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Herstellung von Kunststoffen hoher Härte und Festigkeit Die Erfindung
betrifft Acrylmischpolymerisate, welche einen bisher unerreichten Querschnitt der
Festigkeitseigenschaften besitzen, insbesondere bezüglich Härte, Schlag-, Zug-,
Druck- und Wärmefestigkeit. Der erfindungsgemäß gewonnene neue Werkstoff besteht
ganz oder im wesentlichen aus einem Mischpolymerisat bestimmter weiter unten angegebener
Mengen von Acrylsäurenitril und Methacrylsäureester.
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Daß man Derivate der Acrylsäure und der Methacrylsäure in Mischung
zu Kunstharzen polymerisieren kann, ist bekannt. Bessere Werte als die für Polymethacrylsäuremethylester
und seine bisher bekanntgewordenen Mischpolymerisate mit Acrylestern geltenden Festigkeits%verte
hat man durch derartige Mischungen bisher nicht erreicht. Einzelne Polymerisate
oder Mischpolymerisate besitzen zwar in dieser oder jener Eigenschaft, z. B. Schlagbiegefestigkeit,
sehr gute Werte, jedoch müssen diese Vorteile durchweg durch schlechte Festigkeitswerte
in änderer Beziehung, z. B. Zug-, Druck- oder Wärmefestigkeit, erkauft werden. Mischpolymerisate
aus Methacrylsäurenitril und Methacrylsäureestern erwiesen sich als härter als die
aus den entsprechenden Acrylsäurederivaten gewonnenen Mischpolymerisate; sie erreichten
jedoch nicht die guten Festigkeitseigenschaften des Polymethacrylsäuremethylesters
und sind vor allem für die Kunststoffverwendung im allgemeinen zu spröde. Andererseits
sind Mischungen aus 2o bis 4o Teilen Acrylsäurenitril und 8o bis 6o Teilen Acrylsäureester
beschrieben, die einen elastischen Werkstoff ergeben, der in organischen Lösungsmitteln
unlöslich und daher zur Herstellung brennstoffesten Gegenstände brauchbar ist.
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Man erhält die erfindungsgemäßen hochwertigen Kunststoffe, wenn man
4o bis 8o Gewichtsprozent Acrylsäurenitril und entsprechend
6o
bis 2o Gewichtsprozent Methacrylsäureester niederer Alkohole gemeinsam polymerisiert.
Es können noch andere polymerisierbare Verbindungen mitpolymerisiert werden, wie
z. B. Acrylsäure, Acrylsäureester, blethacrylsäure, höhere 3IetliacryIsäureester,
Metliacrylsäureamid, Metliacrvlsäurenitril, Vinyichlorid, Vin3-lacetat usw. Durch
den Zusatz dieser Verbindungen können noch besondere Vorteile erzielt werden; beispielsweise
sei erwähnt, daß ein Zusatz von etwa i o bis 200,'o Acrylsäurebutylester die Klarheit
des Mischpolymerisats verbessert und die Schlagbiegefestigkeit erhöht, während z.
B. die Härte vermindert wird. Die Mischpolymerisate können in an sich bekannter
Weise vor, während oder nach der Polymerisation mit den für Kunststoffe üblichen
Zusatzmitteln versetzt werden, wie natürlichen oder künstlichen Harzen, Weichmachungsmitteln,
Farbstoffen, Füllstoffen usw.
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Die Herstellung einheitlicher Polymerisate, z. B. Blöcke, durch Polymerisation
der acrylsäurenitrilhaltigen Gemische ist mit einigen Schwierigkeiten verbunden.
Acrylsäurenitril allein ergibt ein pulverförmiges Polymerisat. Feste Blöcke, Scheiben
usw. erhält man bereits durch Zusatz von io bis 2o@jo Methacrylsäureester zum Nitril.
Bei Übertragung der für die Acrvlharze üblichen Polvmerisationsverfahren auf die
erfindungsgemäßen Mischungen erhält man jedoch regelmäßig verfärbte sowie trübe
bis undurchsichtige Polymerisate, was offenbar auf die verschiedenen Polymerisationsgeschwindigkeiten
der einzelnen Komponenten zurückzuführen ist, so daß neben Mischpolymerisation teilweise
auch Bildung von Polymerisaten einzelner Bestandteile eintritt.
