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HINTERGRUND
DER ERFINDUNG
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Es
besteht ein wachsendes Interesse an der Entwicklung und Herstellung
von Fluidiksystemen im Mikromaßstab
zum Erhalt von chemischen und biochemischen Informationen sowohl
im Rahmen von präparativen
als auch analytischen Methoden. Die Anpassung von Technologien aus
der Elektronikindustrie, wie beispielsweise Photolithographie, nasschemisches Ätzen und
dergleichen, trug zum Anstieg dieses Interesses bei.
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Eines
der ersten Gebiete, auf dem Mikrofluidiksysteme zur chemischen und
biochemischen Analyse Anwendung fanden, war der Bereich der Kapillarelektrophorese
(CE). CE-Systeme setzen im Allgemeinen Kapillaren aus geschmolzenem
Silica, und in jüngster
Zeit auch in planare Siliciumdioxidsubstrate geätzte Kanäle, ein, die mit einer angemessenen
Trennmatrix oder -medium gefüllt
sind. Eine zu analysierende Fluidprobe wird an einem Ende der Kapillare
oder des Kanals injiziert. Das Anlegen von Spannung entlang der
Kapillare ermöglicht
dann die elektrophoretische Wanderung der Spezies in der Probe.
Unterschiedliche elektrophoretische Mobilitäten der Bestandteile einer
Probe, z.B. aufgrund ihrer unterschiedlichen Nettoladung oder Größe, ermöglichen
ihre Trennung, Identifikation und Analyse. Um den Aspekt des Trennens
der CE-Anwendungen zu verbessern, hat die Forschung nach Wegen zur
Maximierung der elektrophoretischen Mobilität geladener Spezies relativ
zueinander und relativ zum Fluss des Fluids durch die Kapillare,
der z.B. durch Elektroosmose entsteht, gesucht. Vgl. u.a. das U.S.-Patent
Nr. 5.015.350 (Wiktorowicz) und das U.S.-Patent Nr. 5.192.405 (Petersen
et al).
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Abgesehen
von diesen CE-Anwendungen haben sich die Technologien der Elektronikindustrie
auch auf die Herstellung von Fluidiksystemen in kleinem Maßstab zum
Transport von geringen Fluidvolumen entlang relativ kleiner Flächen, um
eine oder mehrere vorbereitende oder analytische Manipulationen
an diesem Fluid vorzunehmen, konzentriert. Diese Nicht-CE-Fluidiksysteme
unterscheiden sich von den CE-Systemen
insofern, als ihr Ziel nicht in der elektrophoretischen Trennung
der Bestandteile einer Probe oder eines Fluids liegt, sondern auf
den Volumentransport der Fluide und der in diesen Fluiden enthaltenen
Materialien abzielen. Typischerweise basierten diese Nicht-CE-Fluidiksysteme
auf der mechanischen Fluidrichtung und Transportsystemen, wie beispielsweise
Miniaturpumpen und -ventilen, um den Transport von Material von
einem Ort zu einem anderen durchzuführen. Vgl. beispielsweise die
veröffentlichte
PCT-Anmeldung WO 97/02357. Die Herstellung solcher mechanischer
Systeme kann jedoch äußerst schwierig
und kostenaufwendig sein, und sie stellen noch immer keine präzise Fluidiksteuerung
von Volumen bereit, deren Menge wesentlich unter dem Mikroliterbereich
liegt.
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Elektroosmotische
(E/O) Fließsysteme
wurden beschrieben, die eine wesentliche Verbesserung gegenüber diesen
mechanischen Systemen bereitstellen, vgl. z.B. die veröffentlichte
PCT-Anmeldung WO 96/04547 von Ramsey et al. Typischerweise funktionieren
derartige Systeme durch Anlegen einer Spannung entlang einem fluidgefüllten Kanal,
dessen Oberfläche
oder Wände
geladene oder ionisierbare, mit diesen assoziierte Gruppen aufweisen,
um einen elektroosmotischen Fuss des Fluids in die Richtung des
Stroms auszulösen.
Trotz der wesentlichen Verbesserungen, die diese elektroosmotischen
Fluidleitsysteme bereitstellen, bleibt noch viel Raum für Verbesserungen
bei der Anwendung dieser Systeme. Die vorliegende Erfindung befriedigt
diese und andere Bedürfnisse.
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Zusammenfassung
der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung stellt im Allgemeinen Verfahren und Systeme
bereit, die für
den gesteigerten Transport und die Führung von Materialien unter
Verwendung des elektroosmotischen Flusses eines Fluids, das eben
diese Materialien enthält,
sorgen. Beispielsweise stellt die gegenständliche Erfindung in einem ersten
Aspekt Verfahren zur Steigerung des Materialtransports durch elektroosmotischen
Fluss bereit, wie in Abspruch 1 dargelegt.
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In
einem verwandten Aspekt stellt die Erfindung weiters Verfahren zum
Transport von zumindest einem ersten und einem zweiten diskreten
Fluidvolumen entlang einem fluidgefüllten Kanal bereit, wie in
Anspruch 12 dargelegt.
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Zudem
stellt die vorliegende Erfindung Mikrofluidiksysteme bereit, wie
in Anspruch 17 dargelegt, die diese gesteigerte Flussleitungs- und
Transportverfahren einsetzen, d.h. für einen solchen gesteigerten
Fluidransport und -führung
innerhalb einer mikroskaligen Fluidkanalstruktur sorgen. Im Besonderen
umfassen diese Mikrofluidiksysteme zumindest drei Öffnungen,
die an den Enden von zumindest zwei sich kreuzenden Kanälen, die
zur Unterstützung
des elektroosmotischen Flusses fähig,
angeordnet sind. Typischerweise weist zumindest einer der sich kreuzenden
Kanäle
zumindest eine Querschnittsgröße von etwa
0,1 μm bis
etwa 500 μm
auf. Jede der Öffnungen
kann eine Elektrode umfassen, die in elektrischem Kontakt mit dieser
angeordnet ist. Weiters umfasst das System ein in den Kanälen angeordnetes
Fluid, wobei das Fluid in elektrischem Kontakt mit den Elektroden
steht und worin das Fluid eine wirksame Konzentration einer zwitterionischen
Spezies umfasst.
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Kurzbeschreibung
der Zeichnungen
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1 ist eine schematische Darstellung der
Wirkung der elektrophoretischen Mobilität geladener Spezies auf die
Wanderung dieser Spezies in einem kohärenten elektroosmotischen Fluidfluss. 1A veranschaulicht
eine optimale Situation, in der unterschiedlich geladene chemische
Spezies, die in einem Fluid enthalten sind, scheinbare Mobilitäten aufweisen,
die im Wesentlichen der elektroosmotischen Flussrate des Fluids
entspricht. 1B veranschaulicht eine Situation,
in der die scheinbare Mobilität
von positiv geladenen Spezies größer als
die Rate des elektroosmotischen Flusses und die scheinbare Mobilität von negativ
geladenen Spezies geringer ist als die Rate des elektroosmotischen
Flusses oder entgegengesetzt zu dieser verläuft, was zu einer elektrophoretischen
Vorspannung der geladenen Spezies in den diskreten Fluidvolumen
führt. 1C veranschaulicht
eine Situation, in der die scheinbaren Mobilitäten einer geladenen Spezies
wesentlich von der Rate des elektroosmotischen Flusses des Fluids
abweichen, sodass sich die geladen Spezies in den zwei diskreten
Fluiden überlappen.
