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Verfahren zur Säuregradtitration der Milch Für die O_ualität der Milch
ist bekanntlich deren Säuregrad von ausschlaggebender Bedeutung. Zum direkten Genuß
als Frischmilch geeignet wird nur eine solche von 6 bis 7 Säuregraden anerkannt,
während Milch von 7 bis 8 und 8 bis 9 Säuregraden anderen Verwendungszwecken, insbesondere
der industriellen Weiterverarbeitung, zugeleitet wird.
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Zur Feststellung des Säuregrades und damit zur näheren Oualitätsbestimmung
wird die Milch titriert. Das geschieht zur Zeit in Deutschland fast ausschließlich
nach dem Soxhlet-H;enkel-`'erfahren, derart, daß zu 5o ccm Milch t ccm einer zprozentigen
Phenolphthaleinlösung zugegeben und hierzu n/,4 Natronlauge so lange zugesetzt wird,
bis die mit Phenolphthalein versetzte Milch eine eine bestimmte Zeit bleibende schwach
rosa Färbung annimmt. Die bis zur schwach rosa Färbung verbrauchte Menge n/q. Natronlauge
gibt dann den Säuregrad der Milch an. Ein anderes Verfahren zur Ermittlung des Alkalitätsgrades
besteht darin, daß eine bestimmte Menge Milch durch Zufügen von Methylorange deutlich
gelb bzw. durch Rosolsäure rot gefärbt und mit n/q. Schwefelsäure unter kräftigem
Schütteln so lange versetzt wird, bis die rein gelbe Farbe in Orange bzw. die rote
Farbe in rein Gelb umschlägt. Die Menge der zugesetzten Schwefelsäure gibt dann
den Alkalitätsgrad an. Beide Titrationsverfahren sind aber, weil die Zugabe der
Natronlauge bzw. der Schwefelsäure wegen des plötzlich eintretenden Farbumschlages
und wegen der nachträglichen Feststellung der zugefügten Menge sehr vorsichtig von
geübtem Personal ausgeführt werden muß und sehr zeitraubend ist, praktisch nur im
Laboratorium durchführbar und für Serienuntersuchungen an der Kanne schon bei der
Anlieferung der Milch nicht geeignet.
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Man hat nun bereits vorgeschlagen, dadurch eine Vereinfachung herbeizuführen,
daß der Indikator (Phenolphthalein) der eingestellten Natronlauge zugesetzt und
eine bestimmte Menge dieser Lösung mit einer abgemessenen Menge Milch zusammengebracht
wird (rote Laugenprobe). Auf diese Weise läßt sich wohl feststellen, ob die untersuchte
Milch einen bestimmten Säuregrad hat oder nicht, nicht aber, welcher Säuregrad tatsächlich
vorhanden ist. Dieses Verfahren ist somit nur zum Ausscheiden von Grenzmilch anwendbar.
Es hat außerdem den Nachteil, daß die Phenolphthaleinnatronlaugelösung stets frisch
angesetzt werden muß, da das Phenolphthalein durch die Natronlauge sehr schnell
zersetzt wird.
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Die Erfindung bezweckt nun, ein Verfahren zur Säuregradtitration von
Milch mit Lauge und einem Indikator zu schaffen, welches sich ebenso rasch und einfach
ausführen läßt, wie es bei der Feststellung des pH-Wertbereiches durch die bekannte
Alizarolprobe nach M o r r e s mit Farbtafeln der Fall ist. Obwohl die pH-Wertänderung
der Veränderung des Säuregrades in großen Zügen parallel verläuft, kann die Alizarolprobe
zur Feststellung der Säuregrade nicht verwendet werden, da man mit der Alizarolprobe
nur pH-Wert-Intervalle bzw. Säuregradintervalle von 61/2 bis 712
ermitteln
kann, während man bei der Säuregradtitration eine Genauigkeit von 1%1o° verlangt.
