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Bücherbesprechungen 223 Ernest S. Tucker: Nadir Shah’s Quest for Legitimacy in Post-Safavid Iran. Gainesville u. a.: University of Florida Press 2006. XVI, 151 S. ISBN 978-0-8130-2964-1. $ 65,–. Die Geschichte der Menschheit ist voller schauerlicher Gestalten, und die, die am schlimmsten wüten, können sich der größten Aufmerksamkeit von Zeitgenossen und nachgeborenen Historikern sicher sein. Nādir Šāh, jener aus kleinsten Verhältnissen emporgekommene Kriegsfürst, der nach dem Zusammenbruch der Safawiden (in deren Diensten er seine Karriere begonnen hatte) zum starken Mann avancierte und sich 1736 selbst die Krone aufs Haupt setzte, ist eine solche Figur. Das Reich, das er in den knapp zehn Jahren seiner direkten Herrschaft zusammeneroberte, umfaßte Iran, Nordindien und Teile Zentralasiens, und so unbestritten seine Fähigkeiten als Heerführer waren, so überbordend war seine Grausamkeit. Das Massaker, das er seine Truppen 1739 in Delhi anrichten ließ, ist ein Beispiel dafür, die Türme, die er ein paar Jahre später aus den Schädeln der hingemetzelten Aufständischen von Širāz aufschichten ließ, sind ein anderes. Daß er ofensichtlich zusehends dem Wahnsinn veriel und vielleicht nicht mehr wußte, was er tat, ist da kein Trost; daß er am Ende 1747 von seinen eigenen Leuten in Stücke gehackt wurde, allenfalls ein schwacher. Ernest Tuckers hier anzuzeigendes Buch, das auf seine Chicagoer Dissertation von 1992 zurückgeht, ist nicht die erste Monographie, die diesem Despoten gewidmet wurde, denn schon früh ist man im Westen auf ihn aufmerksam geworden. Die erste Biographie über Nādir Šāh erschien noch zu dessen Lebzeiten (James Frasers The History of Nadir Shah, London 1742; sie fehlt rätselhafterweise in Tuckers Bibliographie); 1938 folgte Laurence Lockharts Klassiker Nadir Shah, und parallel zu Tuckers Werk, jedoch mit anderer Schwerpunktsetzung, erschien Michael Axworthys Studie mit dem charakteristischen Titel The Sword of Persia. Nader Shah, from Tribal Worrier to Conquering Tyrant (London 2006). Von all diesen Büchern ist das von Tucker das schmalste, aber keineswegs unwichtigste. Denn der Autor konzentriert sich, wie der Titel bereits andeutet, auf einen Aspekt, der bisher nur eher am Rande Beachtung fand, nämlich die Frage, wie Nādir Šāh seine Herrschaft eigentlich legitimierte. In Anbetracht des Osmanischen Reichs, das sich als Schutzmacht aller Muslime ausgab, und im Schatten der Safawiden, die sich krampfhaft auf den siebten schiitischen Imam zurückführten, war das ein ebenso natürliches wie ernsthaftes Problem. Die zwei Hauptargumente, die Nādir Šāh zu diesem Zweck ausschlachtete, bilden den roten Faden des Buchs: Es ist dies zum einen das Bemühen, vom ostentativen Schiitentum der Safawiden kontrolliert abzurücken und es den Osmanen schmackhaft zu machen, eine fünfte Rechtsschule, nämlich die ǧaʿfaritische, anzuerkennen. Sogar eine regelrechte Religionskonferenz wurde zu diesem Zweck Ende 1743 in Naǧaf abgehalten, aber die Osmanen waren, gelinde gesagt, zurückhaltend. Ein klarer Gegner war ihnen als Nachbar lieber als einer, der womöglich nur so tat, als ob. Im 20. Jahrhundert hat man, unter anderen Vorzeichen, aufs neue versucht, den Konlikt zwischen Sunniten und Schiiten durch eine Anerkennung einer ǧaʿfaritischen Rechtsschule zu lösen. Das Ansinnen blieb letzten Endes ähnlich erfolglos, und es ist bezeichnend, daß der Bericht des von den Osmanen entsandten Gelehrten ʿAbdallāh as-Suwaidī (Tuckers Hauptquelle für diese Episode) Wasser auf die Mühlen anti-schiitischer Polemiker war. Neben der Religion spielte Nādir Šāh immer wieder die ethnische Karte, indem er sich auf seine turkmenische Abstammung berief, die ihn zum Nachfolger der Mongolen und Timurs machen sollte. Vor allem letzterer hatte es ihm angetan, und seine wachsende Obsession in dieser Hinsicht ließ ihn schließlich genauso größenwahnsinnig und grausam werden wie sein Vorbild. 