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2 ist
ein Graph, der die Einwirkung von Sulfobetain auf den elektroosmotischen
Fluss und die scheinbare Mobilität
geladener Spezies unter den Bedingungen des elektroosmotischen Flusses
aufzeigt.
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3 veranschaulicht
eine Mikrofluidikvorrichtung, die zur Durchführung von Enzymhemmertests
verwendet wird.
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4 zeigt
eine graphischen Vergleich von Enzymhemmertests in Gegenwart und
in Abwesenheit der zwitterionischen Verbindung NDSB.
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Detaillierte
Beschreibung der Erfindung
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Allgemein
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Die
vorliegende Erfindung stellt im Allgemeinen Verfahren und Systeme
für den
gesteigerten Transport und die Führung
von Materialien in Fluidiksystemen unter Verwendung des elektroosmotischen
Flusses eines Fluids, das eben diese Materialien enthält, bereit.
Unter "gesteigertem
Transport und Führung" ist allgemein der
elektroosmotische Fluss und die Führungsrichtung von Fluiden
in Fluidiksystemen zu verstehen, die (1) eine Reduktion der elektrophoretischen
Mobilität
einer geladenen Spezies relativ zum elektroosmotischen Fluss des
diese Spezies enthaltenden Fluids; und/oder (2) einen Anstieg des
gesamten elektroosmotischen Flusses dieses Fluids relativ zu Systemen,
die die vorliegende Erfindung nicht umsetzen, an den Tag legen, so
wie hierin beschrieben ist.
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A. Reduktion der elektrophoretischen
Mobilität
von geladenen Spezies
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Wie
zuvor angemerkt wurde, besteht das allgemeine Ziel von Kapillarelektrophorese-Anwendungen in der
Maximierung der Trennung von verschiedenen, in einer interessierenden
Probe enthaltenen Spezies, um diese Spezies getrennt zu analysieren,
ihre Gegenwart in der Probe nachzuweisen und dergleichen. Dies wird ausgeführt, indem
der Unterschied zwischen den elektrophoretischen Mobilitäten dieser
Spezies, der sich aus Unterschieden der Größe und/oder der Nettoladung
ergeben kann, maximiert wird.
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Bei
den hierin beschriebenen E/O-Fluidführungssystemen sind jedoch
die Ziele im Vergleich zu denen von CE-Systemen von etwas anderer
Art. Im Besonderen besteht das allgemeine Ziel derartiger E/O-Fluidführungssysteme
im Transport und/oder der Führung
von interessierenden Materialien, die in einem Fluidvolumen oder
mehreren diskreten Fluidvolumen enthalten sind, unter Verwendung
eines gesteuerten E/O-Flusses von einem Ort im System zu einem anderen.
Da diese Fluide im Allgemeinen einer weiteren Manipulation oder Kombination
mit anderen Fluiden unterworfen werden sollen, ist es im Allgemeinen
wünschenswert,
den Transport dieser Fluide ohne wesentliche Veränderung ihrer Konstitution,
d.h. ohne elektrophoretische Trennung oder Vorspannung der in den
Fluiden enthaltenen Materialien von unterschiedlicher Ladung oder
Größe, durchzuführen.
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Ähnlich ist
es bei der Verwendung dieser Systeme für den seriellen Transport kleiner
Fluidvolumen oder mehrerer diskreter Volumen unterschiedlicher Fluide
entlang denselben Kanälen
wünschenswert,
diese Fluidvolumen so kohärent
wie möglich
zu transportierten, d.h. das Verschmieren dieser Materialien oder
die Diffusion der Fluide zu minimieren. Im Besonderen erlaubt, aufgrund
der bevorzugten Verwendung dieser Systeme im Mikrofluidikanwendungen,
die verbesserte Kohärenz
eines bestimmten Fluidvolumens innerhalb des E/O-Flusssystems den
Transport einer größeren Anzahl
von unterschiedlichen Fluidvolumen pro Zeiteinheit. Spezifisch ermöglicht die
Aufrechterhaltung einer höheren
Fluidvolumenkohärenz
den näher
aneinander liegenden Transport von getrennten Fluidvolumen durch
die Kanäle
des Systems, ohne dass diese Volumen dabei übermäßig vermischt werden. Weiters
erlaubt die Aufrechterhaltung der maximalen Fluidvolumenkohärenz während des
Transports und der Führung
des Fluids eine präzisere
Steuerung der volumetrischen Abgabe der Materialien innerhalb dieser
Systeme.
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Trotz
der abweichenden Ziele von CE-Systemen und den in der vorliegenden
Erfindung eingesetzten E/O-Flusssytemen führt in beiden Fällen die
Anlegung eines elektrischen Felds entlang einem interessierenden
Fluid, das geladene Spezies umfasst, im Grunde zum selben Ergebnis.
Wenn nun ein interessierendes Fluid geladene Spezies umfasst oder
aus einer Vielzahl unterschiedlich geladener chemischer Spezies
besteht, so bedeutet dies spezifisch, dass die Anlegung einer Spannung
an ein Fluid, z.B. um einen E/O-Fluss auszulösen, zu einer Elektrophorese
der unterschiedlich geladenen Spezies mit unterschiedlichen Raten
führen.
So weisen in einem Kanal mit negativem Oberflächenpotential die negativ geladenen
Spezies eine elektrophoretische Mobilität auf, die entgegengesetzt
zur Richtung des E/O-Flusses verläuft, während positiv geladene Spezies
eine elektrophoretische Mobilität
in dieselbe Richtung wie der E/O-Fluss an den Tag legen. Je größer die
Anzahl der Ladungen einer bestimmten Spezies, desto größer ihre
elektrophoretische Mobilität
in dieselbe oder in die entgegengesetzte Richtung des E/O-Flusses.
In Systemen; die die elektroohmotische Fluidführung einsetzen, führt dies
zu einer tatsächlichen
Trennung von unterschiedlich geladenen Spezies, die im transportierten
Fluid enthalten sind.
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Wird
ein bestimmtes Volumen einer gegebenen Fluidprobe transportiert,
kann diese Trennung zu einer elektrophoretischen Vorspannung der
Probe führen,
in der die positiv geladenen Spezies eine größere scheinbare Mobilität als die
negativ geladene Spezies aufweisen. So wie hierin verwendet bezeichnet "scheinbare Mobilität" allgemein die Gesamtmobilität einer
beliebigen Spezies im Fluidiksystem. Bei den Systemen der vorliegenden
Erfindung ist die scheinbare Mobilität typischerweise als die Rate
der E/O-Mobilität
plus die elektrophoretische Mobilität definiert. Verläuft die
elektrophoretische Mobilität
entgegengesetzt zur Richtung des E/O-Flusses, d.h. negativ, so führt dies
zu einer scheinbaren Mobilität,
die geringer ist als die E/O-Mobilität.
