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Wie verändert sich die Sicht auf einen Film, wenn man ihn als „deutsch-türkisches Kino“ klassifiziert? Und wie lässt er sich verstehen, wenn man seine Bilder stattdessen als Produkte eines Filmesehens auffasst? Der Begriff des... more
Wie verändert sich die Sicht auf einen Film, wenn man ihn als „deutsch-türkisches Kino“ klassifiziert? Und wie lässt er sich verstehen, wenn man seine Bilder stattdessen als Produkte eines Filmesehens auffasst?
Der Begriff des „deutsch-türkischen Kinos“ bezieht Diskurse um Migration und Integration auf eine Praxis der audiovisuellen Bildproduktion. Er tut dies jedoch einseitig und folgt dabei einer repräsentationalen Logik, die die Filme eher einengt als ihr politisches Potential zu erschließen. Die Ausgangsthese dieses Buches lautet, dass man dieses Potential an anderer Stelle suchen muss: in der Art und Weise, wie filmische Bilder sich auf eine audiovisuelle Kultur beziehen und sich zu dieser positionieren. Es ist dieser Bezug des Filmemachens auf ein Filmesehen, den wir in den Gesprächen mit Filmemacher*innen, die üblicherweise dem „deutsch-türkischen Kino“ zugerechnet werden, in den Mittelpunkt stellen. Ergänzt werden die Gespräche durch detaillierte Filmanalysen und theoretische Reflexionen.
Das Ergebnis ist eine radikale Neuausrichtung der Art und Weise, wie das „deutsch-türkische Kino“ in den Blick kommt: als eine Praxis des filmischen Denkens, die das Verhältnis zwischen dem Politischen und dem Ästhetischen in Bewegung versetzt.
Many claim that political deliberation has become exceedingly affective, and hence, destabilizing. The authors of this book revisit that assumption. While recognizing that significant changes are occurring, these authors also point out... more
Many claim that political deliberation has become exceedingly affective, and hence, destabilizing. The authors of this book revisit that assumption. While recognizing that significant changes are occurring, these authors also point out the limitations of turning to contemporary democratic theory to understand and unpack these shifts. They propose, instead, to reframe this debate by deploying the analytic framework of affective societies, which highlights how affect and emotion are present in all aspects of the social. What changes over time and place are the modes and calibrations of affective and emotional registers. With this line of thinking, the authors are able to gesture towards a new outline of the political.
Research Interests:
English: How are the movie screen and the emotions of the audience linked? And how can we write a history of this connection? This monograph tries to answer these questions by conceptualizing the film historical period of the New... more
English:
How are the movie screen and the emotions of the audience linked? And how can we write a history of this connection? This monograph tries to answer these questions by conceptualizing the film historical period of the New Hollywood as a moment of crisis which can neither be reduced to economic processes of adaptation nor to a canon of masterpieces. Rather, the detailed analysis of representative films makes visible the power of cinematic images to affect their viewers, that is: to confront them with the new. The films of the New Hollywood re-gauge the field of the old poetic divisions – as manifest in the classical genre system – and thereby irrevocably change the way moviegoers are affectively involved in the cinema. The book describes a complex interplay between three modes of affectivity – suspense, paranoia, and melancholy – which, each in its own way, entangle viewers in the contradictions of their affective relations with the world. On this theoretical basis the book devises a new conception of film history: as a history of feeling which can be rewritten up unto the present day.

Deutsch:
Woran bindet sich die Emotion des Zuschauers im Kino? Und wie lässt sich eine Geschichte dieser Bindung schreiben? Mit Blick auf diese Fragen konzipiert die Arbeit die filmhistorische Periode des New Hollywood als einen Moment der Krise, der sich weder auf ökonomisch bedingte Anpassungsprozesse noch auf eine Ansammlung von Meisterwerken reduzieren lässt. Vielmehr gelangt in der detaillierten Analyse repräsentativer Filme die Kraft filmischer Bilder in den Blick, ihre Zuschauer zu affizieren: sie mit dem Neuen zu konfrontieren. Die Filme des New Hollywood vermessen das Feld der alten poetischen Einteilungen – wie es sich im klassischen Genresystem manifestiert - radikal neu und verändern dadurch die Art und Weise, wie die Zuschauer im Kino affektiv adressiert werden. Die Arbeit beschreibt ein komplexes Zusammenspiel dreier filmischer Modi von Affektivität – Suspense, Paranoia und Melancholie – welche die Zuschauer auf je besondere Weise in die Widersprüche ihrer emotionalen Weltbezüge verwickeln. Auf dieser theoretischen Grundlage entwirft die Arbeit das Projekt einer Neukonzeption von Filmgeschichte: als eine Geschichte des Fühlens, die sich bis in die Gegenwart neu schreiben lässt.
