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Arkadiusz Chrudzimski Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität Studien zur Phänomenologie von Brentano bis Ingarden ontos verlag Frankfurt I Paris I Ebikon I Lancaster I New Brunswick Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliographie; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de North and South America by Transaction Books Rutgers University Piscataway, NJ 08854-8042 trans@transactionpub.com United Kingdom, Ire, Iceland, Turkey, Malta, Portugal by Gazelle Books Services Limited White Cross Mills Hightown LANCASTER, LA1 4XS sales@gazellebooks.co.uk  2005 ontos verlag P.O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm nr Frankfurt www.ontosverlag.com ISBN 3-937202-63-3 2005 Alle Texte, etwaige Grafiken, Layouts und alle sonstigen schöpferischen Teile dieses Buches sind u.a. urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Speicherung, Sendung und Vervielfältigung in jeder Form, insbesondere Kopieren, Digitalisieren, Smoothing, Komprimierung, Konvertierung in andere Formate, Farbverfremdung sowie Bearbeitung und Übertragung des Werkes oder von Teilen desselben in andere Medien und Speicher sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und werden verfolgt. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff (TcF-Norm). Printed in Germany. KAPITEL 6 VON BRENTANO ZU INGARDEN. DIE PHÄNOMENOLOGISCHE BEDEUTUNGSLEHRE In diesem Kapitel besprechen wir einige Bedeutungstheorien, die zur phänomenologischen Tradition im weiteren Sinne gehören. Diese Tradition beginnt mit dem Projekt der deskriptiven Psychologie Brentanos und dauert in verschiedenen Formen bis heute. Charakteristisch für sie ist die Betonung der Beschreibung dessen, was sich uns präsentiert, und was den Ausgangspunkt für jede theoretische Verarbeitung bilden soll. Die phänomenologische Bedeutungslehre faßt die sprachliche Intentionalität in der Regel als sekundär in Bezug auf die ursprüngliche mentale Intentionalität auf. Unsere Worte sind – behaupten die Phänomenologen – nur deswegen bedeutend, weil sie psychische Akte ausdrücken, die ihrerseits ihrem Wesen nach intentional sind. Die Bedeutungsentitäten, die wir besprechen, werden also in erster Linie unter den Entitäten gesucht, die in der allgemeinen Theorie der mentalen Intentionalität eingeführt werden. 1. Der frühe Brentano Unsere Geschichte beginnt mit der Intentionalitätstheorie, die Brentano in seiner Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874) formulierte. In einer berühmten Passage entdeckte er die Intentionalität für die zeitgenössische Philosophie wieder, und gleichzeitig formulierte er eine der klassischen Theorien der Intentionalität. Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehaßt, in dem Begehren begehrt usw. [...] Und somit können wir die psychischen Phänomene definieren, indem wir sagen, sie seien solche Phänomene, welche intentional einen Gegenstand in sich enthalten. (Brentano 1874/1924, S. 124 f.) 136 KAPITEL 6 Brentano stellt hier gleichzeitig drei wichtige Thesen auf. Erstens macht er uns auf das Faktum der Intentionalität aufmerksam und macht den Gedanken, daß die psychischen Akte gegenständlich gerichtet zu sein scheinen, zur zentralen Idee seiner Philosophie. Zweitens macht er dieses Faktum für alle psychischen Phänomene geltend. Und drittens erklärt er dieses Faktum durch die Einführung eines speziellen Objekts, das als Zielobjekt des psychischen Aktes fungiert, und das in einem zunächst eher rätselhaften Sinne dem Akt immanent sein soll. Um dem quasi-relationalen Charakter der Intentionalität Rechnung zu tragen, führt Brentano also gewisse, in seiner Terminologie immanente Entitäten ein, die als Objekte der Intention fungieren. Die frühe Theorie Brentanos ist demgemäß eine Objekt-Theorie der Intentionalität und kann folgendermaßen zusammengefaßt werden: (B.1) Das Subjekt S stellt das Objekt O vor =Df. Es gibt ein irreales, immanent inexistierendes Objekt, das mit O identisch ist, und S steht in einer intentionalen Relation zu O.92 Die Bedeutungstheorie, die sich auf diese Intentionalitätstheorie stützt, wird sich wahrscheinlich auch auf die immanenten Gegenstände beziehen müssen. In den publizierten Schriften Brentanos finden wir keine genauere Ausarbeitung einer Bedeutungstheorie.93 Im Manuskript der Logik-Vor92 Im ersten Kapitel dieses Buches machen wir darauf aufmerksam, daß es nicht ganz klar ist, ob die Theorie der Psychologie tatsächlich spezielle Zielobjekte in einem ontologisch verpflichtenden Sinne einführt. In der Periode vor der Psychologie verwendet Brentano oft die scholastische Redeweise, die jedem gemeinten Objekt eine „objektive” Existenz „im Geist” zuschreibt und betrachtet sie als ontologisch völlig unverbindlich. Vgl. dazu Brentano 1862, S. 37, Brentano 1867, S. 80. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Rede von den immanenten Objekten, die wir in der Psychologie finden, noch als ontologisch unverbindlich interpretiert werden soll. Später (vor allem um 1890) führt jedoch Brentano in seiner Intentionalitätstheorie ohne Zweifel spezielle Zielentitäten ein. Vgl. Brentano 1982, S. 21. Mehr darüber in Chrudzimski 2001. 93 Die Ausnahme bildet Brentano 1956. Dieses Buch wurde allerdings von der Herausgeberin aufgrund der Inhaltsgliederung des Manuskripts EL 80 praktisch neu geschrieben, so daß es eher als Sekundärliteratur betrachtet werden soll. Darüber hinaus betrifft es die späte Lehre Brentanos, die wir hier außer Acht lassen. Zur späten Theorie VON BRENTANO ZU INGARDEN 137 lesung aus den späten achtziger Jahren (EL 80) finden wir jedoch sehr interessante Überlegungen. Brentano behandelt dort die Frage, worin die Intentionalität von Namen besteht, und formuliert die folgende Theorie: Nochmals also: Was bezeichnen die Namen? Der Name bezeichnet [i] in gewisser Weise den Inhalt einer Vorstellung als solche[n], den immanenten Gegenstand; [ii] in gewisser Weise das, was durch Inhalt einer Vorstellung vorgestellt wird. Das Erste ist die Bedeutung des Namens. Das Zweite ist das, was der Name nennt. Von dem sagen wir, es komme der Name ihm zu. Es ist das, was, wenn es existiert, äußerer Gegenstand der Vorstellung ist. Man nennt unter Vermittlung der Bedeutung. Die alten Logiker sprachen [deswegen] von einer dreifachen Supposition der Namen: [1] suppositio materialis: vide oben; [2] suppositio simplex: Bedeutung: Mensch ist eine Spezies, d.i. die Bedeutung des Wortes „Mensch” ist eine Spezies, d.i. der Inhalt der Vorstellung eines Menschen ist eine Spezies; [3] suppositio realis: das Genannte: Ein Mensch ist 94 lebendig, ist gelehrt etc. (Brentano EL 80, S. 34 f.) Im Vergleich zur früher angeführten Stelle aus der Psychologie bemerken wir einen wichtigen Unterschied. Außer dem immanenten Objekt der Vorstellung führt Brentano ein äußeres Objekt der Vorstellung ein. In der Verwendung eines Namens, der nach Brentano einen psychischen Akt der Vorstellung „kundgibt”, sind also zwei Beziehungen involviert. Der Name bezeichnet einerseits „den Inhalt einer Vorstellung als solche[n], den immanenten Gegenstand”, andererseits bezieht er sich auch auf das, „was, wenn es existiert, äußerer Gegenstand der Vorstellung ist.” Das Erste will Brentano Bedeutung nennen, das Zweite ist das, was der Name nennt. Das äußere Objekt braucht, wie wir lesen, nicht zu existieren und es wird „durch [den] Inhalt einer Vorstellung [d.h. durch ihr immanentes Objekt] vorgestellt.” Die intentionale Beziehung zu einem äußeren Objekt wird nach dieser Exposition durch das immanente Objekt, das als Bedeutung fungiert, vermittelt. „Man nennt unter Vermittlung der Bedeutung” – schreibt Brentano. Die Theorie der Intentionalität, die wir in der zitierten der Intentionalität Brentanos vgl. das erste Kapitel dieses Buches, Chrudzimski 2001, Kap. 7 und Chrudzimski 2004, S. 188–193. 