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Im
Fall von Spezies mit hoher elektrophoretischer Mobilität, z.B.
stark geladener Spezies, kann diese Wirkung bis zu einem Punkt verstärkt werden,
an dem die scheinbare Mobilität
einer solchen Spezies wesentlich anders ist als die E/O-Mobilität des Fluids,
in dem sie enthalten ist. Beispielsweise können Spezies mit mehrfach negativen
Ladungen eine elektrophoretische Mobilität aufweisen, die im Wesentlichen
entgegengesetzt zur Richtung der E/O-Mobilität verläuft, was zu einer wesentlichen
Reduktion der scheinbaren Mobilität dieser Spezies führt. Ist
diese Reduktion ausreichend groß,
so kann sie dazu führen,
dass Spezies tatsächlich vom
transportierten Fluidvolumen "zurückgelassen" werden.
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Umgekehrt
kann eine Spezies, die mehrere positive Ladungen trägt, eine
scheinbare Mobilität
aufweisen, die weitaus größer als
die des transportierten Fluids und der anderen darin enthaltenen
Spezies ist, sodass diese Spezies weit vor dem Fluidvolumen transportiert
wird.
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Dieses
Problem ist von geringerer Bedeutung, wenn große Fluidvolumen von einem Ort
zu einem anderen transportiert werden, spezifisch können die
Auswirkungen der elektrophoretischen Trennung eines Fluids durch
Verwenden größerer Volumen
verringert werden, wodurch der Anteil der vorgespannte Abschnitte des
Fluids am Gesamtfluid reduziert wird.
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Das
Ausmaß des
Problems wird aber wesentlich größer, wenn
ein relativ kleines Fluidvolumen oder mehrere kleine Volumen desselben
oder unterschiedlicher Fluide transportiert werden sollen, ohne
dabei die in den einzelnen Fluidvolumen enthaltenen Materialien
zu trennen oder die separaten Volumen enthaltenen Materialien zu
mischen. Spezifisch wandern beim Transport eines oder einer Reihe
von diskreten Volumen eines bestimmten Fluids oder mehrerer Fluide,
z.B. Proben, Testverbindungen, verschiedene Elemente eines Screening-Systems,
Spezies mit scheinbaren Mobilitäten,
die wesentlich anders sind als die E/O-Mobilität dieses Fluidvolumens vor
und hinter dem Fluidvolumen, wodurch die zu transportierenden Materialien
verschmieren. Wie zuvor beschrieben ist dies ein großer Nachteil,
wenn eine relativ präzise
Fluidsteuerung erwünscht
ist oder wenn kleinere tatsächliche
Volumen verwendet werden. Sollen beispielsweise Verbindungen gescreent werden,
die ein bestimmtes Reaktionsgemisch, z.B. ein biochemisches System,
beeinträchtigen,
ist es im Allgemeinen wünschenswert,
die für
diesen Screen benötigten
Elemente, beispielsweise Enzyme, Substrat und Testinhibitor, zu
mischen und diese Elemente zusammen inkubieren zu lassen, während sie
zum letztendlichen Detektionsbereich transportiert werden. Werden
nun diese Elemente aufgrund ihrer unterschiedlichen elektrophoretischen
Mobilitäten
getrennt, so kann dies wesentliche negative Auswirkungen auf die
Gesamteffizienz des Screening-System haben.
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Wichtiger
noch ist, dass beim Transport einer Spezies in einem ersten transportierten
Volumen mit einer scheinbaren Mobilität, die wesentlich unter der
E/O-Mobilität des Fluids
liegt, während
eine Spezies in einem zweiten oder folgenden Volumen eine scheinbare
Mobilität
aufweist, die wesentlich höher
ist als die E/O-Mobilität des zu übermittelnden
Fluids, es zu einer Überlappung
dieser beiden Spezies im Fluidsystem kommen kann.
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Die
oben beschriebenen Probleme sind schematisch in 1 dargestellt. 1A zeigt
eine optimale Situation, in der diskrete Volumen oder Regionen von
Fluiden in einem Kanal (Fluide AB und XY, unterstrichen dargestellt)
verschieden geladene Spezies enthalten, z.B. X+ und Y- sowie A+
und B-. In dieser optimalen Situation weisen diese unterschiedlich
geladenen chemischen Spezies eine scheinbare Mobilität auf, die
nicht wesentlich von der E/O-Mobilität des diese Spezies enthaltenden
Fluids ist. In der Folge werden die verschiedenen Spezies im Wesentlichen
in ihren separaten Fluidregionen gehalten. 1B veranschaulicht
den Schmiereffekt, der auftritt, wenn geladene Spezies aufgrund
ihrer größeren elektrophoretischen
Mobilitäten damit
beginnen, ihre jeweiligen Fluidvolumen oder Regionen zu verlassen.
Dies führt
zu einem Verschmieren der transportierten Materialien und senkt
die Präzision,
mit der diese Materialien transportiert werden können, wesentlich. Letztendlich
veranschaulicht 1C die Situation, in der sich
die elektrophoretische Mobilität
der geladenen Spezies so wesentlich von der E/O-Mobilität der Fluidregionen
unterscheidet, dass es eine Überlappung
und Vermischung der unterschiedlich geladenen Spezies aus unterschiedlichen
Fluidregionen eintritt. Das Vermischen separater Fluidvolumen sorgt
für wesentliche
Probleme, wenn ein Fluidsystem zum seriellen Transport mehrerer
unterschiedlicher Fluide eingesetzt wird, wie z.B. in der WO 98/00231
beschrieben ist.
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Es
wurden Verfahren entwickelt, um eine übermäßige elektrophoretische Mobilität von geladenen Spezies
zu verhindern und/oder zu korrigieren, wenn diese Spezies in E/O-Fluidführungssystemen
transportiert werden, indem Fluidbarrieren rund um das zu transportierende
Fluid eingebaut werden, an denen die elektrophoretische Mobilität dieser
geladenen Spezies wesentlich verringert wird, vgl. beispielsweise
das U.S.-Patent Nr. 5.880.071.
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Im
Allgemeinen werden der gesteigerte E/O-Materialtransport und die
Führung,
für die
die vorliegende Erfindung sorgt, durch die Bereitstellung einer
Verbindung oder mehrerer Verbindungen innerhalb der Fluidkomponente
des Systems, die zur Reduktion der Auswirkungen eines solchen E/O-Systems
auf die im Fluid enthaltenen geladenen Spezies fähig sind, erzielt. Beispielsweise
führt die
Einbindung dieser Verbindungen in den Fluidkomponenten des E/O-Flusssystems
typischerweise zu einer Verringerung der elektrophoretischen Mobilität und der
scheinbaren Mobilität
von unterschiedlich geladenen Spezies.
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In
bevorzugten Aspekten werden zwitterionische Verbindungen oder Kombinationen
solcher zur Reduktion der elektrophoretischen Mobilität von Materialien
eingesetzt, die in den unter Verwendung dieser E/O-Fluidführungssysteme
zu transportierenden Fluiden enthalten sind, wodurch die in 1A veranschaulichte
optimale Situation geschaffen oder im Wesentlichen geschaffen wird.
