Julia HOFFMANN-SALZ, Die wirtschaftlichen Auswirkungen der römischen
Eroberung. Vergleichende Untersuchungen der Provinzen Hispania Tarraconensis, Africa Proconsularis und Syria. Historia – Einzelschriften 218. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2011, 561 S., 26 s/w-Abb, 3 Kart.
Wirtschaftshistorische Fragestellungen erfreuen sich in der modernen Forschung ebenso großer Beliebtheit wie Überlegungen zu den Folgen der römischen Expansion. Und auch die Bedeutung bestimmter Provinzen für die Wirtschaft des römischen Reiches ist ein bereits für viele Regionen behandeltes
Thema. Doch welchen Einfluss die römische Eroberung auf die Entwicklung
der regionalen Wirtschaft hatte, ist bei weitem nicht abschließend untersucht.
Vor allem für die west- und nordeuropäischen Provinzen, in denen vor der römischen Eroberung keine nennenswerte literarische Tradition herrschte, ist
der Historiker im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Fragen allzu oft auf die
Interpretation archäologischen Materials angewiesen. Mit zunehmender Weiterentwicklung der naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden können
hier immer wieder neue bzw. erweiterte Wirtschaftsmodelle entwickelt werden.
In ihrer 2007 eingereichten Dissertation beschäftigt sich Julia Hoffmann-Salz
daher am Beispiel dreier Provinzen mit der Frage nach dem wirtschaftlichen
Einfluss der Römischen Eroberung, einer Fragestellung, die sich, wie die Autorin selbst anmerkt (S. 12-13), thematisch in die Forschungen des internationalen Netzwerks „Impact of Empire“ einreiht.1 Um ihre eigene Arbeit in die aktuelle Forschung einzuordnen, kommt Hoffmann-Salz nicht umhin, in ihrer
Einleitung einen kurzen Überblick über die vorhandene Forschung zu liefern.
Die Fülle an wirtschaftshistorisch relevanter Literatur für die Antike zwingt
hier zu einer Auswahl, die die Autorin vor allem in Hinblick auf ihre eigenen
Fragestellungen getätigt hat. Diese ist klar definiert: „Die Arbeit wird sich der
Analyse der Auswirkung der römischen Eroberung auf die Wirtschaftsstruktur einzelner Regionen des Reiches widmen und versuchen, aus dem Vergleich dieser Einzeluntersuchungen einige allgemeine Aussagen zur Entwicklung der ökonomischen Struktur des Römischen Reiches als Ganzes zu erarbeiten“ (S. 19). Hoffmann-Salz wählt dazu, wie sie selbst betont, drei geographisch unterschiedliche Regionen aus und definiert drei Leitfragen (S. 20). Diesen Leitfragen geht sie jeweils nach Regionen geordnet im ersten Teil des Buches nach, um im zweiten Teil einen überregionalen Vergleich durchzuführen.
Dabei formuliert die Autorin das Ziel, aus der vergleichenden Analyse allgemeine Aussagen über die römische Wirtschaft als Ganzes ziehen zu können (S. 20).
Die offensichtlichen Unterschiede (unter anderem in den administrativen, in1
URL: http://www.ru.nl/impactofempire/ (Stand: 19.02.2013).
Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 16 (2013) 1025-1027
http://gfa.gbv.de/dr,gfa,016,2013,r,19.pdf
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Holger Müller
frastrukturellen, klimatischen, geographischen und damit auch wirtschaftlichen Begebenheiten) der Provinzen fallen ins Auge, aber diese Unterschiede
sind ein Hauptkriterium für deren Auswahl, neben der Tatsache, dass sie bereits in republikanischer Zeit provinzialisiert worden sind und daher eine verhältnismäßig lange Entwicklung im Reich durchlaufen haben. Für jede Provinz werden jeweils drei unterschiedliche Regionen (Küste, Provinzhauptstadt
und Hinterland) untersucht. Die Autorin formuliert verschiedene Fragestellungen und problematisiert ihre Wahl der Regionen. Dabei ist sie sich dessen
bewusst, dass die ausgewählten Regionen nicht repräsentativ im Sinn eines
Archetypus sein können.
