E. E. (2009). Personality: The universal and the culturally specific. Annual
Review of Psychology, 60, 369–394.
Henrich, J., Heine, S. J., & Norenzayan, A. (2010). The weirdest people in the world? Behavioral
and Brain Sciences, 33(2–3), 61–83.
Hermans, H. J. M., & Kempen, H. J. G. (1993). The dialogical self: Meaning as movement. San
Diego: Academic.
Hitzler, R., & Eisewicht, P. (2016). Lebensweltanalytische Ethnographie – im Anschluss an Anne
Honer. Weinheim: Beltz Juventa.
Jahoda, G. (1992). Crossroads between culture and mind: Continuities and change in theories of
human nature. New York: Harvester Wheatsheaf.
Jahoda, G., & Krewer, B. (1997). History of cross-cultural and cultural psychology. In J. W. Berry,
Y. H. Poortinga & J. Pandey (Hrsg.), Handbook of cross-cultural psychology. Vol. 1: Theory and
method (2. Aufl., S. 1–42). Boston: Allyn and Bacon.
Jüttemann, G. (Hrsg.). (2006). Wilhelm Wundts anderes Erbe. Ein Missverständnis löst sich auf.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Kim, U., Yang, K.-S., & Hwang, K.-K. (Hrsg.). (2006). Indigenous and cultural psychology.
Understanding people in context. New York: Springer.
Kölbl, C. (2006). Die Psychologie der kulturhistorischen Schule. Vygotskij, Lurija, Leont’ev.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Kölbl, C., & Sieben, A. (Hrsg.). (2018). Stichwörter zur Kulturpsychologie. Gießen: Psychosozial.
Krewer, B. (1992). Kulturelle Identität und menschliche Selbsterforschung. Saarbrücken: Breitenbach.
Lonner, W. (2018). The continuing growth of cross-cultural psychology. Cambridge, MA: Cambridge University Press.
Markus, H., & Kitayama, S. (1991). Culture and the self: Implications for cognition, emotion, and
motivation. Psychological Review, 98(2), 224–253.
Markus, H., Kitayama, S., & Heiman, R. (1996). Culture and basic psychological principles. In
E. T. Higgins & A. W. Kruglanski (Hrsg.), Social psychology. Handbook of basic principles
(S. 857–913). New York: Guilford Press.
Matsumoto, D. (Hrsg.). (2001). The handbook of culture & psychology. Oxford: Oxford University
Press.
302
P. Chakkarath und J. Straub
Mey, G., & Berli, O. (2019). Grounded Theory in der Kultursoziologie. In S. Moebius, F. Nungesser
& K. Scherke (Hrsg.), Handbuch Kultursoziologie. Bd. 2: Theorien – Methoden – Felder
(S. 243–259). Wiesbaden: Springer Reference Sozialwissenschaften.
Miller, J. G. (1984). Culture and the development of everyday social explanation. Journal of
Personality and Social Psychology, 46(5), 961–978.
Miller, J. G. (1997). Theoretical issues in cultural psychology. In J. W. Berry, Y. H. Poortinga &
J. Pandey (Hrsg.), Handbook of cross-cultural psychology Bd. 1: Theory and method (2. Aufl.,
S. 85–128). Boston: Allyn & Bacon.
Miller, J. G. (2006). Insights into moral development from cultural psychology. In M. Killen &
J. Smetana (Hrsg.), Handbook of moral development (S. 375–398). Mahwah: Lawrence Erlbaum.
Miller, J. G., Bersoff, D. N., & Harwood, R. L. (1990). Perceptions of social responsibilities in India
and in the United States: Moral imperatives or personal decisions? Journal of Personality and
Social Psychology, 58(1), 33–47.
Misra, G., & Gergen, K. J. (1993). On the place of culture in psychological science. International
Journal of Psychology, 28(2), 225–243.
Nisbett, R., Peng, K., Choi, I., & Norenzanan, A. (2001). Culture and system of thoughts: Holistic
versus analytic cognition. Psychological Review, 108(2), 291–310.
Peng, K., & Knowles, E. D. (2003). Culture, education, and the attribution of physical causality.
Personality and Social Psychology Bulletin, 29(10), 1272–1284.
Peng, K., & Nisbett, R. (1999). Culture, dialectics, and reasoning about contradiction. American
Psychologist, 54(9), 741–754.
Pe-Pua, R. (2006). From decolonizing psychology to the development of a cross-indigenous
perspective in methodology. In U. Kim, K.-S. Yang & K.-K. Hwang (Hrsg.), Indigenous and
cultural psychology. Understanding people in context (S. 109–137). New York: Springer.