94 Dieselbe semantische Theorie vertrat Brentano, wie es scheint, bereits in der Vorlesung Alte und neue Logik aus dem Jahre 1877. Zu dieser Vorlesung gibt es eine Mitschrift. Vgl. Brentano EL 108*, S. 21. Für den Hinweis auf diese Stelle der Logik-Vorlesung 1877 danke ich Johann C. Marek (Graz). 138 KAPITEL 6 Logik-Vorlesung finden, kann also folgendermaßen zusammengefaßt werden: (B.2) Das Subjekt S bezieht sich intentional auf das Objekt O =Df. (i) Es gibt ein immanentes Objekt Oi; (ii) das Subjekt S steht in einer Relation R zu Oi; und (iii) das Objekt Oi vermittelt die intentionale Beziehung auf das Objekt O, falls ein solches Objekt O existiert. Eine sehr interessante Frage, die bezüglich der Formulierung (B.2) gestellt werden kann, und die leider aufgrund der Logik-Vorlesung nicht eindeutig beantwortet werden kann, betrifft den Charakter der Relation R, in der das Subjekt zum immanenten Objekt steht. Haben wir es hier mit einer intentionalen Beziehung zu tun, wie in (B.1), oder ist R eine andere Relation? Nur im ersten Fall ist die Theorie (B.2) eine Objekt-Theorie. Im zweiten Fall wird sie zu einer Mediator-Theorie, d.h. zu einer Intentionalitätstheorie, in der spezielle Entitäten nur als Vermittler, nicht aber als Zielobjekte der Akte eingeführt werden.95 In anderen unpublizierten Manuskripten Brentanos können wir Stellen finden, die suggerieren, daß die Weise, in der das immanente Objekt den intentionalen Zugang zu einem eventuell existierenden äußeren Gegenstand vermittelt, nach dem Modell einer Deskriptionstheorie der Intentionalität verläuft. Eine Deskriptionstheorie der Intentionalität, die ihre philosophische Ausarbeitung vor allem Frege und Russell verdankt (vgl. Frege 1892, Russell 1905), behauptet, daß die einzige Weise, auf die eine intentionale Beziehung zustande kommen kann, darin besteht, daß das Subjekt dieser Beziehung eine repräsentierende Struktur „verwendet”, die gewisse Merkmale des Referenzobjektes spezifiziert. Diese Struktur kann man Deskription des Referenzobjektes nennen. Die intentionale Beziehung hat ein Referenzobjekt nur dann, wenn der genannten Deskription ein Objekt entspricht (d.h. wenn es ein Objekt gibt, das die in der Deskription aufgelisteten Merkmale hat). Im Manuskript Abstraktion (Ps 21), das um 1889 95 Die Ausarbeitung der Bedeutungslehre, die im Wesentlichen dem Schema der Logik-Vorlesung entspricht, kann man beim frühen Anton Marty finden. Vgl. dazu Marty 1884, S. 300–303 und das dritte Kapitel in diesem Buch. VON BRENTANO ZU INGARDEN 139 bzw. 1899 entstand,96 vertritt Brentano ganz ausdrücklich eine solche Deskriptionstheorie der Intentionalität. Wir lesen: Der Vorstellende nimmt den Gegenstand in gewissem Sinne in sich auf. Daher spricht man beim Vorstellen von einem Aufgenommenen (conceptus), Begriff im weitesten Sinn [...]. Wird ein Seiendes vorgestellt – so daß ein Gegenstand in der Außenwelt besteht – so wird dieser äußere Gegenstand nie in erschöpfender Weise vorgestellt, sondern wie man sagt, nach gewissen Merkmalen, nach anderen aber nicht. Infolge davon kann jeder Gegenstand in der Außenwelt Gegenstand verschiedener Vorstellungen sein. Die eine erfaßt ihn nach diesen, die andere nach anderen Merkmalen [...]. Inhaltlich verschiedene Vorstellungen haben dann denselben Gegenstand. (Die Merkmale, nach welchen der Gegenstand in die Vorstellung aufgenommen ist, bilden ihren Inhalt.) (Brentano Ps 21, S. 4) Der äußere Gegenstand der Vorstellung wird also immer „nach gewissen Merkmalen, nach anderen aber nicht” vorgestellt. Inhaltlich verschiedene Vorstellungen können sich deshalb auf denselben äußeren Gegenstand beziehen; und sie sind „verschieden”, insofern sie ihn durch verschiedene Merkmale identifizieren. Warum brauchen wir jedoch alle diese ungewöhnlichen Entitäten? Warum brauchen wir überhaupt eine philosophische Theorie der Intentionalität? Auf den ersten Blick scheint sich das Phänomen der Intentionalität in einer einfachen Formel zusammenfassen zu lassen, die jedem psychischen Akt ein Objekt, auf das der Akt gerichtet ist, zuordnet. Beim genaueren Hinsehen tauchen jedoch die hinlänglich bekannten Probleme auf: Die intentionalen Kontexte (d.h. die Sätze, die intentionale Beziehungen beschreiben) sind nämlich nicht-extensional. Zwei wichtige logische Regeln (die Regel der Existenz-Generalisierung und die Regel der wechselseitigen Substituierbarkeit der Glieder einer wahren Identitätsaussage salva veritate) scheitern in diesen Kontexten. Aus dem Satz: „Hans glaubt, daß Zeus mächtig ist”, können wir deswegen den Satz: „(∃x)(Hans glaubt, daß x mächtig ist)” nicht ableiten. Und trotz der Wahrheit der Identitätsaussage: „Der Sieger von Jena = der Besiegte von Waterloo” können wir auch nicht aus dem Satz: „Hans glaubt, daß der Sieger von Jena mächtig war” den 96 Die Datierung ist unsicher. 140 KAPITEL 6 Satz: „Hans glaubt, daß der Besiegte von Waterloo mächtig war” deduzieren. In der Theorie Brentanos werden diese Probleme folgendermaßen behandelt. Ein Name, der keinen existierenden Gegenstand nennt, hat nach dieser Theorie mindestens seine Bedeutung (d.h. es gibt mindestens den immanenten Gegenstand der entsprechenden Vorstellung). Mindestens die Existenz dieses Gegenstandes kann also aus der Existenz des entsprechenden Aktes der Vorstellung deduziert werden. Was die zweite Regel betrifft, so scheitert sie immer dann, wenn zwei Namen, die denselben „äußeren” Gegenstand bezeichnen, diesen, wie Brentano sagt, „unter Vermittlung verschiedener Bedeutungen” (d.h. verschiedener immanenter Gegenstände) nennen. (Vgl. Brentano EL 80, S. 35)97 2. Twardowski und Meinong Das Hauptproblem der frühen Theorie Brentanos war der ontologische Status seiner immanenten Objekte. Der genaue Sinn, in welchem das immanente Objekt immanent sein soll, wurde von Brentano nie präzisiert, ein Aspekt dieser Immanenz scheint aber klar zu sein: Brentano behauptet unmißverständlich, daß das immanente Objekt ein untrennbares Korrelat des psychischen Aktes ist. (Vgl. Brentano 1982, S. 21) Es ist also in Bezug auf den Akt ontologisch unselbständig und in diesem Sinne ontologisch immanent. (B.3) Das immanente Objekt O des Bewußtseinsaktes A existiert genau dann, wenn der entsprechende Bewußtseinsakt A existiert. 