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Verfahren zur Durchführung unsymmetrischer Dreikohlenstoffkondensationen
Zusatz zum Patent: 1107 227 Die deutsche Patentschrift 945 927 beschreibt eine unsymmetrische
Dreikohlenstoffkondensation, welche in der Umsetzung von Malonester, Formaldehyd
und einem Acylaminomalonester bei erhöhter Temperatur besteht.
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Das deutsche Patent 1107 227 beschreibt eine Erweiterung des vorgenannten
Verfahrens, wonach an Stelle des Malonesters Carbonylverbindungen der allgemeinen
FormelI Acyl - CH2 - R (I) in welcher »Acyl« auch eine Carboxyl- oder Carbalkoxygruppe
und R eine zweite CH-acidifizierende Gruppe bedeutet, und an Stelle der Acylaminomalonester
eine Carbonylverbindung der allgemeinen Formel II
verwendet werden, in welcher »Acyl« die obengenannte Bedeutung hat und R' und R"
beliebige gleiche oder verschiedene Substituenten bedeuten, von denen mindestens
einer CH-acidifizierend wirkt.
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In Weiterentwicklung des Verfahrens des zuletzt genannten Patents
wurde nun gefunden, daß unsymmetrische Dreikohlenstoffkondensationen auch dann gelingen,
wenn man Carbonylverbindungen der allgemeinen Formel II verwendet, in welcher R"
= H ist.
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Dieses Ergebnis war insofern überraschend, als bisher kein Verfahren
bekanntgeworden ist, wonach sich zwei verschiedene methylenaktive Verbindungen mit
Formaldehyd in nennenswerter Ausbeute zu unsymmetrischen Kondensationsprodukten
umsetzen lassen. Es war vielmehr zu erwarten, daß der Aldehyd in einem Gemisch methylenaktiver
organischer Verbindungen vorzugsweise mit der reaktionsfähigeren unter Bildung einer
symmetrischen Verbindung reagieren würde. Bei vergleichbarer Reaktionsfähigkeit
der beiden methylenaktiven Komponenten wäre zwar nach der Statistik ein Gemisch
der beiden symmetrischen und der unsymmetrischen Verbindungen zu erwarten, wobei
jedoch die unsymmetrische Verbindung infolge ihrer gegenüber symmetrischen Kondensationsprodukten
stets besseren Löslichkeit und schlechteren Kristallisationstendenz thermodynamisch
benachteiligt ist (vgl. auch z. B. L. M e h r, E. Hecker, P. E. Spoerri, J. Am.
chem. Soc., Brd. 77, 984 [1955]; E. Knoevenagel, Liebigs Ann. Chem., Bd. 281, S.66
[1894D.
Aus diesen Gründen wurden unsymmetrische Verbindungen der allgemeinen Formel
bis jetzt stets im Zweistufenverfahren hergestellt, und zwar über das bei der Kondensation
des Aldehyds mit einer methylenaktiven Verbindung intermediär entstehende Olefin
der allgemeinen Formel
Für Fälle, in denen X Wasserstoff ist, ist auch dieses Verfahren nur in den seltensten
Fällen gangbar; man war daher bei Verwendung von Formaldehyd als Aldehydkomponente
auf Umwegreaktionen angewiesen, in welchen vorzugsweise Mercaptomethyl-, Chlormethyl-,
Aminomethyl- bzw. Amidomethylderivate der einen methylenaktiven Komponente mit der
anderen kondensiert wurden (F. Po P P e 15-dorf und S. J. H o l t, J. chem. Soc.,
[London] 1954, S. 4094; H. Hellmann, Angew. Chem., Bd. 65, S. 473 [1953]; H. Hellmann
und G. Ai -c h i n g er, Chemische Berichte, Bd. 92, S.2122 [1959]).
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Diese Zweistufenverfahren versagen aber in all den Fällen, in denen
die erwähnten Derivate nicht kondensationslähig oder infolge Instabilität gar nicht
faßbar sind.
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Aus der deutschen Patentschrift 725 843 ist die unsymmetrische Kondensation
von Acetessigester
einerseits und Derivaten der Cyanessigsäure andererseits
mit höheren Aldehyden bekannt. Das Verfahren ist jedoch auf die genannten Verbindungen
beschränkt. Der genannten Patentschrift ist nicht zu entnehmen, daß die Reaktion
in irgendeiner Weise verallgemeinerungsfähig ist. Keinesfalls läßt sich die Reaktion
auf Formaldehyd übertragen, da bekanntermaßen beim Versuch, Cyanessigester mit Formaldehyd
in Gegenwart sekundärer Amine (welche allein als Katalysator in der obengenannten
Patentschrift angeführt werden) zu kondensieren, Verharzung zu polymeren Produkten
eintritt (vgl.
