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Verfahren zur Herstellung von künstlichem Kautschuk Bei der bekannten
Polymerisation von Butadienkohlenwasserstoffen für sich allein oder im Gemisch mit
anderen polymerisierbaren Stoffen, z. B. Acryl-oder Methacrylverbindungen, Styrol,
Vinylmethylketon oder Fumarsäureestern, in wäßriger Emulsion entstehen zunächst
Polymerisate mit linearer Molekülstruktur, deren Viskosität, d. h. Polymerisationsgrad,
bei fortschreitender Polymerisation ansteigt. Von einem gewissen, je nach der Polymerisationstemperatur
verschiedenen Zeitpunkt ab, z. B. wenn etwa 30 bis 40 °/o der Monomeren polymerisiert
sind, beginnen die Viskositätswerte abzufallen. Dies ist ein Zeichen dafür, daß
die Polymerisation nicht mehr unter Bildung linearer Polymerisate verläuft, sondern
eine Vernetzung der Moleküle eintritt. Die Polymerisate werden dann bei weiter fortschreitender
Polymerisation sehr bald unlöslich, sie verstrammen und erhalten einen hohen Rohdefowert.
Gleichzeitig verschlechtern sich ihre Verarbeitbarkeit und teilweise auch die allgemeinen
gummitechnischen Eigenschaften. Man kann nun durch vorzeitigen Abbruch der Polymerisation,
d. h. in dem Zeitpunkt, in dem eine stärkere Vernetzung eintritt und den man durch
fortlaufende Viskositätsmessungen leicht ermitteln kann,
die Bildung
solcher. minderwertigen Polymerisate auf Kosten der Ausbeute verhindern. Diese Arbeitsweise
ist aber technisch unbefriedigend, zumal da die Verarbeitbarkeit der Polymerisate
auch dann noehGlzu wünschen übrigläßt.
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Es wurde nun gefunden, daß man durch Emulsionspolymerisation von Butadienkohlenwasserstoffen
allein oder im Gemisch mit anderen polymerisierbaren Stoffen leicht verarbeitbare
und mastizierbare künstliche Kautschuke mit ausgezeichneten gummitechnischen Eigenschaften
erhält, wenn man die Emulsionspolymerisation in Gegenwart von nicht polymerisierbaren
wasserunlöslichen Lösungsmitteln vornimmt und während der Polymerisation in den
Mononieren lösliche organische Schwefelverbindungen, ä. B. solche von der Art der
Dialkylxantho&endisulfide, Merkaptane -oder Thioäther, zusetzt.
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Es ist bekannt, die Emulsionspolymerisation von Butadienkohlenwasserstoffen
in Gegenwart solcher Schwefelverbindungen als Regler vorzunehmen. Dabei werden Produkte
erhalten, die plastischer und leichter verarbeitbar und in organischen Lösungsmitteln
besser löslich sind als in Abwesenheit dieser Schwefelverbindungen hergestellte
Polymerisate. Aber auch sie genügen noch nicht all den hohen Anforderungen, die
an künstliche Kautschuke gestellt werden. Es hat sich herausgestellt, daß der Zusatz
derartiger Regler sich wesentlich günstiger auswirkt, wenn er während der Polymerisation
in Stufen erfolgt. Gemäß der vorliegenden Erfindung werden nun künstliche Kautschuke
erhalten, die sich außer besonders leichter Verarbeitbarkeit -und guten allgemeinen
gummitechnischen Eigenschaften noch durch Mastizierfähigkeit auszeichnen, wenn man
die als Regler dienenden organischen Schwefelverbindungen bei der Erriulsionspolymerisation
in Gegenwart -von nicht polymerisierbaren, wasserunlöslichen Lösungsmitteln oder
Weichmachern während der Polymerisation zusetzt, und zwar vorzugsweise zu einem
bestimmten Zeitpunkt.
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Der Erfindung liegen die folgenden wichtigen Erkenntnisse zugrunde:
Die als Regler dienenden Schwefelverbindungen haben eine ganz spezifische Wirkung,
- die beim Polymerisieren in Abwesenheit von Lösungsmitteln oder Weichmachern besonders
deutlich in Erscheinung tritt und deshalb zunächst für diesen Fall erläutert werden.
soll. Ihr Zusatz bewirkt ein sofortiges, mehr öder weniger starkes Absinken der
bis dahin- ansteigenden Festigkeit, Elastizität, Defowerte und Viskosität des Polymerisats,
wodurch, abweichend von der ebenfalls, jedoch in anderer Weise regelnden Wirkung
der Lösungsmittel oder Weichmacher, durch deren Einfiuß- kein Viskösitätsabfall
eintritt, die Bildung Niederpolymerer angezeigt wird.