97 Die Explikation des Scheiterns der zweiten Regel muß in Wirklichkeit im Rahmen der Philosophie Brentanos ein wenig komplizierter ausfallen. Die immanenten Gegenstände, die als Bedeutungen von zwei verschiedenen Namen fungieren, werden nämlich bei Brentano auf jeden Fall numerisch verschieden sein müssen, und zwar kraft der Tatsache, daß sie „ontologisch privat” sind (vgl. die These (B.3) im nächsten Abschnitt). Identität der Bedeutung bedeutet also bei Brentano, daß die entsprechenden immanenten Objekte in einem gewissen Sinne „äquivalent” (d.h. „streng ähnlich”) sind. Die Explikation des ontologischen Sinnes dieser Äquivalenz würde uns zu weit führen. Vgl. dazu Chrudzimski 2001, S. 218–220. VON BRENTANO ZU INGARDEN 141 Mit der These (B.3) hängen jedoch sehr ernsthafte Probleme zusammen, welche die Intersubjektivität der Bedeutung betreffen. Wenn nämlich das immanente Objekt ein untrennbares Schattenbild des konkreten Aktes ist, dann ist es dem relevanten Subjekt radikal privat. Das heißt, zwei verschiedene Subjekte können nicht dasselbe immanente Objekt zum Objekt ihrer Intentionen haben. Das immanente Objekt soll jedoch die Funktion der Bedeutung erfüllen. Was sollen wir also mit den Kontexten machen, in denen man eine Identität der Bedeutung feststellen möchte? Eine Lösung dieses Problems bieten die Theorien, die Twardowski und Meinong formuliert haben. In diesen Theorien können Gegenstände, die als Zielobjekte der Intentionen fungieren, ohne Probleme als numerisch dieselben von verschiedenen Subjekten „intentional getroffen” werden. Brentano sprach, wie wir gesehen haben, synonym vom immanenten Objekt und vom Inhalt des Aktes. Um 1890 wurde jedoch in seiner Schule eine Unterscheidung zwischen diesen zwei Begriffen eingeführt. Die Unterscheidung Inhalt-Objekt assoziiert man gewöhnlich mit Twardowski. Twardowski berichtet jedoch, daß er sie in Höflers Logik gefunden hat (vgl. Höfler 1890, S. 6–7; Twardowski 1894, S. 4), und die Logik wurde ferner unter der Mitarbeit von Meinong verfaßt. Die sehr knappe Formulierung Höflers erinnert noch stark an die Lehre der Logik-Vorlesung Brentanos. Die Intentionalitätstheorie, die dort präsentiert wird, spricht einerseits von einem „‘in’ uns” bestehenden, psychischen Inhalt, der auch „das immanente oder intentionale Objekt” genannt werden könne, und andererseits von einem „an sich” bestehendem Gegenstand, auf den sich der psychische Akt richte. (Höfler 1890, S. 6–7) Die Intentionalitätstheorie Höflers bewegt sich damit, wie gesagt, noch im Rahmen der Theorie der Logik-Vorlesung Brentanos. Sie spricht im Grunde von zwei Objekten, von denen eines zwar gelegentlich (wie auch bei Brentano) „Inhalt” genannt wird, die aber beide als Zielentitäten fungieren. Twardowski ändert dieses Bild. Er hat die Begriffe des Inhalts und des Gegenstands eines psychischen Aktes einer ausführlichen Analyse unterzogen und auf wichtige Zweideutigkeiten aufmerksam gemacht. Das Ergebnis dieser Analyse war die These, daß der Inhalt eines psychischen Aktes mit der Entität, auf die sich der Akt intentional richtet, eigentlich nichts zu tun hat. Der Inhalt fungiert als eine vermittelnde Struktur und es ist deshalb 142 KAPITEL 6 äußerst irreführend, einen solchen Inhalt das immanente Objekt zu nennen. Die Intentionalitätstheorie Twardowskis kann also auf jeden Fall nicht als eine Objekt-Theorie mit zwei Objekten klassifiziert werden. Twardowski selbst berichtet zwar, daß er auf die Idee dieser Unterscheidung durch die Lektüre der Logik gekommen ist (Twardowski 1894, S. 4; vgl. dazu auch Jacquette 1990/91, S. 178), es ist aber ganz klar, daß die dort formulierte Theorie von ihm sehr tief uminterpretiert wurde. Die Struktur der intentionalen Beziehung, die Twardowski in seiner Abhandlung skizziert, ist folgende: (T) Subjekt  [psychischer Inhalt] → Gegenstand Dies legt nahe, daß seine Theorie eher als eine Mediator-Theorie interpretiert werden soll, in der die vermittelnde Funktion durch den psychischen Inhalt erfüllt wäre. Auch diese Interpretation wäre aber nicht richtig. Nach Twardowski ist ein gegenstandsloser Akt unmöglich. (Twardowski 1894, S. 23, 29) Selbst wenn man sich intentional auf etwas bezieht, das in Wirklichkeit nicht existiert, besitzt eine solche Beziehung einen Gegenstand im Sinne Twardowskis. Seine Theorie ist demgemäß als ObjektTheorie zu klassifizieren. Sie ist eine Art Objekt-Theorie, die zusätzlich einen psychischen Inhalt postuliert.98 Meinong (i) übernimmt die Unterscheidung Twardowskis zwischen Inhalt und Gegenstand, (ii) besteht darauf, daß auch Akte, die wir vor-philosophisch als „untreffend” charakterisieren würden, ihre Gegenstände haben und (iii) betont, daß die Gegenstände von den Akten, in denen sie 98 Bei Twardowski ist dies aber nicht ganz klar. Eines der Argumente, die er für den Unterschied Inhalt-Gegenstand anführt, bezieht sich nämlich auf die sogenannten „Wechselvorstellungen”. Ein Beispiel für ein solches Paar wären z.B. der Sieger von Jena und der Besiegte von Waterloo. Twardowski behauptet an einer Stelle, daß im Fall solcher Wechselvorstellungen die psychischen Inhalte verschieden sind, während der Gegenstand derselbe bleibt. Vgl. Twardowski 1894, S. 31 f. Der mentale Inhalt wäre demgemäß als ein für die Erklärung der Nichtextensionalität der intentionalen Kontexte sehr wichtiges Element zu betrachten. Grossmann kritisiert jedoch diese Position als inkohärent und behauptet richtig, daß im Rahmen der Theorie Twardowskis die Verschiedenheit des Inhalts eine ähnliche Verschiedenheit der Gegenstände nach sich ziehen muß. Vgl. Grossmann 1974, S. 50 ff. VON BRENTANO ZU INGARDEN 143 erfaßt werden, ontologisch unabhängig sind. „Gegenstände sind, was sie sind,” schreibt er in einem seiner späteren Werke, „mögen sie erfaßt werden oder nicht.” (Meinong 1915/1968, S. 244) Die bewußtseinsabhängigen Zielentitäten (wie Brentanos immanente Objekte) braucht Meinong nicht. Er spricht zwar von solchen Gegenständen unter dem Namen „pseudoexistierende Objekte”. Er tut es jedoch nur deswegen, um die Fiktivität solcher Entitäten deutlich zu zeigen. Ein Gegenstand, der von seinem Gemeint-Werden abhängig wäre, ist nach Meinong ein ontologischer Unsinn. (Meinong 1906/1973, S. 424 f.) Bei Twardowski wird noch die Bedeutung als ein immanenter mentaler Inhalt interpretiert. (Twardowski 1894, S. 11) Meinong situiert sie jedoch eindeutig auf der Ebene der Gegenstände. Er definiert die Bedeutung als den mit dem Wort verbundenen Gegenstand (Meinong 1910/1977, S. 170), genauer: als einen unvollständigen Hilfsgegenstand, der die intentionale Beziehung auf einen vollständigen (jedoch ebenfalls außerseienden) Gegenstand vermittelt. Unvollständige Gegenstände sind Gegenstände, die eine unvollständige Kollektion von Eigenschaften enthalten. Nur solche Gegenstände können von einem „endlichen” Subjekt kognitiv vollständig erfaßt werden. Sie können allerdings (wegen ihrer Unvollständigkeit) prinzipiell weder existieren noch bestehen.99 Im Rahmen dieser Theorie kann das Problem der Intersubjektivität der Bedeutung sehr einfach gelöst werden. Eine Bedeutung, da sie eine außerseiende, von der kognitiven Tätigkeit der Subjekte völlig unabhängige Entität ist, kann ohne Probleme als numerisch dieselbe von vielen Subjekten benutzt werden. Die Theorie der Intentionalität Meinongs scheint außerdem, wie die Theorie Brentanos, im Grunde eine Deskriptionstheorie zu sein. Das Objekt der Intention wird, so sagt Meinong, aus dem Bereich des Außerseins aufgrund der vorgegebenen Bestimmungen ausgewählt. (Meinong 1910/1977, S. 275) 99 Vgl. dazu Kapitel 5 dieses Buches. 