Weltbild

Die aller unserer Anschauungen von vornherein anhaftenden Formen des Raumes und der Zeit und ganz ebenso die Kausalität und die anderen Kategorien unseres Denkens sind für Kant Gegebenheiten, die "a priori" festliegend die Form aller unserer Erfahrung bestimmen, ja Erfahrung als solche erst möglich machen. Das einzige, was wir nach Kant über das Ding an sich aussagen können, ist die Realität seiner Existenz. Wenn man nun die angeborenen Reaktionsweisen von untermenschlichen Organismen kennt, so liegt die Hypothese ungemein nahe, daß das "Apriorische" auf stammesgeschichtlich gewordenen, erblichen Differenzierungen des Zentralnervensystems beruht, die eben gattungs-mäßig erworben sind und die erblichen Dispositionen, in gewissen Formen zu denken, bestimmen. Man muß sich darüber klar sein, daß diese Auffassung des "Apriorischen" als Organ die Zerstörung seines Begriffes bedeutet: Etwas in stammesgeschichtlicher Anpassung an die Gesetze der natürlichen Außenwelt Entstandenes ist in gewissem Sinne a posteriori entstanden, wenn auch auf einem durchaus anderen Weg als dem der Abstraktion oder der Deduktion aus vorangegangener Erfahrung.

Literaturauszug aus: Barbara von Wulffen: Zeige mir die Welt
in: Scheidewege  Jg.7 H.4, 1977
Disclaimer:
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Daß unsere Schulkinder völlig erschöpft zum späten Mittagessen heimkehren, daran sind wir so sehr gewöhnt, daß wir kaum noch darüber nachdenken.

Doch gesellt sich heute in stetig wachsendem Maße zur Erschöpfung als düsterer Gefährte Verdrossenheit, belastet den Mittagstisch, den Nachmittag. Stunden, mitunter ganze Wochenenden können vergehen, ehe die Gründe zutage treten, Hilfe zu Hause möglich wird. Kein Maßsystem erfaßt diese Kinderverdrossenheit, ja Trauer, erfaßt den Verlust an Lebensfreude im Alltag. Nur ein naturwissenschaftlicher Begriff stellte sich sogleich ein: Streß. Diese Wort erlaubt es den Beobachtern, die ihnen lästige kindliche Erlebnissphäre zu umgehen und aus dem unglücklichen Kind ein gestreßtes zu machen; ein Objekt also, dem auf den hilflosen Leib gerückt werden kann mit Antistreßmaßnahmen. Diese können vom Streß aus¬gehen, brauchen sich also nur mit den Folgen, nicht aber mit den Ursachen jenes seltsamen Phänomens zu befassen, dessen Ursprung sich im Dunkeln früherer Schulängste zu verlieren scheint.

Um die wirklichen Ursachen geht es dabei allerdings kaum je. Ihnen auf den Grund zu gehen, würde radikales Überdenken auch unserer Didaktik bedeuten - es wäre folgenreich.

KRISE UND BEWUßTSEINSWANDEL - DAS NEUE WELTBILD. Prof. von Weizsäcker und die Probleme von Philosophie und Quantenphysik, Geist und Materie, in: Mensch, Natur, Gesellschaft, Jg. 6, H. 1, S. 11

Die Erkenntnisse der Atomphysik haben in unserem Jahrhundert zu einer tiefgreifenden, revolutionären Änderung des bisherigen Weltbildes geführt, das bis dahin vom Begriffs-system und der Vorstellungswelt der klassischen Physik dominiert gewesen war. Nach dem alten Weltbild bestand die erkennbare Realität aus der sich in einem behälterartigen "Raum" befindlichen Materie, deren Veränderungen nach dem Kausalprinzip erfolgten und an einem absoluten Zeitbegriff meßbar waren. Diese Vorstellungen mußten im Zug der Resultate der Quantenphysik vollständig aufgegeben werden - sie sind, wie sich durch die Erweiterung des menschlichen  Erkenntnisvermögens gezeigt hat, im Innersten der Materie, im Bereich der Atome, falsch.