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Es wurde weiter gefunden, daß man praktisch klare Mischpolymerisate
herstellen kann, wenn min die Polvmerisation bei normalem Druck nach kürzerem Anpolymerisieren
bei höheren Temperaturen während einer Mindestdauer von 2 Tagen bei etwa 5o' führt
und bei täglich um etwa io" bis etwa auf ioo" steigender Temperatur beendet. Die
Herstellung eines praktisch farblosen Produktes ist recht schwierig. Immerhin lassen
sich nur wenig gelb gefärbte Produkte erhalten, wenn die Schlußtemperatur beim Polymerisieren
nicht wesentlich über go" gesteigert wird. Es hat sich aber weiter 'ergeben, daß
die Festigkeitseigenschaften wesentlich besser werden, wenn man die Temperatur noch
etwa io bis 2o' höher wählt und die Vergilbung in Kauf nimmt, also mindestens bis
auf i oo bis i i o' geht, weil augenscheinlich bei dieser Temperatur eine besondere
Verfestigung stattfindet, wie man sie sonst beim Polymerisieren von Acrylverbindungen
nicht beobachtet. Es ist zwar bekannt, daß man durch nachträgliches Erhitzen die
Festigkeitswerte von Acrylverbindungen noch erhöhen kann; bei diesen bekannten Vorgängen
handelt es sich aber ganz augenscheinlich um die Beseitigung letzter Reste von nionomercn
Anteilen, die die Festigkeitseigenschaften der Polymerisate ganz wesentlich beeinflussen.
Bei dem vorliegenden Nitrilmischpolymerisat findet aber eine wesentliche Änderung
seiner Eigenschaften bei einer Temperatur von etwa i oo' statt, die wohl durch Änderungen
im molekularen Aufbau verursacht sein dürfte.
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Die Polvmerisationszeit kann wesentlich verkürzt werden, wenn unter
Druck, und zwar vorzugsweise in Gegenwart von inerten Gasen, gearbeitet wird, z.
B. bei einem Druck von i o bis .1o Atm. Unter Druck ist die Gefahr der Bildung trüber
Produkte geringer, so daß keine sorgfältige Beachtung der Temperatur nötig ist.
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Zur Erzielung der Polymerisation kann man sich der bekannten Hilfsmittel,
wie Licht, Katalysatoren usw., bedienen. Die für Acrylharze bekannten Katalysatoren,
wie z. B. Wasserstoffperoxycä, Benzoylperoxyd, Acetylperoxyd, sind brauchbar. Besonders
zweckmäßig für die erfindungsgemäßen bestimmten Mischungen ist jedoch die Verwendung
von Tetrahydronaphthalinperoxyd als Katalysator. Die besondere Wirkung dieses Katalysators
für die erfindungsgemäßen Mischungen liegt darin, daß die fergilbung der PoIymerisate
praktisch ausreichend verhindert werden kann.
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Mischpolymerisate gemäß der vorliegenden Erfindung können auch erhalten
werden, wenn die Polymerisation in Gegenwart von organisehen Lösungs- oder Verdünnungsmitteln,
wie Essigester, Benzol, Aceton, Metliyliitli3#llceton, Benzin, oder auch in Gegenwart
von Wasser durchgeführt wird.
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In gerissen Fällen kann es von Vorteil sein, die rascher polymerisierenden
Bestandteile des zu polymerisierenden Gemisches erst im Laufe der folymerisation
anteilweise oder kontinuierlich zuzugeben.
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Während reiner Polymethacryls,-itiremetliylester sich bei der Deliandlung
mit einem Gemisch aus gleichen Teilen Benzol, Benzin und Alkohol bei 6o' vollständig
auflöst, tritt bei den erfindungsgemäßen Mischpolynicrisaten nur eine verhältnismäßig
geringe Lösungsmittelaufnahine auf. Sie beträgt bei einem \itrilgehalt von 40 50
6o ;00,0 9.9 5.9 1 ,75 050,'0. Das vorbeschriebene Mischpolynierisat
finit 250,'o Nitrilgehalt nimmt demgegenüber 750`o des Lösungsmittelgeinisches unter
den gleichen Bedingungen auf. Man erkennt, da13 gerade
die beanspruchten
Mischpolymerisate sich grundsätzlich in ihrem Verhalten von dem v orbeschriebenen
Mischpolymerisat unterscheiden, indem bei Heraufsetzung der Menge an Acrylsäurenitril
eine sprunghafte Veränderung der Lösungsmittelbeständigkeit erfolgt.