224 Bücherbesprechungen Tuckers Darstellung ist bisweilen ein wenig repetitiv, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht. Alles in allem schöpft er aus einer beeindruckenden Zahl von Quellen, die er mit großer Umsicht auf ihre inneren Widersprüche und deren Hintergründe abklopft. Auch seine Belesenheit in Sachen Sekundärliteratur geht weit über die immer üblicher werdende Fixierung aufs Englische hinaus. Die Zahl der Fehler und Flüchtigkeiten ist zu vernachlässigen, und schließlich – das kann man heute gar nicht genug loben – kommt er ganz und gar ohne Jargon oder sonstigen Schnickschnack aus. Ein sorgfältiger Index sowie eine einleitende ausführliche Chronologie runden das Buch ab, das jedem, der sich mit der iranischen Geschichte der Neuzeit befaßt, wärmstens empfohlen sei. Rainer Brunner, Paris Philippe Swennen: D’Indra à Tištrya [sic]. Portrait et évolution du cheval sacré dans les mythes indo-iraniens anciens. Paris: Collège de France (difusion De Boccard) 2004. XII, 424 S. (Publications de l’Institut de Civilisation Indienne, série in-8°. Fascicule 71.) ISBN 978–2-86803–071–9. € 69,–. La fascination pour le cheval n’est pas propre à l’Inde védique, ni même au monde culturel indo-iranien et indo-européen. Le cheval est efectivement très présent dans la poésie des hymnes védiques et dans les rituels documentés par des sources ultérieures ; il occupe une place non négligeable dans l’Iran achéménide. De plus, les recherches de phraséologie poétique permettent de restituer des syntagmes où igure le nom « cheval » (véd. áśva-, av. aspa-), qui ont servi de base à des adjectifs composés, lesquels sont devenus parfois des noms propres aristocratiques : il suit de penser à Vīštāspa, littéralement « dont les chevaux sont lâchés », protecteur de Zaraθuštra selon la légende, et lui-même ils d’un prince nommé Auruua.aspa « doté de chevaux rapides » (nom par ailleurs connu comme épithète divine). L’auteur du présent ouvrage s’est convaincu du fait qu’il existait, en plus de ces équations formulaires qui remontent à l’indo-iranien, une imagerie, et même une mythologie du cheval sacré, et précisément du cheval solaire. Pour résumer l’essentiel de sa théorie, ce cheval mythique aurait servi d’auxiliaire au dieu Indra dans son acte démiurgique de fondation du monde ordonné sur les ruines du chaos (acte concrétisé par le meurtre du serpent Vtra et l’ouverture de la caverne Vala) ; ce mythe indo-iranien aurait été transposé en Iran dans le mythe de Tištriya, personniication de l’étoile Sirius : cette divinité (incarnée par un héros) obtient de procurer la pluie au monde desséché après avoir combattu victorieusement, sous forme de cheval blanc, le démon de la sécheresse appelé Apaoša, lui-même incarné dans un cheval noir. Cet exploit est célébré dans un hymne de l’Avesta (Tištar Yast, ou Yašt 8). Il est certain que la lecture de l’édition récente de ce Yašt par A. Panaino 1 a servi en partie d’inspiration à l’auteur : en efet, le chercheur italien avait déjà consacré quelques pages aux analogies entre Tištriya et Vərəθraγna (auquel est consacré le Yašt 14), le correspondant mazdéen d’Indra, dont le nom ne désigne plus en Iran qu’un démon de seconde zone. En dehors du formulaire héroïque, le point commun le plus manifeste serait un mythe de libération des eaux. Inspiré par une prudence louable, on ne pouvait guère aller plus loin dans la restitution problématique d’un mythe singulier indo-iranien. Les divergences sont en efet très nombreuses, mais l’A. croit les surmonter par la clef magique de la « réforme » 1 Tištrya. Roma 1990–1995, en deux parties : I. The Avestan Hymn to Sirius. II. The Iranian Myth of the Star Sirius.