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Verfahren zur Gewinnung von Blausäure Bei der Kühlung des bei der
trockenen Destillation bituminöser Brennstoffe erzeugten Rohgases sowie :bei der
Ammoniakwäsche wird ein Ammoniakwasser gewonnen, das als wesentliche Bestandteile
Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Kohlensäure enthält, daneben aber auch einen nicht
unerheblichen Anteil der im Rohgas enthaltenen Blausäure. Nach der Vereinigung der
Kühlerkondensate und des Ammoniakwassers der Gaswäsche sind im Liter Flüssigkeit
o,3 bis o,6 g Cyanwasserstoff, je nach dem Blausäuregehalt des Rohgases und den
Bedingungen der Kühlung und Auswaschung, enthalten.
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Das in diesen Ammoniakwässern vorhandene Ammoniak wird in der Regel
auf Ammoniumsalze verarbeitet, indem man dasselbe abtreibt und dieAbtreibeschwaden
durch einen mit Säure beschickten Sättiger leitet, in welchem das Ammoniak gebunden
wird. Die aus dem Sättiger entweichenden heißen Abschwaden enthalten dann neben
Wasserdampf die sämtlichen flüchtigen sauren Bestandteile (H2 S, C 02 und H C N)
. Um den üblen Geruch
dieser Abschwaden zu beseitigen, hatte man
bereits vorgeschlagen, diese durch einen Kühler zu leiten und das anfallende, schwefelwasserstoff-
und blausäurehaltige Kondensat mit dem ans den Ammoniakabtreibeapparaten abgelassenen
Kalkschlamm zu vermischen, wodurch die sauren Bestandteile an Calcium gebunden und
so in eine geruchlose Form übergeführt werden. Das Verfahren bezweckt lediglich
die Beseitigung der unangenehmen Gerüche, denn die mit dem Kondensat behandelten
Kalkschlämme werden anschließend mit den Abwässern weggeführt, eine Lösung, die
weder wirtschaftlich noch gewerbehygienisch befriedigen konnte.
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Es wurde nun gefunden, daß das bei der Kühlung der Sättigerabschwaden
anfallende Kondensat den größten Teil der vorhandenen Blausäure enthält, und zwar
in einer Konzentration, welche ihre Ge-c Innung in freier Form durch Abtreiben und
Kondensieren durchaus möglich und lohnend erscheinen läßt. Das Kondensat ist nämlich
weitgehend frei von Sch« efelwasserstoff und Kohlensäure, dagegen beträgt seine
Blausäurekonzentration etwa das io- bis i2fache derjenigen im ursprünglichen Ammoniakwasser.
Es enthält z. B. im Liter ;,5 g HCN, aber nur 0,72 g H. ,S
und o..32 g C02' Trotzdem ist eine Gewinnung dieser wertvollen Blausäure
bisher nicht versucht worden.
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Erfindungsgemäß wird die Blausäure in der Weise gewonnen, daß man
das zweckmäßig vorgewärmte blausäurehaltige Kondensat der Sättigerabschwaden auf
eine Kolonne aufgibt, in deren unterem Behälter die Flüssigkeit in gelindem Sieden
gehalten wird, während die Temperatur der austretenden Dämpfe je nach der gewünschten
Blausäurekonzentration einzustellen ist. Hierzu wird über dem Einlauf des vorgewärmten
Kondensats mit Vorteil ein Dephlegmator angeordnet. Zwecks Einstellung der Siedetemperatur
im Kolonnenablauf leitet man die Abtreibeschwaden des Sättigers zunächst durch den
Ablaufbehälter und benutzt die noch heißen Schwaden, gegebenenfalls nach Abtrennen
anfallender Kondensate, zur Vorwärmung des auf den Abtreiber gelangenden blausäurehaltigen
Wassers. Dann erst werden die Sättigerabschwaden zwecks Gewinnung des blausäurehaltigen
Schwadenkondensats gekühlt, wodurch die Trennung der Blausäure von Schwefelwasserstoff
und Kohlensäure, die beide sich zum größten Teil im Kondensat nicht lösen, bewirkt
wird. Die den Abtreiber verlassenden, in der Hauptsache aus Blausäure bestehenden
Dämpfe «-erden zunächst in einem mit Wasser betriebenen Kühler und dann in eine
tiefer gekühlte Schlange geleitet, wobei sich hochkonzentrierte flüssige Blausäure
niederschlägt. Da die Kohlensäure und der Schwefelwasserstoff praktisch vollständig
entweichen. kann die anfallende Blausäure als praktisch rein angesehen werden. Ihre
Konzentration beträgt je nach den Arbeitsbedingunen 5o bis go%.