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Die mit fortschreitender Polymerisation stetig schlechter werdende
Dämpfung, d. h. der Grad der Erwärmung bei fortgesetzter starker Wechselbeanspiuchung,
wie sie etwa beim Durchwalken des stark beanspruchten Autoreifens auftritt, wird
sofort nach Zugabe der Schwefelverbindungen außerordentlich verbessert, erreicht
nach einiger Zeit weiterem Polymerisierens ein Gütemaximum und wird danach rasch
wieder schlechter. Die Mastizierbarkeit, für die bei Polymerisationsansätzen ohne
Lösungsmittel oder Weichmacher ein Umsatzgebiet der beginnenden Vernetzung, also
bei etwa 3o bis 40 0/, Polymerisationsumsatz, ein Güteminimum besteht, durchläuft
kurz nach der Zugabe der schwefelhaltigen Regler ein Maximum.
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Die Spritzbarkeit der Mischungen durchläuft nach der Zugabe der Schwefelverbindungen
ebenfalls ein :Maximum.
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Die Dämpfungs-, Mastikations- und Spritzbarkeitsmaxima fallen zusammen
und liegen bei Polymerisationen in Abwesenheit von Lösungs- oder Weichmachern in
einem Umsatzgebiet, das um 7 bis 30')/o Umsatz höher liegt als der Umsatz, bei dem
die Schwefelverbindungen zugesetzt wurden. Sind bei der Polymerisation Lösungsmittel
oder Weichmacher zugegen, so ergibt sich folgendes Bild: Der Zeitpunkt des Zusatzes
der Schwefelverbindungen, der sonst zweckmäßig im Umsatzgebiet beginnender Vernetzung
der Moleküle liegt, kann in Richtung höherer Umsätze verlegt werden, da j e nach
der verwandten Menge' des Lösungsmittels oder Weichmachers eine Vernetzung erst
in hohen Umsatzgebieten oder überhaupt nicht auftritt. Durch die Möglichkeit des
Hinauszögerns des Zeitpunktes, an dem die Schwefelverbindungen zugesetzt werden,
wird deren Wirkung hinsichtlich der Herabdrückung der Festigkeit, Elastizität, Viskosität
und Defowerte der Polymerisate vermindert.
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Die durch den Zusatz der Schwefelverbindungen erzielbaren Dämpfungs-
und Spritzbarkeitsmaxima werden durch den die Dämpfung und Spritzbarkeit begünstigenden
Einfuß der Lösungsmittel oder Weichmacher bei der Polymerisation noch gesteigert.
Das Mastikationsmaximum wird ebenfalls beträchlich größer und, liegt näher beim
Regelpunkt, d. h. dem Zeitpunkt der Zugabe der Schwefelverbindungen, als bei Abwesenheit
von- Lösungsmitteln oder Weichmachern, nämlich zwischen 6 und 15 % Umsatz vom Regelpunkt
ab gerechnet.
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Daraus ergibt sich zunächst, daß der Zusatz der Schwefelverbindungen
nicht schon zu Beginn., sondern möglichst erst kurz vor Abbruch oder Beendigung
der Polymerisation erfolgen soll. Da auch beim Polymerisieren in Gegenwart von Lösungsmitteln
oder Weichmachern die Defowerte mit fortschreitender Polymerisation schwäch ansteigen,
kann der gewünschte Defowert nicht nur durch die im geeigneten Zeitpunkt zugesetzten
Schwefelverbindungen, sondern auch durch den Zeitpunkt der= Unterbrechung der Polymerisation
geregelt werden. Wesentlich ist j edenfalls, daß der Zeitpunkt des Zusatzes der
Schwefelverbindungen auf den Zeitpunkt des Abbruchs oder Endes der Polymerisation
zwecks Ausnutzung der Dämpfungs-, Spritzbarkeits- und Mastikationsmaxima abgestimmt
wird. Dieser Regelpunkt liegt, wie vorstehend dargetan, bis zu etwa 30 %, zweckmäßig
zwischen 6 und 15 % Umsatz vor dem gewünschten Endumsatz.
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Die Schwefelverbindungen können auch in Zeitabständen zugegeben werden,
jedoch gehen dann die Gütemaxima der Verarbeitbarkeit und Mastizierbarkeit und die
Festigkeit und Elastizität etwas
zurück. Möglichst niedrige Polymerisationstemperaturen
wirken sich auf die Verarbeitbarkeit und Mastizierbarkeit der Polymerisate günstig
aus.