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Ähnliches wie für die Lösungsmittelfestigkeit gilt auch für die mechanischen
Festigkeitswerte. Während sich das vorbeschriebene Mischpolymerisat beispielsweise
in bezug auf die Zugfestigkeit kaum wesentlich von Polymethacrylsäuremethylester
unterscheidet (etwa 75o kg/cm2 gegenüber etwa 74o kg/cm=), erreicht die Zugfestigkeit
der erfindungsgemäßen Mischpolymerisate Werte von über 8oo kg/cm2. Ein Mischpolymerisat
aus 700;o Acrylsäurenitril und 30010 Methacry lsäuremethylester zeigt die
außerordentlich hohe Zugfestigkeit von etwa 95o kg/cm2.
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Auch in bezug auf die Schlagbiegefestigkeit, Biegefestigkeit und Kugeldruckhärte
sind die erfindungsgemäßen Mischpolymerisate dem vorbeschriebenen deutlich überlegen.
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Auch hinsichtlich der Wärmefestigkeit hat sich bei den erfindungsgemäßen
Mischpolymerisaten eine überraschung-gezeigt. Während Polymethacrylsäuremethylester
eine Wärmefestigkeit nach V i c a t von 120' aufweist, ergibt sich für das vorbeschriebene
Mischpolymerisat mit 250jo Acrylsäurenitril ein Abfall um 25° auf 95°. Der Fachmann
mußte daher annehmen, daß die Wärmefestigkeit bei noch höherem Zusatz von Acrylsäurenitril
völlig unzureichend sein würde. Überraschenderweise kommt aber der Abfall zum Stillstand;
es tritt sogar ein deutlicher Wiederanstieg auf. Die Wärmefestigkeiten der erfindungsgem'ä'en
Mischungen mit beispielsweise
40 6o 700Jo Acrylsäurenitril |
betragen 89 9o 96°. |
Das sind Werte, die die Verwendung der Kunststoffe durchaus gestatten, während der
Fachmann befürchten mußte, daß die Wärmefestigkeiten unterhalb der Brauchbarkeitsgrenze
liegen würden. Beispiele i. 6o Gewichtsteile Methacrylsäuremethylester werden mit
4o Gewichtsteilen Acrylsäurenitril unter Zusatz von o, 5 % Tetrahydronaphthalinperoxyd
in einer Kammer mit wandernden Wandungen (Patent 639 o95) zunächst 3 Tage auf etwa
5o° erhitzt, dann i Tag auf 6o°, i Tag auf 70° usw. bis io5°. Es wird ein schwach
gelblich gefärbtes und nur geringfügig trübes, gut durchsichtiges Mischpolymerisat
erhalten, das sich durch eine größere Härte, Druckfestigkeit, Biegungsfestigkeit,
Zugfestigkeit, bessere Elastizität usw. vor den bisher besten Polymerisaten der
Acrylpolymerisatenreihe auszeichnet. In der nachstehenden Tabelle sind einige Eigentschaften
eines Mischpolymerisates, das nach vorstehendem Beispiel erhalten werden kann, vergleichsweise
mit einem Estermischpolymerisat zusammengestellt.
,ilischpolymerisat LNlischpolymerisat |
aus 86",'o Sethyl- aus 60°,!o v@ethyl- |
Festigkeitswerte methacrylat, methacrylat |
i2°,', ßutvlacrylat, oo; Acry@säure- |
201o phthalsäure- `k ° nitril |
dibutylester |
Biegefestigkeit ............................. kg/cm2 116o 7400 |
Zugfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . - _ 530 8oo bis 85o |
Druckfestigkeit............................. - 850 13oo
bis 1350 |
Scherfestigkeit ............................. - 550
700 |
Brinellhärte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . 5/50h0 12oo bis 14oo 15oo bis 17oo |
M'ärmefestigkeit nach Vicat .... . . .. ....... .. . .. ...