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Um auch die nach der' Kondensation der Blausäuredämpfe verbleibenden,
im wesentlichen aus Schwefel-,casserstoff und Kohlensäure bestehenden Restgase noch
von den letzten Blausäureanteilen zu befreien, wäscht man sie mit wenig Wasser nach
oder leitet die Gase unmittelbar in das Kondensat.
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Will man die Blausäure nicht am Ort der Gewinnung auf Cvanide, Ferrocvanide,
Cvanhydrin od. dgl. weiterverarbeiten, so füllt man sie in Stahlflaschen ab. Um
sie für diesen Zweck zu entwässern, wird sie in einer Kolonne nochmals deplileginiert,
gegebenenfalls unter Einschaltung einer Trocknung mittels Chlorcalcium, Phosphorpentoxyd
oder Silicagel. Diese Trocknung kann auch, wenn auf gute Dephlegmierung geachtet
wird, schon bei der ersten Abtreibung der Blausäure durchgeführt werden.
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Ist das Schwadenkondensat ammoniakalisch oder enthält es größere -Mengen
an Pyridinbasen, so ist es, besonders wenn auf die Gewinnung reiner Blausäure hingearbeitet
wird, von Vorteil, das Schwadenkondensat vor dem Abtreiben der Blausäure schwach
anzusäuern, z. B. mit Schwefelsäure.
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Sollen die in den Sättigerabschwaden enthaltenen Pyridinbasen ebenfalls,
z. B. durch eine Schwefelsäurewäsche, gewonnen werden, so ist diese hinter den Ammoniaksättiger
zu schalten.
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Das Abtreiben der Blausäure aus dem Kondensat der Sättigerabschwaden
kann durch Einleiten von Luft, Leuchtgas oder anderen Gasen in den unter der Kolonne
befindlichen Ablaufbehälter unterstützt «-erden.
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In der Zeichnung ist eine praktische Ausführungsform des vorstehend
beschriebenen Verfahrens als Beispiel dargestellt. Die vorn Ammoniakabtreiber kommenden
rohen Ammoniakschwadeti treten durch Rohr i in den mit Säure (H2 S 0i, H \ 03, H3
P O4 usw.) beschickten Sättiger 2, in welchem das Ammoniak gebunden wird. Die heißen
Sättigerabschwaden werden durch Rohr 3 einer im Ablaufbehälter .4 der Kolonne 3
untergebrachten Schlange 6 zugeleitet, passieren ein Abscheidegefäß;, gelangen durch
Rohr 8 in den Vorwärmer 9 und aus diesem durch Rohr io in den wassergekühlten Schlußkühler
i i, in «-elchem sie endgültig verdichtet und auf Raumtemperatur lieruntergekühlt
«-erden. Durch Rohr 12 gelangt das Kondensat mitsamt den restlichen Gasen (H., S
und CO.) in den Sammelbehälter 13. «"ährend Sch«-efelwasserstoff und Kohlensäure
durch Rohr 1.I
entweichen, wird' das Kondensat.- mittels Pumpe 15
durch Rohr i6 auf den Vorwärmer 9 gehoben, durchströmt die. in diesem -befindliche
Schlange 17 und gelangt im vorgewärmten Zustand durch Rohr i8 auf die Kolonne 5,
der ein Dephlegmator i9 ' aufgesetzt ist. Die abgetriebenen Blausäuredämpfe treten
durch Rohr 2o zunächst in den mit Wasser betriebenen Kühler 21, hierauf in den mit
Sole tiefer gekühlten Kühler 22 und gelangen .zum Schluß in den zweckmäßig mit Sole
ebenfalls gekühlten Sammelbehälter 23. Die aus diesem abziehenden Gase (H? S,
CO" und geringe Mengen. H C N) werden (in der 2eichr nung nicht dargestellt)
mit wenig Wasser gewaschen; dieses Waschwasser gelangt durch Rohr 2q. in den Kondensatbehälter
13, doch können die Abgase aus 23 auch unmittelbar in das in 13 befindliche
Kondensat geleitet werden.