Pike, K. L. (Hrsg.). (1954). Emic and etic standpoints for the description of behavior. In Language
in relation to a unified theory of the structure of human behavior (S. 8–28). Glendale: Summer
Institute of Linguistics.
Poortinga, Y. H. (1997). Towards convergence? In J. W. Berry, Y. H. Poortinga & J. Pandey (Hrsg.),
Handbook of cross-cultural psychology. Vol. 1: Theory and method (2. Aufl., S. 347–387).
Boston: Allyn & Bacon.
Poortinga, Y. H. (2016). Integration of basic controversies in cross-cultural psychology. Psychology
and Developing Societies, 28(2), 161–182.
Ratner, C. (2012). Macro cultural psychology. A political philosophy of mind. New York: Oxford
University Press.
Ratner, C., Straub, J., & Valsiner, J. (Hrsg.). (2001). Cultural psychology and qualitative research.
Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 2. http://www.qualita
tive-research.net/index.php/fqs/issue/view/24. Zugegriffen am 30.11.2019.
Read, J. C. A. (2015). The place of human psychophysics in modern neuroscience. Neuroscience,
296(18), 116–129.
Rothbaum, F., & Morelli, G. (2005). Attachment and culture: Bridging relativism and universalism.
In W. Friedlmeier, P. Chakkarath & B. Schwarz (Hrsg.), Culture and human development: The
importance of cross-cultural research to the social sciences (S. 99–124). New York: Psychology
Press.
Scribner, S., & Cole, M. (1981). The psychology of literacy. Cambridge, MA: Harvard University
Press.
Segall, M. H., Lonner, W. J., & Berry, J. W. (1998). Cross-cultural psychology as a scholarly
discipline. On the flowering of culture in behavioral research. American Psychologist, 53(10),
1101–1110.
Shweder, R. A. (1990). Cultural psychology – what is it? In J. W. Stigler, R. A. Shweder & G. H.
Herdt (Hrsg.), Cultural psychology: Essays on comparative human development (S. 1–46).
Cambridge, MA: Cambridge University Press.
Shweder, R. A., Haidt, J., Horton, R., & Joseph, C. (2008). The cultural psychology of the
emotions: Ancient and new. In M. Lewis, J. M. Haviland-Jones & L. F. Barrett (Hrsg.),
Handbook of emotions (3. Aufl., S. 409–427). New York: Guilford Press.
Kulturpsychologie
303
Sinha, D. (1969). Indian villages in transition. New Delhi: Asia Publishing Company.
Slunecko, T., Wieser, M., & Przyborski, A. (Hrsg.). (2017). Kulturpsychologie in Wien. Wien:
Facultas Universitätsverlag.
Sowden, P. T. (2012). Psychophysics. In H. Cooper, P. M. Camic, D. L. Long, A. T. Panter,
D. Rindskopf & K. J. Sher (Hrsg.), APA handbook of research methods in psychology, Vol.
1. Foundations, planning, measures, and psychometrics (S. 445–458). Washington, DC: American Psychological Association.
Stearns, C. Z., & Stearns, P. N. (1988). Emotion and social change: Towards a new psychohistory.
New York: Holmes & Meier.
Straub, J. (1992). Die „kognitive Wende“ und die Zukunft einer interpretativen Handlungs- und
Kulturpsychologie. Sozialwissenschaftliche Literatur Rundschau, 14(25), 70–74.
Straub, J. (1999a). Handlung, Interpretation, Kritik. Grundzüge einer textwissenschaftlichen Handlungs- und Kulturpsychologie. Berlin: de Gruyter.
Straub, J. (1999b). Verstehen, Kritik, Anerkennung. Das Eigene und das Fremde in den interpretativen Wissenschaften. Göttingen: Wallstein.
Straub, J. (2001). Psychologie und Kultur, Psychologie als Kulturwissenschaft. In H. Appelsmeyer
& E. Billmann-Mahecha (Hrsg.), Kulturwissenschaft. Kulturwissenschaftliche Analysen als
prozeßorientierte wissenschaftliche Praxis (S. 125–168). Weilerswiest: Velbruck.
Straub, J. (2003). Psychologie und die Kulturen in einer globalisierten Welt. In A. Thomas (Hrsg.),
Kulturvergleichende Psychologie (S. 543–566). Göttingen: Hogrefe.
Straub, J. (2004a). Der weite Weg der Kulturpsychologie und kulturvergleichenden Psychologie.