Ihre Regionaluntersuchungen beginnt Hoffmann-Salz mit der Provinz Hispania Tarraconendis gefolgt von Africa Proconsularis und Syria. In ihrem einleitenden Unterkapitel werden die vorrömischen Bevölkerungsgruppen beschrieben, wobei neben indigener Bevölkerung auch die griechische, phönizische
und karthagische Inbesitznahmen angesprochen werden. Dabei nutzt die Autorin eine Vielzahl spanischer Forschungsliteratur mit dem Hinweis, diese
würde in Deutschland kaum wahrgenommen werden, was als These durchaus
diskutabel ist. Anschließend werden wichtige Eckdaten der römischen Eroberung genannt. Für ihre Gesamtfrage untersucht Hoffmann-Salz jeweils drei
Regionen der behandelten Provinz. Dabei nennt sie zuerst die ihrer Meinung
nach wichtigsten Quellenbelege, um das jeweilige Gebiet zu definieren, und
widmet sich anschließende der Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur sowie
den verschiedenen für die wirtschaftshistorische Betrachtung relevanten Fraggen. Dieses grundsätzlich überzeugende Vorgehen praktiziert die Autorin
auch bei den anderen behandelten Regionen. Die erfreuliche Detailfülle hat
leider eine wohl nur schwer zu vermeidende Unübersichtlichkeit zur Folge.
Hoffmann-Salz untermauert ihre Informationen mit diversen Tabellen, die eigene ausführliche Anmerkungsapparate haben und von ihr intensiv analysiert
werden. Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen werden durch diese
Methode deutlich.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin neben literarischen, epigraphischen und numismatischen Zeugnissen auch Belege aus archäologischen
Nachbardisziplinen wie der Archäobotanik für ihre Studie herangezogen hat
und damit den Wert fächerübergreifenden Arbeitens verdeutlicht. Hierdurch
gelingt es ihr, die oftmals ungenauen und je nach Intention des Autors verfälschten Informationen der literarischen Quellen zu relativieren und ein
überzeugendes Bild des Wirtschaftslebens der Region zu entwerfen. Auch der
Versuch, die Perspektive der einheimischen Bevölkerung einzunehmen, schafft
eine gewisse Neutralität, ist aber aufgrund der nicht vorhandenen indigenen
J. Hoffmann-Salz, Die wirtschaftlichen Auswirkungen der römischen Eroberung 1027
Quellen nur eingeschränkt durchsetzbar. Insgesamt zeigen die Detailuntersuchungen der behandelten Provinzen aber das breite wirtschaftliche Spektrum,
welches in der Mittelmeerwelt existierte, ebenso auf wie die wirtschaftlichen
Veränderungen, denen eine Region unterworfen war und die damit verbundenen Auswirkungen. Bieten diese detailreichen Untersuchungen, also das zweite Kapitel, eine hervorragende Basis für weitere Arbeiten, so fällt die vergleichende Untersuchung insgesamt eher kurz aus. Zwar geht die Autorin auf die
als Ziel formulierten Fragen nach Wandel und Kontinuität ein, aber ihre Überlegungen spiegeln den Detailreichtum ihrer vorher vorgenommenen Materialsammlung nicht wider.
Abgeschlossen wird das Werk durch ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis, Karten der behandelten Regionen und ein Personen-, Sachund Ortsregister. Der Wert der Karten ist allerdings zu hinterfragen, da sie
rein schematisch sind und auch nicht alle im Text oder Register genannten Orte beinhalten. Hier hätte man sich Karten mit wirtschaftlich relevanten Informationen gewünscht.
Insgesamt gelingt es der Autorin aber die wirtschaftliche Problematik und
Entwicklung in den behandelten Provinzen aufzuzeigen und eine gute Materialgrundlage für weitere wissenschaftliche Diskussionen und damit einen nicht
zu unterschätzenden Beitrag für die antike (im speziellen römische) Wirtschaftsgeschichte zu liefern.
Dr. Holger Müller
Historisches Institut
Historische Fachinformatik/EDV
Universität Stuttgart
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