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Verfahren zur kontinuierlichen Rektifikation von Steinkohlenteeren
Um Steinkohlenteer kontinuierlich in verschiedene Fraktionen aufzuteilen, sind bisher
ein- oder mehrstufige Verdampfungsverfahren angewandt worden, wobei die ausgedampften
Fraktionen durch fraktionierte Kondensation, teils aber auch durch Rektifikation,
weiter unterteilt wurden.
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So ist beispielsweise aus der deutschen Patentschrift 26o oho ein
zweistufigeis Verdampfungsverfahren bekannt, bei dem die Verdampfer im wesentlichen
auf gleicher Temperatur gehalten werden und in denen ein Fortschreiten des Destillationsprozesses
in der Weise erreicht wird, daß jeder folgende Apparat mit höherem Vakuum arbeitet
als der vorhergehende. Dieses Verfahren wunde nach der Beschreibung von W. G l u
u.d,, Handbuch :der Kokerei, Bd.II (I928), S.28-., 285, dahingehend erweitert, daß
die letzte Verdampfungsstufe finit höherer Temperatur als die vorhergehenden Verdampfungsstufen
betrieben wird. Der eigentlich,-Destillationsvorgang vollzieht sich demnach in dem
atmosphärisch arbeitenden ersten und in dem unter hohem Vakuum stehenden zweiten
und dritten Verdampfer. Während die Wasser- und Leichtöldämpfe der ersten Stufe
lediglich kondensiert und in einer Scheideflasche getrennt werden, werden die Dämpfe
der beiden Vaku:umverdümpfungsstufen jeweils in einen Kolonnenkühler geleitet, wo
beim Durchströmen die Dämpfe höheren Siedepunktes k.on:densiert und am Fuß der Kolonne
getrennt von den leichtersiedenden Bestandteilen abgezogen werden.
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Bei .diesem bekannten Verfahren gelangt der Teerstrom lediglich nacheinander
durch die drei Verdampfer; es kanndeshalb, thermodynamisch be
dingt,
keine scharfe Trennung in die Teerbestandteile erfolgen, so daß eine nachfolgende
Aufarbeitung der Fraktionen auf Reinproduk te bei Ausbeuteverlus,ten nur mit hohen
Betriebskosten durchgeführt werden kann.
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Ein anderes bekanntes Verfahren (B o r r m a n n, »Der Teer, seine
Gewinnung und Verarbeitung«, 1940, S. 37 bis 47) arbeitet zwar mit einem modernen
Verdampfertyp, einem Röhrenofen, .doch prinzipiell als zweistufiges Verdampfungsverfahren,
wobei die Dämpfe der zweiten Stufe nacheinander in mehreren Kondensationskolonnen
fraktioniert kondensiert werden. Bei diesem bekannten Verfahren wird der Rohteer
zunächst kontinuierlich in einem Röhrenofen erhitzt und, entwässert und dann in
einem zweiten Röhrenofen. erhitzt, so d'aß in einer nachgeschalteten Kolonne alle
flüchtigen Bestandteile bis auf den pechartigen Rückstand verdampfen. Diese Dämpfe
Werden in einer großen oder 'in mehreren hintereinanidergeschalteten Kolonnen fraktioniert
kondensiert. Durch Teilkondensation der schwersiedenden Bestandteile können nacheinander
aus den Sümpfen dieser Kolonne Amthracenöl, Waschöl, Naphthalinöl und Carbolöl abgezogen
werden. Die jeweils nicht kondensierten. Dämpfe und Gase werden in die nächstfolgende
Kolonne geleitet bnv. die Inertgase der letzten Kolonne durch die Vakuumpumpe abgesaugt.
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Um bei den vorstehend geschilderten bekannten Verfahren eine Überhitzung
des Einsatzes möglichst weitgehend zu vermeiden:, hat man bereits vorgeschlagen,
die Fraktionierkolonnen unter Vakuum zu halten. Trotzdem muß aber der gesamte Einsatz
einschließlich der leichtsiedenden Bestandteile in dem Röhrenofen auf die nächste
vorkommende Destilliertemperatuir erhitzt werden.. Hierdurch wird ein nicht unbeträchtlicher
Teil der flüchtigen Bestandteile einer unnötigen thermischen Beanspruchung ausgesetzt,
so. daß sich die Ölausbeute entsprechend erniedrigt. Weiterhin ergibt sich durch
die teilweise Überhitzung des Einsatzes ein erhöhter Wärmeaufwand. Da die leichtsiedenden
Bestan@dteile die höhersiedenden auf ihrem Weg durch die Kolonne begleiten und zuletzt
kondensiert werden, wird auch die Fraktionierung erschwert. Darüber hinaus kann
aus demselben Grunde die Kondensationswärme der Dämpfe zur Vorwärmung des Rohteeres
nicht restlos ausgenutzt werden.