Research Interests:
Drawing on Michel de Certeau, Hauke Lehmann claims that the ‘ordinary man’ or ‘common hero’ is a paradigmatic figuration of the cinema audience: an anonymous plurality of no-one-in-particulars, in whose aesthetic experience the worldwide... more
Drawing on Michel de Certeau, Hauke Lehmann claims that the ‘ordinary man’ or ‘common hero’ is a paradigmatic figuration of the cinema audience: an anonymous plurality of no-one-in-particulars, in whose aesthetic experience the worldwide circulation of audio-visual images becomes concretely embodied. Lehmann contends that understanding the cinema audience in this way opens up a pathway of thinking about how the cinema conceives of the possibility of community. In an attempt to link film studies and social sciences, Lehmann’s chapter responds to anthropologist Vered Amit’s notion of ‘watchful indifference’. It explores how the idea of appropriating a given way of structuring space can be linked to the realm of aesthetic experience, more precisely: to the experience of cinematic images. Lehmann starts his investigation by analysing an example from the film "Kebab Connection" (Anno Saul 2004). On this basis, he then engages with the question in what way appropriation can contribute to creating what Richard Rorty calls a ‘sense of commonality’. Finally, having established that link, Lehmann returns to the domain of the social and poses the question how the aesthetic modulation of commonality might affect the project of ‘staying apart together’ (Amit).
Wie fühlt es sich an, eine Grenze zu überschreiten? Ist das überhaupt eine Frage nach Migration? Nehmen wir für einen Moment an, es sei eine. Es erschiene dann relativ wichtig, festzustellen, dass unsere Vorstellungen von Migration durch... more
Wie fühlt es sich an, eine Grenze zu überschreiten? Ist das überhaupt eine Frage nach Migration? Nehmen wir für einen Moment an, es sei eine. Es erschiene dann relativ wichtig, festzustellen, dass unsere Vorstellungen von Migration durch und durch medial vermittelt sind. Das ist nicht nur der Fall für jene von »uns«, die nicht selbst aus- oder eingewandert sind, sondern auch für jene, die das sehr wohl von sich sagen können. Die Geschichte der Migration ist eng verknüpft mit der Wanderung von Bildern und Tönen: Für jene, die ihr Zuhause verlassen haben, wurde Heimat zu einem Gemisch aus auf Mixtapes aufgenommener Musik, aus vergilbten Fotos und aus alten Filmen, die man als VHS-Kassetten aus der Videothek um die Ecke ausleihen konnte. Aber was bedeutet es, das zu sagen: Heimat wird zu einem medialen Reservoir an Bildern und Gefühlen? Und was hat das mit dem Überschreiten von Grenzen zu tun? Genauer: wie wird das Überschreiten von Grenzen zu einem Gefühl, auf das man zugreifen kann und das es – so unsere Hypothese – überhaupt erst ermöglicht, Vorstellungen von Migration zu entwickeln?
Marketa Lazarová gleicht einer Meditation mit den Mitteln des Kinos: der Akt des Anschauens versenkt den Zuschauer in einen Zustand, welcher das schutzlose Ausgeliefertsein der Unschuld in einer Welt voller Gewalt als eine ästhetische... more
Marketa Lazarová gleicht einer Meditation mit den Mitteln des Kinos: der Akt des Anschauens versenkt den Zuschauer in einen Zustand, welcher das schutzlose Ausgeliefertsein der Unschuld in einer Welt voller Gewalt als eine ästhetische Erfahrung figuriert: als die Erfahrung, sich in der Fremde zu verlieren. Und wie der Film das Bild dieser Unschuld nicht unberührt lässt, aber durch diese Welt hindurchführt, so erlebt der Zuschauer den Durchgang durch den Film als Weg von einem absoluten Verlorensein hin zu einer Art labilem Gleichgewicht. Der Film formuliert darin ein Bild der Selbstbehauptung, vielleicht sogar der Hoffnung angesichts großer Ungewissheit in historischen Umwälzungsprozessen.
Im Jahr 1967 besaß die Frage danach, ob und inwieweit Veränderung in der Geschichte möglich ist und wie sie sich auswirkt, für viele Tschechoslowaken eine äußerst konkrete, nahezu fühlbare Relevanz. Diese Frage meinte in einem bestimmten Sinn jeden Einzelnen – insofern sie sich nämlich als Frage nach der Möglichkeit freier Meinungsäußerung, d.h. nach der Möglichkeit von Teilhabe an öffentlicher Debatte, formulierte. Der gesellschaftliche Wandlungsprozess der 1960er Jahre hatte neben einem wirtschaftspolitischen Aspekt auch und sehr prominent eine Dimension, die das betraf, was man mit Jacques Rancière die «Aufteilung des Sinnlichen»  nennen könnte: die Ordnung dessen, was in den Raum der öffentlichen Auseinandersetzung Zutritt findet, und auf welche Weise es dort zur Erscheinung kommt.
