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Verfahren zur Umwandlung hochsiedender aromatischer Kohlenwasserstofföle
in niedrigsiedende Die Umwandlung hochsiedender Öle in leicht siedende Kohlenwasserstoffe
ist auf dem Wege der thermischen Zersetzung, Spaltung oder Krackung dann leicht
durchführbar, wenn das Ausgangsmaterial überwiegend aliphatischer Natur ist. Denn
die aus langen Kohlenstoffketten bestehenden. hochsiedenden aliphatischen Kohlenwasserstoffe
lassen _ sich leicht in niedriger siedende mit kürzerer Kohlenstoffkette aufspalten.
Bekanntlich ist es aber nicht möglich, hochsiedende aromatische Kohlenwasserstoffe
auf dem Wege der thermischen Zersetzung in niedrigsiedende zu verwandeln, da die
hochsiedenden aromatischen Kohlenwasserstoffe aus kondensierten Ringsystemen bestehen
und letztere durch gewöhnliche thermische Behandlung ohne weiteres nicht gesprengt
werden können.
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Da nun gerade die niedrigsiedenden aromatischen Kohlenwasserstoffe
als Motorbetriebsstoffe nicht zuletzt auf Grund ihrer Kompressionsfestigkeit besonders
wertvoll sind und andererseits hochsiedende aromatische Kohlenwasserstoffe z. B.
in den Kokereiteerölen in erheblichen Mengen zur Verfügung stehen, kommt der Lösung
der Aufgabe, die -vorhandenen Teeröle in leicht siedende aromatische Kohlenwasserstoffe
umzuwandeln, hervorragende Bedeutung zu.
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Gemäß der Erfindung sollen die oberhalb aoo ° siedenden Öle des Steinkohlenteeres
sowie entsprechende Öle anderer Herkunft dadurch in niedrigsiedende aromatische
Kohlenwasserstoffe überführt werden, daß die Teeröle zunächst durch öxydativen Abbau
in ein Gemisch von Carbonsäuren verwandelt und diese dann durch restlose Entcarboxylierung-
in leicht siedende aromatische Kohlenwasserstoffe, insbesondere Benzol, umgesetzt
werden.
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Es ist an sich bekannt, Naphthalin auf den verschiedensten Wegen,
z. B. durch Oxydation mit Chromsäure oder auch mit rauchender Schwefelsäure in Gegenwart
von Quecksilber sowie auf elektrolytischem Wege, zu Phthalsäure zu oxydieren. Ebenso
ist es seit langem bekannt, aromatische Carbonsäuren, wie z. B. die Phthalsäure
oder auch Benzoesäure, durch thermische Zersetzung unter Abspaltung von Kohlensäure
in die entsprechenden Kohlenwasserstoffe zu überführen. Man hat schließlich auch
vorgeschlagen, diese beiden Prozesse unmittelbar hintereinanderzuschalten und hierbei
Naphthalin ohne Isolierung der Phthalsäure oder Benzoesäure in einem zweistufigen
Prozeß in Benzol zu verwandeln.
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Gemäß der Erfindung sollen nun die oberhalb Zoo ° siedenden Öle des
Steinkohlenteeres auf beliebige Weise zu Carbonsäuren oxydiert werden. Hierbei kommt
es nicht darauf an, die Oxydation so zu leiten, daß z. B. lediglich Phthalsäure
- entsteht, vielmehr genügt es, Carbonsäuren mit einer beliebigen Zahl von Carboxylgruppen
überhaupt zu erzeugen. Es fällt mithin ein Gemisch der verschiedenartigsten Carbonsäuren
an, in dem ein- oder mehrbasische Säuren enthalten sind, gegebenenfalls von der
Benzoesäure bis zur Mellithsäure.
Die Oxydation der Teeröle kann
auf beliebige Weise erfolgen. Man kann sich der elektrolytischen Oxydation bedienen,
insbesondere in Gegenwart von Sauerstoffübertragern, wie z. B. Cersalzen. Man kann
auch in der Dampfphase arbeiten und mit Luft oder Stickoxyden oder einem Gemisch
von beiden mit oder ohne Wasserdampf in Abwesenheit oder Gegenwart von Oxydationskatalysatoren
arbeiten. Beispielsweise ist es zweckmäßig, Vanadinpentoxyd mit oder ohne aktivierende
Zuschläge, gegebenenfalls aufgebracht auf wirkungsvolle Trägersubstanzen, zu verwenden.
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Das bei der Oxydation der Teeröle anfallende Gemisch der verschiedensten
Carbonsäuren wird ohne besondere Reinigung oder Zerlegung in seiner Gesamtheit restlos
entcarboxyliert Besonders brauchbar hat sich hierzu das Ver-' fahren nach Patent
58o 82g erwiesen. Nach diesem Verfahren führt man das bei der@Oxydation der Teeröle
anfallende Rohgemisch der Carbonsäuren z. B. einem Druckbehälter zu, in dem eine
Aufschlämmung von Calciumcarbonat oder Calciumhydroxyd mit geringen Zuschlägen von
Alkali enthalten ist. Die Zersetzung des Carbonsäuregemisches erfolgt äußerst leicht.
Neben Kohlensäure verlassen leicht siedende aromatische Kohlenwasserstoffe den Druckzersetzer.
