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Verfahren zum Schlichten von Kunstfäden In der Kunstseidenindustrie
herrscht das Bestreben vor, die Fertigprodukte in einer für den jeweiligen Verwendungszweck
ohne weitere Nachbehandlung bestgeeigneten Form in den Handel zu bringen. Alle unvermeidlicherweise
die Oualität der Ware verschlechternden Zwischenoperationen, wie Nachölen u. dgl.,
sollen im Interesse des Verarbeiters vermieden werden.
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Das Aufbringen von Spezialölungen, z. B. für Wirkzwecke, im Verlauf
der Aufarbeitung des Garnes beim Erzeuger, bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Weniger
einfach ist eine zweckmäßige und rationelle Vorbereitung der Kunstseide für die
Zwecke der Weberei durch Schlichten.
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Es muß zunächst eine Schlichte gewählt werden, die den verschiedenartigen
Ansprüchen der verarbeitenden Industrie gleichermaßen gerecht wird. Die Praxis hat
gezeigt, daß in dieser Beziehung den Schlichten, die überwiegend aus trocknenden
Ölen bestehen, der Vorzug gebührt trotz der bekannten Schwierigkeiten, die deren
spätere Wiederentfernung nach längerem Lagern bereitet, besonders, wenn das Schlichten
mit Lösungen der trocknenden Öle in organischen Lösungsmitteln erfolgte. Bisher
ist das Schlichten mit solchen Lösungen oder mit Emulsionen nur für Strangware üblich
gewesen, wobei naturgemäß viel Handarbeit erforderlich ist. Besonders kostspielig
gestaltet sich dieses Verfahren, wenn mit erheblichen Mengen organischer Lösungsmittel
gearbeitet wird, die nur zum Teil wiedergewonnen werden können.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren, das gestattet,
laufende Fäden in wirtschaftlicher und betriebssicherer Weise mit Schlichtepräparaten
zu behandeln, die ganz oder teilweise aus trocknenden Ölen bestehen, gegebenenfalls
emulgiert oder gelöst in organischen Lösungsmitteln. Insbesondere eignet sich das
Verfahren für die Behandlung trockengesponnener Kunstseide, z. B. von Acetatseide,
in welchem Falle die Schlichtung zweckmäßig schon mit dem Spinnprozeß verbunden
wird, da ein Ölen an dieser Stelle zur Vermeidung der elektrischen Aufladung ohnehin
üblich ist.
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Bei der Durchführung dieses Verfahrens waren verschiedene Schwierigkeiten
zu überwinden. Vor allem mußte dafür gesorgt werden, daß die eigentliche Trocknung,
die zunächst zu einem starken Kleben der Fäden führt, erst dann einsetzt, wenn die
notwendigen Zwischenoperationen, wie Zwirnen, Umspulen und Haspeln beendet sind,
Arbeitsfolgen, die sich im Fabrikationsbetrieb über Tage erstrecken können. Man
war also gezwungen, mit der Zugabe von Trocknungsbeschleunigern sehr vorsichtig
umzugehen. Andererseits wurde festgestellt, daß die Hinauszögerung der Trocknung
die nachträgliche Entschlichtung beeinträchtigt. Auch das spätere Durchtrocknen
wird in sehr unerwünschter Weise hintangehalten. Die Fäden
bleiben
dann trotz guten Fadenschlusses längere Zeit weich und neigen bei der- Verarbeitung
zum Kleben.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung ist nun dadurch gekennzeichnet,
daß man das Schlichten mit den trocknenden Ölen oder solche enthaltenden Mischungen
in zwei Arbeitsgängen vornimmt, derart, daß die erste Behandlung, die zunächst nur
den Zweck einer wirksamen Ölung hat, mit einem langsam trocknenden Gemisch erfolgt,
während für die zweite ein Präparationsmittel verwendet wird, das eine rasche und
homogene Durchtrocknung der trocknenden Öle auf der Faser bewirkt. Der auf diese
Weise erhaltene Schlichtefilm läßt sich bei geeigneter Zusammensetzung der Behandlungsmittel
auch noch nach längerem Lagern der Ware bemerkenswert leicht mit den üblichen Mitteln
wieder entfernen. Durch die scheinbare Komplikation wird nicht nur die technische
Brauchbarkeit der Schlichtung, sondern auch die Wirtschaftlichkeit des Arbeitens
ganz wesentlich verbessert.