Aus Hermann Kappelhoffs gemeinsam mit Doris Kolesch gehaltener Vorlesung des Wintersemesters 2004/2005 zur »Kulturgeschichte der Gefühle« ist mir eine Idee stärker im Kopf hängengeblieben als alle anderen: die Idee, dass sich in nahezu... more
Aus Hermann Kappelhoffs gemeinsam mit Doris Kolesch gehaltener Vorlesung des Wintersemesters 2004/2005 zur »Kulturgeschichte der Gefühle« ist mir eine Idee stärker im Kopf hängengeblieben als alle anderen: die Idee, dass sich in nahezu jedem klassischen Hollywood-Melodram ein »Fenster« zum Horrorfilm öffne. Es gebe also eine Szene oder einen Moment, in dem die sentimentale Phantasie, die Sehnsucht nach Verschmelzung durch ihr Gegenteil, die Angstphantasie, überlagert und ersetzt werde.
Faszinierend an diesem Gedanken waren für mich weder die psychoanalytischen oder affekttheoretischen Implikationen, sondern zunächst allein dieses Bild eines Fensters, durch das sich der Blick auf eine andere Welt öffnet, die jedoch im Universum des melodramatischen Geschehens gleichsam eingefaltet ist – eine räumliche Konstruktion, wie sie z.B. in David Lynchs INLAND EMPIRE (USA 2006) verwirklicht worden ist: Die Vielzahl der Verschachtelungen, Durchgänge und Zwischenräume dieses Films lassen im Kopf des Zuschauers einen Raum der Imagination entstehen, der keine Entsprechung mehr auf der Leinwand im Kino findet, sondern in all seiner Abstraktion auf der konkreten, durchlebten Zeit des Zusehens basiert.
The term “audiovisual dramaturgy of affect” designates a theoretical model to analyze the compositional structures of audiovisual movement-images with regard to strategies, means, and patterns of affectively engaging spectators. The model... more
The term “audiovisual dramaturgy of affect” designates a theoretical model to analyze the compositional structures of audiovisual movement-images with regard to strategies, means, and patterns of affectively engaging spectators. The model makes it possible to accomplish this analysis in an empirical manner that can be reproduced among different researchers. This approach enables a comparative and system-based analysis for researching large corpora of audiovisual images ranging from fiction films to TV news and web-videos. The method corresponding to the model – called eMAEX (electronically based media analysis of expressive-movement-images) – was developed in the context of researching classical Hollywood war films and has since then been continuously refined.
We will first provide a short overview of the practical process before elaborating on the theoretical background of the model. After that, we will carefully break down every step of the process into details before discussing possibilities of adapting the method to different subjects of study.
The term "poetics of affect" originates in the Aristotelian theory of tragedy, understood as a founding document of poetical thinking. It describes the manner in which a given work of art-in this chapter, we shall be concerned with... more
The term "poetics of affect" originates in the Aristotelian theory of tragedy, understood as a founding document of poetical thinking. It describes the manner in which a given work of art-in this chapter, we shall be concerned with cinematic images-structures the affective involvement of its audience. Aristotle's concept of catharsis (1953) informs perhaps the most prominent model of modulating affects by means of media. It differs from other artistic means of emotionalizing in that it implies a specific dynamics of affect.
Als Juraj Herz im August 1968 seinen Film "spalovač mrtvol" - im Folgenden "der leichenverbrenner" - drehte, marschierten die Truppen des Warschauer Pakts in der damaligen Tschechoslowakei ein; ein Ereignis, das die Dreharbeiten... more
Als Juraj Herz im August 1968 seinen Film "spalovač mrtvol" - im Folgenden "der leichenverbrenner" - drehte, marschierten die Truppen des Warschauer Pakts in der damaligen Tschechoslowakei ein; ein Ereignis, das die Dreharbeiten unterbrach: viele Innenaufnahmen waren noch nicht fertiggestellt und der Hauptdarsteller, Rudolf Hrušínský, tauchte für einige Zeit unter. Der Einmarsch war auch ein Ereignis, das Herz in seinen Film integrieren wollte, obwohl dessen Plot 30 Jahre früher angesiedelt ist. Es drängt sich die Frage auf: Welcher Art ist die Verbindung des Films zur Geschichte, dass es möglich schien, semi-dokumentarische Bilder in seine doch vermeintlich klar als fiktional erkennbare Welt einzufügen? Diese Frage möchte ich zum Anlass für einige Erörterungen nehmen, die das Verhältnis zwischen historischer und ästhetischer Erfahrung betreffen. Ich glaube, dass eine Einsicht in dieses Verhältnis hilfreich sein kann, um die aktuelle Relevanz der poetischen und politischen Umwälzungen von 1968 einzuschätzen. Meine Erörterungen werden sich einerseits um die Frage drehen, ob sich dieses Verhältnis mit Hilfe zweier Begriffe denken lässt: nämlich mit dem Begriff der Banalität, wie er durch Hannah Arendt in ihrem 1964 auf Deutsch erschienenen Buch Eichmann in Jerusalem geprägt worden ist, und mit Bachtins Begriff des Grotesken. Andererseits und etwas konkreter wird es um das Problem gehen, wie das eine - die historische Erfahrung - ins andere - die ästhetische Erfahrung - übergehen kann.
