Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Angießen einer Stranggießanlage zum
Herstellen eines Gießprodukts aus Metall, insbesondere aus Stahl, umfassend
eine beim Angießvorgang bodenseitig verschlossene Kokille sowie ein Gießrohr,
das in den oberen Teil der Kokille eingeführt wird, wobei die Gießrohrdurchlaßmenge
und somit der Kokillenfüllstand regelbar ist mittels eines in das Gießrohr
eintauchenden Stopfens, dessen gießrohrseitiges Ende einen sich kontinuierlich
verkleinernden kreisförmigen Querschnitt aufweist, wobei vor Beginn des Angießvorgangs
der Zulauf des Gießrohres mittels des Stopfens verschlossen ist
Grundsätzlich unterteilt sich das Stranggießen in die Gießstartphase mit bodenseitig
verschlossener Kokille und die Phase des kontinuierlichen Gießens und Abziehens
des Strangs. Zum Gießstart wird die Kokille bekanntermaßen mittels eines
Stranganfahrkopfes verschlossen und mit schmelzflüssigem Metall gefüllt. Der
teilweise erstarrte Strangkopf wird mittels des Anfahrkopfes aus der Kokille gezogen.
Mit dem Strangabzug beginnt der eigentliche kontinuierliche Gießprozeß.
Während der Gießstartphase bzw. des Angießvorgangs wird die in die Kokille eingefüllte
Schmelzmenge über eine Stopfenbewegung kontrolliert. Im Gegensatz zu
dem sich anschließenden kontinuierlichen Strangabzug ist der Angießvorgang der
Kokille in der Praxis wenig automatisiert Es ist theoretisch eine Idealkurve für die
Stopfenbewegung zur Einstellung eines optimalen Füllvorgangs der Kokille ermittelbar.
Aufgrund von Begrenzungen der Stopfengeschwindigkeit kommt es jedoch
zu einem unerwünschten Überschwingen bzw. Unterschwingen des Füllstandes
im Übergang zwischen der Angießphase und der kontinuierlichen Gieß- und Abzugsphase.
Zum Vergießen von hochlegierten und damit gießtechnisch kritischen Stahlsorten,
wie beispielsweise peritektischen Stählen oder austenitischen chromhaltigen
Rostfreistählen, ist ein gleichmäßiger und ebener Schmierfilm zwischen der sich
bildenden Strangschale und den Kokillenplatten notwendig. Dieser Schmierfilm
muß zudem schnell aufgebaut werden. Er dient zur Isolierung und verhindert eine
zu große und schnelle Wärmeabfuhr, was einer unerwünschten Rißbildung der
Schale entgegenwirkt. In diesem Zusammenhang ist es problematisch, daß die
beim Angießvorgang schroff abgekühlte Schmelze in der Kokille in der Regel eine
sehr unebene bzw. hügelige Strangschale bildet, in deren

Tälern" die erste Flüssigschlacke
abfließen kann, wenn am Meniskus eine große Spalte zwischen der
sich bildenden Strangschale und den Kokillenplatten entsteht. Im allgemeinen bildet
sich eine dicke unebene Schlackenschicht zusammen mit einer dünnen unebenen
Strangschale aus oder eine dünne unebene Schlackenschicht zusammen
mit einer dicken unebenen Strangschale. Erst mit der Zeit können sich derartig
entstandene hügelige Flüssigschlacke- bzw. Schmierfilmschichten in gewünschte
ebene Schichten verändern. Die in der Zwischenzeit entstandenen Strangschalen
sind aufgrund der ungleichmäßigen Wärmeabfuhr uneben und neigen zu Längs-und
Querrissen und Depressionen.
Der vorliegenden Erfindung liegt demnach die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zum Angießen der Kokille bei Stranggießanlagen bereitzustellen, so daß beim Angießvorgang
eine gleichmäßige und stabile Strangschale eingestellt wird.
Diese Aufgabe wird mittels eines Verfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 1
gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen offenbart.
Zur Lösung der Aufgabe wird ein Gießstartprogramm vorgeschlagen, in das die
Faktoren Füllstandsänderung, Temperaturregelung der Kokille und Oszillationsbewegung
eingehen. Die Füllstandsänderung in der Kokille soll vor dem Übergang
von Angießvorgang zum kontinuierlichen Gieß- und Abzugprozeß gering sein, bereits
während des Angießvorgangs wird die Temperatur der Seitenplatten der Kokille
geregelt und die Kokille in eine oszillierende Bewegung versetzt.
Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, daß sich die automatisierte Stopfenbewegung
nicht an einer idealen Füllstand-Zeitkurve orientieren darf. Es wird vorgeschlagen,
daß sich der Angießvorgang aus drei zeitlichen Phasen zusammensetzt,
wobei in einer ersten Phase der Stopfen mit einer derartigen Geschwindigkeit
nach oben längs der Gießrohrachse bewegt wird, daß der Füllstand der Kokille
schnell ansteigt, daß in einer zweiten Phase der Stopfen mit einer konstanten
Geschwindigkeit bewegt wird, so daß der Füllstand gleichmäßig stetig ansteigt,
und daß in einer dritten Phase der Stopfen bis zu der anfänglichen geschlossenen
Position mit konstanter Geschwindigkeit zurückgefahren wird zur kurzzeitigen Beendigung
des Füllvorgangs in der Kokille und daß sich daran der kontinuierliche
Gieß- und Strangabzugprozeß anschließt. Auf diese Weise wird insbesondere ein
Überschwingen bzw. Unterschwingen des Füllstands im Übergang zwischen der
Angießphase und der kontinuierlichen Gieß- und Abzugsphase vermieden.
Des weiteren wird im Rahmen des erfindungsgemäßen kombinatorischen Startprogramms
vorgeschlagen, daß die Strangschaleneigenschaften durch geeignete
Regelung der Temperatur der Kokillenplatten bereits während des Angießvorgangs
beeinflußt werden. Dies ist schon durch einen reduzierten Kühlwasserdurchfluß
zur Kühlung der Kokillenplatten während des Angießvorgangs möglich.
Vorzugsweise wird vorgeschlagen, die Kokillenplatten vor dem eigentlichen Angießvorgang
vorzuwärmen und erst nach Abschluß des Angießvorgangs mit der
Kühlung zu beginnen.
Gleichzeitig soll während des Angießvorgangs bereits vor dem Start des Strangabzugs
die Oszillation der Kokille mit großer Hubhöhe und in dieser Phase die
Zugabe von Schlackepulver einsetzen. Das Anfahren mit großer Hubhöhe und
somit von Gießschlacke verbrauchenden Oszillationsparametern unterstützt eine
schnelle Einförderung von Gießpulver bzw. Flüssigschlacke in den Spalt zwischen
der Strangschale und den Kokillenplatten. Die Reibungsverhältnisse werden verbessert,
es bildet sich auch bei schwierig vergießbaren Stählen eine gleichmäßige
Strangschale aus.
Mit Hilfe des vorgeschlagenen automatischen Startprogramms, das durch die
Kombination der Faktoren Beeinflussung der Stopfenbewegung zur Einstellung
des Füllstandes, Kokillenkühlung und Beginn der Oszillationsbewegung günstige
Bedingungen schafft, wird beim Angießvorgang bereits eine dünne, anpassungsfähige
Strangschale erhalten. Dies hat u.a. den Vorteil, daß nicht erst durch die
Wärme der Stahlschmelze selbst die Kokillenplatten auf Betriebstemperatur gebracht
werden müssen.
Zum Ablauf des Startprogramms wird der sich einstellende Füllstand in der Kokille
während des Angießvorgangs gemessen. Hierzu eignen sich radiometrische Systeme
oder Thermoelemente. Es sind Ultraschallsensoren denkbar, wenn ein
Spritzschutz vorhanden ist. Die Temperaturmessung in der Kokille zur Regelung
der Durchflußmenge des Kühlwassers ist mittels Thermoelementen möglich.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung: Hierbei zeigen:
- Figur 1
- die Füllstand-Zeitkurve während des Angießvorgangs, die sich nach
dem vorgeschlagenen Verfahren ergibt, sowie während des sich anschließenden
kontinuierlichen Gießprozesses mit gleichzeitigem
Strangabzug,
- Figur 2
- die der Figur 1 entsprechende Stopfenweg-Zeitkurve;
- Figur 3
- die Füllstand-Zeitkurve während des Angießvorgangs sowie während
des sich anschließenden kontinuierlichen Gießprozesses mit gleichzeitigem
Strangabzug bei un- bzw. niedriglegierten Stahlsorten (A-B);
- Figur 4
- die Füllstand-Zeitkurve bei höherlegierten Stahlsorten (C-D);
- Figur 5
- die sich aus den Figuren 3 und 4 durchschnittliche ergebende Füllstand-Zeitkurve;
- Figur 6
- Füllstand-Zeitkurven mit einem überschwingenden bzw. unterschwingenden
Übergang des Füllstandes zwischen Angießvorgang
und sich anschließenden kontinuierlichen Gießprozesses mit gleichzeitigem
Strangabzug;
- Figur 7
- Temperaturverlauf der Kokillenkühlung bzw. Geschwindigkeitsverlauf
des Kühlwassers über der Zeit nach dem vorgeschlagenen Verfahren;
- Figur 8
- Oszillationsbewegung-Zeitverlauf nach dem vorgeschlagenen Verfahren.