Im vorliegenden Beitrag wird das sprachliche Weltbild (LWV) des Wortes chrzan/Kren anhand polnischer und deutscher Redensarten untersucht und vorgestellt. Es kann festgestellt werden, dass die mit dem Wort chrzan/Kren gebildeten Phraseologismen in beiden Sprachen eher eine negative Bedeutung haben. Die einzige Ausnahme bildet die wienerische Wendung für etwas a Kren sein, die eine positive Bedeutung hat. Dies hängt damit zusammen, dass Kren als Nutzpflanze meistens nur gering geschätzt wird.

Das Weltbild der Moderne umfasst mit dem Begriff »Zeitgeist« Versuche, die Denkweise und Eigenart einer bestimmten Epoche zu vergegenwärtigen. Mit dem literarischen Erzählen als Medium der Kulturerzeugung stellt Hamid Tafazolis Studie diejenigen Artikulationsformen in den Mittelpunkt, an denen sich die Welt- und Selbstbilder der Kulturen ablesen lassen. Sie richtet den spezifischen Blick auf Erzählungen, die das kulturelle Gedächtnis Deutschlands und Irans gestalten, und begründet, dass Migration lediglich eine der epochalen Komponenten der Artikulationsformen ausmacht, auf die der »Zeitgeist« keineswegs reduziert werden kann.

In his PhD thesis, Marco Maringoni looks at the works of Fabio Besta, a leading accounting scholar between the late nineteenth century and the early twentieth century, and his students at the Regia Scuola Superiore di Commercio in Venice. Adopting a hermeneutical approach, he provides an interpretation of why Besta conceptualised ragioneria (accounting) as a science, rather than as an art or as a technique, as it had usually been the case until then.

Anmerkung von Manfred Bundschuh: Als früherer Freund des Autors Dr. Helmut Löckenhoff gestatte ich mir hier seine Buchbesprechung zu „H. MATURANA und F. VARELA: Der Baum der Erkenntnis“ in vollem Wortlaut der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ende der Anmmerkung.


Mit der Untersuchung der - so der Untertitel -»biologischen Wurzel des Erkennens« ist ein Thema angeschlagen, das wie kein anderes unsere Existenz unmittelbar betrifft: in den geistigen Grundlagen ebenso wie in der praktischen Lebensgestaltung; individuell, sozial und ökologisch. 1m »Baum der Erkenntnis« bieten die chilenischen Systembiologen MATURANA und VARELA nicht nur einen übersichtlichen Zugang zum Ergebnis ihrer weltweit wegweisenden Forschungen. In ihm entfaltet sich eine Differenzierung des bisher vorherrschenden, unzulässig vereinfachenden Denkens, die mit einer kopernikanischen Wende verglichen wurde. Das wird vor dem im folgenden herauszuarbeitenden Hintergrund verständlich.

Wissenschaft beschert uns drei unverzichtbare Kulturerrungenschaften; "Kenntnisse über die Technik, wie man das Leben, die äußeren Dinge, sowohl wie das Handeln der Menschen, durch Berechnung beherrscht. Zweitens: Methoden des Denkens, das Handwerkzeug und die Schulung dazu. Drittens: Hilfe zur Klarheit." Daß auch umgekehrt die Gesellschaft die Naturwissenschaft beeinflußt, wird zwar vor allem von marxistischer Seite nachdrücklich betont, scheint aber bisher nur in einzelnen Spezial-untersuchungen genauer behandelt zu sein, in Arbeiten, die meist weit verstreut oder schwer zugänglich sind. Es erschien daher wünschenswert, die vorliegenden Ergebnisse zu sammeln, zu sichten und, mit weiterführenden Überlegungen verbunden, für einen breiteren Leserkreis aufzuarbeiten. Max Scheler: " Im Gegensatz zur Metaphysik, die an erster Stelle das Werk gebildeter Ober-schichten ist, die Muße zur Wesenskontemplation und zur 'Bildung' ihres Geistes besitzen, ist die positive Wissenschaft von ihrem ersten Beginn an eines wesentlich anderen Ursprungs. .... Ich behaupte also: Die positive Wissenschaft ist und war überall, wo sie entstand, in Europa, Arabien, China usw., das Kind der Vermählung von Philosophie und Arbeitserfahrung. Sie setzte immer beides voraus und nicht nur eines von beiden."