The concept of affective economy emphasizes that a political community negotiates its terms of agreement and its conventions through mediatized processes of affecting and being affected, regarded as forms of exchange and circulation. The... more
The concept of affective economy emphasizes that a political community negotiates its terms of agreement and its conventions through mediatized processes of affecting and being affected, regarded as forms of exchange and circulation. The term has attracted interest in affect studies over recent years, especially following the writings of Sara Ahmed. This chapter proposes a reconceptualization towards media theory and aesthetics, building on Marx’ distinction between exchange-value and use-value. Taking the example of Philip Scheffner’s film Havarie, we investigate how audiovisual images and other works of art intervene into the political economies of affective societies.
The essay deals with the so-called “Turkish-German cinema”. Through the analysis of concrete examples, it discusses the role of affect in conceptualizing the link between the dimension of the political and the realm of audiovisual images.... more
The essay deals with the so-called “Turkish-German cinema”. Through the analysis of concrete examples, it discusses the role of affect in conceptualizing the link between the dimension of the political and the realm of audiovisual images. Arguing against the framework of identity politics, it proposes an approach that understands the political as designating the conditions and conflicts that constitute a political community. It lays out the first building blocks for an approach that looks to concepts of affective experience and generic relationality in order to better conceptualize the political relevance of cinematic images.
This essay elucidates the complex relation between knowledge and time in cinematic suspense. Building on a close analysis of David Fincher’s GONE GIRL (USA 2014), I distinguish suspense from a fear of the unknown and argue that, with... more
This essay elucidates the complex relation between knowledge and time in cinematic suspense. Building on a close analysis of David Fincher’s GONE GIRL (USA 2014), I distinguish suspense from a fear of the unknown and argue that, with respect to film, we cannot conceive of knowledge as a fixed unit of information, but must take into account how it is formed and transformed over the duration of the cinematic image. The essay situates the fascinating character of suspense within cinema’s ongoing relationship with psychoanalysis and discusses its implications for a theory of film experience that emphasizes the affective involvement of spectators. On this basis, I describe fascination as an aesthetic pleasure reflecting the instability of one’s own subject position.
Dieser Artikel behandelt den Aspekt der Zeitlichkeit als Bedingung der Möglichkeit filmischer Bilder. Es wird davon ausgegangen, dass filmische Bilder nur in der spezifischen Art und Weise ihrer zeitlichen Entfaltung der Wahrnehmung von... more
Dieser Artikel behandelt den Aspekt der Zeitlichkeit als Bedingung der Möglichkeit filmischer Bilder. Es wird davon ausgegangen, dass filmische Bilder nur in der spezifischen Art und Weise ihrer zeitlichen Entfaltung der Wahrnehmung von Zuschauern zugänglich sind. Auf dieser Grundlage beschreibt der Artikel zwei Dimensionen filmischer Zeitlichkeit im Akt der Filmwahrnehmung – die von Zuschauern zu durchlaufende Dramaturgie eines Films und die Konstruktion filmischer Zeitverhältnisse – sowie ihr Verhältnis zueinander.
The essay starts by identifying some basic problems in the research on the so-called “Turkish-German cinema”: 1. The current research is dominated by a representational understanding of the cinematic image. This kind of understanding... more
The essay starts by identifying some basic problems in the research on the so-called “Turkish-German cinema”: 1. The current research is dominated by a representational understanding of the cinematic image. This kind of understanding produces false conclusions regarding the relation between cinematic images and social reality. 2. The “Turkish-German cinema” has mainly been treated as a genre, only that this assumption has not been problematized or grounded in theory.
On the basis of this diagnosis the essay develops a conceptual perspective which aims at realigning the relation between migration discourses and audiovisual media production, proceeding from an analysis of the films themselves (exemplified here by a close analysis of Almanya – Welcome to Germany). This project works along two lines: the methodological line aims at closely analyzing cinematic form with regard to its expressive dimension. The theoretical line understands cinematic images as appropriations of globally circulating forms and patterns. This dimension of audiovisual discursivity has to be reconstructed analytically before the films can be read as negotiations of cultural identity.
