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Vorrichtung zur Berechnung der Stabspannungen räumlicher Fachwerke.
Die vorliegende Erfindung soll der Ingenieurpraxis da einen Fortschritt bringen,
wo es sich darum handelt, die Stabspannungen räumlicher Fachwerke zu berechnen.
Den bekannten Berechnungsmethoden von Müller (Breslau), Landsberg, Henneberg, Föppl
und Mohr soll ein neues Verfahren zur Seite gestellt werden, das die Berechnungsarbeiten
mit Hilfe eines Spannungsmessers mechanisiert, ähnlich wie es der Rechenschieber
tut für numerische Berechnungen.
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Die Theorie des in der Zeichnung dargestellten Spannungsmessers ist
folgende: Den Begriff des bekannten trigonometrischen Einheitskreises weiter ausbauend,
bei dem die trigonometrischen Winkelfunktionen sich unmittelbar als Streckenwerte
ergeben, arbeitet der Spannungsmesser mit dem Begriff der »Einheitskugel«, die den
Knotenpunkt des Stabsystems zum Mittelpunkt hat und die in der isometrischen Zeichnung
(Fig.4) strichiert dargestellt ist. Diese gedachte Einheitskugel wird auf den gegebenen
Wirkungslinien der unbekannten Stabkräfte S1, S2, S3 und auf der gegebenen Wirkungslinie
der bekannten Kraft P gleich große Stücke abschneiden. Sind die Durchstoßpunkte
der Wirkungslinien durch die Kugel Dl, D2, D3 und D, und ist A
... A
eine Kugelachse, welche senkrecht auf der durch S, und S2 gebildeten
Ebene steht, so werden die Kosinusse von K, D, und K, D2 mit Bezug- auf die Kugelachse
A ... A gleich Null. Die Kosinusse. von K, D3 und K, Dp in bezug auf die
Kugelachse A . . . A können unmittelbar auf der Skala der Kugelachse abgelesen
werden,- wenn man die Durchstoßpunkte D3 und Dp mit dem auf der Kugelachse verschiebbaren
Zeiger (Z), der stets senkmcht zu ihr steht, auf die Skala lotet. Der Fußpunkt des
Zeigers (Z) ist ähnlich dem Läufer eines Rechenschiebers ausgebildet. Da für die
Projektionen der Kräfte auf die Kugelachse die Gleichgewichtsbedingung gilt, . daß
ihre algebraische Summe gleich Null ist, so erhält man die Gleichung P .
xp -i- S3 , x,= o . also
worin xp und x3 die auf der Skala abgelesenen Kosinuswerte- für die gedachte Einheitskugel
sind, so daß, da P gegeben ist, sofort die Spannung. von S3 ausgerechnet werden
kann. Die -Art der Spannung, Zug oder Druck, ergibt sich aus dem Vorzeichen.
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Die Berechnung von S1 und SZ ergibt sich sinngemäß, indem die Kugelachse
so gedreht wird, daß sie einmal senkrecht zu der von S2 und S3 gebildeten Ebene
steht, das andere Mal senkrecht zu der von Sl und S3 gebildeten Ebene steht und
im übrigen das Verfahren' im Sinne der obigen Erörterungen wiederholt wird.
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Greifen am Knotenpunkt mehr als drei unbekannte Kräfte an, so wird
ebenfalls sinngemäß verfahren; es werden sich stets so viel lineare Gleichungen
ergeben, wie Unbekannte vorhanden sind.
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Die ebenen Fachwerke können als Spezialfall angesehen werden, wo alle
Wirkungslinien
in einer Ebene liegen. Die Einheitskugel wird zum
trigonometrischen Einheitskreis, die Kugel-, achse zu einem Kreisdurchmesser, der
im Knotenpunkt senkrecht auf der Wirkungslinie i einer Kraft steht; der übrige Rechnungsgang
bleibt derselbe.