Die angestrebte Vereinfachung des Verfahrens zur Säuregradtitration von Milch mit
Lauge und einem Indikator wird gemäß der Erfindung dadurch erreicht, daß statt,
eines einfarbigen Indikators, wie Phenolphthalein, ein mehrfarbiger Indikator verwendet
wird oder ein Gemisch einfarbiger Indikatoren. Da man für Messungen praktisch nur
den zwischen den ungefähren pH-Werten von 7 bis io gelegenen ansteigenden Teil der
Titrationskurve verwendet, in dem kleine Säuregradänderungen großen Farbänderungen
entsprechen, kommen, wenn man von der handelsüblichen Klassifizierung der Indikatoren
ausgeht, hauptsächlich die Indikatoren vom Umschlags:geb.iet des Orthokresolrotes
bis zum Thymolblau in Betracht. Von den zwischenliegenden Indikatoren wären vorzugsweise
noch zu nennen Para-und Metaxylenolsulfonphthalein sowie Metakresolrot. Das bisher
rein empirisch verwendete einfarbige Phenolphthalein liegt ungefähr in der Mitte
dieses Bereiches. Bei Verwendung derartiger Indikatoren wird die Milch nicht, wie
bisher, mit einer wechselnden Menge Natronlauge bis zum Erreichen eines bestimmten
Farbtones titriert, sondern man gibt zu einer abgemessenen Menge Milch eine gleichbleibende
Menge Natronlauge, in der zweckmäßig der Indikator bereits gelöst ist, und stellt
durch Vergleich des sich jeweils ergebenden Farbtones mit einer Farbtafel den Säuregrad
fest. Bei Verwendung von Einzelindikatoren läßt sich auf diese Weise ein Intervall
von ungefähr vier Säuregraden erfassen, was praktisch für die Titration an der Kanne
vollkommen genügt. Zur Erweiterung des Meßbereiches müßte man mehrere Indikatoren
mischen oder mehrmals Natronlauge zugeben. Die Verwendung der Farbtafel wird sich
bald erübrigen, da bei der Anlieferung stets mehrere Milchproben untereinander verglichen
werden und man schon durch diesen Vergleich untereinander eine Farbskala vor sich
hat, aus der der geübte Prüfer sofort die untaugliche Milch herausfindet.
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Der wesentliche Unterschied der Prüfung mit mehrfarbigen Indikatoren
gegenüber der alten- Methode mit Phenolphthalein besteht also darin, daß man nicht
mehr bis zum Erreichen eines bestimmten Farbtones titriert, zu diesem Zwecke je
nach der Milchqualität wechselnde Mengen von Natronlauge zugibt und diese Menge
als Maßstab für den Säuregrad benutzt, sondern immer gleichbleibende Mengen Lauge
verwendet und auf Grund des sich einstellenden, durchaus nicht immer gleichen Farbtones
entweder an Hand einer Farbtafel oder durch Vergleich der Proben unter sich den
Säuregrad bestimmt. Die Vereinfachung und Beschleunigung des Verfah-, rens gemäß
der Erfindung gegenüber dem -bekannten Verfahren beruht im wesentlichen darauf,
daß jetzt die immer gleichbleibende Menge Natronlauge der zu untersuchenden Milch
mit einem Male zugesetzt wird, während bisher die mengenmäßig nachträglich zu messende
Natronlauge sehr langsam und vorsichtig zugesetzt werden mußte, da der Farbumschlag
sehr plötzlich eintritt.
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Zur Säuregradtitration statt eines einfarbigen einen mehrfarbigen
Indikator oder ein Gemisch mehrerer einfarbiger Indikatoren zu verwenden, lag durchaus
nicht nahe, erschien im Gegenteil sinnlos, da die bei den bisherigen Verfahren notwendige
Beobachtung des Eintritts eines Farbumschlages sich genau nur bei plötzlichem Wechsel
ausführen läßt, nicht aber bei einem allmählichen Farbenübergang, wie er bei mehrfarbigen
Indikatoren oder Indikatorgemischen stattfindet.
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Die Anwendung des Verfahrens würde beispielsweise so vor sich gehen,
daß man mit einer justierten Spritze die Milch und mit einer anderen justierten
Spritze die Natronlauge, in der zweckmäßig schon der Indikator gelöst ist, entnimmt
und beide mischt. Man kann auch von vornherein eine genau abgemessene Menge von
Natronlauge mit dem gelösten Indikator in leicht zerbrechliche Ampullen abfüllen,
so daß sich für den Prüfenden die Abmessung der Lauge erübrigt. Man braucht dann
lediglich eine Ampulle zu der abgemessenen Menge Milch im Probeglas zu geben und
in diesem in bekannter Weise durch Schütteln zu zertrümmern. Statt Ampullen mit
der den Indikator gelöst enthaltenden Natronlauge können auch, wie sonst bekannt,
Tabletten verwendet werden, die Soda und Indikatoren enthalten.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung ist auch geeignet, durch Vergleich
von Viertelgemelken Eutererkrankungen festzustellen.