Der Aufsatz widmet sich zunächst dem Forschungsstand zum deutsch-türkischen Kino und identifiziert zwei grundsätzliche Schwierigkeiten: 1. Im gegenwärtigen Forschungsdiskurs herrscht ein repräsentationales Verständnis des filmischen... more
Der Aufsatz widmet sich zunächst dem Forschungsstand zum deutsch-türkischen Kino und identifiziert zwei grundsätzliche Schwierigkeiten: 1. Im gegenwärtigen Forschungsdiskurs herrscht ein repräsentationales Verständnis des filmischen Bildes vor. Dieses Verständnis produziert Kurzschlüsse bezüglich des Verhältnisses filmischer Bilder zur sozialen Wirklichkeit. 2. Das deutsch-türkische Kino ist in der Forschung überwiegend als Genre behandelt worden, ohne dass diese Konzeptualisierung theoretisch problematisiert oder fundiert worden wäre. Von diesen zwei Ansatzpunkten ausgehend wird eine konzeptuelle Perspektive entworfen, welche darauf abzielt, das Verhältnis zwischen Migrationsdiskurs und audiovisueller Medienproduktion theoretisch neu zu justieren. Dieses Vorhaben wird anhand zweier Fluchtlinien entwickelt: die eine ist methodologischer Natur und zielt auf eine detaillierte Analyse filmischer Form mit Blick auf ihre expressive Dimension. Die andere ist theoretischer Natur und begreift filmische Bilder als Aneignungen global zirkulierender Formen und Muster. Diese Dimension audiovisueller Diskursivität ist an den Bildern zu rekonstruieren, bevor man sie als Verhandlungen kultureller Identität lesen kann.
From the point of view of the paranoid, the tiniest of aberrations can harbor the potential for catastrophe. Clear examples of this principle can be found in New Hollywood films like THE CONVERSATION (Francis Ford Coppola, USA 1974),... more
From the point of view of the paranoid, the tiniest of aberrations can harbor the potential for catastrophe. Clear examples of this principle can be found in New Hollywood films like THE CONVERSATION (Francis Ford Coppola, USA 1974), where it is the shifting intonation of a single word that makes all the difference in uncovering a conspiracy. The fragmentary montage of the “paranoid style” (Richard Hofstadter) is constantly on the verge of isolating an ominous detail that would be capable of disrupting the fabric of consensual reality, with paranoid thinking hesitating “between the suspicion that the truth is wholly obscured by the visible, and the equally disturbing sense that the truth may be a sinister, invisible design in the visible” (Leo Bersani). In the quest for truth, the paranoid seeks to break through the opaque surface of the blown-up image, looking for proof in smoke, speckles of dirt, and finally the film grain itself (the paradigm for this being the Zapruder film).
In recent years, and especially after 9/11, this paranoid style in American cinema has reached new levels of complexity. In this essay I explore the ways how in ZERO DARK THIRTY (Kathryn Bigelow, USA 2012) the role of the singular deviation is interpreted. The attack on the World Trade Center sets in motion a frenzied search for a single clue regarding Bin Laden’s hide-out. The cinematic image itself is the site where the devastating effects of this frenzy can be experienced by the spectator whose very perception and cognition are "stylized" by the way ZERO DARK THIRTY creates its world of temporal and physical torture.
By closely analyzing the final sequence of Robert Altman’s MCCABE & MRS. MILLER (USA 1971), the article explores a mode of affectivity that is of central importance to the historical period of the New Hollywood: the mode of melancholy.... more
By closely analyzing the final sequence of Robert Altman’s MCCABE & MRS. MILLER (USA 1971), the article explores a mode of affectivity that is of central importance to the historical period of the New Hollywood: the mode of melancholy. This mode is characterized by a specific temporality of the filmic image that expresses itself in the process of »becoming-texture«. The film stages a complex interplay between various textures such as rain, mud, snow, and fire that modulates the spectator’s affective involvement into the unfolding of the film’s temporal structure. By probing this specific kind of involvement, the article provides a building block for reconceptualizing film history as a history of feeling.

Der Beitrag untersucht anhand einer detaillierten Analyse der Schlusssequenz von Robert Altmans MCCABE & MRS. MILLER (USA 1971) einen affektiven Modus, der für das New Hollywood-Kino von zentraler Bedeutung ist: den Modus der Melancholie. Dieser Modus zeichnet sich durch eine spezifische Zeitlichkeit aus, die sich im Prozess eines „Textur-Werdens“ ausdrückt. Der Film inszeniert ein komplexes Zusammenspiel zwischen verschiedenen Texturen von Regen, Schlamm, Schnee und Feuer, das Art und Weise, in der die Zuschauer affektiv in die Entfaltung der zeitlichen Struktur des Films involviert werden, moduliert. Der Beitrag will so einen Grundstein zu einem neuen Verständnis der Filmgeschichte als einer Geschichte des Fühlens legen.