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Die konstruktive Ausführung des Spannungsmessers kann in mannigfaltiger
Weise geschehen. Ein Beispiel sei im folgenden erläutert Es wird eine Ecke gebildet,
bestehend aus den senkrecht zueinander stehenden Ebenen Ei, EZ und Es (s. isometrische
Fig. i). Die Ebenen werden beklebt mit Millimeterpapier, so daß die Koordinaten
aller Punkte im Raume leicht bestimmbar sind. Aus der Mitte der von Ei und EZ gebildeten
Schnittachse ragt eine Hohlröhre R (Fig. i) so hervor, daß ihr Endpunkt durch die
Projektionen Al, A2, A3 bestimmt ist, der als Knotenpunkt des räumlichen Kräftesystems
zu gelten hat. In der hohlen Röhre R befinden sich g bis 8 dünne Stahldrähte. Gewichte
sorgen dafür, daß die Stahldrähte, wie in Fig. 2 dargestellt, stets gespannt sind,
während Haken an den anderen Enden der Drähte vermeiden, daß sie gänzlich in die
Hohlröhre hineingezogen werden. Auf jeder der Ebenen El, E2, E3 sind ein oder mehrere
Lineale (Ll, LI, L2, L3) in folgender Art und Weise angeordnet: Sie sind drehbar
um die Punkte P1 bzw. P2 bzw. P3, und zwar nur in den betreffenden Ebenen E. Ein
derartiges Lineal kann die gesamte zugehörige EbeneE bestreichen und kann durch
eine verschiebbare Klemme (K) am Rande der Ebene festgestellt werden. Ein Läufer
(Fl, FI, F2, F3) ist auf dem Lineal verschiebbar, so daß durch die Drehung des Lineals
um seinen Drehpunkt und durch Verschiebung des Läufers jeder Punkt der Ebene eingestellt
werden kann. Am Läufer befindet sich eine Öse, die den einzustellenden Punkt der
Ebene genau markiert. Wird nun aus der Hohlröhre ein Stahldraht hervorgezogen und
mit seinem Haken in diese Öse eingehakt, dann liegt die Wirkungslinie einer Kraft
fest. Auf diese Weise werden die Wirkungslinien so festgelegt, die dem zu berechnenden
Fall entsprechen. Fig. i zeigt die drei gespannten Wirkungslinien von S1, SZ und
S..
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Handelt es sich nun darum, die Kugelachse senkrecht. zu der durch
zwei Wirkungslinien, z. B. Sl und S2, gebildeten Ebene zu stellen, so ist folgendes
zu beachten: Die Kugelachse ist durch eine Manschette M, wie Fig. 3 a und 3 b in
vergrößertem Maßstab zeigen, um die Hohlröhre drehbar. Fig. 3 a und 3 b zeigen die
Verbindung zwischen Hohlröhre und Kugelachse. Die Manschette M sitzt über dem Bund
B, gestattet der Kugelachse eine Ausschwenkeng in der Richtung der Pfeile von Fig.
3 b und ist durch die Klemmschraube (Schi, Fig.3b) feststellbar. Andererseits ist
die Kugelachse um D (Fig. 3a) im Sinne der in Fig. 3 a eingezeichneten Pfeile ausschwenkbar
und durch Klemmschraube (Säh2) feststellbar, so daß durch Kombination beider Ausschwenkungen
jede Lage im Raume, also auch die 'zu SZ und S3 senkrechte Lage, eingestellt werden
kann. Die Kugelachse K. A.
(Fig. i) ist vom Knotenpunkt des räumlichen Kräftesystems
aus nach beiden Seiten hin mit Millimeterteilung versehen und besitzt einen Zeiger
Z (Fig. i), der stets senkrecht zu ihr steht und dessen Fußpunkt auf der Millimeterteilung
der Kugelachse ein bestimmtes Maß markiert, wenn die Punkte G3 und GP auf die Kugelachse
gelotet werden. Die Punkte G$ und GP müssen als Durchdringungspunkte einer gedachten
Kugel gleiche Abstände vom Knotenpunkt haben, die zweckmäßig durch aufgeklemmte
Reiter bezeichnet werden. Die Stahldrähte Sl und SZ werden ausgehakt und verschwinden
in der Hohlröhre, sobald die Kugelachse senkrecht zu der von S1 und SZ gebildeten
Ebene eingestellt ist, damit sie für die weiteren Hantierungen nicht hinderlich
sind. Die auf der Kugelachse abgelesenen Maße werden in bekannter Weise in die Gleichung
eingesetzt, wodurch sich die Spannung des unbekannten Stabes ergibt.
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Die Stellen P1, P2, P3 sowie der Koordinatenursprung des räumlichen
Systems sind mit Haken versehen, so daß auch in diesem Punkte die Drähte eingehakt
werden können. Die dünne Hohlröhre R kann selbstverständlich selbst als Wirkungslinie
angesehen werden, wenn die Kraftrichtung mit ihr zusammenfällt.
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Die allgemeine Gebrauchsanweisung für den Spannungsmesser lautet also
i. Die Wirkungslinien der Stäbe so einstellen, wie es dem zu berechnenden Fall entspricht,
was durch eine Quadratteilung der Grundriß- und Aufrißebene erleichtert wird.
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2. Die Durchstoßpunkte der Wirkungslinien durch eine gedachte Einheitskugel
markieren, d. h. vom Knotenpunkt aus gleiche Stücke abteilen.
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3. Die Kugelachse senkrecht zu der von zwei Stäben gebildeten Ebene
(nicht den zu berechnenden Stab wählen) einstellen.
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q.. Die markierten Durchstoßpunkte der Stäbe, die nicht die in 3.
erwähnte Ebene bilden, auf die Skala der Kugelachse loten und am Fuß des verschiebbaren
Zeigers die sich ergehenden Streckenwerte ablesen.
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5. Die algebraische Summe aufstellen, woraus sich die Stabkraft bei
drei unbekannten Stäben direkt ergibt, oder das Verfahren sinngemäß mehrmals anwenden,
um soviel Gleichungen wie Unbekannte zu erhalten.