144 KAPITEL 6 3. Der frühe Husserl Edmund Husserl hat in seinen Logischen Untersuchungen eine Intentionalitätstheorie formuliert, in der der mentale Inhalt als vermittelnde Entität fungiert. Die intentionale Beziehung spielt sich beim frühen Husserl im Modell (T) ab, wobei jedoch dem Zielgegenstand des Aktes kein ungewöhnlicher ontologischer Status zugeschrieben wird. Husserl hat bemerkt, daß man, wenn man alle erklärenden Möglichkeiten des immanenten Inhalts ausnutzt, keine speziellen Zielgegenstände einführen muß. Er sagt: [J]edermann muß es anerkennen: daß der intentionale Gegenstand der Vorstellung derselbe ist wie ihr wirklicher und gegebenenfalls ihr äußerer Gegenstand und daß es widersinnig ist, zwischen beiden zu unterscheiden. [...] Der Gegenstand ist ein „bloß intentionaler”, heißt natürlich nicht: er existiert, jedoch nur in der intentio (somit als ihr reelles Bestandstück), oder es existiert darin irgendein Schatten von ihm; sondern es heißt: die Intention, das einen so beschaffenen Gegenstand „Meinen” existiert, aber nicht der Gegenstand. (Husserl 1901, S. 439) Der intentionale Charakter des Aktes wird also durch sein inneres Charakteristikum (d.h. durch seinen „Inhalt”) erklärt. Die Theorie der Logischen Untersuchungen nimmt also die Form einer Mediator-Theorie an, in der die Funktion der vermittelnden Struktur durch den psychischen Inhalt erfüllt wird.100 Man braucht kein spezielles immanentes Objekt einzuführen, das im Fall der Nichtexistenz des eigentlichen Referenzgenstandes als Zielentität fungieren würde. Ich stelle den Gott Jupiter vor, das heißt, ich habe ein gewisses Vorstellungserlebnis, in meinem Bewußtsein vollzieht sich das Den-Gott-Jupiter-Vorstellen. Man mag dieses intentionale Erlebnis in deskriptiver Analyse zergliedern, wie man will, so etwas wie der Gott Jupiter kann man darin natürlich nicht finden; der „immanente”, „mentale” Gegenstand gehört also nicht zum deskriptiven (reellen) Bestande des Erlebnisses, er ist also in Wahrheit gar nicht immanent oder mental. Er ist freilich auch nicht extra mental, er ist überhaupt nicht. [...] Existiert andererseits der intendierte Gegenstand, so braucht in phänomenologischer Hinsicht nichts geändert zu sein. Jupiter stelle ich nicht anders vor als Bismarck [...]. (Husserl 1901, S. 386 f.) 100 Husserl hat eine solche Theorie schon 1894 vertreten. Vgl. Husserl 1894, S. 317, 332 ff., 336 ff. Vgl. dazu auch Küng 1973, S. 674. VON BRENTANO ZU INGARDEN 145 Anstatt der speziellen Zielgegenstände haben wir also bei Husserl einen vermittelnden psychischen Inhalt. An diesem Punkt taucht aber das Problem der Intersubjektivität wieder auf. Der psychische Inhalt gehört nämlich zur Sphäre der ontologischen Immanenz. Er entsteht und verschwindet zusammen mit dem Akt und ist konsequenterweise in einem für uns relevanten Sinne privat. Zwei Subjekte können nicht denselben psychischen Inhalt haben. Wie können sie also dasselbe meinen? Husserls sucht die Lösung dieses Problems in seiner Ontologie der allgemeinen, Platonischen Entitäten. Wenn man von der Identität der Gedanken und insbesondere von der Identität der sprachlichen Bedeutung spricht, bezieht man sich, behauptet er, nicht auf die individuellen, mentalen Inhalte, die, wie gesagt, bei den verschiedenen Subjekten individuell verschieden sein müssen, sondern auf diese Inhalte in specie, d.h. auf allgemeine, Platonische Entitäten, die durch die individuellen Inhalte instantiiert werden. (Husserl 1901, I. Untersuchung, § 31, S. 104 ff.)101 Zwei Akte tragen dieselbe Bedeutung, wenn ihre individuellen Inhalte dieselbe Bedeutung-Spezies instantiieren. Die Theorie der Logischen Untersuchungen führt also zu folgendem Bild:102 101 Ob die Husserlsche Theorie der Logischen Untersuchungen, wie Føllesdal behauptet, von den Schriften Freges abhängig war, ist nicht ganz klar. Mohanty argumentiert, daß Husserl seine frühe psychologistische Auffassung selbständig überwunden hat. Vgl. dazu Frege 1894, Føllesdal 1957, S. 25; Mohanty 1974. 102 Das Schema wurde in Chrudzimski 2001, S. 213 verwendet. 146 KAPITEL 6 Bereich der allgemeinen Gegenstände Spezies der Spezies des intentionalen Beziehung Referenzobjektes F* F IK-Relation Abstraktion Abstraktion psychologische und ontologische Immanenz immanenter Inhalt Subjekt Akt F äusseres Objekt Das Subjekt bezieht sich auf ein äußeres Objekt, das von ihm intentional als F bestimmt wird. Diese Beziehung kommt dadurch zustande, daß die Intention des Subjektes einen mentalen Inhalt hat, dessen ideale Spezies (F*) zur Spezies F in einer bestimmten Beziehung steht, die wir als die Relation der intentionalen Korrelativität (IK-Relation) bezeichnen können. Die Intentionalitätstheorie der Logischen Untersuchungen sieht also folgendermaßen aus: (H.1) Das Subjekt S bezieht sich intentional auf den Gegenstand, der intentional als F bestimmt ist =Df. Das Subjekt S vollzieht einen psychischen Akt A, dessen Inhalt eine ideale Spezies F* instantiiert, wobei die idealen Spezies F* und F zueinander in der IK-Relation stehen. Wenn ein Gegenstand existiert, der F ist, bildet er den Zielgegenstand des Aktes A. Im entgegengesetzten Fall ist der Akt A gegenstandslos (obwohl nicht inhaltslos). Wenn es keinen äußeren Referenzgegenstand gibt, haben wir es also mit folgender Situation zu tun: VON BRENTANO ZU INGARDEN 147 Bereich der allgemeinen Gegenstände Spezies des Spezies der (potentiellen) intentionalen Beziehung Referenzobjektes F* F IK-Relation Abstraktion psychologische und ontologische Immanenz immanenter Inhalt Subjekt Akt es gibt keine Instantiierungen der Spezies F (=es gibt kein Referenzobjekt) Der Akt ist jetzt gegenstandslos, und zwar deswegen, weil es keine Instantiierungen der Spezies F (keine F-Objekte) gibt. Trotzdem hat die Frage, in welchem Sinne ein solcher gegenstandsloser Akt noch als intentional zu bezeichnen ist, eine klare Antwort. Wir sehen übrigens, daß auch die frühe Theorie Husserls eine Deskriptionstheorie zu sein scheint. Der intentionale Zugang zum Zielgegenstand wird aufgrund der identifizierenden Merkmale realisiert, wobei jedoch die Identifizierung durch unsere IK-Relation vermittelt wird. 4. Der späte Husserl In seiner späteren Periode hat Husserl diese höchst interessante Theorie verworfen. Schon 1908 in seinen Vorlesungen über Bedeutungslehre (Husserl 1908) betrachtet er sie als phänomenologisch unplausibel.103 Die Theorie der Logischen Untersuchungen läßt, wie wir gesehen haben, Fälle zu, in denen ein Zielobjekt der Intention fehlt. Wenn wir an einen Zentauren denken, dann ist unsere Intention gegenstandslos (obwohl nicht inhaltslos). 