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Verfahren zur Herstellung von Polymerisationsprodukten Es ist bekannt,
organische Peroxyde als Beschleuniger für Polymerisationen zu verwenden. Cber die
chemischen Vorgänge, die dabei eine Rolle spielen, sind die Meinungen geteilt. Dabei
können während der Polymerisation geringfügige Mengen des Peroxyds in das Makromolekül
eingebaut werden. Im Falle der Polymerisation von Sty rol mit p-BrombenzoyIperoxy
d glaubt inan nachgewiesen zu haben, daß das p-Broml)enzoylperoxydmolekül der Ausgangspunkt
für die Bildung einer langen Kette ist, die durch Anlagerung der Styrolmoleküle
an das Peroxydmolekül entsteht: Durch Zusammentreffen und Sichvereinigen zweier
«-achsender Ketten soll das Kettenwachstum abgebrochen werden und das Makromolekül
fertig gebildet sein. Hiernach dürfen nur an den Enden des Kettenmoleküls Peroxvdreste
haften. Damit soll in Einklang stehen, da.ß auch bei Anwenden großer Mengen Peroxyd
nur wenig ins Makromolekül eingebaut wird. Weiterhin soll damit im Einklang stehen,
daß beim Reagierenlassen von fertig gebildeten Polymerisationsharzen, wie Polystyrol,
Polyvinylacetat, Polyacrylester, mit Peroxyd keine Umsetzung erkannt werden konnte.
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Es wurde nun gefunden, daiß, es möglich ist, neuartige Polymerisationsprodukte
aus polymerisierbaren Estern durch Einwirkung von Acylperoxyden zu erhalten, wobei
die Moleküle der A-cylperoxyde oder Teile der Peroxydmoleküle in die Polyrnerisate
eintreten.
Es gelingt dies dadurch, daß man bei der Polymeri.sation der Ester, die in Gegenwart
von Lösungs- oder Verdünnungsmitteln nach an sich bekannter Weise durchgeführt werden
kann, mindestens 3 % eines Acylperoxyds, bezogen auf das Gewicht des Esters, verwendet
oder daß man fertige Polymerisate der ungesättigten Ester mit mindestens 3% eines
Acylperoxyds in Gegenwart von Lösungs-oder Verdünnungsmitteln behandelt. Dabei.
sind Bedingungen einzuhalten, welche den Eintritt der Acylperoxydreste begünstigen.
Solche Bedingungen sind höhere Temperaturen, etwa von 6o° aufwärts, oder die Anwesenheit
von Aktivatoren, wie z. B. Reduktionsmitteln, die nicht polymerisationshemmend wirken.
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Je nach der angewandten Menge des Peroxyds treten größere oder kleinere
Mengen der Peroxydreste in die Polymeren ein, unter Umständen so viel, daß' Harze
entstehen, welche außer in organischen Lösungsmitteln auch löslich sind in wäßrigen
Lösungen von Ammoniak, Aminen, Alkalien und deren Salzen mit schwachen Säuren, wie
z. B. den Carbonaten. Die neuen Polymerisationsprodukte verhalten sich so, daß man
berechtigt ist, den Schlu'ß zu ziehen, daß' in ihnen freie Carboxylgruppen vorliegen.
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Als Acylperoxyde sind beispielsweise geeignet Benzoylperaxyd und seine
zahlreichen Substitutionsprodukte, ferner die Peroxyde der aliphatischen Reihe,
wie Crotonylperoxyd, außerdem gemischte Peroxyde und auch solche, welche sich von
Sulfosäuren ableiten, wie Benzoylsulfosäureperoxyd. Ebenso lassen sich Mischungen
von Peroxyden anwenden.
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Als Ester kommen in Frage die Ester des Vinylalkohols, der Acrylsäure,
Methacrylsäure, der Oxypolyene und ähnliche. Der Zusatz des Peroxyds kann vor, während
oder nach der Polymerisation geschehen. Ebenso können Mischungen der verschiedenen
polymerisationsfähigen Ester untereinander oder in Mischung mit anderen ungesättigten,
für sich oder im Gemisch polymerisierbaren Verbindungen zur Reaktion gebracht werden.
Die Einwirkung von Peroxyd kann nach allen gebräuchlichen Herstellungsverfahren
erfolgen, die für Polymerisationen und Mischpolymerisationen ausgearbeitet sind.
