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Verfahren zur Erzeugung von Roheisen im Schachtofen Für die Verhüttung
eisenarmer Erze mit hohem Anteil an saurer Gangart wird nach dem heutigen Stand
der Hochofentechnik entweder, und zwar vorzugsweise zur Herstellung von Gießereiroheisen,
das übliche basische Schmelzverfahren beibehalten, mittels welchem bei einer hohen
Schlackenmenge und infolgedessen hohem Koksverbrauch ein schwefelarmes Roheisen
erblasen wird, oder es wird, und zwar vorzugsweise zur Herstellung von Thomasroheisen,
neuerdings das sogenannte saure Schmelzverfahren angewendet, mittels welchem bei
verringerter Schlakkenmenge und verringertem Koksverbrauch ein schwefelhaltiges
Roheisen erblasen wird, welches nach dem Abstich zweckmäßig durch Soda entschwefelt
werden muß. Mit dem sauren Schmelzverfahren verzichtet man also bewußt auf die Entschwefelung
im Hochofen und spart Koks gegenüber dem basischen Schmelzverfahren, nimmt aber
dafür die Entschwefelung des Roheisens nach dem Abstich als Mehrarbeit und Zusatzkosten
in Kauf.
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Man hat schon vorgeschlagen, unter Führung einer sehr stark sauren
Schlacke mit einer Basizität unter o,8 bei hohem Temperaturgefälle im Ofen, und
zwar entweder bei einer hochschmelzenden Schlacke oder bei einer hochüberhitzten
Schlacke, unter Verwendung sauerstoffangereicherten Windes ein gegenüber dem normalen
sauren Schmelzverfahren schwefelärmeres Roheisen zu erzeugen, wobei man unterstellte,
daß saure Schlacken mit einer Basizität (Verhältnis CaO : Si02) von 1,2 bis o,8
keine entschwefelnde
Wirkung hätten, während stark sauren Schlacken
mit einer Basizität unter o,8 bei hohen Temperaturen im Ofen eine ähnlich gut entschwefelnde
Wirkung zukomme, wie sie basische Schlacken mit einer Basizität von etwa 1,3 bis
1,5 haben. Das so unter Führung stark saurer Schlacken hergestellte Roheisen hatte
jedoch immerhin noch einen Schwefelgehalt von mindestens o,o8 bis etwa o,10/0, so
daß es nach dem Abstich noch entschwefelt werden muß, wenn man die heute als zulässig
erachteten Schwefelgehalte, welche beispielsweise für Hämatit und Gießereiroheisen
je nach der Sorte zwischen maximal o,o4 und o,o60/, und für Thomasroheisen maximal
etwa o,060/, betragen, einhalten will.
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Es ist ferner seit kurzem durch Graphittiegelversuche nachgewiesen
worden, daß auch saure Schlacken mit einer Basizität von etwa 1,3 und darunter durch
Verdampfung entschwefelnde Wirkung.haben, wenn mit sehr hohen Temperaturen von 1700°C
und darüber gearbeitet wird, wobei im übrigen der Schwefelgehalt der sauren Schlacke
nach der Entschwefelung des Eisens nur maximal 0,5 bis o,60/, betrug.
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Gegenstand der Erfindung ist nun ein Verfahren zur Verhüttung von
Eisenerzen, vorzugsweise von eisenarmen Erzen, unter Führung einer sauren Schlacke,
gemäß welcherft unmittelbar im Kokshochofen die Herstellung von so schwefelarmem
Roheisen erfolgt, daß es nach dem Abstich nicht mehr entschwefelt zu werden braucht,
sondern sofort seinem Verwendungszweck zugeführt werden kann, wie dies bei dem nach
dem basischen Schmelzverfahren hergestellten Roheisen geschieht. Dies gelingt erfindungsgemäß
dadurch, da.ß durch an sich bekannte Verhüttung eines kalkhaltigen Sinter enthaltenden
Möllers unter gleichzeitiger Führung einer sauren Schlacke mit einer Basizität unter
1,3 bis etwa o,8, vorzugsweise etwa um den Wert 1, bei normalen Hochofentemperaturen
ein Roheisen mit normalem, d. h. unter bzw. wesentlich unter o,o80/, liegendem Schwefelgehalt
erblasen wird. Bekanntlich liegt die Basizität der üblichen basischen, einen Tonerdegehalt
von etwa 12 bis 150/, aufweisenden Kokshochofenschlacken um den Wert 1,5.