1908 glaubt jedoch Husserl, daß eine solche Theorie der tatsächlichen 103 Die Entwicklung der Husserlschen Intentionalitätstheorie, die von der Auffassung der Logischen Untersuchungen zum Begriff des Noemas führt, beginnt wahrscheinlich im Jahre 1905. Vgl. Melle 1984, S. XXI ff. 148 KAPITEL 6 Struktur der intentionalen Beziehung nicht entspricht. Die phänomenologische Analyse zeigt, behauptet er jetzt, daß bei jeder intentionalen Beziehung ein Objekt, das dem Subjekt „vor Augen steht”, phänomenologisch ausweisbar ist. (Vgl. Husserl 1908, S. 36; Küng 1973, S. 676 f.) Nach der Lehre der Logischen Untersuchungen haben wir zwar immer einen Inhalt. Dieser befindet sich allerdings in der Vermittlungsposition. Die Bedeutung im Sinne der Logischen Untersuchungen erweist sich konsequenterweise als eine Entität, die erst durch einen Prozeß der äußerst komplizierten Abstraktion zugänglich ist. Diese Abstraktion, da sie den mentalen Inhalt betrifft, muß sich übrigens auf die immanente Wahrnehmung aufbauen. Das, was in unseren intentionalen Beziehungen als Bedeutung fungiert, scheint jedoch viel einfacher zugänglich zu sein. Wir wissen, was wir meinen, ohne solche komplizierten Operationen durchführen zu müssen. Diese Überlegungen haben Husserl dazu geführt, daß er das Schema der intentionalen Beziehung ändert. In seinen Vorlesungen über Bedeutungslehre (1908) spricht er noch, unter dem Namen phänologische oder phansische Bedeutung, über die idealen Spezies des mentalen Inhalts. (Husserl 1908, S. 35) Die grundsätzliche semantische Funktion wird jedoch von einer neuen Entität übernommen. In den Vorlesungen über Bedeutungslehre wird diese Entität phänomenologische oder ontische Bedeutung genannt. (Husserl 1908, S. 36) In den Ideen (Husserl 1913) tritt sie unter dem Namen Noema auf.104 Diese Entität soll das genaue Gegenbild des Inhalts der Intention sein. (Husserl 1908, S. 86) Sie ist der Gegenstand des Aktes genau so genommen, wie er intentional gemeint ist. Im Licht dieser Thesen erscheint die neue Theorie Husserls als eine Objekt-Theorie der Intentionalität. Die neue Bedeutungsentität (die ontische Bedeutung, bzw. das Noema) scheint sich in der Zielposition der Intention zu befinden.105 Sie ist doch der Gegenstand des Aktes genau so genommen, wie er intentional gemeint ist. Die Situation ist jedoch nicht so einfach. Denn Husserl schreibt weiter, daß das, worauf wir uns tatsächlich intentional beziehen, nicht der Gegenstand so, wie er gemeint ist, sondern der Gegenstand schlechthin ist. Im 104 Vgl.: „[D]as Noema überhaupt ist aber nichts weiter als die Verallgemeinerung der Idee der Bedeutung auf das Gesamtgebiet der Akte.”, Husserl 1952b, S. 89. 105 Zu dieser Interpretation neigt Gurwitsch. VON BRENTANO ZU INGARDEN 149 primären Sinne beziehen wir uns nicht auf den so und so belichteten und so und so perspektivisch verkürzten Tisch, sondern auf den Tisch schlechthin. Wir können uns aber Husserl zufolge auf einen Gegenstand nur auf die Weise beziehen, daß wir ihn als etwas bestimmen, und Letzteres bedeutet: wenn wir einen bestimmten Gegenstand so, wie er gemeint ist konstituieren. Ontische Bedeutungen fungieren also gewissermaßen als „Teilbeschreibungen” eines „endgültigen” Referenzobjektes. Wir benutzen sie als „Teilcharakteristika”, die von diesem Referenzobjekt „prädizierbar” sind. Der Gegenstand-Worüber (Gegenstand schlechthin) ist deshalb im Rahmen dieser Theorie nur als ein bloßes Subjekt der möglichen Prädikation konstituiert und eine (nominale) Vorstellung hat nach Husserl eine gegenständliche Beziehung nur angesichts ihrer (potentiellen) prädikativen Funktion. (Husserl 1908, S. 61) Das Husserlsche Referenzobjekt ist demgemäß ein Identitätspunkt der Identitätssynthesen, welche die Form einer Prädikation haben: „A ist derselbe Gegenstand wie B, wie C,... usw.” Die ganze inhaltliche Charakterisierung ist in den präzierbaren ontischen Bedeutungen enthalten und das Subjekt der Prädikation – das Referenzobjekt – tritt nur in der Form eines bloßen Identitätspols der Prädikationssynthese auf. (Husserl 1908, S. 63 f., 69 f., 162; Husserl 1913, S. 270 ff.) Im Licht dieser Bemerkungen erscheint die Husserlsche Theorie immer noch als eine Mediator-Theorie, in der als vermittelnde Entität die ontische Bedeutung (bzw. das Noema) fungiert.106 Die Interpretation der Husserlschen Theorie, die sie als eine MediatorTheorie auffaßt, hat jedoch ihre Probleme. Das klassische Bild der Mediator-Theorie ist nämlich ein Fregesches Bild, in dem eine vermittelnde Entität (Sinn) den intentionalen Zugang zu einem vorgegebenen, „fertigen” Gegenstand vermittelt. Im Rahmen der Husserlschen transzendentalen Phänomenologie finden wir jedoch derartige Gegenstände nicht. Der Gegenstand schlechthin kann nicht als ein bewußtseinsunabhängiges Referenzobjekt interpretiert werden. Es ist im Besonderen nicht möglich, daß es ihn nicht gibt. Selbst wenn wir etwas meinen, dem nichts in der Realität entspricht, ist ein Objekt vorhanden, nämlich das Subjekt der möglichen Prädikatio- 106 So interpretiert die Husserlsche Lehre Føllesdal. Vgl. Føllesdal 1969. 150 KAPITEL 6 nen. Wie es Meinong überzeugend gezeigt hat, gibt es viele Wahrheiten, die von nicht existierenden Gegenständen ausgesagt werden können. Der reale bewußtseinsunabhängige Gegenstand, von dem man in einer „natürlichen” Einstellung reden kann, wird vom späten Husserl nicht eingeführt. Der Begriff der Realität wird stattdessen mittels des Begriffs der „idealisierten Behauptbarkeit” umdefiniert. Husserl schreibt, daß wir über die Realität nur insofern sprechen können, als wir die Bewußtseinssynthesen (Urteilszusammenhänge), in denen der Referenzgegenstand konstituiert wird, aus einem epistemisch-normativen Standpunkt betrachten. Wenn die Identifikationssynthesen, die den Gegenstand X betreffen, sich ins Unendliche kohärent verlängern, dann existiert X in Wirklichkeit. Wenn jedoch die Kette der Synthesen in einem gewissen Punkt zusammenbricht (wenn der konstituierte Gegenstand „explodiert”), dann bedeutet das, daß es in Wirklichkeit kein derartiges X gibt.107 Die neue Bedeutungstheorie Husserls generiert also das folgende Schema: Synthese der Prädikation Inhalt Korrelation Inhalt Korrelation Inhalt Subjekt X Gegenstand schlechthin (Subjekt der möglichen Prädikation) Korrelation ontische Bedeutungen (Gegenstände genau so genommen, wie sie gemeint sind) Sowohl die ontischen Bedeutungen (Noemata) der einzelnen Akte, als auch das endgültige Produkt der prädikativen Synthese, werden konstituiert. Wir finden hier also in der Tat keine Vermittlung. Wir können uns nach der idealistischen Lehre Husserls nur insofern auf die Welt beziehen, als wir 107 Vgl. „Prinzipiell stehen in der logischen Sphäre, in derjenigen der Aussage, ‘wahrhaft-’ oder ‘wirklich-sein’ und ‘vernünftig ausweisbar-sein’ in Korrelation; [...] Selbstverständlich ist die hier in Rede stehende Möglichkeit vernünftiger Ausweisung nicht als empirische, sondern als ‘ideale’, als Wesensmöglichkeit verstanden.”, Husserl 1913, S. 314. Vgl. auch Husserl 1908, S. 73 ff.; Husserl 1913 1913 , S. 302. VON BRENTANO ZU INGARDEN 151 diese Welt zugleich konstituieren; und diese Konstitution besteht im Grunde darin, daß wir eine möglichst umfassende, kohärente Theorie dieser Welt zu formulieren versuchen. Eben dieses Zusammenspiel der semantischen und epistemischen Aspekte bildet jene faszinierende Doktrin, die man in der Geschichte der Philosophie den transzendentalen Idealismus Husserls nennt. Die Referenzobjekte erweisen sich im Rahmen dieser Lehre als postulierte Entitäten einer ideal möglichen, maximalen, kohärenten Theorie. 5. Die Intersubjektivität der Bedeutung beim späten Husserl Wir haben jedoch wiederum unser altes Problem der Intersubjektivität der Bedeutung. Die Noemata, die die Funktion der Bedeutungsentitäten erfüllen, sollen nach Husserl in den Bewußtseinsakten konstituiert werden. Sie sind also von diesen Akten seinsabhängig und in dieser Beziehung sehr den immanenten Objekten Brentanos ähnlich. Wie kann man aber in dieser Situation die Tatsache erklären, daß zwei Subjekte ein Wort in derselben Bedeutung verwenden? Die Antwort auf diese Frage muß in der Husserlschen Theorie der Intersubjektivität gesucht werden. Nach Husserl darf zwar ein Phänomenologe über keine fertigen Gegenstände in einer bewußtseinsunabhängigen Welt sprechen, dies bedeutet jedoch nicht, daß jeder Gegenstand als von einem einzelnen Bewußtsein abhängig angesehen werden muß. Die Prädikationssynthesen, die wir bisher behandelt haben, bilden nur eine der ersten Stufen der Konstitution. Auf den weiteren Stufen kann Husserl zufolge die subjektive Privatheit überschritten werden. Gegenstände, welche die Sphäre dieser Privatheit transzendieren, können jedoch nur insofern konstituiert werden, als sie ein gemeinsames Produkt der intentionalen Tätigkeit von vielen Subjekten bilden. Die Konstitution der intersubjektiven Gesellschaft bildet demgemäß eine unentbehrliche Vorbedingung für die Konstitution der intersubjektiven (und d.h. nach Husserl: objektiven) Welt. Die Husserlsche Theorie der Intersubjektivität, die einen sehr schwierigen Punkt seiner Lehre bildet, wird im nächsten Kapitel ausführlich be- 152 KAPITEL 6 handelt werden. Hier skizzieren wir nur die grundlegende Struktur, in welcher sich nach Husserl die Konstitution der objektiven Welt abspielt. Die Welt, die uns tatsächlich erfahrungsmäßig gegeben ist, ist von vornherein eine intersubjektive Welt. Nach dem späten Husserl heißt das aber, daß sie ein Produkt einer intersubjektiven Konstitution bildet. Um diese Konstitution zu verstehen, müssen wir nach Husserl ihre wesentlichen Stufen rekonstruieren, und so besteht der erste Schritt der Husserlschen Theorie der Konstitution der Intersubjektivität in einer „thematischen EPOCHÉ” auf „meine transzendentale Eigensphäre”, in der es noch keine intersubjektiv zugänglichen Gegenstände gibt. In dieser Reduktion abstrahieren wir systematisch von denjenigen Aspekten der (schon früher transzendental reduzierten) Welt, die in ihrer konstitutiven Geschichte auf die fremden Subjekte verweisen; „[...] wir sehen von allen konstitutiven Leistungen der auf fremde Subjektivität unmittelbar oder mittelbar bezogenen Intentionalität ab”. (Husserl 1950a, S. 124) Während also die transzendentale Reduktion eine allgemeine Einklammerung der „Gültigkeit” der Welt bedeutet, wobei aber alles, was zum „Inhalt” dieser Welt gehört, auch nach der Reduktion erhalten bleibt, bildet die obengenannte Prozedur eine Art inhaltliche Abstraktion. Im Rahmen der transzendental reduzierten Sphäre lassen wir jetzt nur die Elemente bestehen, die in ihrem Sinn auf keine fremde Intentionalität hinweisen. Alles, was durch die obengenannte „thematische EPOCHÉ” herauspräpariert wird und was Husserl „die primordiale” (bzw. „primordinale”) Welt nennt, bildet ein untrennbares Korrelat meiner solipsistischen Erfahrung. In diesem Sinne ist diese primordiale Welt mir nicht fremd. Da die vor-objektiven physischen Gegenstände ausschließlich auf meine eigenen konstitutiven Leistungen relativ sind (vgl. Husserl 1950a, S. 134), können sie nach Husserl als im relevanten Sinne meine klassifiziert werden. Erst zusammen mit seiner primordialen Welt bildet das transzendentale Ich eine konkrete Einheit, die Husserl in seinen Cartesianischen Meditationen eine „Monade” nennt. (Husserl 1950a, S. 102) Die Konstitution, die von der primordialen Sphäre zur objektiven Welt führt, enthält mehrere Stufen. Damit sie jedoch überhaupt anfangen kann, muß in meiner Eigenheitssphäre ein fremdes Subjekt erscheinen. Nach Husserl ist das tatsächlich möglich. In der primordialen Sphäre gibt es VON BRENTANO ZU INGARDEN 153 Fremderfahrung. Die konstitutiven Leistungen der fremden Subjekte (d.h. die entsprechenden Noemata) wurden zwar durch die thematische Reduktion ausgeschaltet, die fremden Subjekte selbst sind mir jedoch gegeben, insofern sie ausschließlich von mir konstituiert werden. Und sie sind mir, sagt Husserl, bereits auf dieser Stufe der Konstitution tatsächlich als fremd gegeben. „Also das an sich erste Fremde (das erste Nicht-Ich)” – schreibt er – „ist das andere Ich.” (Husserl 1950a, S. 137) Auf der zweiten Stufe der Konstitution entsteht durch diverse „einfühlungsähnliche” Prozesse eine Monadengemeinschaft. (Husserl 1950a, S. 137) Die letzte Stufe, welche die eigentliche Konstitution der objektiven Welt enthält, ist dann trivial. Nach Husserl ist nämlich diese objektive Welt der transzendentalen Monadengemeinschaft auf die genau gleiche Weise immanent, auf welche die primordiale Welt dem vereinzelten transzendentalen Ich immanent sein soll. „Die transzendentale Intersubjektivität hat durch diese Vergemeinschaftung eine intersubjektive Eigenheitssphäre [...]”, wobei „die objektive Welt sie [d.h. die Monadengemeinschaft] nicht mehr im eigentlichen Sinne transzendiert, sondern ihr als immanente Transzendenz einwohnt.” (Husserl 1950a, S. 137 f.) Die Husserlsche Konstitution der intersubjektiven Welt scheint sich also nach dem folgenden Schema abzuspielen: primordinale Welt von A unsere Welt Subjekt A meine primordinale Welt Ich subjektive Konstitution intersubjektive Konstitution Subjekt B primordinale Welt von B "private" Gegenstände intersubjektive