Handlung Kultur Interpretation. Zeitschrift für Sozial- und Kulturwissenschaften, 14(1), 142–174.
Straub, J. (2004b). Kulturwissenschaftliche Psychologie. In F. Jäger & J. Straub (Hrsg.), Handbuch
der Kulturwissenschaften. Bd. 2: Paradigmen und Disziplinen (S. 568–591). Stuttgart: Metzler.
Straub, J. (2004c). Identität. In F. Jäger & B. Liebsch (Hrsg.), Handbuch der Kulturwissenschaften.
Bd. 1: Grundlagen und Schlüsselbegriffe (S. 277–303). Stuttgart: Metzler.
Straub, J. (2007a). Historische Positionen und Entwicklungslinien einer Kultur integrierenden
Psychologie. In G. Trommsdorff & H.-J. Kornadt (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie.
Enzyklopädie der Psychologie (Serie VII. Themenbereich C „Theorie und Forschung“,
S. 119–178). Göttingen: Hogrefe.
Straub, J. (2007b). Kultur. In J. Straub, A. Weidemann & D. Weidemann (Hrsg.), Handbuch
Interkulturelle Kommunikation und Kompetenz (S. 7–24). Stuttgart: Metzler.
Straub, J. (2018). Das erzählte Selbst. Konturen einer interdisziplinären Theorie narrativer Identität. Ausgewählte Schriften (3 Bde.). Gießen: Psychosozial.
Straub, J., & Chakkarath, P. (2019). Kulturpsychologie im Gespräch: Geschichte und Gegenwart
eines Forschungsprogramms – der Kontext der Hans-Kilian-Vorlesungen. In J. Straub,
P. Chakkarath & G. Rebane (Hrsg.), Kulturpsychologie in interdisziplinärer Perspektive: HansKilian-Vorlesungen zur sozial- und kulturwissenschaftlichen Psychologie und integrativen
Anthropologie (S. 11–54). Gießen: Psychosozial.
Straub, J., & Shimada, S. (1999). Relationale Hermeneutik im Kontext interkulturellen Verstehens.
Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 47(3), 449–477.
Straub, J., & Thomas, A. (2003). Positionen, Ziele und Entwicklungslinien der kulturvergleichenden
Psychologie. In A. Thomas (Hrsg.), Kulturvergleichende Psychologie (S. 29–80). Göttingen: Hogrefe.
Straub, J., & Weidemann, D. (2015). Handelnde Subjekte: „Subjektive Theorien“ als Gegenstand
der verstehend-erklärenden Psychologie. Gießen: Psychosozial.
Straub, J., & Werbik, H. (Hrsg.). (1999). Handlungstheorie. Begriff und Erklärung des Handelns im
interdisziplinären Diskurs. Frankfurt a. M.: Campus.
Straub, J., Weidemann, D., Kölbl, C., & Zielke, B. (Hrsg.). (2006). Pursuit of meaning. Theoretical
and methodological advances in cultural and cross-cultural psychology. Bielefeld: transcript.
Straub, J., Chakkarath, P., & Salzmann, S. (Hrsg.). (2020). Psychologie der Polyvalenz. Ernst
Boeschs Kulturpsychologie in der Diskussion. Bochum: Westdeutscher Universitätsverlag.
Super, C. M., & Harkness, S. (1997). The cultural structuring of child development. In J. W. Berry,
P. R. Dasen & T. S. Saraswathi (Hrsg.), Handbook of cross-cultural psychology: Vol. 2. Basic
processes and human development (S. 1–39). Boston: Allyn & Bacon.
304
P. Chakkarath und J. Straub
Tateo, L. (2015). Giambattista Vico and the principles of cultural psychology: A programmatic
retrospective. History of the Human Sciences, 28(1), 44–65.
Valsiner, J. (2000). Culture and human development. An introduction. Thousand Oaks: Sage.
Valsiner, J. (Hrsg.). (2012). The Oxford handbook of culture and psychology. New York: Oxford
University Press.
Valsiner, J. (2014). An invitation to cultural psychology. Thousand Oaks: Sage.
Vico, G. B. (1990). Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker
(übers. und Hrsg. von V. Hösle und C. Jermann). Hamburg: Meiner. [Orig. 1725].
Wertsch, J. V. (1991). Voices of the mind: A sociocultural approach to mediated action. Cambridge,
MA: Harvard University Press.
Wundt, W. (1900–1920). Völkerpsychologie: Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von
Sprache, Mythus und Sitte (Bd. 1–10). Leipzig: Engelmann.