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Man kann die Entcarboxylierung des Carbonsäuregemisches gegebenenfalls
auch nach anderen Verfahren durchführen, wie beispielsweise durch Zersetzen in der
Dampfphase u. dgl. Hierbei sind die Temperaturen, die Kontakte, die Wasserdampfmenge
usw. zweckentsprechend zu wählen, so daß eine restlose Entcarboxylierung erzielt
wird.
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Man kann die beiden Stufen des Verfahrens, nämlich den oxydativen
Abbau der Teeröle zu Carbonsäuren einerseits und die völlige Entcarboxylierung des
anfallenden Rohgemisches andererseits, in getrennten Prozessen durchführen. Man
kann dieselben aber auch in geeigneter Weise miteinander kuppeln und hintereinanderschalten
ohne zwischenzeitliche Isolierung des .Rohgemisches der Carbonsäuren.
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Die den beiden Stufen des Verfahrens zugrunde liegenden Arbeitsweisen
sind bisher lediglich auf einzelne chemische Verbindungen, wie z. B. Anthracen und
Naphthalin sowie auf Naphthalsäure, Phthalsäure usw., insbesondere getrennt, angewandt
worden. Demgegenüber erzielt nun das Verfahren der Erfindung durch Kuppelung und
Abstellung der genannten Arbeitsprozesse auf die Verwertung der aromatischen, oberhalb
Zoo ° siedenden Teeröle neuartige und äußerst wertvolle technische Wirkungen, und
zwar nicht zuletzt dadurch, daß es nunmehr gelingt, die in großen Mengen zur Verfügung
stehenden Steinkohlenteeröle in die begehrten hochwertigen niedrigsiedenden aromatischen
Kohlenwasserstoffe umzuwandeln. Während bislang für die Bereitstellung der wertvollen
Motorenbenzole lediglich die bei der Destillation der Kohlen anfallenden Leichtöle
zur Verfügung standen, welche die leicht siedenden aromatischen Kohlenwasserstoffe
vorgebildet enthalten., ist durch die Erfindung eine neue und außerordentlich breite
Basis zur Herstellung beliebiger Mengen Motorenbenzols geschaffen worden. Dies ist
um so bedeutungsvoller, als bei der ständig zunehmenden Motorisierung des Verkehrs
sowie bei dem Streben nach der Verwendung der wirtschaftlicher arbeitenden hochverdichtenden
Motore dieNachfrage nach den kompressionsfesten Motorenbenzolen in dauerndem Steigen
begriffen ist. Beispiel i Eine zwischen 21o und 22o ° siedende naphthalinhaltige
Kokereiteerfraktion wird gemeinsam mit Luft, einer Beladung von 5o bis ioo g je
Kubikmeter Luft entsprechend, bei 41o bis 44o' über einen Vanadiumkontakt geleitet,
der durch Tränken geeigneter Träger, wie z. B. gebrannter Ton, mit geschmolzenem
Pentoxyd hergestellt wurde.
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ioo Teile des Öles liefern über 85 Teile fester und flüssiger Oxydationsprodukte,
abgesehen von Verbrennungswasser und Kohlensäure. Die überwiegende Menge ist leicht
durch Kühlung aus dem Reaktionsgas abzuscheiden. So besteht das bei gewöhnlicherTemperatur
anfallende Sublimat aus etwa 72 Teilen ölig-kristalliner aromatischer Carbonsäureanhydride;
der Rest fällt bei tieferer Kühlung als Öl bzw. wässerige Lösung an und besteht
aus größtenteils aliphatischen Aldehyden, Ketonen und Säuren, wie Essigsäure u.
dgl.
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Das ölig-kristalline Produkt wird mit einer Kalkaufschlämmung und
wenig als Kontakt wirkendem Alkali neutralisiert und unter Druck bei etwa 420' zwecks
Abspaltung der Carboxylgruppen erhitzt. Nach Beendigung der Reaktion fallen mehr
als 35 Teile eines leicht siedenden Öles an, das überwiegend aus Benzol besteht
und etwa 94°1o unter Zoo ° siedende Anteile besitzt. Beispiel 2 ioo Teile einer
zwischen 26o und 27o' siedenden Kokereiteerfraktion werden mit Luft bei einer Beladung
von 4o bis 6o g je Kubikmeter über einen geeigneten Vanadiumkontakt bei 44o'. geleitet.
Das Reaktionsprodukt enthält 5o Teile aromatischer Säureanhydride, die nach Entcarboxylierung,
j e nach dem Charakter des Ausgangsöles, 15 bis 4o Teile aromatische Kohlenwasserstoffe
(Benzol und dessen Homologe) liefern. Der Rest der Oxydationsprodukte besteht neben
Wasser und Kohlensäure aus etwa
15 Teilen unverändertem Teeröl,
io bis 15 Teilen Essigsäure und Homologen und 5 Teilen aliphatischer Aldehvde.
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Die besten Arbeitsbedingungen in der Oxydationsstufe hinsichtlich
Kontakttemperatur, Beladung der Luft usw. sind je nach dem Charakter der Öle, Siedebereich,
Oxydierbarkeit usw. fallweise durch Versuche festzulegen.