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Das bekannte Verfahren besitzt weiterhin, den Nachteil, daß die Kolonnen,
in denen. die leichtsiedenden Fraktionen anfallen, unter dem höchsten Vakuum stehen,
während :die vorgeschalteten, Kolonnen mit .den höhersiedenden Fraktionen entsprechend
dem Druckverlust innerhalb der Kolonnen ein niedrigeres Vakuum aufweisen,. Infolgedessen
können gerade bei der Fraktionierung der höhersiedenden Bestandteile, wo ein b,@sonders
niedriger Druck wünschenswert erscheint, die Destillationstenperatur.en nicht auf
das äußerste Maß gesenkt werden. Zudem erschweren die großen., abzusaugenden Dampfmengen
überhaupt die Herstellung eines niedrigeren Vakuums. Schließlich muß noch. .darauf
.hingewiesen werden., daß bei der hohen Erhitzung des Rohteeres im Röhrenofen Korrosionen
sowie Ansätze auftreten, die eine regelmäßige Außerhetriebnahme und Überholung des
Röhrenofens nach einer gewissen Betriebszeit erfordern.
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Die Nachteile der bekannten Verfahren werden bei ,dem Verfahren nach,der
Erfindung vermieden, das darüber hinaus eine besonders wirtschaftliche Aufteilung
des Steinkohlenteeres in eine größere Anzahl Einzelfraktionen von besonderer Trennschärfe
ermöglicht. Bei dem neuen Verfahren werden bei mehreren hintereinandergeschalteten
Kolonnen die Fraktionen jeder Kolonne mit steigenden SieJetemperaturen abgenommen,
während der Druck in den Kolonnen stufenweise bis zu hohem Vakuum in -der letzten
Kolonne gesenkt wird.
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Dabei können zur Unterteilung der Fraktionen die Kolonnen noch mit
einer oder mehreren Seitenkolonnen ausgerüstet werden.. Dementsprechend kann auch
das Vakuum den jeweiligen Verhältnissen weitgehend angepaßt und- abgestuft werden,
so daß man die gegenseitige Verschiebung der Siedepunkte im Vakuum weitgehend ausnutzen
kann.
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Erfindungsgemäß wird der vorerhitzte Steinkohlenteer auf einen mittleren
Boden der ersten Kolonne gegeben und das Sumpfprodukt jeder Kolonne auf den -mittleren
Boden: der nächsten, Kolonne gegeben, wobei die -Destillationswärme in jeder Kolonne
durch eine vorzugsweise außerhalb der Kolonne liegende Heizvorrichtung -denn Sumpfprodukt
zugeführt wird.
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Im Gegensatz zu den bekannten Verfahren verläuft hierbei .die Destillation
sehr schonend und ergibt eine große Ölausbeute bei verhältnismäßig geringem Pechanfall.
Wegen der geringeren abzusaugenden Dämpfemenge kann auch das Vakuum verhältnismäßig
billig erzeugt werden.. Bei der Arbeitsweise nach der Erfindung steht die Kondensationswärnze,
auch der hochsiedenden Fraktionen, weitgehend zur Verfügung, so daß man den weitaus
größten Teil der Rückflußwä.rme für die Vorwärmung des Einsatzes ausnutzen kann.
Dieser Umstand ist von Bedeutung, da nach der Erfindung zahlreiche Fraktionen mit
großer Trennschärfe erhalten werden. Bei einer solchen Forderung -,verde.n für die
Destillation verhältnismäßig große Wärmemengen benötigt. Diese werden, wie bereits
ausgeführt wurde, im wesentlichen durch -die indirekte Erhitzung und teilweise Verdampfung
der sich im Kolonnensumpf angesammelten Sumpfprodukte zugeführt. Um jedoch gegebenenfalls
die Erhitzung der höchstsiedenden pechartigen Produkte zu umgehen, kann erfindungsgemäß
das Sumpfprodukt der vorletzten Kolonne vor Eintritt in die letzte Kolonne durch
einen Erhitzer geleitet und hier möglichst hoch, erhitzt werden.