Sie kann also derart durchgeführt werden, daß feste Harze entstehen oder Lösungen
durch Arbeiten in Gegenwart von Lösungsmitteln. Ferner können durch Polymerisation
in disperser Phase unter zusätzlicher Anwendung von Emu1-gatoren Perlen oder Dispersionen
hergestellt werden.
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Der Einbau der Peroxyde hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Einpolymerisieren
ungesättigter Verbindungen. Je mehr Peroxyd angewendet wird, desto mehr lUt sich
unter geeigneten Bedingungen auch einbauen. Durch die Umsetzungsfähigkeit von Peroxyden
mit den obengenannten Stoffen ist eine ganz neue Klasse von hochpolymeren Stoffen
erschlossen worden, die besonders durch ihre leichte technische Zugänglichkeit,
ihre groiß'e chemische Umwan:dlungsfähigkeit wertvolle Ausgangs- und Zwischenprodukte,
beispielsweise für die Kunststoffe, Lackrohstoffe, für die Chemie der Textilien;
des Kunstleders, des Papiers usw., ergibt.
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Wie schonerwähnt, werden organische Peroxyde seit langem polymerisationsfähigen
Stoffen und deren Mischungen zugesetzt, und zwar als polymerisationsauslösernde
und -fördernde Katalysatoren. Die Deutung dieser Einwirkung als katalytische brachte
es mit sich, daß in- der Technik nur so geringe Mengen Peroxyd verwendet werden,
als unumgänglich notwendig sind. Man beschränkt sich meistens auf Bruchteile von
Prozenten; selten geht man auf x oder 2% hinauf. Bei dem neuen Verfahren dagegen
werden größere Mengen der Peroxy de verwendet, etwa von 3 bis 5% aufwärts. Nach
oben sind die Peroxydmengen nicht scharf begrenzt, denn man kann erheblich größere
Mengen von Peroxyden zur Umsetzung bringen, als dem Äquivalentverhältnis zum polymerisationsfähigen
Ester entspricht. Beispiele r. Zu 4o Gewichtsteilen Vinylacetat werden unter Umrühren
zo Gewichtsteile 7o%iges feuchtes Benzoylperoxyd gegeben. In kurzer Zeit löst sich
der größte Teil unter schwacher Abkühlung auf. Anschließend fügt man noch 5o-Gewichtsteile
Eisessig hinzu und erwärmt das Gemisch. Dabei bildet sich eine klare Lösung. Zwischen
65 und 75° beginnt die Mischung zu sieden, gleichzeitig setzt eine heftige Polymerisation
ein. Durch Kühlen wird sie so. weit gemäßigt, daß das Sieden nie zu stark wird.
Nach ungefähr i/2 Stunde ist die Hauptreaktion beendet; darauf wird das Reaktionsgemisch
noch 2 Stunden auf zoo° geheizt.
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Die Aufarbeitung geschieht durch dreimaliges Aufkochen mit je 50o
Gewichtsteilen Wasser unter gleichzeitigem Hirndurchblasen von Wasserdampf während
je 1/4 Stunde. Das zurückbleibende Harz wird sodann getrocknet, beispielsweise unter
vermindertem Druck bei 40°. Die Ausbeute beträgt 4o bis 45 Gewichtsteile.
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Das Harz ist farblos bis schwach gelbgrünlich. Es löst sich in Methanol,
Äthanol, Aceton, Glykolformal, Tetrahydrofuran, Methylenchlorid, Benzol, Eisessig,
nicht aber in Benzin. In wäßrigem Ammoniak löst es sich in -der Hitze leicht, läßt
sich mit Wasser in jedem Verhältnis verdünnen, wird mit Salzlösungen ausgesalzt,
mit Säuren, wie- Essigsäure, Salzsäure, wird die freie Carbonsäure ausgefällt.
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In z 5%iger wäßriger Sololösung bildet sich beim Kochen das Natriumsalz
als oben schwimmende seifenähnliche Masse. Diese löst. sich in destilliertem Wasser
schon kalt langsam, schnell beim Erwärmen und verhält sich gegen Salzlösungen und
Säuren genau wie das Ammoniumsalz.