Spätestens seit 2001: A SPACE ODYSSEY (Stanley Kubrick, USA 1969) ist die Analogie zwischen drogeninduzierten Ausnahmezuständen – Trips – und der Filmerfahrung populär-kulturelles Gemeingut. Dieser Vergleich leitet sich seinerseits her... more
Spätestens seit 2001: A SPACE ODYSSEY (Stanley Kubrick, USA 1969) ist die Analogie zwischen drogeninduzierten Ausnahmezuständen – Trips – und der Filmerfahrung populär-kulturelles Gemeingut. Dieser Vergleich leitet sich seinerseits her aus einer der Gründungsfiguren klassischer Filmtheorie: der Parallele zwischen Film und Gehirn. So bezeichnet etwa Jean Epstein die Kamera als „metallenes Gehirn“, insofern sie als Teil des filmischen Apparats fähig ist, die Welt aufzunehmen und wiederzugeben – und dadurch zu transformieren.
Ihre wohl gründlichste Ausarbeitung hat diese Idee einer Neuzusammensetzung der Welt in den Kinobüchern Gilles Deleuzes erfahren. Wenn Deleuze schreibt: „Das Gehirn ist die Leinwand.“, dann dient ihm die Biologie des Gehirns in direkter Weise als Modell: „Das Denken ist molekular, es gibt molekulare Geschwindigkeiten, die die langsamen Wesen, die wir sind, zusammensetzen. […] Die zerebralen Kreisläufe und Verkettungen existieren nicht vor den Reizen, Korpuskeln oder Körpern, die sie vorzeichnen. Das Kino ist kein Theater, es setzt die Körper aus Körnern zusammen.“ Dieses Modell eines frei flottierenden Denkens, das nicht an die Beschränkungen einer apriorischen Subjektivität gebunden ist, übernimmt Deleuze von Henri Michaux.
Michaux wiederum entwickelt dieses Modell in seinen ausgedehnten und wohldoku-mentierten Experimenten mit verschiedensten Drogen. Er beschreibt die Drogenerfahrung als die vollständige Besetzung des Bewusstseins durch neue und vom Gewohnten abweichende Rhythmen, durch ein fremdes Denken. Die Konturen dieses fremden Denkens möchte ich in der Analyse einschlägiger Filme nachzeichnen, die in den letzten Jahren entstanden sind (THE FOUNTAIN, ENTER THE VOID, BEYOND THE BLACK RAINBOW) – Filme, welche die Bildformen des Rausches aus 2001: A SPACE ODYSSEY in neuen Kontexten wieder aufnehmen und auf ihre Implikationen für ein filmisches Denken untersuchen. Die Leitmetapher für diese Operation ist der Trip, welcher sowohl auf die Bildwelt der Psychedelik als auch auf die filmische Mobilisierung des Sehens verweist. Dadurch soll von Neuem die Frage aufgeworfen werden, welche Relevanz der Rausch für unsere gegenwärtige Welterfahrung in Anspruch nehmen kann, und welche Rolle der Film dabei einzunehmen vermag.
In den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren etabliert sich im US-amerikanischen Kino ein neues Geschichtsverhältnis des Horrorfilms. Dieses Verhältnis lässt sich am besten durch den Begriff der Allegorie fassen. Filme wie NIGHT OF... more
In den späten 1960er und den frühen 1970er Jahren etabliert sich im US-amerikanischen Kino ein neues Geschichtsverhältnis des Horrorfilms. Dieses Verhältnis lässt sich am besten durch den Begriff der Allegorie fassen. Filme wie NIGHT OF THE LIVING DEAD (USA 1968, R: George A. Romero), THE CRAZIES (USA 1973, R: Romero) und THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE (USA 1974, R: Tobe Hooper) verorten sich dezidiert im Bezug auf zeitgenössische und alltägliche Formen der Sozialisation.