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Die Erhitzung der Sumpfprodukte erfolgt möglichst schonend., indem
diese im Kreislauf durch einen Röhrenofen zugeführt werden. Auf diese Weise kann
man das Temperaturgefälle bei dem Wärmeübergang im Überhitzer vermindern und
schädliche
Überhitzung des Teeres vermeiden,. Da bei der Aufteilung des Einsatzes in mehrere
Fraktionen .die Hauptkolonnen zweckmäßig mit einer entsprechenden Anzahl Seitenkolonnen
ausgerüstet werden, muß auch für,die Beheizung .dieser Seitenkolonnen Vorsorge getroffen
werden. Es hat sich nun: als vorteilhaft erwiesen, den Sumpf dieser Seitenkolonnen
durch einen Teil des im Erhitzer erwärmten. Sumpfproduktes zu behei.zenf. Zu diesem
Zweck werden die Seitenkolonnen mit einem entsprechenden, Wie.dcraufkocher ausgerüstet,
duxch den ein Teil des Sumpfproduktes als Heizmedium geleitet wird.
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Eine Ausführungsform der Erfindung ist. in der Zeichnung beispielsweise
dargestellt. Hierbei soll Steinkohlenteer a durch Destillation in. die Fraktionen
Leichtöl b, Wasser c, Carbolöl d, Naphthalinöl i e, Naphthalinöl 2
f, Waschöl g, Anthracenöl i h, Anthracenöl 2 i und Pech k zerlegt werden. Dabei
werden unter Anthracenöl 2 die bei 40 mm H- und bis zu 35o° C siedenden Bestandteile
des Steinkohlenteers verstanden.
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Der Rohteer a gelangt zunächst in :die Wärmcaustauscher 1, 2 und 3,
wo die Kopfdämpfe der Kolonnen, gegebenenfalls auch der Seitenkolonnen, ihre Ko:ndensationswärmne
an den Rohteer abgeben. Vom Wärmeau.stauscher 3 gelangt der Rohteer in den Wärmeaustauscher
4 für den, Zwischenrückfluß der Kolonne III und hierauf in den Wärmeaustauscher
5, wo das Pech einen Teil seiner fühlbaren Wärme abgibt. Schließlich wird der weitgehend
vorgewärmte Rohteer auf einen mittleren Boden der Kolonne I geleitet. Vom Kopf dieser
Kolonne werden das Wasser und die leichtestsiedende Fraktion b abgenommen und durch
den Wärmeaustauscher i sowie den Kühler 6 nach der Scheideflasche 7 geleitet. Das
Leichtöl b gelangt in die Vorlage 8, von der aus die Pumpe 9 einen Teil des Leichtöles
als Rücklauf zurück in den Kopf der Kolonne I fördert. Die Menge des Rücklaufes
wird so eingestellt, daß im Kolonnenkopf eine Temperatur von 13o° C vorhanden ist.
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Von einem oberen Boden der Kolonne I wird die Fraktion d abgenommen
und in der Seitenkolonne io von den leichtersiedenden. Bestandteilen befreit. Der
sich im Sumpf der Kolonne I ansammelnde Rückstand wird von der Pumpe i i durch den
Röhrenofen 12 gedrückt und ständig im Kreislauf gehalten. Die verdampften Bestandteile
steigen in der Kolonne hoch.
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Entsprechend dem Rohteerzufluß wird ein Teil des Rückstandes aus dem
Sumpf der Kolonne I durch die Leitung 13 nach einem mittleren Boden der Kolonne
II geleitet. Da im Sumpf der atmosphärisch arbeitenden Kolonne I infolge des Druckverlustes
ein absoluter Druck von etwa iooo bis i ioo min H- und in der Kolonne II ein solcher
von etwa 200 mm Hg eingehalten wird, so, reicht dieses Druckgefälle ohne weiteres
aus, um den Rückstand aus dem Sumpf der Kolonne I nach der Kolonne II zu fördern.
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Vom Kopf der Kolonne II wird die Fraktion e abgenommen, die durch
den Wärmeaustauscher 2 und den Kühler 14 in die Vorlage 15 gelangt. Diese ist an
die V akuu:inpumpe 16 angeschlossen. Ein Teil der Fraktion e wird von der Pumpe
17 als Rücklauf auf den Kopf der Kolonne II gepumpt, so daß hier eine Temperatur
von: etwa 1d.5° C eingehalten wird..