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DieAnalyse ergibt beim Titrieren in alkoholischer Lösung mit Alkalilauge
einen Gehalt von 2,r40/0 C O O H-Gruppen.
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An Stelle von Eisessig lassen sich andere Lösungsmittel verwenden.
So entsteht bei dem oben beschriebenen Verfahren unter Anwendung von 50 Gewichtsteilen
Methanol an Stelle von Eisessig nach
20stündigem Sieden und gleichem
Aufarbeiten ein Harz von ähnlichen Eigenschaften, das nach der Analyse 1,870/0 C
O O H-Gruppen enthält.
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Mit 5o Gewichtsteilen Benzol und wasserfreiem Benzoylperoxvd entsteht
in der gleichen Weise ein Harz mit i,9,~ % C O O H-Gruppen.
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Die Menge des Benzoylperoxyds ist nicht auf das obige Verhältnis beschränkt.
Bei Anwendung von weniger Peroxyd entstehen schließlich Harze, welche sich nicht
mehr in wäß-rigem Ammoniak lösen. Bei Verwendung von großen Mengen ist die Löslichkeit
so gut, daß, schon bei Zimmertemperaturen rasches Auflösen stattfindet.
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Das Benzoy lperoxy d kann außerdem durch Zusatz aktivierender Substanzen
zu einer energischeren Reaktion gebracht werden, z. B. durch Wasserstoffsuperoxyd,
Metallsalze, Reduktionsmittel usw.
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So erhält man bei der Umsetzung einer Mischung von 33 Gewichtsteilen
Vinylacetat, 6o Gewichtsteilen feuchtem 7o%igem Benzoylperoxyd, ioo Gewichtsteilen
Eisessig und 1 8 Gewichtsteilen 3o%igem Wasserstoffsuperoxyd in der oben beschriebenen
Weise ein Harz von hellgoldgelber Farbe, welches sich bei Zimmertemperatur sehr
leicht in wäß;rigem Ammoniak oder wäßriger Sodalösung auflöst. Die Ausbeute beträgt
.49 bis 55 Gewichtsteile. Nach der Analyse enthält das Harz gegen 7,5 % C O O H-Gruppen.
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An Stelle von Benzoylperoxyd lassen sich auch die substituierten Benzoylperoxyde
umsetzen. So ergibt eine Mischung von 16 Gewichtsteilen Vinylacetat und d. Gewichtsteilen
o-Toluylperoxyd in heftiger Reaktion, die durch Kühlung gemäßigt werden muß, ein
Harz, welches 2,07% COOH-Gruppen enthält.
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2. Zu 4.o Gewichtsteilen Vinylacetat werden i o Gewichtsteile 7 &/oiges
feuchtes Denzoy lperoxy d und Zoo Gewichtsteile Wasser gegeben und unter stärkerem
Umrühren erhitzt. Bei 7o bis 8o° findet rasche Poly merisation statt, die nach l/4bis
1/z Stunde zu Ende ist. Anschließend wird die Temperatur auf ioo° erhöht und i/2
Stunde auf dieser Höhe gehalten. Die Aufarbeitung geschieht so, wie es im Beispiel
i angegeben wurde. Man erhält d.o bis ..12 Gewichtsteile von einem Harz, das ähnliche
Eigenschaften wie das im Beispiel i beschriebene Harz aufweist. Nach der Analyse
sind 2,95% C O O H-Gruppen vorhanden.
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Wird dem Wasser gleichzeitig noch ein Reduktionsmittel zugesetzt,
wie Natriumhyposulfit, Formaldehydnatriumsulfoxylat usw., so verläuft die Reaktion
rascher und beginnt schon bei etwas tieferer Temperatur. So beginnt bei einem Zusatz
von io Gewichtsteilen Forinal!dehvdnatriumsulfoxvlat zu den obenerwähnten 200 rGewichtsteilen
Wasser bei sofortigem Hochheizen die Polymerisation zwischen 4.o und .45° und verläuft
schneller. Das erhaltene Harz weist 3,15 % C O O H-Gruppen auf.
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Es ist nicht erforderlich, das Benzoylperoxyd in fertiger Form anzuwenden.