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Für den ersten Arbeitsgang, kurz Vorschlichtung genannt, kann man
je nach den Umständen Öle oder Ölgemische mit beliebig abgestufter Trockengeschwindigkeit
verwenden, z. B. Rüböl, Sojabohnenöl, Leinöl, Gemische von Leinöl und geblasenen
Ölen usw. Den Ölen, besonders den langsamer trocknenden, kann man geringe Mengen
von Trockenstoffen zugeben, wodurch u. a. das spätere Wiederentschlichten erleichtert
wird. In anderen Fällen, insbesondere wenn die Aufarbeitung längere Zeit in Anspruch
nimmt, empfiehlt es sich, trocknungsverzögernde Mittel zuzusetzen. Bei der Wahl
derselben ist darauf zu achten, daß die spätere Wiederentschlichtung nicht nachteilig
beeinflußt wird. Sehr vorteilhaft sind in dieser Hinsicht Zusätze von öllöslichen
Aminseifen u. dgl., die auch dann erforderlich sind, wenn gemäß einem früheren Vorschlag
saure Farbstoffe zum Zwecke einer Kennfärbung zugegeben werden sollen. Gut geeignet
sind auch solche Trocknungsverzögerer, die mit den Nachschlichte enthaltenden Trocknungsbeschleunigern
chemisch reagieren und dabei an Wirksamkeit verlieren oder ganz unwirksam werden.
Es sind dies Verbindungen, die unlösliche Schwermetallverbindungen liefern, wie
Thioglykolsäure, Thiosalicylsäure, Thiophenol u. a. m.
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Die Nachschlichte besteht am besten zum überwiegenden Teil aus einem
rasch trocknenden Öl, z. B. Leinöl, gegebenenfalls in Verbindung mit weichmachenden
Mitteln, wie Fetten, Wachsen, geblasenen Ölen usw. Der Mischung wird ein geeigneter
Trocknungsbeschleuniger, z. B. Bleimanganresinat, zugesetzt, zweckmäßig in einer
solchen Menge, daß die Durchtrocknung des Schlichteüberzuges auf den Fäden in 24
bis 48 Stunden beendet ist. In der Nachschlichte kann der Ölanteil weitgehend reduziert
werden. Unter Umständen kann man auch auf die Öle ganz verzichten und nur mit Trockenstofflösungen
oder -dispersionen, z. B. einer Lösung von Bleimangannaphthenat in Schwerbenzol,
arbeiten. Im letzteren Fall handelt es sich also nicht um eine zweite Schlichteauflage;
die Trockenstoffe bewirken nur die rasche Durchtrocknung des im ersten Arbeitsgang
aufgebrachten Ölgemisches.
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Zum Auftragen der Schlichtemischungen oder deren Lösungen in organischen
Lösungsmitteln, wie in Schwerbenzol, können beliebige, für solche Zwecke vorgeschlagene
Vorrichtungen Verwendung finden, z. B. die Kapillardüsen gemäß Patent 533 oho.
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Das Aufbringen der Nachschlichte kann an und für sich an jeder beliebigen
Stelle des Aufarbeitungsprozesses erfolgen; im allgemeinen wird man es vorziehen,
die Nachölung an der Haspel vorzunehmen, besonders wenn unter. Verwendung von organischen
Lösungsmitteln gearbeitet wird, die durch die beim Haspeln entstehende starke Luftbewegung
rasch und ohne Belästigung des Bedienungspersonals verdampfen. Da es sich um geringe
Mengen Lösungsmittel handelt, so ist deren Verlust ohne Bedeutung. Die Stränge werden
von der Haspel abgenommen und an der Luft auf Stäben o. dgl. zum Trocknen aufgehängt.
Will man die Trocknung besonders beschleunigen, so kann man die Seide in Trockenschränken
oder Kanälen in bekannter Weise mit ozonisierter Luft behandeln. Beispiel Trockengesponnene
Acetatseide wird beim Austritt aus der Spinnzelle vor dem Auflaufen auf die Spinnspule
mit 6 °/o ihres Gewichtes einer Mischung von 8o Teilen Leinöl, io Teilen geblasenem
Rüböl, io Teilen Triäthylolaminoleat und ioo Teilen Schwerbenzol imprägniert. Die
fertiggesponnene Spule wird in der üblichen Weise auf Etagenzwirnmaschinen gezwirnt
und gelangt dann zum Abhaspeln. An der Haspel wird die Seide wiederum mit
60/, ihres Gewichtes einer zweiten Schlichte, bestehend aus 88,5 Teilen Leinöl,
io Teilen Japanwachs, 1,5 Teilen Bleimanganresinat und zoo Teilen Schwerbenzol nachpräpariert.
Die Stränge, die nunmehr 6°/o ihres Gewichtes an Schlichtesubstanz enthalten, werden
bei etwa 3o' trocknen ge= lassen.
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Man erhält einen glatten, trockenen, aber doch geschmeidigen Faden,
der sich ausgezeichnet verweben läßt.