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Die höhersiedenden Fraktionen f und g werden aus einem mittleren Boden
der Kolonne II abgezogen und in den Seitenkolonnen 18 und ig rektifiziert. Das im
Sumpf anfallende Produkt wird von der Pumpe 2o .durch den Röhrenofen; 21 gedrückt
und dabei ständig im Kreislauf gehalten. Auch hier wird wieder ein Teil. .des Sumpfproduktes
verdampft, während ein dem Zufluß entsprechender Teil mit der Pumpe 22 durch den
Röhrenofen 23 nach der Kolonne III gedrückt wird.
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Hier wird vom Kopf die Fraktion h abgenommen, die über den, Wärrneaustauscher
3 und den Kühler 24 in die Vorlage 25 gelangt. Diese Vorlage ist an die Vakuumpumpe
26 angeschlossen. Da die Kühler 14 und 24 verhältnismäßig hohen Temperaturen ausgesetzt
sind, würde sich, bei der Verwendung von Kühlwasser ein Teil :der Härtebildner auf
der Wasserseite ausscheiden und damit den Wärmedurchgang durch den Kühler behindern.
Es empfiehlt sich ,daher, an dieser Stelle eine geeignete Teerölfraktion als Kühlmedium
zu benutzen.
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Die Pumpe 27 fördert einen Teil der Fraktion h. in den Kopf der Kolonne
III, wobei der Zufluß so geregelt wird, daß sich hier eine Temperatur von etwa 25o°
C einstellt.
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Um eine möglichst hohe Ölausbeute bei möglichst niedriger Destillations.tem:peratur
zu erhalten, wird der absolute Druck in der Kolonne III auf etwa 4o mm Hg ermäßigt.
Zur Unterstützung dieser Maßnahme wird erfindungsgemäß von einem oberen Boden der
Kolonne III Flüssigkeit abgezogen und in dem Wärmeaustauscher 4 gekühlt. Von dort
aus fördert die Pumpe 28 die gekühlte Flüssigkeit wieder nach dem Nachbarboden der
Kolonne zurück. Diese Wärmeentnahme verringert die Dämpfemenge im Kolonnenoberteil
sowie auf dem Wege zum Kolonnenkopf nach dem Wärmeaustauscher, wodurch der Druckverlust
an diesen Stellen, stark verringert wird.
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Die Fraktion i wird aus einem mittleren Boden in die Seitenkolonne29
geleitet und hier rektifiziert. Diese Seitenkolonne wird ebenso wie die Seitenkolonnen
der vorgeschalteten. Hauptkolonnen, mit einem Wie.deraufkocher versehen, der mit
hochgespanntem Wasserdampf beheizt werden kann. Eine besonders wirtschaftliche Heizung
wird aber dann erzielt, wenn erfindungsgemäß von den durch die Röhrenöfen zirkulierenden
Sumpfprodukten jeweilig ein Teilstrom hinter den Röhrenöfen abgezweigt wird und
dieser Teilstrom dann seine Kondensations- und einen Teil seiner fühlbaren Wärme
an den zugehörigen Wiederau.fkocher der Seitenkolonnen abgibt. Die Fraktionierung
in den Seitenkolonnen führt zu einer besonders guten Trennschärfe, wenn .die Temperatur
im Sumpf der Seitenkolonnen durch eine entsprechende Regelung des Zuflusses unverändert
gehalten wird.
Der im Sumpf anfallende pechartige Rückstand kann
durch eine Umwälzp,umpe,durch einen Röhrenofengedrückt und ständig imKreislauf gehalten
werden, während das etwa 33o° C .heiße überschüssige Pech zunächst nach denn Wärmeaustauscher
5 und von dort gegebenenfalls nach Vakuum-Wechselvorlagen abfließt. Je nach der
Anzahl. der gewünschten Fraktionen können ,die Hauptkolonnen mit einer oder mehreren
Seitenkolonnen ausgerüstet werden. Ebenso kann die Zahl der Hauptkolonnen gegenüber
dem vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiel vergrößert werden. Durch Zu- oder
Abschaltung der Seitenkolonnen. lassen sich Anzahl und Eigenschaften der Fraktionen
weitgehend variieren., so daß man sich reit dem neuen Verfahren der jeweiligen Marktlage
weitgehend. anpassen kann:.
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Es ist zwar gemäß der deutschen Patentschrift 577 338 bekannt,
bei der Destillation von Teeren, Mineralölen u. dgl. die im Kolonnensumpf anfallenden
Produkte durch einen Röhrenerhitzer umzupumpen, wodurch die leichten Anteile des
Ausgangsstoffes abgetrieben werden. Erfindungsgemäß wird diese Maßnahme nicht für
sich allein, sondern nur in Kombination mit der Führung des Ausgangsstoffes und
der Sumpfprodukte beansprucht.