Eine wichtige Frage – und es ist diese Frage, welche als Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags dienen soll – lautet nun, wie sich die „Reinterpretierbarkeit“ der Filme als soziale Kommentare eigentlich ästhetisch begründet, d.h. nicht von der normativen Warte eines ideologischen Programms aus, sondern von der Warte der Filme aus, wie sie die konkrete Wahrnehmung eines Publikums gestalten. Was ist in den Bildern, das sie als Metaphern oder Figurationen von Sozialität in Erscheinung treten lässt?  Diese Frage stellt sich umso dringlicher, als die Bildformen, die von diesen Filmen zur Darstellung von Sozialität entwickelt wurden, eine enorme genealogische Wirksamkeit entfaltet haben, die bis ins Gegenwartskino anhält – man denke an Filme wie CHILDREN OF MEN (USA 2006, R: Alfonso Cuarón), CONTAGION (USA 2011, R: Steven Soderbergh) oder WORLD WAR Z (USA 2013, R: Marc Forster). Es ist eben diese Genealogie, vor deren Hintergrund ich mit BLINDNESS (USA 2008, R: Fernando Meirelles) einen Film analysieren möchte, der die Frage nach den Figurationen des Sozialen auf eine originelle und anregende Weise stellt, indem er sie als eine Frage nach den Konstitutionsbedingungen des filmischen Bildes verhandelt, genauer: als Frage nach den Bedingungen seiner Sichtbarkeit.
Dieser Aufsatz befasst sich mit einigen Charakteristika der Inszenierung des Sprechens in einer spezifischen Periode des Hollywood-Kinos, die als New Hollywood bekannt ist und etwa von 1967 bis 1980 datiert werden kann. Ich werde zunächst... more
Dieser Aufsatz befasst sich mit einigen Charakteristika der Inszenierung des Sprechens in einer spezifischen Periode des Hollywood-Kinos, die als New Hollywood bekannt ist und etwa von 1967 bis 1980 datiert werden kann. Ich werde zunächst ein Beispiel näher erläutern und daraus einige Schlussfolgerungen ziehen, die ich im folgenden auf eine ganze Reihe anderer Beispiele beziehen werde. Auf diese Weise lässt sich – so die Hoffnung – sowohl eine wenig untersuchte Facette dieses speziellen Kinos näher beleuchten als auch historisch informierter Aufschluss über das Spannungsfeld gewinnen, in welchem sich die Stimme im Film immer schon befindet.
Was verbindet die Erfahrung einer Autofahrt mit der Erfahrung eines Kinobesuchs? Liegen nicht in Wirklichkeit Welten zwischen diesen beiden Bereichen menschlichen Erlebens? Ergibt die Rede von einer Analogie Sinn – über die strukturellen... more
Was verbindet die Erfahrung einer Autofahrt mit der Erfahrung eines Kinobesuchs? Liegen nicht in Wirklichkeit Welten zwischen diesen beiden Bereichen menschlichen Erlebens? Ergibt die Rede von einer Analogie Sinn – über die strukturellen Parallelen zwischen Windschutzscheibe und Leinwand, Projektor und Automotor hinaus?  Dieser Frage soll sich der folgende Aufsatz widmen – mit dem kleinen Vorbehalt, dass das Verhältnis zwischen Kino und Auto hauptsächlich insoweit Gegenstand der Analyse sein wird, wie das Kino selbst es imaginiert. Es soll also nicht darum gehen, aus dieser Analogie übergeordnete Prinzipien abzuleiten und sie etwa auf ihre kulturkritischen Implikationen hin zu befragen, sondern darum, die konkrete Wahrnehmungssituation des Zuschauers im Kino in ihrer Prozesshaftigkeit zu untersuchen.  Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Art und Weise gelegt werden, in welcher die Gestaltung filmischer Bewegung den Zuschauer emotional einbezieht. Denn, so die Ausgangsthese, es ist diese Ebene der Bewegung, auf welcher sowohl das Verhältnis des Zuschauers zum Film als auch die Tragfähigkeit des Vergleichs zwischen Kino und Automobil sich entscheidet.
DER VERLORENE (D 1951) stellt die einzige Regie- und Drehbucharbeit des Schauspielers Peter Lorres dar. Lorre realisierte den Film nach seiner Rückkehr nach Deutschland aus den USA; dort, genauer, in Hollywood, war er nach seiner... more
DER VERLORENE (D 1951) stellt die einzige Regie- und Drehbucharbeit des Schauspielers Peter Lorres dar. Lorre realisierte den Film nach seiner Rückkehr nach Deutschland aus den USA; dort, genauer, in Hollywood, war er nach seiner Emigration 1938 lange Zeit sehr erfolgreich gewesen.  Der völlige kommerzielle Misserfolg seines Films (DER VERLORENE lief lediglich zwei Wochen in wenigen deutschen Kinos) zwang den finanziell mittlerweile angeschlagenen Lorre schon 1952 dazu, Deutschland ein weiteres Mal in Richtung der Vereinigten Staaten zu verlassen, wo sein Stern bereits im Sinken begriffen war. 1964 starb er im Alter von nur 59 Jahren in Los Angeles. Der einzige von ihm als Regisseur verantwortete Film geriet lange Zeit in Vergessenheit, bevor in den 1980er Jahren eine Kopie in New York auftauchte. Das Thema, welches dieses Werk durchzieht, nämlich die Kraftwirkung vergangener Ereignisse durch die Verschüttungen der Geschichte hindurch, scheint sich auch in seiner Produktions- und Rezeptionsgeschichte niedergeschlagen zu haben.