Gegenstände 154 KAPITEL 6 Das Geheimnis der Konstitution der intersubjektiven Entitäten liegt also im Übergang von der privaten, primordinalen Welt zu unserer Welt, die durch die intersubjektive Kommunikation konstituiert wird.108 Die intersubjektiven Bedeutungsentitäten können erst auf der intersubjektiven Stufe der Konstitution auftreten. Die transzendentale Erklärung der Intersubjektivität hat zur Folge, daß die Husserlsche Theorie der noematischen Bedeutungsentitäten – als erste der bisher besprochenen Theorien – nicht als eine Deskriptionstheorie interpretiert werden darf, obwohl sie auf den ersten Blick (vor allem, wenn man die Konstitution der intersubjektiven Welt außer Acht läßt) viele Züge einer Deskriptionstheorie aufweist. Die Gegenstände werden zwar bei Husserl im Grunde durch eine „Beschreibung” (durch das „Prädizieren” der Charakteristika von einem „Identitätspol” der Synthese) konstituiert, wichtig ist jedoch, daß diese „Beschreibung” die epistemische Privatheit des einzelnen Subjekts sehr schnell transzendiert. Wenn man also im Rahmen dieser Theorie eine intersubjektive Bedeutung als eine identifizierende Beschreibung des Objekts interpretieren wollte, dann müßte sie eine identifizierende Beschreibung sein, deren Konstitution die frühere Konstitution der intersubjektiven Gemeinschaft voraussetzt. Es würde sich also um eine identifizierende Beschreibung handeln, über die nicht das einzelne Subjekt, sondern erst die sich kommunizierende Gemeinschaft verfügt. Ein Husserlsches Subjekt S kann also, obwohl es die Welt durch eine „Beschreibung” konstituiert, sich auch auf Gegenstände beziehen, die es deskriptiv nicht identifizieren kann. Die Bedingung ist nur, daß es zu einer Gemeinschaft gehört, die über eine Welttheorie verfügt (bzw. idealiter verfügen kann), die viel reicher ist als die Beschreibung, die S selbst formulieren könnte. 6. Ingarden Zum Schluß besprechen wir noch die Theorie Ingardens, die er im Kontext seiner Kritik und Weiterentwicklung der Husserlschen Lehre formuliert 108 Diese Theorie hat natürlich ihre Probleme, die wir im nächsten Kapitel besprechen. VON BRENTANO ZU INGARDEN 155 hat. Was Ingarden von Husserl übernommen hat, waren die phänomenologische Methode und die allgemeinsten strukturellen Züge seiner späten Theorie mit ihrer zentralen Kategorie des Noemas. Was er bei Husserl „verbessern” wollte, war die ontologische Exaktheit der Theorie. Was er jedoch bei Husserl nie akzeptieren konnte, war der Husserlsche Transzendentalismus.109 Ingarden war ein metaphysischer Realist, der an das Vorhandensein einer fertigen, bewußtseinsunabhängigen Welt glaubte. In seiner allgemeinen Intentionalitätstheorie110 übernimmt Ingarden zum großen Teil die Husserlsche Lehre vom Noema. Er interpretiert sie jedoch so, daß der Nachfolger des Husserlschen Noemas (der bei Ingarden rein intentionaler Gegenstand heißt) als eine Entität aufgefaßt wird, die den intentionalen Zugang zur real existierenden Welt vermittelt. Der rein intentionale Gegenstand fungiert also bei Ingarden im Grunde als vermittelnde Entität und seine Theorie der Intentionalität ist am besten als eine Mediator-Theorie zu klassifizieren.111 Ingarden versuchte ferner den Mechanismus der intentionalen Beziehung ontologisch zu analysieren. Er nimmt an, daß der rein intentionale Gegenstand von der Intention des Subjektes seinsabhängig ist. Er wird durch den mentalen Inhalt der Intention vollständig bestimmt. (Ingarden 1964/65, Bd. II, S. 211) Der rein intentionale Gegenstand vermittelt die intentionale Beziehung auf die Welt, indem er gewisse Merkmale spezifiziert, die der eventuelle transzendente Referenzgegenstand besitzen muß. Diese Spezifizierung kommt dadurch zustande, daß der rein intentionale Gegenstand in seinem Gehalt die Aktualisierungen gewisser allgemeiner Platonischer Entitäten, die Ingarden ideale Qualitäten nennt, enthält. Wenn 109 Zur Ingardenschen Kritik des Transzendentalismus Husserls vgl. vor allem Ingarden 1992 und Ingarden 1998. 110 Zur Ingardenschen allgemeinen Theorie der Intentionalität vgl. Chrudzimski 1999a, Kapitel 3.7. 111 In Wirklichkeit ist die Sachlage nicht so einfach. Denn Ingarden behauptet, daß im Fall einer Meinongschen Annahme, wenn man einen Gedanken bloß „erwägt”, jedoch keine Behauptung aufstellt, der rein intentionale Gegenstand als Zielobjekt der Intention fungiert. Ähnlich, obwohl nicht ganz gleich, sieht die Situation im Fall einer literarischen Fiktion aus. Bei Ingarden wird also die Position des rein intentionalen Gegenstandes gewissermaßen systematisch variabel. Wir können hier dieses Thema nicht weiter entwickeln. Vgl. Ingarden 1931, S. 170 und Chrudzimski 1998, S. 254 f. 156 KAPITEL 6 einem solchen rein intentionalen Gegenstand ein reales Zielobjekt in der Welt entspricht, dann muß dieses Zielobjekt dieselben idealen Qualitäten als seine Eigenschaften instantiieren. (Ingarden 1964/65, Bd. II, Teil 1, S. 206) Die Ontologie der intentionalen Beziehung kompliziert sich also beträchtlich. Wir haben den Bereich von Platonischen Entitäten (idealen Qualitäten), die durch reale Individuen instantiiert werden können, und die im Gehalt eines rein intentionalen Gegenstandes aktualisiert werden können. Der rein intentionale Gegenstand erweist sich demgemäß als eine komplizierte „doppelseitige” Entität, die nicht nur ihre „eigenen” Eigenschaften (wie z.B. von einem Bewußtseinsakt seinsabhängig zu sein), sondern auch ihren Gehalt besitzt (der das eventuelle Referenzobjekt bestimmt). Die Theorie des rein intentionalen Gegenstandes erklärt in der Philosophie Ingardens die rudimentäre intentionale Beziehung, die z.B. in jeder Perzeption involviert ist. Was jedoch die spezifisch sprachliche Intentionalität betrifft, so führt Ingarden weitere Komplizierungen ein.112 Der Grund dafür liegt in den Problemen der Intersubjektivität der Bedeutung. Wenn nämlich die sprachliche Bedeutung nur durch die Referenz auf den mentalen Inhalt und den Gehalt des rein intentionalen Gegenstandes bestimmt werden könnte, dann würden wir – argumentiert Ingarden – in der Theorie der intersubjektiven Kommunikation auf große Probleme stoßen. Unsere Intentionen und eo ipso die Gehalte der rein intentionalen Gegenstände sind nämlich von vielen kontextuellen und subjektiven Faktoren abhängig. (Vgl. Ingarden 1931, § 17) Trotz dieser Schwankungen sprechen wir jedoch über Identität der Bedeutung. Wir brauchen also zusätzliche Strukturen, um diese Identität zu erklären. Infolge solcher Überlegungen führt Ingarden in seiner Bedeutungslehre zusätzliche Entitäten ein. Er nimmt an, daß das Problem der Identität der Bedeutung am einfachsten durch das gelöst werden kann, was er die Ideen von Referenzobjekten nennt. (Ingarden 1931, § 16, S. 87–89) Die Probleme des ontologischen Status der Idee hat Ingarden vor allem in seinem Streit um die Existenz der Welt untersucht. (Ingarden 1964/65, 112 Zur Ingardenschen Theorie der spezifisch