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Die Wärme der Sättigerabschwaden wird also in doppelter Weise nutzbar
gemacht, einmal zum Erhitzen (ioo°) der sich im Ablaufbehälter q. sammelnden, von
der Kolonne 5 kommenden Flüssigkeit und zum anderen zum Vorwärmen des blausäurehaltigen
Sättigerabschwadenkondensats auf etwa 8o°, bevor dies auf die Kolonne gelangt. Zum
besseren Auslüften der in q. befindlichen Flüssigkeit kann durch Rohr 25 'Luft oder
ein sonstiges Gas eingeführt werden. Außerdem kann man der Flüssigkeit im Behälter
q. zusätzlich Dampf zuleiten. Ausführungsbeispiel Kokereiammoniakwasser wird auf
einem Abtreiber vollständig abgetrieben und der neben Wasserdampf, Ammoniak, Kohlensäure,
Schwefelwasserstoff und Blausäure enthaltende Abtreibeschwaden durch einen mit Schwefelsäure
beschickten Sättiger geleitet, in welchem das Ammoniak als Ammoniumsulfat gebunden
wird, während Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und Blausäure zusammen mit Wasserdämpfen,'
etwa ioo bis io5° heiß, entweichen.
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Dieser Sättigerabschwaden wird kondensiert, wobei ein Kondensat erhalten
wird, welches im Kubikmeter 5,5 kg Blausäure, 0,7 kg Schwefelwasserstoff und
0,3 kg Kohlensäure enthält. Das Kondensat wird mit Schwefelsäure neutralisiert
oder schwach angesäuert und auf einer mit guter D'ephlegmation versehenen Kolonne
derart abgetrieben, daß am Dämpfeabgang eine Temperatur von etwa 3o° herrscht. Die
abziehenden Blausäuredämpfe werden zunächst in einem Kühler mit kaltem Wasser, dann
in einem mit Sole betriebenen Kühler auf -5° abgekühlt, wobei man als Kondensat
85o/oige, praktisch reine Blausäure-erhält.- Das von der Kolonne ablaufende Wasser
ist blausäurefrei.
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Zur Gewinnung wasserfreier Blausäure senkt man die Temperatur des
Dämpfeabgangs auf den Siedepunkt der Blausäure (26°) oder man schaltet in den Strom
der den DephIegmator verlassenden Dämpfe einen Behälter mit Chlorcalcium ein. Man
erhält dann bei der Kondensation 97- bis iooo/oige Blausäure. .
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Der Schwefelwasserstoff und die Kohlensäure entweichen bei der Kondensation
der Blausäure. Sie führen je Kubikmeter aus den Sättigerabschwaden erhaltenem Kondensat
0,3 kg H C N mit, die sich der Gewinnung zunächst entziehen. Um auch diese Blausäure
zu erfassen, leitet man die Abgase der Blausäurekondensation in das aus den Sättigerabschwaden
erhaltene Kondensat ein, wobei die Blausäure absorbiert wird, während die Kohlensäure
und der Schwefelwasserstoff entweichen.
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Auf diese Weise ist eine verlustfreie Gewinnung der Blausäure in hochkonzentrierter
Form gewährleistet.