Es ist möglich und technisch sehr einfach und vorteilhaft, es im Reaktionsgefäß
erst herzustellen und dann ohne weitere Reinigung in Mischung mit VinylaCetat oder
anderen ungesättigten Verbindungen reagieren zu lassen. Man setzt die äquivalenten
Mengen von Natriumperoxyd und z. B. Benzoylchlorid in Wasser bei Temperaturen um
o° unter Rühren miteinander um. Dann läßt man z. B. Vinylacetat hinzufließen und
wie oben beschrieben reagieren.
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Dieses Verfahren ist bei denjenigen Peroxiden von großem Vorteil,
welche infolge ihrer leichten Zersetzlichkeit in trockenem und hochprozentigem Zustand
schwer zu handhaben sind, wie z. B. die verschiedenen o-substituierten Benzoylperoxyde.
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3. In ioo Gewichtsteilen Eisessig werden 21 Gewichtsteile Polyvinvlacetat
bei ioo° gelöst, die Lösung anschließend auf 30° abgekühlt und :Io Gewichtsteile
70%iges feuchtes Benzoylperoxy d hinzugefügt. Das Gemisch wird langsam wieder auf
95 bis ioo° geheizt und 2 Stunden bei dieser Temperatur erhalten.
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Die Aufarbeitung geschieht gemäß den Angaben im Beispiel i. Nach dem
Trocknen erhält man do Gewichtsteile eines goldgelben Harzes. Es zeigt ganz ähnliche
Eigenschaften wie das Harz des Beispiels i, löst sich vor allem leicht in wäßrigem
Ammoniak, wäßrigen Alkalien, kohlensauren Alkalien usw. Die Analyse ergibt einen
Gehalt an C O O H-Gruppen von 9,150/0. Die Viskosität der Lösungen in organischen
Lösungsmitteln ist gegenüber der Viskosität des als Ausgangsstoff verwendeten Polyvinylacetats
etwas erhöht.
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Auch in diesem Beispiel läßt sich die Menge des Peroxyds in weiten
Grenzen variieren. Ebenso lassen sich an Stelle des Benzoylperoxyds andere Peroxyde
zur Reaktion bringen.
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d.. Eine Mischung von 21 Gewichtsteilen Acrylsäuremethylester, ioo
Gewichtsteilen Eisessig und d.o Gewichtsteilen 70%igem feuchtem Benzoylperoxydwird
unter Rühren auf 70 bis 8o' geheizt. Die Temperatur hält man liz Stunde auf
dieser Höhe, anschließend wird sie auf ioo° gesteigert und 2 bis io Stunden dabei
belassen. Die Aufarbeitung geschieht wieder wie im Beispiel i. Es werden 35 Gewichtsteileeines
schwach goldgelben Harzes erhalten.
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Das Harz ist löslich in Aceton, :4lethy lenchlorid, Benzol, Glykolformal,
Tetrahydrofuran, Eisessig, unlöslich in Benzin. In Methanol und in Äthanol löst
es sich nur in der Hitze, beim Abkühlen scheidet es sich wieder aus. In wäßrigem
Ammoniak löst es sich schon bei Zimmertemperatur, schneller beim Erhitzen, zu einer
schwachgelblichen und schwach opalisierenden Flüssigkeit, die mit Kochsalzlösung
Aussalzung, mit Säuren, wie Essigsäure oder Salzsäure, Ausfällung gibt.
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Mit verdünnter wäß'riger Sodalösung bildet das Harz ebenfalls schon
in der Kälte langsam eine vollständig klare Lösung, ebenso mit Lösungen der Alkalien.
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Auch in diesem Beispiel ist die Einwirkung von Peroxyd durchaus nicht
auf das angeführte Verhältnis beschränkt, schon mit wesentlich geringeren Mengen
tritt ebenfalls Umsetzung zu Harzen ein, die in verdünnten wäß@rigen Ammoniaklösungen
löslich sind.
An -Stelle des Methylesters läBt sich auch - der Äthylester
zu ähnlichen Produkten umsetze.
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Weiterhin lassen sich auch hier wieder an Stelle der monomeren Ester
deren Polymeren, umsetzen. Je niedrigermolekular .diese Polymeren sind, d. h. je
leichter sie sich in Lösungsmitteln lösen, und je niedriger ihre Viskosität ist,
um so glatter verläuft die Umsetzung zu Produkten, die sich in wäBrigem Ammoniak
lösen.