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Ohne
an eine bestimmte Betriebstheorie gebunden zu sein wird angenommen,
dass solche zwitterionischen Verbindungen zu den geladenen Spezies
in einem schichtartigen Komplex in Wechselwirkung treten. Der "Komplex" weist dieselbe Nettoladung
wie die geladene Spezies auf, jedoch ist die Ladung in einer sehr viel
größeren Struktur
verteilt, die das Verhältnis
Ladung:Größe wirksam
senkt und die elektrophoretische Mobilität des Komplexes reduziert.
Da Zwitterionen dipolare Moleküle
sind, können
sie wirksam auf positiv und negativ geladene Spezies angewendet
werden.
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Obwohl
auch andere Verfahren wirksam zur Reduktion des Verhältnisses
Ladung:Größe von Verbindungen
in einem E/O-Fluidführungssystem
eingesetzt werden können,
gehen mit diesen Verfahren zahlreiche Probleme einher. Beispielsweise
kann das Anheben oder Senken des pH-Werts des die Spezies enthaltenden Fluids
auf wirksame Weise das Ladungsniveau einer chemischen Spezies durch
Protonieren oder Deprotonieren von darin enthaltenen funktionellen
Gruppen senken. Während
dies zwar zur Reduktion der Nettoladung einer Spezies wirksam ist,
kann dieses Verfahren auch wesentliche negative Auswirkungen haben.
Spezifisch kann, wenn das Fluidiksystem zur Analyse von biologischen
Systemen, beispielsweise enzymatischen Reaktionen, Rezeptor/Ligand-Wechselwirkungen,
oder zum Transport von anderen, gegenüber extremen pH-Werten empfindlichen
Materialien eingesetzt wird, die wesentliche Änderung des pH-Werts, beispielsweise
von neutralen oder physiologischen Bedingungen, dazu führen, dass
das System deutlich außerhalb
des für
die folgende Manipulation oder Analyse optimalen pH-Bereichs liegt.
In einigen Fällen
kann der optimale pH-Bereich zur Senkung der Nettoladung einer bestimmten
Spezies aktive Komponenten der transportierten Materialien denaturieren
oder anderweitig beeinträchtigen.
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Die
Eingliederung von zwitterionischen Verbindungen, so wie hierin beschrieben,
ist hingegen gut mit Systemen, die zum Transport von dem pH-Wert
gegenüber
empfindlichen Materialien eingesetzt werden, z.B. Systeme, die zur
Analyse biologischer Systeme eingesetzt werden, kompatibel. Im Besonderen
können
verschiedene zwitterionische Verbindungen, beispielsweise mit unterschiedlicher
pH, je nach pH-Empfindlichkeit des
transportierten Materials ausgewählt
werden. Demgemäß ist die
Erfindung, wie aus obiger Erörterung
hervorgeht, besonders für
E/O-Fluidführungssysteme
geeignet, in denen die zu transportierenden Materialien biologische
Materialien, wie beispielsweise Enzyme, Substrate, Liganden, Rezeptoren
oder andere Elemente aus biologischen oder biochemischen Systemen,
wie beispielsweise den in der WO 98/00231 definierten Systemen,
umfassen.
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Ein
weiteres Verfahren kann zur Beeinflussung des Verhältnisses
Ladung:Größe eines
geladenen Moleküls
oder Spezies, das/die in einem E/O-Fluidführungssystem von Interesse
ist, herangezogen werden und umfasst die Wechselwirkung des geladenen
Moleküls
mit einem anderen Molekül
oder Spezies, sodass die beiden Moleküle einen Komplex mit einem
anderen Verhältnis
Ladung:Größe bilden.
Fluoreszein ist, nur um ein Beispiel anzuführen, ein Molekül, das zwei
negative Ladungen trägt
und einen pH-Wert oberhalb des neutralen Bereichs aufweist. Die
elektrophoretische Mobilität
dieses Moleküls
kann einfach durch Zusetzen eines Antikörpers, wie beispielsweise Antifluoreszein,
zur Lösung
geändert
werden. Der resultierende Komplex weist eine wesentlich geringere
elektrophoretische Mobilität
als Fluoreszein alleine auf. Obwohl diese Verfahren Wirkung zeigt,
bringt es auch einige Nachteile mit sich. Da eine Verbindung, die
sich mit dem interessierenden geladenen Molekül verbindet, identifiziert
werden muss, muss für
jede geladene Molekülspezies
im Fluid und für
jedes der im System verwendeten unterschiedlichen Fluide eine spezifisch
bindende Verbindung identifiziert werden. Weiters kann, was auch
auf den obgenannten Fall des Fluoreszein/Antifluoreszein-Komplexes zutrifft,
die Einbindung eines aktiven Moleküls in einen größeren Komplex
negative Auswirkungen auf die gewünschte Aktivität oder Funktion
dieses Moleküls
haben, d.h. die Fluoreszenz wesentlich senken.
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Die
Verfahren und Systeme der vorliegenden Erfindung hingegen weisen
diese Probleme nicht auf. Beispielsweise ist die Wirkung der zwitterionischen
Verbindungen zur Reduktion der elektrophoretischen Mobilität von geladenen
Spezies allgemein anwendbar, d.h. es bedarf keiner spezifischen
Wechselwirkung zwischen der geladenen Spezies und dem Zwitterion.
Zudem hat die Art dieser Wechselwirkung nur eine geringe oder gar
keine Auswirkung auf die Eigenschaften des geladenen interessierenden
Moleküls.
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B. Steigerung der E/O-Mobilität
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Zusätzlich zu
den Vorteilen der Reduktion der elektrophoretischen Mobilität von geladenen
Spezies in Fluiden, die unter Verwendung von E/O-Fluidführungssystemen
transportiert werden, kann die Einbindung von zwitterionischen Verbindungen
in vielen Systemen auch einen Anstieg der E/O-Mobilität im Fluidführungssystem bewirken,
wodurch die scheinbare Mobilität
des transportierten Materials weiter optimiert wird.
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Im
Besonderen hat sich gezeigt, dass die Einbindung von zwitterionischen
Verbindungen in Fluiden, die in E/O-Fluidführungssystemen transportiert
werden, die E/O-Mobilität
dieser Fluide anhebt. Dieser Effekt tritt dann besonders deutlich
zutage, wenn diese Fluide eine Proteinkomponente oder eine andere
größere, geladene
Molekülspezies
umfassen.
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II. Nützliche Verbindungen für die praktische
Anwendung der Erfindung
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Eine
Vielzahl von zwitterionischen und verwandten chemischen Verbindungen
kann gemäß der vorliegenden
Erfindung verwendet werden. Beispielsweise umfassen solche Verbindungen
Betain, Sulfobetain, Taurin, Aminomethansulfonsäure, zwitterionische Aminosäuren, wie
beispielsweise Glycin, Alanin, β-Alanin
usw., sowie andere zwitterionische Verbindungen, wie beispielsweise
HEPES, CAPS, MES und Tricin und dergleichen. In besonders bevorzugten
Aspekten werden nicht-detergierende Sulfobetaine von niedrigem Molekulargewicht
in den Verfahren der vorliegenden Erfindung eingesetzt, wie beispielsweise
Dimethylethylaminopropansulfonsäure,
Dimethylbenzylaminopropansulfonsäure
und 3-(N-Pyridinium)propansulfonsäure.
