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Verfahren zur Verhüttung stark saurer eisenarmer Erze Die Verhüttung.
stark saurer eisenarmer Erze, wie sie Deutschland in großen Mengen besitzt, ist
nach dem gegenwärtigen Stand der -Technik nur unter unwirtschaftlich großem Aufwand
durchführbar. Um im Hochofen neben dem Roheisen eine vollständig entschwefelnde
basische Schlacke zu erschmelzen d. h. eine .Schlacke mit einem Kalk-Kieselsäure-Verhältnis
von 1,2 bis 1,5, ist bekanntlich ein sehr großer Zuschlag von Kalkstein zum Erz
erforderlich, wodurch die je Tonne Roheisen anfallende Schlackenmenge und damit
der Koksverbrauch sehr groß und die0fenleistung verringertwerden.
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Es ist daher vorgeschlagen worden, bei der Herstellung von Roheisen
aus kieselsäurereichem Möller Schlackenbildner, wie Kalkstein; der Beschickung nur
in solchen Mengen zuzugeben, daß neben einer leicht schmelzenden sauren Schlacke
ein hoch schwefelhaltiges Roheisen entsteht, das von seinem Schwefelgehalt, der
zu 1,2 % angegeben wird, außerhalb des Hochofens befreit wird. -In der Zeichnung
werden jene Vorschläge noch näher erläutert. Es sind als Linienzug D die Freilauftemperaturen
von Hochofenschlacken mit 12 bis i5o/o Tonerde nach Johnson und B. Neumann- (Stahl
und Eisen 38, igi8, S.957) dargestellt. Das Gebiet der durch ihren Kalkgehalt vollständig.
entschwefelnd wirkenden Schlakken
ist durch die Senkrechten G und
H abgegrenzt. In diesem Gebiet liegen die üblichen Hochofenschlacken, bei denen
das Kalk-Kieselsäure-Verhältnis zwischen 1,5 und 1,2 liegt. Im Feld- H=K
liegen die niedrigst schmelzenden -Schlacken mit Basizitäten von o,8 bis 1,2, die
nicht entschwefelnd wirken und deren Anwendung für die Verhüttung saurer eisenarmer
Erze vorgeschlagen wurde.
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Nach jenem Vorschlag ist leichte Schmelzbarkeit der Schlacke der wesentlichste
Gesichtpunkt für die Zusammensetzung des hlöllers. Sie soll einen raschen Ofengang
und einen niedrigen Brennstoffverbrauch- gewährleisten. Bei der praktischen Ausführung
jener Vorschläge zeigt sich jedoch, daß gegenüber der Roheisenerzeugung aus reichen
Erzen der Brennstoffbedarf unwirtschaftlich hoch und die0fenleistung weit geringer
als gewöhnlich ist. Außerdem ist das Verfahren noch mit den Kosten für die nachträgliche
Entschwefelung des Roheisens außerhalb des Hochofens belastet. Zudem sind für jene
Arbeitsweise als selbstgehende Erze nur wenige deutsche Erzvorkommen, z. B. die
südbadischen Doggererze, zu verwenden, bei denen der Gehalt an Kalk und Tonerde
der Gangart zum Gehalt an Eisen und Kieselsäure gerade in dem Verhältnis steht,
welches die Schmelzung der Schlacke bei niedrigster Freilauftemperatur gewährleistet.