In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 setzt der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts dem Prager Frühling gewaltsam ein Ende. Damit kündigt sich auch das Ende für eine Entwicklung im tschechischen Kino an, die seit Beginn der... more
In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1968 setzt der Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts dem Prager Frühling gewaltsam ein Ende. Damit kündigt sich auch das Ende für eine Entwicklung im tschechischen Kino an, die seit Beginn der sechziger Jahre national wie international für Aufsehen gesorgt hatte, und die als das „tschechische Filmwunder“ oder etwas bescheidener als die tschechische „Neue Welle“ bekannt geworden war.
Mit dem Ende der Ära Dubček im April 1969 kehrt Ernüchterung ein. Gerade die Intellektuellen trifft die nun beginnende, bis weit ins Privatleben reichende Verfolgung hart, waren sie doch federführend bei der ideellen Ausgestaltung des Projekts eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ oder wurden jedenfalls dafür von den Hardlinern verantwortlich gemacht.  Einige Filmemacher emigrieren früh, die meisten anderen werden nach Erstellung von entsprechenden schwarzen Listen mit Berufsverbot belegt, das für einige lebenslang gilt. Andere dürfen nach einigen Jahren wieder drehen, wenn auch unter scharfer Beobachtung und schikaniert durch eine mißgünstige Bürokratie. Die inkriminierten Filme verschwinden in den Tresoren und kommen teilweise erst nach der „Samtenen Revolution“ 1989 (wieder) ans Licht der Öffentlichkeit. Die letzten Ausläufer der Neuen Welle meint man bis in die siebziger Jahre beobachten zu können. Spätestens jetzt hat die „Normalisierung“ endgültig alle Lebensbereiche erfaßt.
Ein Gebiet, das den unliebsam gewordenen Filmemachern offensteht, ist neben dem Refugium des Kurzfilms  der von den verantwortlichen Stellen offenbar ebenfalls als politisch weniger sensibel erachtete Kinderfilm, unter den auch der Märchenfilm fiel.  Dies sind in aller Kürze die Voraussetzungen dafür, daß in den siebziger Jahren namhafte Künstler der Neuen Welle Märchenfilme drehen. Doch schon sehr bald nach dem Ende des Prager Frühlings läßt sich eine Tendenz hin zu märchenhaften Formen auch in einigen Filmen erkennen, die üblicherweise noch zum Kanon der Neuen Welle gerechnet werden. All diesen Filmen ist gemein, daß sie sich zwar auf Formeln und Strukturen des „Kinder-Märchenfilms“ beziehen lassen, diese jedoch in einer Weise reflektieren, überdehnen und brechen, die sie außergewöhnlich macht. Die vorliegende Arbeit hat den Zweck, die betreffenden Verfahren zu beschreiben, um schließlich zu einer poetischen Logik zu gelangen, die diese Filme in ein Verhältnis zum zeitgenössischen Märchenfilm und schließlich zu ihren politisch-historischen Zeitumständen setzt.
Research Interests:
The relation of knowledge to time is central to suspense in the cinema. Rather than just playing with the spectator’s fear of the unknown (as with the use of dark spaces in horror films), suspense suggests something far more radical: what... more
The relation of knowledge to time is central to suspense in the cinema. Rather than just playing with the spectator’s fear of the unknown (as with the use of dark spaces in horror films), suspense suggests something far more radical: what is unknown, and what remains inherently unknowable, is not the future itself, but our arriving there, our affective encounter with it – not in spite, but in the very light of everything we may already know about what is going to happen (think of the shark attacks in JAWS). Suspense is not a matter of forecasting an outcome, but rather of negotiating for control over how we encounter the future. It refers not to what is represented in a given film, but to the very process of the film’s temporal unfolding. As an »anamorphosis of cinematographic time« (Pascal Bonitzer), suspense combines two temporal perspectives that seem mutually exclusive: the »now« and the »not-yet«.
This is also the reason why we can experience suspense again and again, even if we already ›know‹ a particular film. As Bill Schaffer writes, »What remains indeterminate even when the narrative outcome is certain […] is not something in the film itself considered as an object kept at a distance, it is the film in me. Ultimately, it is myself«. Suspense is thus not about the simple dichotomy between knowledge and ignorance, but rather about the unknowable dimension of time as it is lived by us while watching a film. It is about transforming our way of relating to ourselves as perceiving subjects. The presentation will reconstruct this understanding of suspense via close analysis of a representative example: David Fincher’s GONE GIRL (2014), a film that turns this epistemological problem into its proper subject.