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11. Hellmann und K. Seegmüller, Chemische Berichte, Bd. 90, S. 1363
[1957]).
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Überdies ist es nach heutigen Erkenntnissen zweifelhaft, ob die beschriebenen
Kondensationsprodukte tatsächlich offenkettig sind. Für einen Ringschluß durch intramolekulare
Aldoladdition als Ursache der glatten unsymmetrischen Kondensation spricht die Tatsache,
daß nach der deutschen Patentschrift 718 889 beim Behandeln mit Eisessig-Schwefelsäure
quantitativ unter Wasseraustritt das Dihydropyridinderivat gebildet wird. Nun ist
aber bekannt (vgl. zum Beispiel H. H e n e c k a, Chemie der B-Dicarbonylverbindungen,
Springer-Verlag, 1950, S. 260, Fußnote S. 264), daß der erste Schritt eines solchen
Ringschlusses bereits im schwach basischen Medium, welches eine aldolartige Reaktion
bewirkt abläuft und die danach angewandte Säure nur noch dehydratisierend wirkt.
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Ungeachtet dieser noch offenen Frage hinsichtlich der Struktur der
beschriebenen und durchweg zum basisch katalysierten Ringschluß befähigten Verbindungen
besteht kein innerer Zusammenhang zwischen dem Verfahren der genannten Patentschrift
und der hier in Rede stehenden Erfindung, da ertindungsgemäß der eine Sonderstellung
einnehmende Formaldehyd Verwendung findet und die beiden methylenaktiven Verbindungen
bestimmte Forderungen erfüllen müssen, welche gänzlich verschieden von der Lehre
des deutschen Patentes 725 843 sind.
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Voraussetzung für unsymmetrische Dreikohlenstoffkondensationen gemäß
vorliegender Erfindung ist, daß die Gesamtazidität (CH- und Enolazidität) der beiden
Reaktionskomponenten von vergleichbarer Größenordnung ist, da nur dann beide Partner
reaktionsbereite Anionen bilden. Zum Vergleich der Gesamtazidität eignet sich der
p-Wert (vgl. zum Beispiel Tabelle methylenaktiver Verbindungen in R. G. Pearson
und R. L. Dillon, J. Am. chem. Soc., Bd. 75, 5. 2439 [1953]). Die pK-Werte sollten
sich um nicht mehr als 105 unterscheiden (z. B. Dibenzoylmethan-Malonester, zugehörige
pw-Werte 109 und 10-14).
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Ferner sind die Ausbeuten an unsymmetrischem Kondensationsprodukt
um so besser, je unterschiedlicher die Nucleophilie der reaktionsbereiten Anionen
ist. Dabei ist die Nucleophilie um so größer, je kleiner der elektromere Effekt
der acidifizierenden Gruppen ist. Die Nucleophilie (zur Abstufung der Anionnucleophilien
vgl. zum Beispiel H.Hellmann und G.Opitz, Angewandte Chemie Bd. 521, S. 111 [1936])
läßt sich also auf Grund der von F. A r n d t (Liebigs Ann. Chem., Bd. 521, S. 111
[1936]) aufgestellten Reihe für den elektromeren Effekt abschätzen.
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Folgende Beispiele sollen die herrschenden Verhältnisse näher darlegen:
Als Reaktionspartner für Dibenzoylmethan oder Acetylaceton, deren Anionen infolge
großen elektromeren Effekts geringe Nucleophilie aufweisen, kommen vorzugsweise
Verbindungen in Betracht, deren Substituenten einen geringeren elektromeren Effekt
aufweisen, also z. B. Acetessigester, Malonester, Nitroessigester, Nicotinoyl- und
Isonicotinoylessigester, Phenacylpyridiniumsalze, a-Acylaminoacetophenon, Methylen-bis-sulfanilid,
B-Disulfone.
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Keine Kondensation erfolgt dagegen z. B. mit Dimedon, Dihydroresorcin
oder Barbitursäure u. ä., da deren Azidität zu groß ist; ebenfalls nicht mit Desoxybenzoin,
Acetophenol, p-Nitrophenylessigester, Acetursäuremethylester, da die Azidität der
zuletzt genannten Verbindungen zu gering ist.