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Obwohl
sich die Beschreibung hier im Allgemeinen auf eine einzelne Spezies
einer zwitterionischen Verbindung bezieht, so versteht es sich,
dass die vorliegende Erfindung auch die Verwendung von Kombinationen
der oben beschriebenen Verbindungen umfasst. Solche Kombinationen
können
einfach angepasst werden, um die im Gesamtsystem zu Tage tretenden
Auswirkungen sowie ihre Kompatibilität mit den verschiedenen Komponenten
des Systems, z.B. Puffer, Enzymen, Substrate, Rezeptoren, Liganden,
Testverbindungen und dergleichen, zu optimieren.
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Im
Allgemeinen kann die Konzentration der zwitterionischen Verbindungen
in den Fluiden, die im System enthalten sind, je nach gewünschter
Wirkung auf die Re duktion der elektrophoretischen Mobilitäten der
im Fluid enthaltenen Materialien variiert werden. Weiters können diese
Wirkungen auch abhängig
von der Art der im interessierenden Material enthaltenen geladenen
Spezies variiert werden. Deshalb steht hierin die verwendete Bezeichnung "wirksame Konzentration" für eine Konzentration
von zwitterionischen Verbindungen, die zum Erzielen einer gewünschten
Wirkung ausreichend ist und insbesondere zum Erzielen einer gewissen
Reduktion der elektrophoretischen Mobilität der geladenen interessierenden
Spezies.
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Weiters
ist unter "Konzentration
von zwitterionischen Verbindungen im Fluid" die Menge solcher zugesetzter Verbindungen
pro Volumeneinheit zu verstehen, unabhängig von etwaigen folgenden
Umwandlungen von solchen Verbindungen im Fluidsystem. Typischerweise
liegen wirksame Konzentrationen von zwitterionischen Verbindungen
vorzugsweise über
etwa 5 mM, typischerweise über
etwa 10 mM und häufig über etwa 50
mM. Obwohl zwitterionische Verbindungen bei der praktischen Ausführung der
Erfindung im Allgemeinen in Mengen gegenwärtig sein können, die sich der Grenze ihrer
Löslichkeit
nähern,
liegen bevorzugte Konzentrationen der zwitterionischen Verbindungen
in Fluiden, die innerhalb des Systems transportiert werden sollen, zwischen
etwa 1 mM und 2 M und noch bevorzugter zwischen etwa 5 mM und 2
M.
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III Anwendung
auf Mikrofluidiksysteme
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Wie
zuvor festgehalten wurde, ist die vorliegende Erfindung insbesondere
in Fluidiksystemen, die E/O-Fluidführungssysteme einsetzen, und
insbesondere in mikroskaligen Fluidiksystemen von Nutzen. Unter "E/O-Fluidführungssysteme" sind allgemein Fluidiksysteme
zu verstehen, die aus Fluidkanälen
oder Durchlässen,
Kammern, Öffnungen
oder dergleichen bestehen, worin die Bewegung des Fluids im System,
d.h. durch die Kanäle
oder von einem Kanal zu einem anderen Kanal oder von einer Kammer
zu einer anderen Kammer, über
den gesteuerten elektroosmotischen Fluss des Fluids selektiv gesteuert
wird. Beispiele für
derartige gesteuerte E/O-Flusssysteme sind beispielsweise in den
veröffentlichten
PCT-Anmeldungen Nr. WO 96/04547, Nr. WO 98/00231 und dem U.S.-Patent
Nr. 5.880.071 beschrieben.
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In
bevorzugten Aspekten führen
solche Fluidführungssysteme
ein interessierendes Fluid durch sich kreuzende Kanalstrukturen,
indem ein Spannungsgradient entlang dem gewünschten Weg des Fluidflusses angelegt
wird. Typischerweise werden Spannungen gleichzeitig an den sich
kreuzenden Fluidwegen angelegt, um einen beschränkten oder gerichteten Fluidfluss
fortzubewegen, d.h. den interessierenden Fluidfluss entlang dem
gewünschten
Weg einzufassen oder zu führen.
Fließt
beispielsweise das interessierende Fluid entlang einem ersten Kanal,
der von einem zweiten Kanal gekreuzt wird, so verbleibt der Fluss
des interessierenden Fluids im ersten Kanal, d.h. wird davon abgehalten,
in den zweiten, kreuzenden Kanal zu diffundieren, indem gleichzeitig
von jeder Seite des kreuzenden Kanals Fluid in den ersten Kanal
fließen
gelassen wird. Dies wird allgemein durchgeführt, indem gleichzeitig Spannung
vom Eingangsende zum Ausgangsende des ersten Kanals und zu jedem
Ende des kreuzenden Kanals angelegt wird, wodurch ein angemessener
E/O-Fluss erhalten
wird. Wie sich versteht, ergibt dies ein Fluidflussmuster im ersten
Kanal, das wie eingeschnürt ("pinched") aussieht. In einem
weiteren Beispiel kann ein interessierendes Fluid von einem ersten
Arm eines ersten Kanals aus in einen ersten Arm eines kreuzenden
Kanals geführt
werden, indem eine Spannung entlang dem gewünschten Fluidflussweg zur Erzeugung
eines Fluidflusses in diese Richtung angelegt wird. Um den Fluidfluss
an der Kreuzungsstelle zu regeln, wird ein einschränkender
Fluidfluss entlang der gesamten Länge des kreuzenden Kanals erzeugt,
was einen "torgesteuerten" Fluidfluss ("gated flow") erzeugt. Das interessierende
Fluid kann dann an den verbleibenden Arm des ersten Kanals dosiert
abgegeben oder auf geregelte Weise zugeführt werden, indem die Spannung
aktiv moduliert wird, um ein Fließen des Fluids in den Arm zuzulassen
und gleichzeitig eine Diffusion zu verhindern. Letztendlich können diese
Systeme durch Modulieren der Flussrate des durch den Kreuzungspunkt
fließenden
interessierenden Fluids in Bezug auf den Fluss von Verdünnungsmitteln,
die von den kreuzenden Kanälen
hineinfließen,
als Verdünnungsvorrichtungen
verwendet werden.
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Unter "mikroskaligen Fluidiksystemen" ist typischerweise
ein Fluidsystem zu verstehen, das Speicher, Leitungen oder Kanäle und/oder
Kammern umfasst, worin zumindest eine Querschnittsgröße, z.B.
die Tiefe, Breite oder der Durchmesser, eines bestimmten Fluidkanals
und/oder einer Kammer in einem Bereich von etwa 1 μm bis etwa
einschließlich
500 μm liegt.
