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-Verfahren zur Gewinnung- von Ammoniak und Ammoniumsulfat durch Einwirkung
von Wasserdampf auf die bei der Destillation von organischen stickstoffhaltigen
Stoffen entstehenden Cyanverbindungen. Bei der Destillation -von organischen Stoffen,
welche Stickstoff enthalten, z. B. Kohle, Braunkohle, Torf, Rübenschlempe, tierische
Abfälle, wie Hornspäne, Knochen, Leder usw., geht ein Teil des Stickstoffs in Cyan
und Cyanwasserstoff über, die sich im entstandenen Gase wiedeffinden. Die Nutzbarmachung
des im Gase enthaltenen Cyans ist schwierig und bisher nur auf dem kostspieligen
Um-Vvege über die ,Eisenverbindungen des Cyans gelungen.
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Es geht -aber auch ein Teil des Cyans oder Cyanwasserstoffes in das
bei der Destillation entfallende Ammoniakwasser über. Dieser Teil des Cyans, der
je nach der Anordnung der Kondensation und dem Ammoniakgehalt verschieden groß ausfallen
kann und bisher meist verloren ging, wird durch -das vorliegende Verfahren
in .Ammoniak und Ammoniumsulfat umgewandelt und auch -dann nutzbar gemacht, wenn
wegen des geringen Gehaltes der Gase die völlige Gewinnung zu viel Kosten verursachen
würde.
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Durch Versuche wurde festgestellt, daß die bekannte Möglichkeit, Cyan
durch Einwirkung von Wasserdampf bei hohen Temperaturen in Ammoniak überzuführen,
auch unter besonderen Bedingungen bei niedrigen Temperaturen, wie sie durch Dampfheizung
erreichbar Bind, möglich ist. .
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Wie die Erfahrung im Kokereibetriebe lehrt, bleibt die Reaktionsgesclhwindigkeit
dieser Umsetzung bei Temperaturen von ioo bis 5oo ° trotz der Gegenwart von Wasserdampf,
überschüssiger Wärme und Schwefelwasserstoff so klein, daß d=e Umsetzung mit den
gewöhnlichen analytischen Mitteln nicht nachweisbar ist.
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Dagegen wird die Reakt'onsgeschwindigkeitsehr groß und die @ Umsetzung
vollständig, wenn neben Wasserdampf und Wärmezuführung noch freie Schwefelsäure
in großem Überschuß zugegen i,t. Schwefelsäure mit erheblichem Gehalt an Ammoniak
dagegen, oder genauer gesagt, saure Sulfatlauge, w:e sie in den Ammoniaksättigern
vorhanden ist, hat nicht mehr die Wirkung der freien Schwefelsäure. Daß diese Wirkungen
tatsäcflich -nicht eintreten, beweist der Umstand, daß die Cyanverbindungen des.
Gases den Sättiger durchstreichen, ohne in Ammoniak überge`ührt zu werden, und daß
das im Gase befindliche Benzol nicht sulfuriert wird.
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Der dem Gase zum Zwecke der Umwandlung des Cyans in Ammoniak zugesetzte
Wasserdampf wirkt dabei nicht nur als Wärmezubringer, sondern ist für die Reaktion
selbst unentbehrlich; er geht direkt oder durch Vermittlung des in der Schwefelsäure
in chemischer Bindung enthaltenen Wassers in das Cyänmolekül ein. Hiernach besteht
die Erfindung darin, daß bei der Behandlung von Cyan und Cyanverbindungen mittels
Wasserdampf für die Gegenwaxt - von -Schwefelsäure
im Überschuß
'und ständiger Wärmezuführung gesorgt wird, wobei der Wasserdampf die für die Reaktion
erforderliche Wärme durch di= rekte oder indirekte Übertragung zuführt und direkt
oder durch Vermittlung der Schwefelsäure mit dem Cyan reagiert.
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Die praktische Durchführung des Verfahrens nach der Erfindung hat
bewiesen; daß auch bei Gasen oder Dämpfen mit nur 2 Prozent oder noch weniger Cyan
wie sie in der Praxis vorkommen,. eine Umsetzung -von 9g Prozent erreicht wird,.
und zwar ohne daß die hohen Temperaturen der bekannten Verfahren zur Anwendung gebracht
wurden, die ohnehin nur schwer innegehalten werden können und die die konstruktive
Durchbildung und Erhaltung der Apparatur so sehr erschweren.
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Weiterhin zeigte sich bei der Durchführung des Verfahrens, daß die
Gegenwart von Schwefelwasserstoff die Reaktionsgeschwindigkeit noch steigerte. Die
Berührungsdauer des cyanhaltigen Gases mit der Sehwefelsäüre konnte nämlich bei
Gegenwart von Schwefelwasserstoff auf 0,335 Sekunden (bei einer stetig verlaufenden
Umsetzung von nicht unter 98 Prozent) herabgesetzt werden, während. ohne
seine Gegenwart bei 0,855 Sekunden Berührungsdauer die Ausbeute nur bis zur
Höhe von 96,88 Prozent zu treiben war.