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Der größte Teil der deutschen Erzvorkommen, wie Salzgitter-, Pegnitz-,
Arnbergerze, ist jedoch außerordentlich stark kieselsäurehaltig und nur unter Zugabe
großer Kalkmengen im Hochofen auf die von jenen Vorschlägen geforderte Schlackenzusammensetzung
zu bringen. Das wirkt sich aber wiederum ungünstig auf Brennstoffverbrauch, Ofenleistung
und schließlich die Gestehungskosten des erzeugten Roheisens aus, so daß Wege gesucht
werden müssen, um die Verhüttung stark saurer eisenarmer Erze technisch zu verbessern
und zu verbilligen.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur `Verhüttung stark kieselsäurehaltiger
eisenarmer Erze unter Verwendung von Koks als Brennstoff und unter Führung einer
sauren Schlacke im Hochofen. Erfindungsgemäß wird dabei eine Schlacke mit einem
Kalk-Kieselsäure-Verhältnis von unter o,8 geführt, welche also im Gegensatz zu den
bisher üblichen Arbeitsweisen hochschmelzend und stark sauer ist, und gleichzeitig
werden hohe Gestelltemperaturen aufrechterhalten. Dabei wird im Hochofen selbst
ein weitgehend entschwefeltes Roheisen gewonnen, d. h. das Roheisen enthält weit
weniger Schwefel als das unter weniger saurer Schlacke, tiefster Freilauftemperatur
bei niedrigen Gestelltemperaturen erschmolzene Roheisen. In der Zeichnung ist das
Gebiet der erfindungsgemäß anzuwendenden Schlacken durch die Senkrechten K und L
abgegrenzt. Es umfaßt die Schlacke, deren Kalk-Kieselsäure-Verhältnis Ca0 : Si02
unter o,8 liegt und die demzufolge auch eine wesentlich höhere Schmelztemperatur
als die niedrigst schmelzenden Schlacken des Feldes H und K hat. Bevorzugt werden
stark saure Schlacken. Es können daher bei der Verhüttung der stark sauren Erze
jene Zuschläge an Kalk oder kalkigen Erzen, die notwendig wären, um die Basizität
der Schlacke bis auf o,8 zu erhöhen, ganz oder zumindest zum größten Teil ent= behrt
werden, wodurch die sonst überaus große Schlackenmenge verringert und der entsprechende
Koksverbrauch zu ihrer Erschmelzung herabgesetzt wird.
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Wie auch aus der Abbildung ersichtlich ist, weisen die stark sauren
Schlacken eine hohe Freilauftemperatur auf. Es ist also notwendig, eine hohe Temperatur
im Ofengestell aufrechtzuerhalten. Hohe Temperatur im Hochofengestell begünstigt
die Entschwefelung, auch wenn es sich nicht um basische, sondern um saure Schlacken
handelt. Das Verteilungsgleichgewicht der im Roheisen und Schlacke gelösten Schwefelverbindungen
ändert sich mit steigender Temperatur im Sinne einer Abnahme des Schwefelgehaltes
im Roheisen und einer Zunahme des Schwefelgehaltes in der Schlacke. Ferner tritt
bei steigender Temperatur in zunehmendem Maße Verflüchtigung "des Schwefels als
Siliciumsulfid ein. Erfindungsgemäß läßt sich also aus sauren armen Erzen mit stark
sauren Schlacken unmittelbar im Hochofen ein ausreichend entschwefeltes Roheisen
herstellen, sofern man die Temperatur im Hochofengestell hoch hält, sei es, indem
man eine hochschmelzende Schlacke führt, sei es, indem man eine weniger hochschmelzende
Schlacke stark überhitzt.