82° 87 bis 88° |
2. Es wird wie bei Beispiel i gearbeitet. Es werden auf ioo Gewichtsteile Mischung
0,2 Gewichtsteile eines der bekannten in Acetylcellulose löslichen blauen Farbstoffe
zugegeben. ' 3. Es wird mit einer Mischung aus 2o Teilen Acrylsäurebutylester, 4o
Teilen i4Iethacrylsäuremethylester, 4o Teilen Acrylsäurenitril entsprechend den
Angaben im Beispiel i gearbeitet. In dem erhaltenen Reaktionsprodukt ist die geringe
Trübung, wie sie in dem vorhergehenden Beispiel noch vorhanden ist, praktisch beseitigt.
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4. 4o Teile Methacrylsäuremetliylester, 6o Teile Acrylsäurenitril,
o,5 Teile Tetrahydronaphthalinperoxyd werden entsprechend den Beispielen i bis 3
polymerisiert. Es wird ein gelblich gefärbtes Reaktionsprodukt erhalten.
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5. 2o Teile Metliacrylsäureätliylester, 8o Teile Acrylsäurenitril
werden im Autoklaven bei 4o Atm. Stickstoff Druck zunächst
5 Stunden
bei 6o bis 65°, dann nach io Stunden langsam steigend bis ioo° polymerisiert. Das
Reaktionsprodukt hat eine etwas stärkere Trübung.
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6. 6o Teile Methylmethacrylat, ^ 4o Teile Acrylsäurenitril, i oo Teile
Methyläthylketon, o,5 Teile Tetrahydronaphthalinperoxyd werden 4 Tage im ölbad bei
einer ölbadtemperatur von ungefähr i05 bis 1i5° polymerisiert.
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Nach Entfernung des Lösungsmittels wird ein hellgelbes, völlig klares
Polymerisat erhalten mit einer Ausbeute von- 95 bis 980l0. Man kann aber auch das
Polymerisat durch Zugabe von weiteren Mengen an Methyläthylketon ganz in Lösung
bringen und die Lösung zur Herstellung von Filmen, zum Imprägnieren usw. verwenden.
Es ist bekannt, Mischpolymerisate aus ' 2 5 % Acrylsäurenitril und 75010
Methacrylsäuremethylester
herzustellen. Aus diesen bekannten Angaben konnte der Fachmann entnehmen, daß Methacrylsäuremethylester
im Gemisch mit verhältnismäßig geringen Mengen, z. B. solchen von etwa 250/0 Acrylsäurenitril,
noch brauchbare Mischpolymerisate liefert. Nachdem aber bekannt war, daß Acrylsäurenitril
für sich allein polymerisiert keine zusammenhängenden Körper, sondern ein Polymerisatpulver
liefert, mußte der Fachmann befürchten, daß bei Zusatz größerer Mengen Acrylsäurenitril
zu Methacrylsäuremethylester vor der Polymerisatiori Produkte von geringer Festigkeit
und Beständigkeit entstehen. Er konnte diesen Bedenken gegenüber keinesfalls voraussehen,
daß gerade Mischpolymerisate mit höherem Gehalt an Acrylsäurenitril, nämlich solche
mit etwa 4o bis 8o%, ganz besonders ausgezeichnete Eigenschaften besitzen.- Die
erfindungsgemäßen Mischpolymerisate stellen nun tatsächlich in bezug auf ihre mechanischen
Eigenschaften und auf ihre Lösungsmittelfestigkeit eine vorher nicht erreichte Spitzenleistung
auf dem Gebiete der Polymerisatkunststoffe dar.
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Die Mischpolymerisate nach der Erfindung finden allein oder in Mischung
mit bekannten Zusatzstoffen Verwendung als organisches Glas, zur Herstellung von
Spritzgußartikeln, Kunstseide, Werkstoffplatten, Zahnrädern und anderen Konstruktionsteilen
und für alle übrigen Zwecke, für die man Kunststoffe verwenden kann. Die Lösungen
und Dispersionen können zum Imprägnieren von Papier, Leder, Gewebe usw., zum Lackieren
und für ähnliche Zwecke verwendet werden.