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Es empfiehlt sich also bei Gasen, welche keinen Schwefelwasserstoff
enthalten, solchen vor der Behandlung nach dem vorliegenden Verfahren zuzusetzen,
weil dann die Apparatur auf etwa ein Drittel der sonst erforderlichen Größe zurückgeführt
werden kann.
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Das neue Verfahren, bei welchem die Umsetzung des Cyans in Ammoniak
durch Wasserdampf infolge der Gegenwart von Schwefelsäure praktisch vollständig
verläuft, ermöglicht die Gewinnung des Cyans in eitler kleinen einfachen Apparatur
ohne hohe Temperaturen und stellt daher.,gegenüber 'dem bisher bekannten Verfahren
einen technischen und wirtschaftlichen Fortschritt dar. .Wenn es sich um die Verarbeitung
hochcyanhaltiger Gase handelt, wie sie bei der Schlempeverkohlung beispielsweise
entstehen, .werden die Gase nach der Absorption des Ammoniaks durch einen Apparat
nach Fig. i geleitet, nachdem ihnen, wenn nötig,.Dampf zugesetzt wurde.
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Das Gas-Dampf-Gemisch tritt bei i ein und wird in mehreren Tauchungen
2, 3, 4, 5, 6 (Fig, i) mit der oben bei 7 eintretenden durch die Tauchungen herabrieselnden
Schwefelsäure zusammengebracht, wodurch Cyan und Cyanwasserstoff in Ammoniak übergeführt
werden, das sofort, von der Säure als Ammoniumsulfat gebunden wird. Die Schwefelsäuretauchungsräume
2, 3, 4, 5, 6 sind außen von einem Heizraum 8 umgeben, in den bei g Dampf eintritt,
um ihn bei io zu verlassen. Durch- die Beheizung wird. Säure und Gas-Dämpf-Gemisch
auf einer für den raschen Verlauf der Reaktion geeigneten Temperatur gehalten und
die durch die Reaktion verbrauchte Wärme ersetzt.
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Oberhalb der Säuretauchungen ist ein Säureäbscheider ii angeordnet,
der in bekannter Weise durch gegeneinander versetzte Stoßplatten die mitgerissenen
Säuretröpfchen zurückleitet. Die von Cyan befreiten Gase treten durch z2 aus. Die
aus dem Reaktions-* raum bei 13 ablaufend ammoniumsulfathaltige Schwefelsäure wird
zur Sulfatgewinnung verwendet, wobei das aus dem Cyan stammende Ammoniak mitgewonnen
wird.
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Haben die Gase aber _ nur einen geringen Gehalt an. Cyan der Cyanwasserstoff,
wird das Cyan durch Wasser oder Ammoniakwasser aus dem Gase ausgewaschen. Das Waschprodukt.
wird abgetrieben und die Dämpfe dieses cyanhaltigen Ammoniakwassers liefern .nach
der Absorption des Ammoniaks ein an Cyanwasserstoff angereichertes Gasgemisch, das
dann mit Schwefelsäure und Dampf in einer Vorrichtung nach Fig. i zu behandeln.
ist.
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Da` fast immer die Cyan und Cyanwasserstoff enthaltenden Rohgase auch
eine ungleich größere Menge Ammoniak "führen, wird der Regel nach die Umwandlung
des Cyanwasserstoffs in Ammoniak mit der Gewinnung von schwefelsaurem.Ammoniak verbunden
und die. Vorrichtung zur Umsetzung der Blausäure in Ammoniak mit dem Sättiget zur
Gewinnung von Ammoniaksulfat zu einem Ganzen ver= einigt. Bei der Verarbeitung von
cyanbaltigem Gaswasser er-gibt' sich dabei der Vorteil, daß die von der Destillationskolonne
kommenden Dämpfe zur Beheizung der Schwefelsäuretauchungen benutzt werden können,
wie - dies in Fig. 2 dargestellt ist. -Die von der Destillierkolonne kommenden Ammoniak,
Cyan und andere flüchtigen Bestandteile des Gaswassers führenden Dämpfe, gemischt
mit Wasserdampf und gegebenenfalls mit Schwefelwasserstoff, treten durch 14 in den
Heizmantel ein, erwärmen die Säuretauchungen und verlassen den Heizmantel bei 15,
um bei 16 in den Ammoniaksättiger einzutreten, wo sie ihr Ammoniak an die Sulfatlauge
abgeben. Die vom Ammoniak befreiten Bestandteile, die neben Wasserdampf den Cyanwasserstoff
und das Cyan enthalten, treten durch 17 in die Schwefelsäurefauchungen ein, wo das
Cyan in Ammoniak umgewandelt und von der Schwefelsäure gebunden wird. Die Säure
fließt durch t9 in -den Sättiget, während die Restgase-bei a2 austreten.
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Auch bei dem direkten Ammoniäkgewinnungsverfahren- aus Koksofengas
kann die Wärme des aus den Destillierkolonnen kommenden
Gas-Dampf-Gemisches
vorteilhaft für die Erwärmung des Cyanumsetzungsapparates nutzbar gemacht werden.
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Es würde dann zweckmäßig sein, den letzteren gemäß Fig. 3 in den Sättiger
einzubauen.