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Die bei dem Verfahren notwendige Erhöhung der Gestelltemperatur läßt
sich dadurch erreichen, daß man den Kokssatz oder die Windtemperatur oder beide
entsprechend hoch wählt. Wesentlich einfacher und wirtschaftlich vorteilhafter ist
es jedoch, den Ofenwind in an sich bekannter Weise mit Sauerstoff anzureichern,
um die notwendigen hohen Gestelltemperaturen zu erzeugen. Hierdurch wird es möglich,
mit niedrigem Kokssatz Schlacke beliebig hoher Schmelztemperatur zu schmelzen. In
dem Maße, wie durch die Sauerstoffanwendung an Koks gespart wird, gelangen weniger
Schwefel und weniger Kieselsäure aus der Koksasche in den Möller. Die Entschwefelung
des Roheisens wird dadurch erleichtert. Ferner wird durch die Sauerstoffanwendung
der Ofengang beschleunigt
und damit ein weiterer Nachteil der Verhüttung
armer Erze mit Luft als Gebläsewind beseitigt. Für die Verarbeitung mit sauerstoffreichem
Wind erscheinen die kieselsäurereichen, eisenarmen deutschen Erze zunächst wenig
geeignet, da bei ihrer Verhüttung unter Verwendung von Luft auffallend niedrige
Gichttemperaturen von i2o bis 15o° C zu beobachten sind, so daß für die mit der
Sauerstoffanreicherung des Windes verbundene Senkung der Gichttemperatur kein Spiel
mehr übrig zu sein scheint. Die niedrige Gichttemperatur zeigt, daß der Wärmebedarf
im Schacht sehr hoch ist. Um ihn zu erniedrigen, empfiehlt es sich, bei der Sauerstoffanreicherung
des Windes das Erz dem Hochofen, wie ebenfalls an sich bekannt ist, getrocknet oder
geröstet zuzuführen. Eine Röstung ist besonders bei stark schwefelhaltigem Erz vorteilhaft,
weil hierbei bekanntlich schon ein Teil des Schwefels als S02 abgeführt wird.
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Die entschwefelnde Wirkung hochschmelzender Schlacken wird begünstigt,
wenn diese bis zur Dünnflüssigkeit überhitzt werden und für eine gute Berührung
zwischen Schlacke und durchtropfendem Eisen sowie für reichlich Zeit zur Entschwefelung
gesorgt wird. Es ist deshalb zweckmäßig, viel Schlacke im Gestell aufzustauen und
sie beim jeweiligen Abstich nicht völlig zu entfernen, sondern ein Schlackenbad
über die Zeit des Abstichs hinaus .im Ofen zu halten, welches das unmittelbar nach
dem Abstich im Hochofen gebildete Roheisen entschwefelt.
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Trotz des stark sauren Charakters der Schlacke halten sich die Eisenverluste
in mäßigen Grenzen, weil bei der erhöhten Gestelltemperatur der Eisenoxydulgehalt
der Schlacke zurückgeht und weil durch die Einsparung großer Kalksteinzuschläge
die Schlackenmenge sehr klein wird: Von den bisher bekanntgewördenen Vorschlägen,
eisenarme kieselsäurereiche Erze unter Führung einer sauren Schlacke mit Koks als
Brennstoff zu verhütten, unterscheidet sich das Verfahren nach der Erfindung dadurch,
daß die Schlackenzusammensetzung nicht auf einen niedrigsten Schmelzpunkt abgestellt
wird, sondern daß wesentlich stärker saure Schlacken hoher Freilauftemperatur unter
Aufrechterhaltung hoher Gestelltemperaturen durch die Anwendung sauerstoffangereicherten
Windes geführt werden. Der technische Fortschritt liegt darin, daß durch das neue
Verfahren ein Weg zur wirtschaftlichen Verhüttung der größten deutschen Eisenerzvorkommen,
die sehr stark sauer und eisenarm sind, gezeigt wird, indem bei der Verhüttung dieser
Erze die. anfallende Schlackenmenge auf einen geringsten Betrag vermindert wird,
ferner mit niedrigstem Kokssatz im Hochofen selbst ein weitgehend entschwefeltes
Roheisen gewonnen wird und durch die Steigerung der Ofenleistung die günstigste
Ausnutzung des vorhandenen Hochofenraumes ermöglicht wird.
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Bei dem Verfahren fällt ein siliciumreiches Roheisen an. Den jeweils
geringsten Siliciumgehalt wird .man erzielen, indem man mit Sauerstoffanreicherung
und Kokssatz so weit herabgeht, daß die Schlacke .gerade noch schmilzt und einen
Wärmeüberschuß im Gestell vermeidet, der sonst im Gestell zur Kieselsäurereduktion
ausgenutzt würde. Zu hoher Siliciumgehalt des Roheisens läßt sich bekanntlich durch
Nachfrischen bzw. durch Nachbehandlung des Roheisens mit geringen :Mengen hochbasischer
Schlacken herabmindern.