Derartige mikroskalige Fluidiksysteme reichen von einfachen Kapillarsystemen,
z.B. solche, die eine einzelne Kapillare aus geschmolzenem Silica
zur Abgabe eines bestimmten Fluids oder mehrerer Fluide aus einem
Speicher an einem Ende der Kapillare an das andere Ende der Kapillare
zur Analyse, Kombination mit anderen Reagenzien und dergleichen
umfassen, bis hin zu komplexeren integrierten Multikanal-Mikrofluidikvorrichtungen,
in festen Substraten hergestellt sind, wie beispielsweise die in
der WO 98/00231 beschriebenen. In bevorzugten Aspekten setzt das
mikroskalige Fluidiksystem zumindest einen Kanal und bevorzugter
zumindest zwei sich kreuzende Kanäle ein, die zumindest ein Querschnittsmaß im Bereich
von 1 μm
bis etwa 500 μm
und noch bevorzugter zwischen etwa 1 μm und 100 μm aufweisen.
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Die
Kombination dieser mikroskaligen Maße mit der relativ präzisen Fluidsteuerung,
die oben beschrieben wurde, ermöglicht
die geregelte, wiederholbare Führung
oder Abgabe von äußerst kleinen
Fluidvolumen, wobei diese Volumen von den Volumen der Kanäle und/oder
Kreuzungspunkte, z.B. einen Probenpfropfen an einem Kreuzungspunkt,
oder durch die zeitliche Bestimmung des Fluidflusses, z.B. die Zeitmenge oder
die Länge
eines in einen Kanal injizierten Fluidpfropfens im Falle der Verwendung
des torgesteuerten Flusses, bestimmt werden.
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Typischerweise
umfassen die in praktischen Umsetzungen der Erfindung verwendeten
Mikrofluidiksysteme ein festes Substrat, das die Kanäle und/oder
Kammern des Mikrofluidiksystems in sich angeordnet aufweist. Substrate
können
aus einer Vielzahl verschiedener Materialien hergestellt werden.
Beispielsweise stammen in der Herstellung von Mikroflkuidiksystemen
angewendete Techniken häufig
aus der Elektronikindustrie. In der Folge sind die Substratmaterialien
häufig
auf Grundlage ihrer Kompatibilität
mit diesen Fertigungstechniken ausgewählt, wie beispielsweise Siliciumdioxid,
Silicium, Galliumarsenid und dergleichen. Typischerweise sind jedoch
Halbleitermaterialien in der praktischen Umsetzung der vorliegenden
Erfindung nicht bevorzugt, da sie mit der Anlegung von elektrischen
Feldern durch Fluide ohne einige Modifikationen, wie beispielsweise
des Aufbringens einer Isolierschicht, nicht kompatibel sind. Demgemäß sind in
einem bevorzugten Aspekt Siliciumdioxidsubstrate in der praktischen
Umsetzung der vorliegenden Erfindung bevorzugt.
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Auch
andere Substratmaterialien können
in den Mikrofluidiksystemen der Erfindung eingesetzt werden und
können
im Allgemeinen auf der Grundlage ihrer Kompatibilität mit den
Bedingungen, denen sie bei der Herstellung einerseits, beispielsweise
Kompatibilität
mit bekannten Herstellungsverfahren, und beim Betrieb andrerseits,
beispielsweise Kompatibilität
mit der gesamten Bandbreite der Betriebsbedingungen, einschließlich große Bandbreiten
von Salzen, pH-Werten, Zusammensetzungen und der Anlegung von elektrischen
Feldern, ausgesetzt sind, gewählt
werden. Beispiele für
solche Substrate umfassen Polymermaterialien, unter der Voraussetzung,
dass diese Materialien entweder selbst oder durch die Modifikation
der Oberflächen, die
in Kontakt zu den Fluiden des Systems stehen, zur Fortpflanzung
eines E/O-Flusses fähig
sind.
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Typischerweise
weist das Substrat eine erste Oberfläche auf und ist im Allgemeinen
von planarer Form. Die sich kreuzenden Kanäle sind typischerweise in der
Oberfläche
des Substrats als Rillen ausgebildet. Wie zuvor angemerkt, können die
Kanäle
in der Oberfläche
des Substrats z.B. unter Verwendung von Photolithographie, eines
nasschemischen Ätzverfahrens
oder anderen bekannten Mikroherstellungsverfahren ausgebildet werden.
Im Allgemeinen wird eine Abdeckschicht über die Oberfläche des
Substrats gelegt, um die Rillen abzudecken, wodurch Fluidkanäle oder
-durchlässe
gebildet werden.
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Die
Vorrichtungen umfassen im Allgemeinen mehrere darin ausgebildete Öffnungen
oder Speicher, wobei diese Öffnungen
in elektrischem Kontakt und üblicherweise
in Fluidkommunikation mit den sich kreuzenden Kanälen stehen.
Diese Öffnungen
stellen im Allgemeinen einen Punkt bereit, an dem Elektroden in Kontakt
mit den Fluiden angeordnet werden können, um den Fluidfluss zu
führen.
Diese Öffnungen
stellen ebenfalls häufig
einen Speicher für
die Fluide, die in der Vorrichtung oder im System verwendet werden,
bereit. Die verschiedenen Öffnungen
sind typischerweise in Kontakt mit den Fluidkanälen an verschiedenen Seiten eines
gegebenen Kreu zungspunkt zweier Kanäle angeordnet. Für eine einfache
Herstellung sind diese Öffnungen
typischerweise in elektrischem Kontakt mit jedem der freien Enden
der verschiedenen, in der Vorrichtung eingebauten Kanäle angeordnet.
Unter "freie Enden" oder "freies Ende" ist hierin ein nicht
gekreuztes Ende eines Kanals zu verstehen.
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Zur
einfacheren Erörterung
werden die Mikrofluidikvorrichtungen und -systeme im Allgemeinen
als zwei sich kreuzende Kanäle
umfassend beschrieben. Es versteht sich jedoch, dass in solchen
Vorrichtungen und Systemen auch einfach mehrere komplexe Kanalstrukturen
aus drei, vier, fünf,
zehn, zwanzig und mehr sich kreuzenden Kanälen eingebaut sein können. Weiters
können
derartige Strukturen und Systeme auch parallel angeordnete Kanalstrukturen
aufweisen, in denen mehr als ein Hauptkanal von zahlreichen quer
verlaufenden Kanälen
gekreuzt wird.
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Wie
oben beschrieben wurde, betrifft die vorliegende Erfindung im Allgemeinen
Verfahren zur Steigerung des elektroosmotischen Flusses und im Besonderen
die Anwendung dieser Verfahren auf Mikrofluidiksysteme, die einen
solchen E/O-Fluss zum Transport und zur Führung von Fluiden in diesen
Systemen einsetzen. Dies steht im Gegensatz zu Kapillarelektrophorese-Systemen
(CE), die auf eine Minimierung der E/O-Mobilität der Fluide abzielen, während die
Unterschiedlichkeit der elektrophoretische Mobilität der in
diesen Fluiden enthaltenen Spezies maximiert wird. Dies wird oft
durch Einbauen einer Trennmatrix in den Kanälen der CE-Systeme umgesetzt, die diese Ziele unterstützt. Somit
sind die hier beschriebenen Systeme im Allgemeinen in Bezug auf
Kanäle
beschrieben, die einen freien elektroosmotischen Fluss zulassen
oder zu einem solchen fähig
sind. Darunter ist zu verstehen, dass die Kanäle, in denen ein E/O-Fluss
erwünscht
ist, im Allgemeinen ein ausreichendes Oberflächenpotential aufweisen, um
den E/O-Fluss oder die Mobilität
der Fluide und Materialien in diesen Kanälen fortzupflanzen. Gleichzeitig
sind die Kanäle
frei von Hindernissen, die diesen Fluss hemmen könnten, und insbesondere sind
diese Kanäle
frei von jedwedem Trennmedium oder Trennmatrix.