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Als in der Praxis bereits erprobtes Beispiel zur Erläuterung der Erfindung
sei folgender Gießereiroheisenmöller mit einem Anteil von 38,46 0/, deutscher Eisenerze,
bezogen auf den Fe-Gehalt des Möllers, genannt:
Bezogen auf den Fe-Gehalt |
Schwedenerze ................. --7,15% |
Normandieerze ................ 7,27% |
Inlanderze (roh) ............... 13,49,1/0 |
Schlacken .................... 0,59% |
Kalkhaltiger Gießereisinter ..... 51,o5 0/, |
Schrott ...................... 0,45% |
100,0o 0/, |
Der kalkhaltige Sinter wurde hergestellt aus einir Erzmischung bestehend ans eisenarmen
deutschen Eisenerzen, Gichtstaub, schwedischem Konzentrat und Kalk bzw. Kalkverbindungen.
. Durch den im Sinter enthaltenen Kalk waren bei dem durchgeprobten Beispiel etwa
40 0/, des Kalkbedarfes des Möllers gedeckt. Der restliche Kalk wurde durch die
im Möller enthaltenen Roherze bzw. als Kalkstein dem Ofen zugeführt. Selbstverständlich
kann der Sinter auch mehr bzw. auch weniger Kalk enthalten.
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Der Ofen wurde mit einer Schlacke geführt, deren Basizität 1,12 betrug;
die Schlackenmenge betrug 9o6 kg je Tonne Roheisen, der Koksverbrauch 1079 kg je
Tonne Roheisen. Die Gießereiroheisenanalyse stellte sich auf 2,6o 0/, Si, o,510/,
Mn, 0,9210/0 P, 0,0220/0 S.
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Es gelingt demnach überraschenderweise durch Verhüttung eines kalkhaltigen
Sinters enthaltenden Möllers unter Führung einer sauren Schlacke ein schwefelarmes
Roheisen zu erblasen, welches nach demAbstich nichtmehr entschwefelt zu werden braucht.
Weiterhin lag der erforderliche Koksverbrauch bei einer Schlackenmenge von 9o6 kg
je Tonne Roheisen unter dem bei den sogenannten Auslandsmöllern mit rund 5oo kg
Schlackenmenge üblichen Koksverbrauch von etwa 11oo kg für Gießereiroheisen. Die,
Roheisenerzeugung des Versuchshochofens lag um 180/, über derjenigen mit gleichen
Erzen, jedoch ohne Kalk im Sinter, und selbst um einige Prozente über derjenigen
mit den sogenannten Auslandsmöllern. Dies bedeutet einen gewaltigen Fortschritt
in der Hochofentechnik, insbesondere im Hinblick auf die Verhüttung eisenarmer Erze.
Die Koksersparnis ist wesentlich, und es verringert sich z. B. bei Möllern mit rund
30 0/, des Eisengehaltes aus eisenarmen deutschen Erzen der Koksverbrauch um etwa
15 0/, gegenüber dem normalen basischen Schmelzverfahren ohne Kalk im Sinter.
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Infolge der bedeutenden Leistungssteigerung von etwa 18 0/, sinken
die Verarbeitungskosten erheblich. Durch das neue Schmelzverfahren wird, bedingt
durch die Leistungssteigerung sowie den verringerten Koksverbrauch, das Problem
der Frage des benötigten Hochofenraumes gelöst.