Figur 1 zeigt mittels einer Füllstand-Zeitkurve 1 sowie entsprechender Stopfenbewegung
1' (Figur 2) den sich nach dem vorgeschlagenen Verfahren ablaufenden
Füllvorgang, der sowohl bei leichter zu vergießenden unlegierten Stählen als auch
bei höherlegierten Stählen eine gewünschte dünne und gleichwohl stabile Strangschale
ergibt. Die sich ergebende Füllstandhöhe der Kurve 1 befindet sich im Zeitbereich
kurz vor dem Übergang zwischen dem Angießvorgang und dem kontinuierlichen
Gießprozeß mit gleichzeitigem Strangabzug oberhalb der Füllstandhöhe,
die sich nach einer durchschnittlich ermittelten Füllstand-Zeitkurve 2 ergeben würde.
Die entsprechende theoretische Stopfenbewegung ist mit 2' (Figur 2) gekennzeichnet.
Der Übergang zwischen Gießstart und kontinuierlichem Gießvorgang ist
mit 0 bezeichnet.
Diese Durchschnittskurve 2 (Figur 5) wird aus den Mittelwerten der Füllstand-Zeitkurve
3 für unlegierte oder niedriglegierte Stähle (Figur 3; Stahlsorte A-B) und
den der Füllstand-Zeitkurve 4 für hochlegierte Stähle (Figur 4; Stahlsorte C-D)
erhalten.
Die hierzu erforderlichen Werte werden entweder mittels Thermoelementen
oder mittels radiometrischen Meßsystemen aufgenommen. Da diese Idealkurve
für alle Stähle A-B-C-D aufgrund einer Bewegungsbegrenzung des Stopfens in
der Praxis nur ungenügend nachfahrbar ist, stellt sich ein überschwingender (Kurve
5 der Figur 6) bzw. unterschwingender (Kurve 6 der Figur 6) Füllstandsverlauf
beim Übergang vom Angießvorgang zum eigentlichen Gieß- und Abziehprozeß
ein, der Grund für Gießstartfehler ist. Bei dem Kurvenverlauf 5 bildet sich eine dicke
Strangschale am Meniskus, bei dem Kurvenverlauf 6 wird die Schlackenkruste
überflutet. Durch die vorgeschlagene Verfahrbewegung des Stopfens stellt sich
die Kurve 1 (Figur 1) ein, die oberhalb der Durchschnittskurve 2 verläuft. Mit dem
schraffierten Bereich und P ist der günstigste Zeitpunkt für die Zugabe des
Schlackepulvers gekennzeichnet. Durch die langsame Bewegung des Stopfens in
diesem Bereich (vgl. Kurve 1) wird dieser bisher kritische Vorgang für die Strangschalenbildung
verbessert.
In das vorgeschlagene Gießstartprogramm soll gleichzeitig die Kokillentemperaturregelung
eingehen. Ziel ist die schnellstmögliche Einstellung der Temperatur der
Kokille auf die gewünschte Betriebstemperatur. Hierzu wird schon während des
Angießvorgangs die Temperatur der Kokillenplatten geregelt (vgl. Figur 7). Die
Seitenplatten der Kokille werden während des Gießvorgangs vorgewärmt (vgl.
Kurve H2O T°C). Während des kontinuierlichen Gießvorgangs wird der Vorwärmprozeß
von einem Kühlprozeß zur Ableitung der Schmelzwärme abgelöst. Weiterhin
ist während des Angießvorgangs die Geschwindigkeit des Kühlwassers vS zur
Kühlung der Seitenplatten der Kokille vermindert. Die Durchflußgeschwindigkeit vS
steigt beim kontinuierlichen Gießvorgang an. Alternativ zur Wasservorwärmung
wird eine mit x bezeichnete Dampfvorheizung vorgeschlagen. Die Vorlaufwassertemperatur
und die Wasserdurchflußmenge werden hinsichtlich der Dicke der Kokillenplatte
korrigiert.
Als weiterer Faktor des Gießstartprogramms geht die Oszillation der Kokille ein
(Figur 8), die bereits während des Angießvorgangs beginnt. Aufgrund der gewünschten
Schlackeförderung wird mit einem großen Hub bei kleiner Hubfrequenz
begonnen, wobei sich dieses Verhältnis beim kontinuierlichen Gießprozeß ändert.
Als eine besonders günstige Ausführungsform wird vorgeschlagen, daß die Oszillation
bei einer Füllstandshöhe beginnt unterhalb 100 mm der Füllstandshöhe, die
dem Übergang (gekennzeichnet mit Null) bzw. Setpoint entspricht. Mit H ist der
Hub in mm, mit H/min die Hubfrequenz bezeichnet.