sprachlichen Intentionalität vgl. Chrudzimski 1998 und Chrudzimski 1999b. VON BRENTANO ZU INGARDEN 157 Bd. II, Teil 1, Kap. X) Eine Idee ist, ähnlich wie ein rein intentionaler Gegenstand, doppelseitig. Sie hat einen Gehalt, zu dem sowohl „Konstanten” als auch „Variablen” („Veränderlichen”) gehören. (Ingarden 1964/65, Bd. I, S. 40 f.) Diese Struktur ermöglicht es, daß die Individuen „unter die Idee fallen”. Die Konstanten der Idee sind „Konkretisierungen” (aber nicht Instantiierungen) der idealen Qualitäten. (Ingarden 1964/65, Bd. I, § 6) Der Gegenstand, der unter eine bestimmte Idee fällt (das Individuum dieser Idee), muß die Eigenschaften besitzen, die mit den Konstanten der Idee „übereinstimmen”. Das ist dann der Fall, wenn dieselben idealen Qualitäten sowohl im Gehalt der Idee konkretisiert wie auch als Merkmale des Gegenstandes instantiiert (vereinzelt) werden. (Ingarden 1964/65, Bd. II, Teil 1, § 51, S. 268) Die Eigenschaften des Gegenstandes, von denen die Rede war, bilden sein Wesen, das kein allgemeiner Gegenstand, sondern ein individuelles Moment eines individuellen Gegenstandes ist.113 Die Tatsache, daß ein Gegenstand unter eine gewisse Idee fällt, heißt also soviel, als daß er ein entsprechendes Wesen hat. Ein Pferd fällt deshalb unter die Idee des Pferdes, weil es alle für ein Pferd konstitutiven Eigenschaften hat – alle Eigenschaften, die das Wesen eines Pferdes bilden. Im Gehalt einer Idee befinden sich jedoch nicht nur Konstanten, sondern auch Variablen und das bedeutet, daß die betreffenden Qualitäten im Gegenstand „beliebig” sein können. In der Idee eines Menschen entspricht z.B. der Bestimmung „Hautfarbe” eine Variable. Der ontologische Aufbau einer Idee erinnert also sehr an den Aufbau eines rein intentionalen Gegenstands. Es muß aber betont werden, daß die Ingardenschen Ideen im Gegensatz zu rein intentionalen Gegenständen von den intentionalen Akten des Subjekts völlig unabhängige Entitäten sein sollen. Die Struktur der intentionalen Beziehung, wie sie Ingarden konzipiert, wollen wir durch das folgende Schema illustrieren:114 113 114 Über das Wesen vgl. Ingarden 1964/65, Bd. II, Teil 1, § 58. Das Schema wurde in Chrudzimski 1998, S. 259 verwendet. 158 KAPITEL 6 Bereich der idealen Gegenstände B Gehalt (7*) reine Qualität I Struktur der Bedeutung Idee (7) Konkretisierung reine Qualität II reine Qualität III Vereinzelung X kognitiver Zugang zum Gehalt der Idee O ontologische Relation das Objekt (4) "fällt unter" die Idee (7) Vereinzelung Aktualisierung Inhalt (2) Gehalt (3*) Wesen (5) (4*) (6) rein intentionaler Gegenstand (3) (4) Referenzgegenstand Subjekt (1) R S das Wort semantische Relation das Wort bezieht sich auf den Gegenstand Zwischen dem Wort und dem Gegenstand (4) besteht die semantische Relation S. Das Wort bezieht sich auf den Gegenstand (4). Dies ist nur dadurch möglich, weil in einer typischen Verwendung dieses Wortes ein psychischer Akt involviert ist, der durch seinen Inhalt (2) den rein intentionalen Gegenstand (3) erzeugt. Die Relation R symbolisiert die Konvention, die das Wort mit dem psychischen Akt von einem bestimmten Inhalt korreliert. Der psychische Akt bezieht sich auf den Gegenstand (4) kraft der Tatsache, daß im Gehalt des rein intentionalen Gegenstandes (3*) dieselbe Qualität aktualisiert ist, die als gewisse Merkmale des Referenzobjektes (4*) instantiiert ist (die Qualität II). Das ist die Ingardensche Version der Deskriptionstheorie der intentionalen Beziehung, die, wie wir sehen, im Rahmen seiner Theorie der direkten mentalen Intentionalität uneingeschränkt gilt. Für die spezifisch sprachliche Intentionalität gilt sie jedoch nicht mehr. Was für die Identität der Bedeutung des Wortes relevant ist, ist nämlich in VON BRENTANO ZU INGARDEN 159 erster Linie die Idee (7). Der Gehalt dieser Idee (7*) entspricht jedoch nicht der Menge der Merkmale (4*), sondern der Menge (5), die das Wesen des Gegenstandes (4) bildet. Im Allgemeinen brauchen die zwei Mengen (4*) und (5) nicht einmal einen gemeinsamen Teil zu haben. In unserem Schema finden wir ihn unter (6). Ingarden nimmt an, daß die Bedeutung des Wortes sowohl durch die Idee (7) als auch durch den mentalen Inhalt (2) konstituiert wird. (Ingarden 1931, S. 89, 386) Bedeutung ist demgemäß keine einfache Entität, sondern bildet eine zusammengesetzte, zum Teil flexible, zum Teil rigide Struktur, welche die entsprechende Idee und die Menge der Spezies der (möglichen) Intentionen (der Intentionen, die sich auf den entsprechenden Gegenstand beziehen würden) in Beziehung setzt. Dank des Elements (7) bleibt die Identität der Bedeutung bestehen, dank der Variabilität des Elements (2) kann sich jedoch die Bedeutung in gewissen Grenzen ändern, ohne dadurch ihre Identität zu verlieren. Ein ungelöstes Problem der Theorie Ingardens ist die Frage, worin der kognitive Zugang (X) zum Gehalt der Idee besteht, den wir zum Zwecke der Gewährleistung der Intersubjektivität brauchen. Ingarden operiert vor allem mit mathematisch-geometrischen Beispielen (wie z.B. der Idee eines Dreiecks) und suggeriert eine direkte Anschauung der entsprechenden Idee. Es scheint jedoch, daß eine solche These in Bezug auf alle sprachlichen Bedeutungen sehr gewagt wäre. In Chrudzimski 1998 und Chrudzimski 1999b haben wir zu zeigen versucht, daß die Lösung dieses Problems ähnliche Wege gehen kann wie die zeitgenössischen semantischen Theorien, die gegen eine Deskriptionstheorie der Bedeutung argumentieren. (Vgl. Putnam 1975, Kripke 1980) Die Ingardenschen Ideen entsprechen bei dieser Interpretation unseren besten Theorien der betreffenden Gegenstände, die, wie Putnam sagt, nur den Experten der jeweiligen Gesellschaft kognitiv zugänglich sind. Eine andere Möglichkeit, die besonders im Kontext dieser Untersuchung interessant ist, wäre, den kognitiven Zugang X mit dem Instrumentarium der Husserlschen Konstitutionstheorie zu interpretieren. Die Ingardenschen Ideen müßten in diesem Fall als Entitäten interpretiert werden, die von der intentionalen Tätigkeit der intersubjektiven Gemeinschaft seinsabhängig sind. Sie werden durch diese Gemeinschaft konstituiert. 160 KAPITEL 6 Was die Gehalte der Ideen betrifft, so müssten sie genau denjenigen noematischen Entitäten entsprechen, die nach der transzendentalen Lehre Husserls in einem virtuell unendlichen Prozeß der intersubjektiven Präzisierung als Bestandteile unserer gemeinsamen Welt konstituiert werden. Im Rahmen der Theorie Ingardens müßte dieser Prozeß allerdings als ein Streben nach der idealen Adäquatheit mit den unabhängig existierenden Gegenständen interpretiert werden, während er bei Husserl als eine Konstitution dieser Gegenstände aufgefaßt wird. BIBLIOGRAPHIE Albertazzi, Liliana, et al. ed. 1996. The School of Franz Brentano, Dordrecht: Kluwer. Alston, William 1973. „Varieties of Privileged Access”, in: Roderick M. Chisholm, Robert J. Swartz (eds.) 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