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Die
gegenständliche
Erfindung wird weiters unter Bezugnahme auf die folgenden nicht
beschränkenden
Beispiele erläutert.
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BEISPIELE
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Die
Wirksamkeit der Einbindung von zwitterionischen Verbindungen zur
Reduktion der elektrophoretischen Mobilität einer geladenen Spezies in
E/O-Flusssystemen wurde in einer Kapillare aus geschmolzenem Silica
mit einer Gesamtlänge
von 57 m, einer effektiven Länge
von 50 cm und einem inneren Durchmesser von 75 um unter Beweis gestellt.
Alle Proben liefen in 50 mM eines HEPES-Puffers mit einem pH-Wert von 7,5. Alle
Laufpuffer wurden frisch aus einer konzentrierten Stammlösung hergestellt.
Für jeden
Lauf wurden die Proben für
20 Sekunden in die Kapillare mit Druck injiziert, bei 30 kV getrennt
und bei 254 nm detektiert. Nach jedem Lauf wurde die Kapillare mit
1 N NaOH 2 Minuten lang gespült,
wonach eine 5-minütige
Spülung
mit einem Ersatzpuffer durchgeführt
wurde.
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Das
Niveau des elektroosmotischen Flusses in der Kapillare wurde durch
Einbinden von Mesityloxid (4 μl
in 4 ml H2O), einem neutralen, detektierbaren
Marker, bestimmt, während
die Auswirkungen auf die elektrophoretische Mobilität durch
Einbinden von 5,0 mM dFMUP (6,8-Difluor-4-methylumbellipherlphosphat)
in Wasser, einer nachweisbaren Verbindung mit zwei negativen Ladungen
mit neutralem pH-Wert,
bestimmt wurde.
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Beispiel 1: Verwendung
von NDSB-195
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Der
erste Versuch diente der Untersuchung der Auswirkungen der zwitterionischen
Verbindung 3-(N-Ethyl-N,N-dimethylammonium)propansulfonat (NDSP-195)
auf die elektrophoretische Mobilität einer geladenen Spezies (dFMUP)
im Inneren einer puffergefüllten
Kapillare sowie den elektroosmotischen Gesamtfluss dieses Puffers
in der Kapillare. Der Versuch wurde einmal in Gegenwart und einmal
in Abwesenheit einer Proteinkomponente (0,1 mg/ml BSA) ausgeführt.
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Drei
unterschiedliche Konzentrationen von NDSB-195 wurden getestet: 0,1
M; 0,5 M; oder die letzte Konzentration von 1,0 M und mit einem
negativen Kontrollversuch (kein NDSB-195) verglichen. Bei jedem
Lauf wurde die Verweildauer von Mesityloxid und dFMUP bestimmt und
zur Berechnung der E/O-Mobilität
(μEO) in diesem
Lauf, der elektrophoretischen Mobilität (μEP) von dFMUP und der scheinbaren
Mobilität
(μApp) von dFMUP
(μApp = μEO + μEP) herangezogen.
Die Ergebnisse sind nachstehend in Tabelle I als Mittelwerte von drei
Läufen
aufgeführt.
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2 zeigt
eine graphische Darstellung des E/O-Flusses, der elektrophoretischen
Mobilität
und der scheinbaren Mobilität
von dFMP als eine Funktion der ansteigenden Konzentration von NDSB-195
sowohl in Gegenwart als auch in Abwesenheit von BSA. Die Standardabweichung
ist ebenfalls für
jeden darstellten Punkt angeführt.
Wie aus diesen Daten ersichtlich ist, senkt die Einbindung von NDSB-195
die elektrophoretische Nettomobilität von dFMUP sowohl in Abwesenheit
als auch in Gegenwart einer Proteinkomponente (BSA) wesentlich.
Zusätzlich
zur Reduktion dieser elektrophoretischen Mobilität hebt die Einbindung von NDSB
auch die E/O-Flussrate
des Systems an. Das Nettoergebnis besteht darin, dass die scheinbare
Mobilität der
geladenen Spezies näher
an die E/O-Flussrate des Systems herangeführt wurde.
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Beispiel 2: Verwendung
von β-Alanin
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Ein ähnlicher
Versuch wurde unter Verwendung einer Aminosäure, β-Alanin, als die zwitterionische Verbindung
durchgeführt.
Im Besonderen wurde β-Alanin
im selben, oben beschriebenen System mit zwei unterschiedlichen
Konzentrationen, 0,50 M und 1,0 M, eingeführt und mit einem negativen
Kontrollversuch (ohne β-Alanin)
sowie in Gegenwart und Abwesenheit einer Proteinkomponente verglichen.
Der pH-Wert wurde
nach dem Zusetzen von β-Alanin
nicht angepasst. Die Ergebnisse dieses Versuchs finden sich in der
folgenden Tabelle II:
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Erneut
sorgt die Einbindung von β-Alanin
für eine
Abnahme der elektrophoretischen Mobilität von dFMUP und einen Nettoanstieg
von dessen scheinbarer Mobilität.
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Beispiel 3: Gleichzeitige
Anwendung zweier unterschiedlich geladener Spezies
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Jedes
der obigen Beispiele führt
vor Augen, dass die Einbindung von zwitterionischen Verbindungen zu
einer Abnahme der elektrophoretischen Mobilität von negativ geladenen Spezies
im System (dFMUP) führt. Der
folgende Versuch veranschaulicht die gleiche Wirkung in Proben,
die sowohl positiv als auch negativ geladene chemische Spezies enthalten.
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Dieser
Versuch diente dem Test der Wirkung von 1 M NDSB auf die elektrophoretische
Mobilität
einer positiv geladenen Spezies (Benzylamin) und einer negativ geladenen
Spezies (Benzoesäure)
im gleichen, oben beschriebenen Kapillarsystem. Bei diesem Versuch
wurden zwei verschiedene Puffersysteme verwendet: 200 mM Borat mit
einem pH-Wert von 8,7 und 200 mM HEPES mit einem pH-Wert von 7,0.
Bei diesen Versuchen wurde ebenfalls Dimethylformamid (DMF) als
neutrale Markerverbindung zur Bestätigung der E/O-Mobilität verwendet.
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Die
unten angeführte
Tabelle III veranschaulicht die Auswirkungen der Einbindung der
zwitterionischen Verbindung NDSB auf die elektrophoretische Mobilität und die
scheinbare Mobilität
der positiv und der negativ geladenen Spezies.