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Das neue Verhüttungsverfahren unterscheidet sich von dem üblichen
basischen Verfahren grundsätzlich dadurch, daß es durch den kälkhaltigen Sinter
im Möller die Bildung der Schlacke in höhere Ofenzonen verlegt und dadurch neben
anderen Vorteilen eine gute Entschwefelung des Roheisens bei Führung einer sauren
Schlacke ermöglicht. Von dem neuerdings angewandten sauren Verfahren unterscheidet
es sich grundsätzlich dadurch, daß das Roheisen im Hochofen entschwefelt wird, so
daß sich die kostspielige und lästige Entschwefelung des Roheisens nach dem Abstich
erübrigt.
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Die vorerwähnten Vorteile der Koksersparnis und Leistungssteigerung
beim Verhütten eines kalkhaltigen Sinter enthaltenden Möllers unter Führung, einer
sauren Schlacke lassen sich noch erheblich steigern, wenn in an sich bekannter Weise
mit Sauerstoff angereicherter Wind verwendet wird. Das Arbeiten mit mit Sauerstoff
angereichertem Wind ist bislang trotz durchgeführter Versuche in einem kleinen Hochofen
nicht in die Praxis eingeführt worden, da es gegenüber dem normalen Hochofenbetrieb
mit .Luft kaum Vorteile hatte; Koksersparnis und Leistungssteigerung blieben dabei
in sehr bescheidenen Grenzen.
Durch das vorliegende neue Verhüttungsverfahren
sind nun die Voraussetzungen zu einer wirklich mit Vorteilen verknüpften Arbeitsweise
mit mit Sauerstoff angereichertem Wind geschaffen, da der den kalkhaltigen Sinter
enthaltende Möller eine starke Steigerung der Gichttemperatur trotz Senkung des
Koksverbrauches gegenüber dem gleichen Möller mit Sinter ohne Kalk bedingt. Eine
hohe Gichttemperatur ist nun aber die Voraussetzung für die Anwendung von sauerstoffangereichertem
Wind, da dann tatsächlich die im Unterofen weniger benötigte Koksmenge nicht in
der Abgaswärme für die Schachtarbeit fehlt. Durch die Verwendung von kalkhaltigem
Sinter ist die Möglichkeit gegeben, einen sehr hohen Anteil des im Möller benötigten
Kalkes in dem Sinter und nicht in Form von Kalkstein aufzugeben, so daß die zum
Austreiben der Kohlensäure benötigte Wärme nicht mehr im Hochofenschacht aufzubringen
ist. Naturgemäß kann zur Ergänzung des im kalkhaltigen Sinter enthaltenden Kalkes
gebrannter Kalk im Hochofen gegichtet werden, so daß überhaupt keine Kohlensäure
aus Kalkstein auszutreiben ist. Es erscheint wesentlich, dem Hochofen nach Möglichkeit
sämtliche Wärmearbeiten abzunehmen, die durch minderwertige Brennstoffe außerhalb
des Hochofens geleistet werden können, um einerseits hochwertigen metallurgischen
Koks zu sparen und um' andererseits die Leistung des Hochofens bezogen auf die Kubikmeter
Raumeinheit so hoch wie möglich zu steigern. In diesem Sinne ist auch die Anreicherung
der Gebläseluft mit Sauerstoff zu werten.
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Um Verluste des teuren Sauerstoffes tunlichst zu vermeiden, ist es
zweckmäßig, in an sich bekannter Weise den Sauerstoff für sich in den Hochofen einzublasen.
Dabei ist eine Erhöhung der Pressung des eingeblasenen Sauerstoffes, und zwar vorzugsweise
auf 1,2 bis 2,5 atü, vorteilhaft, und zwar um denselben tiefer zur Mitte des Hochofens
hin einzuführen, damit der im Hochofengestell intensiv arbeitende Ring mit seinem
Einfluß auf die nachkommenden Massen im Schacht nach Möglichkeit verbreitert und
so der Durchsatz beschleunigt wird.