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Die Umsetzungen erfolgen zweckmäßig in siedendem Toluol, Benzol,
oder Alkohol als Lösungsmittel und mit sekundären oder insbesondere tertiären Aminen,
wie z. B. Triäthylamin als Kondensationsmittel. Die Kondensationen gelingen jedoch
auch mit Alkalihydroxyden oder -carbonaten.
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Das Lösungsmittel muß vor allem so gewählt werden, daß nicht eine
schwerlösliche symmetrische Verbindung während der Reaktion ausfällt, wie es z.
B. bei Methylen-bis-dibenzoylmethan in Methanol der Fall ist, da sonst das Gleichgewicht
zugunsten dieser Verbindungen verschoben wird.
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Die Aufarbeitung des Reaktionsguts, insbesondere die Abtrennung geringer
Mengen symmetrischer Verbindungen erfolgt zweckmäßig bei schwach saurem plw-Wert
in Methanol, Äther oder Benzol.
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Animpfen der Lösungen ist zweckmäßig, da sonst die Kristallisation
oft hartnäckig verzögert wird.
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Die Ausbeuten nach diesem Verfahren betragen 40 bis 900in der Theorie.
Sie lassen sich dadurch erhöhen, daß die als Nebenprodukt entstehenden symmetrischen
Verbindungen im nächsten Ansatz wieder eingesetzt werden. Sie reagieren dann unter
Umkondensation z. B. gemäß folgendem Formelschema:
Die erfindungsgemäß erhaltenen neuen tetrasubstituierten Propanderivate
sind meist weiße feinkristalline Pulver. Sie sind vielfacher Abwandlungen und weiterer
Reaktionen fähig, wie z. B. Keton-und Säureabspaltung, Reduktion, Decarboxylierung,
Nitrosierung und anschließende Hydrolyse oder Reduktion, Umsetzung mit Hydrazin-,
Hydroxylamin-, Harnstoff-, Guanidinderivaten zu Heterocyclen. Sie stellen wertvolle
Zwischenprodukte für die Synthese von Arzneimitteln dar.
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Beispiel 1 2,2 g (10 mMol) Dibenzoylmethan, 2,0 g (10 mMol) Bis-äthylsulfonylmethan
und 0,3 g (10 mMol) Paraformaldehyd wurden in 10 ccm Toluol zum Sieden erhitzt und
1 Tropfen Triäthylamin zugesetzt. Es erfolgte rasch reichliche Wasserabscheidung.
Nach 20Minuten Rückflußkochen wurde das Lösungsmittel abgezogen und das zurückbleibende
helle 01 in Methanol aufgenommen. Nach längerem Kühlen und anschließendem Erwärmen
des abgeschiedenen harzartigen Rückstands trat spontan Kristallisation ein. F. =
122 bis 126°C; Ausbeute 3,8 g 1,1-Diäthylsulfonyl-3,3-dibenzoylpropan (88 °/o der
Theorie).
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Zur Analyse wurde aus Athanol-Petroläther umkristallisiert. F. 130
bis 132"C.
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Analyse: C21H2406S2 (436,4).
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Berechnet ... C 57,8, H 5,5, S 14,7; gefunden ... C 58,1, H 5,4,
S 14,5.
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Beispiel 2 2,2 g (10 mMol) Dibenzoylmethan, 1,55 g (l2mMol) Malonsäuredimethylester
und 0,36 g (12 mMol) Paraformaldehyd wurden unter -Zusatz von 1 Tropfen Triäthylamin
2 Stunden unter Rückfluß gekocht, wobei rasch Wasserabscheidung eintrat. Nach Abziehen
des Lösungsmittels im Vakuum wurde durch Auskochen mit Methanol Methylen-bis-dibenzoylmethan
abgeschieden. Aus dem Filtrat kristallisierte das unsymmetrische Produkt in kurzen
Nadeln.
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Schmelzpunkt nach Umkristallisieren aus Methanol: 125 bis 128"C. Ausbeute
1,9 g l,l-Dicarbomethoxy-3,3-dibenzoylpropan (530/0 der Theorie).
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Analyse: C21H2006 (368,4).
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Berechnet ... C 68,5, H 5,5; gefunden . . C 68,4, H 5,5.
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Beispiel 3 2,2 g (10 mMol) Dibenzoylmethan, 1,0 g (10 mMol) Acetylaceton
und 0,3 g (10 mMol) Paraformaldehyd wurden in 10 cm Toluol zum Sieden erhitzt und
1 Tropfen Triäthylamin zugesetzt. Nach 1 Stunde Rückfiußkochen und Abdestillieren
des Lösungsmittels im Vakuum wurde durch Kochen mit Methanol Methylen-bis-dibenzoylmethan
abgetrennt, worauf aus der erkaltenden Lösung das l,l-Diacetyl-3,3-dibenzoylpropan
auskristallisierte; F.= 126 bis 127"C. Ausbeute 48% der Theorie.