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Aus
diesen Daten geht deutlich hervor, dass die Einbindung der zwitterionischen
Verbindung NDSB in beiden Puffersystemen die elektrophoretische
Mobilität
sowohl der positiv geladenen Spezies Benzylamin als auch der negativ
geladenen Spezies Benzoesäure
reduzierte. Obwohl in diesem System NDSB zu einer Abnahme der E/O-Flussrate
führte,
kam es trotzdem zu einer Schmälerung
der Differenz zwischen der E/O-Mobilität und der scheinbaren Mobilität bei beiden
der unterschiedliche geladenen Spezies, z.B. nahm die scheinbare
Mobilität
der positiv geladenen Spezies ab, während die scheinbare Mobilität der negativ
geladenen Spezies zunahm.
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Beispiel 4: Enzymhemmung
in Gegenwart und Abwesenheit von NDSB in einem Mikrofluidiksystem
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Eine
Enzymhemmungsuntersuchung wurde unter Verwendung einer Mikrofluidikvorrichtung
mit einer Vertiefungs-/Kanalstruktur, wie in 3 gezeigt
ist, durchgeführt.
Standardverfahren der Halbleiter-Photolithographie wurden eingesetzt,
um die Ka näle
mit einer Breite von 70 μm
und einer Tiefe von 10 μm
in ein 525 μm dickes
Substrat aus Natronkalkglas zu ätzen,
und eine zweite, 2 mm dicke Schicht aus Glas mit durch dieses durchgebohrten
Löchern
mit einem Durchmesser von 3 mm wurde thermisch mit der ersten verbunden,
wodurch die verschiedenen Vertiefungen bereitgestellt wurden.
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Alle
Reagenzien wurden in derselben Pufferlösung verdünnt, die als Laufpuffer dienten:
25 mM HEPES, pH-Wert 7,9, für
den Kontrollversuch und 25 mM HEPES, 1 M NDSB-195 (nicht-detergierendes
Sulfobetain, MW 195) (erhältlich
bei Calbiochem-Novabiochem,
La Jolla, CA), pH-Wert 7,9, für
die Testläufe.
Die Versuchslösungen
wurden aus Stammlösungen
von 5.000 U/mg mit Leukozytenantigen verwandte Phosphatase (LAR)
(Enzym) (New England Biolabs, Beverly, MA), 10 mM dFMUP in Wasser,
einem fluorogenen Substrat für
LAR (Substrat) (erhältlich
bei Molecular Probes, Eugene, OR) und 1,4 mM eines bekannten kompetitiven Inhibitor
von LAR (Inhibitor) zubereitet.
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Die
Detektion der Fluoreszenz wurde unter Verwendung des Inversmikroskops
Diaphot 200 von Nikon mit dem Photometer-Controller P101 von Nikon
für die
Auflichtfluoreszenzdetektion durchgeführt. Eine Opti-Quip 1200.1500
50 W-Wolframhalogenlampe, gekoppelt über ein 10x-Objektiv, stellte
die Lichtquelle bereit.
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Anregungs-
und Emissionswellenlängen
wurden mit einem DAPI-Filterwürfel
(Chroma, Brattleboro, VT), ausgestattet mit einem dichroitischen
Spiegel DM400, einem 340 – 380
nm Anregungsfilter und einem 435 – 485 nm Sperrfilter, ausgewählt. Die
Ströme
und Spannungen der Reagenzien in Vertiefungen auf dem Chip wurden
unter Verwendung eines Caliper 3180 Chip Controllers (Palo Alto,
CA) geregelt. Die Ströme
und Spannungen lagen in einem Bereich von +/- 10 μA und 0 – 2.000
V. Die Daten wurden von einem Macintosh Power PC 7200/120 erfasst.
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Die
Kanäle
der Vorrichtung wurden mit dem Laufpuffer gefüllt, indem der Puffer in eine
Puffervertiefung eingebracht wurde und der Puffer durch die Kapillarwirkung
durch die Kanäle
verteilen gelassen wurde. 125 nM LAR-Enzym wurden in die En zymvertiefung
eingebracht, 50 μM
dFMUP wurden in die Substratvertiefung eingebracht, und 200 μm eines bekannten
Inhibitors von LAR wurde in die Inhibitorvertiefung eingebracht.
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Der
Test wurde unter Einsatz des folgenden Injektionszyklus durchgeführt, wobei
die letztendlichen Regenzienkonzentrationen im Injektionskanal angeführt sind:
(1) Puffer; (2) Substrat (17 μM);
(3) Puffer; (4) Substrat + Enzym (83 nM); (5) Puffer; und (6) Substrat
+ Inhibitor (66 μM)
+ Enzym. Der Gesamtfluss der Reagenzien blieb während jedem Schritt des Tests
konstant, indem eine konstante Gesamtsumme der kombinierten Ströme aus den
Vertiefungen aufrechterhalten wurde.
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Die
Fluoreszenz-Rohdaten aus diesem Versuch sind in 4 aufgeführt. Die
Kontrolldaten, z.B. in Abwesenheit von NDSB -195, sind als graue
Linie dargestellt, die entlang oder nahe der Grundlinie der Daten verläuft. Wie
diesen Daten entnommen werden kann, erzeugt die LAR-Wirkung auf
das dFMUP-Substrat nur ein mäßig starkes
Signal, das in einem Fluoreszenzintensitätsbereich von 2.200 bis 2.250
liegt. Während
ein wenig an Wirkung des Inhibitors im Versuch zu späteren Zeitpunkten
ersichtlich ist, ist die Wirkung relativ gering. Ohne sich an eine
bestimmte Theorie zu berufen wird angenommen, dass dies die Folge
zweier Phänomene
ist: (1) das LAR-Enzym
tritt mit den Kanalwänden
in Wechselwirkung, was zu einem Verschmieren des Enzyms im Versuch
führt,
was durch das Auftreten eines Signals ausschließlich in der nur das Substrat
betreffenden Steuerung angezeigt wird, und (2) die hohe elektrophoretische
Mobilität
des dFMUP-Substrats, die entgegengesetzt zur elektroosmotischen
Mobilität
des Systems verläuft,
führt zur
Trennung von Substrat und Enzym, wodurch die Fähigkeit des Enzyms, auf das
Substrat einzuwirken, gemindert wird.
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Wurde
dann NDSB-195 in das Testsystem eingebunden, wurden die Daten sehr
viel deutlicher (schwarze Linie). Im Besonderen führt die
Einbindung von NDSB in diesem Versuch zu einer deutlichen Verbesserung
des Signals im Vergleich zum selben System ohne zwitterionische
Verbindung, einschließlich
der Abwesenheit eines Signals in der nur das Substrat betreffenden
Kontrolle. Zudem ist auch die Wirkung des Inhibitors sehr viel größer und
deutlicher zu erkennen. Der Test wurde in einem ununterbrochen Zyklus
von sechs Stunden ohne nachweisbaren Signalverlust oder Anstieg
der Hintergrundfluoreszenz durchgeführt.
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Obwohl
einige Einzelheiten der vorliegenden Erfindung zum Zwecke der Klarheit
und des besseren Verständnisses
als Veranschaulichung und als Beispiel detailliert beschrieben wurden,
versteht es sich, dass gewisse Veränderungen und Modifikationen
innerhalb des Schutzumfanges der beigefügten Ansprüche vorgenommen werden können.