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Die Erfindung sei nachstehend an einem Mischpolymerisat aus Butadien
und Methacrylsäuremethylester erläutert: Beispiel 72 Teile Butadien, 28 Teile Methacrylsäuremethylester
und 5 Teile Tetrahydronaphthylcarbinolphenyläther werden in einer Lösung von 3 Teilen
eines Mittelölsulfonats, 2 Teilen Paraffinfettsäure (C 14), 1,3 Teilen Triäthanolamin
und o,i Teil Natriumpyrophosphat emulgiert, und die Emulsion wird nach Zusatz von
0,3 Teilen Ammoniumpersulfat bei zo° polymerisiert.
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Es werden aus dem Ansatz während der Polymerisation laufend Proben
genommen. Bei einem Polymerisationsumsatz von 44,50/0 wird o,i Teil Dibutylxanthogendisulfid
zugegeben und weiterpolymerisiert. Es werden folgende Werte erhalten:
Umsatz Defowert nach 30maligem |
Polymerisauone- Mastikations- |
dauer in Stunden h-Wert Rohdefowert Durchgehenlassen durch |
% eine enggestellte Walze 9uotient |
a) ai 32 110,i 365o/43 575/21 6,3 |
b) 27 44,5 |
120,3 3550/43 |
950/31 3,7 |
ab 44,5"/, Umsatz o,i °!o Dibutylxanthogendisulfid zugesetzt |
c 55 110,2 2025/38 265/11 7,6 |
43 I 71 973 I 1450/37 I 240/16 ` 6 |
Eigenschaften der Vulkanisate |
Spritzbarkeit der Modulus ` Dehnuntr |
Vulkanisationsmischung Riickprallelastizität |
Festigkeit bei @.' |
0 7-' |
a) mäßig 47 238 696 39 49 |
b) schlecht 50 256 694 40 52 |
ab 44,5 °/o Umsatz o,oi °/o Dibutylxanthogendisulfid zugesetzt |
c) gut 47 246 I 730 37 47 |
d) gut 44 @. 232 I 722 38 47 |
Der Modulus stellt die Kraft dar, die erforderlich ist, um die Prüfprobe auf 300
% zu dehnen. Unter Mastikationsquotient ist der Quotient aus dem Rohdefowert und
dem Defowert nach der Mastikation, d. h. nach 30maligem Durchgehenlassen des Kautschuks
durch eine enggestellte Walze, zu verstehen.
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Die Vulkanisationsmischung hat folgende Zusammensetzung: ioo Teile
Polymerisat, 5 Teile alkohollöslicher Braunkohlenteerextrakt, 1,5 Teile Stearinsäure,
4o Teile Ruß, 5 Teile Zinkweiß, i Teil Schwefel, i Teil Merkaptobenzothiazyl-2-sulfendiäthylamid.
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Die Mischung wurde 6o Minuten unter 2,1 Atm. Dampfdruck vulkanisiert.
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Die Tabelle zeigt deutlich die vorteilhafte Wirkung des Zusatzes des
Dibutylxanthogendisulfids, insbesondere die Verbesserung der Mastizierbarkeit des
Polymerisats und der Verspritzbarkeit der Vulkanisationsmischung bei praktisch gleichbleibenden
mechanischen Eigenschaften. Außerdem ist ersichtlich, daß mit dem Reglerzusatz der
Rohdefowert und der K-Wert des Polymerisats heruntergehen, was auf die Bildung sehr
niedrigmolekularer Polymerisate durch vorzeitigen Kettenabbruch unter der Einwirkung
des Reglers hindeutet. Die Vulkanisate zeichnen sich im übrigen auch durch eine
verhältnismäßig geringe Erwärmung bei starker mechanischer Wechselbeanspruchung
aus. Die gute Mastizierbarkeit zeigt sich auch beim Behandeln des Kautschuks in
größeren Ansätzen auf Mastizierwalzen, so wie sie in der kautschukverarbeitenden
Technik verwendet werden. Auch dabei erhält man eine ausreichende Mastizierwirkung.
Der mastizierte Kautschuk läßt sich leicht mit den für die Vulkanisation erforderlichen
Zusatzstoffen und Füllstoffen mischen. Die Mischungen lassen sich gut verspritzen
und verarbeiten, und die fertigen Vulkanisate haben gute mechanische Eigenschaften.