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Analyse: C21H2004 (336,4).
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Berechnet ... C 74,98, H 5,99; gefunden . . C 75,46, H 5,94.
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Beispiel 4 2,35 g Benzoylacetanilid, 0,3 g Paraformaldehyd und 2,0
g BisXäthylsulfonyl)-methan wurden mit 1 Tropfen Triäthylamin in 10 ccm Toluol 40
Minuten am Rückfluß gekocht. Beim Abkühlen erfolgte spontane Kristallisation, die
durch Zusatz von Ather vervollständigt wurde. Beim Kochen des Niederschlags mit
Benzol blieben 0,9g (370/0 der Theorie) Methylen-bis-benzoylacetanilid zurück. Aus
der Lösung kristallisierten als erste Fraktion 0,8 g (39°/0 der Theorie) 1,1 ,3,3-Tetra-bis-äthylsulfonylpropan.
Die aus der Mutterlauge sich abscheidende Schmiere lieferte beim Aufkochen 1,7 g
(38°/o der Theorie) an kristallisiertem unsymmetrischem Kondensationsprodukt; F.
des A,#-Bis-(äthylsulfonylS äthyl-benzoylacetanilids 145,5 bis 146°C(aus Benzol).
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Analyse: CuHNO6S2 (451,4).
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Berechnet... C 55,87, H 5,58, N 3,10, S 14,18; gefunden ... C 56,22,
H 5,41, N 3,25, S13,93.
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BeispielS 0,8 g (5 mMol) Benzoylaceton, 1,5 g (5 mMol) Bisphenylsulfonylmethan
und 0,15 g (5 mMol) Paraformaldehyd wurden mit 1 Tropfen Triäthylamin und 10 ccm
Toluol 25 Minuten unter Rückfiuß gekocht. Nach Abdestillieren des Lösungsmittels
und Versetzen mit etwas Äthanol erstarrte der Rückstand im Exsikkator zu einer glasigen
Masse aus I-Benzoyl-l -acetyl-3,3-diphenylsulfonylpropan, die bei 40"C erweichte.
Kristallisation konnte nicht erreicht werden, jedoch entstand ein gut kristallisiertes
Dinitrophenylhydrazon mit sehr unscharfem Schmelzpunkt um 130"C.
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Beispiel 6 Der wie unter Beispiel 1 behandelte 5-mMolansatz von Dibenzoylmethan,
Paraformaldehyd und Bis-(phenylsulfonyl)-methan lieferte mit 90% der Theorie Ausbeute
das 1,1 -Dibenzoyl-3,3-bis-(phenylsulfonyl)-propan. F. 165 bis 169"C.
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Analyse: C29H2406S2 (532).
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Berechnet ... C 65,4, H 4,5, S 12,0; gefunden . . C 65,4, H 4,7,
S 12,1.
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Beispiel 7 Der wie unter Beispiel 1 behandelte 5-mMolansatz von Acetylaceton,
Paraformaldehyd und Bis-(phenylsulfonyl)-methan lieferte in 870/0 Ausbeute das 1,
1 - Diacetyl -3,3- bis - (phenylsulfonyl) - propan vom F. = 126 bis 132°C.
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Analyse: C19H2006S2 (408).
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Berechnet ... C 55,9, H 4,9, S 15,7; gefunden . . C 55,9, H 5,0,
S 15,5.
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Beispiel 8 1,93 g Isonicotinoyl-essigsäureäthylester, 0,3 g Paraformaldehyd
und 2,2 g Dibenzoylmethan werden in 15 ccm Toluol 4 Stunden unter Rückfluß gekocht.
Nach
Abziehen des Lösungsmittels und mehrmaligem Digerieren des Rückstands mit warmem
Äthanol bleiben 0,45 g Methylen-bis-dibenzoylmethan zurück. Aus dem äthanolischen
Extrakt kristallisiert bei guter Kühlung 2-Benzoyl-4-carbäthoxy-5-(y-pyridyl)-l
-phenyl-pentandion-(1,5) in schönen Nadeln. Ausbeute 2,1 g (50010 der Theorie).
F. = 112 bis 113"C Analyse: C26H23NO5 (429,5).
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Berechnet . . C 72,71, H 5,40, N 3,26; gefunden ... C 73,10, H 5,58,
N 3,25.