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Koksofen mit seitlich beheizten Retorten oder Kammern und unterem
Gasabzug. Um leichtverbrennlichen Hüttenkoks mit großer Oberflächenentwicklung in
von außen beheizten Kammeröfen oder Retorten herzustellen, darf die Erhitzung der
Kokskohle möglichst nicht über 8oo° C hinaus gesteigert werden, während Gießereikoks,
welcher schwerverbrennlich sein soll, eine Erhitzung im Koksofen auf i ioo° C voraussetzt
(s. Brennstoff-Chemie i9-3, Bd. q., Heft 3, Seite 33 bis 39).
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Diese Bedingungen sind aber in den Koksöfen und Retorten der bisher
üblichen Bauart nicht einwandfrei zu erfüllen. Die mehr oder weniger fein zerkleinerte
Kokskohle mit ihren lufterfüllten Zwischenräumen ist ein schlechter Wärmeleiter,
und die durch geheizte Wände mittelbar auf den Kohlenkuchen übertragene Wärme kann
deshalb nur sehr langsam bis zur Mitte derselben vordringen.
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Die Folge davon ist, daß die äußeren, den beheizten Wänden benachbarten
Schichten viel eher die erforderliche Temperatur erreichen als die in der Mitte
der Ofenfüllung lagernde Kohle. Um letztere aber ebenfalls gar zu bekommen, d. h.
wenigstens für kurze Zeit auf 8oo° C zu erhitzen, müssen daher die äußeren Schichten
einer höheren Temperatur und noch dazu während einer viel längeren Zeit ausgesetzt
werden, weil sonst eine genügende Wärmeübertragung auf die inneren Schichten überhaupt
nicht stattfinden würde.
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Es ist ohne weiteres verständlich, daß unter diesen Umständen die
Erzeugung eines außen und innen gleichmäßig garen Koks nicht möglich ist.
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Die erzeugten Wasser- und Teerdämpfe sowie die Schwelgase befördern
wohl - die Wärmeübertragung nach dem Innern der. Ofenfüllung, soweit sie in dieselbe
eindringen, wobei die Dämpfe in den mittleren, kälteren Schichten kondensieren und
ihre Verdampfungswärme dort an die Kohle abgeben. Da jedoch der ganze Kohlenkuchen
beim Verkoken zusammenschrumpft und zwischen sich und der Heizwand einen Spalt frei
läßt und da ferner die :erzeugten Dämpfe und Gase stets leichter und heißer sind
als die zwischen der Kohle befindliche Luft, so haben sie keineswegs das Bestreben,
in den Kohlenkuchen einzudringen, sondern sie entweichen mit Vorliebe auf dem kürzesten
und bequemsten Wege nach der gewöhnlich oben in der Decke der Kammer befindlichen
Gasabzugsöffnung. Dabei werden diese Dämpfe sowohl an den glühenden Heizwänden als
auch im hocherhitzten oberen Teile des Ofens überhitzt und zersetzt.
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Nur ein geringer Teil der Dämpfe wird in das Innere des Kohlenkuchens
gedrängt, kondensiert dort, sickert in flüssiger Form als Wasser bzw. Teer nach
unten und sammelt sich am Boden an. Da hier eine Austrittsöffnung gewöhnlich nicht
vorhanden ist, so erfolgt eine wiederholte Verdampfung dieser flüssigen Anteile,
welche infolgedessen ebenfalls zum größten Teil zersetzt werden. Hierin liegt auch
die Ursache, daß etwa 5o Prozent des Kokereiteeres nur in zersetzter Form gewonnen
werden.
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Die Temperaturmessungen im Innern eines Koksofens während der ganzen
Garungszeit ergeben ein deutliches Bild der vorstehend beschriebenen Vorgänge. Ein
Beispiel hierfür
bilden die Versuche, welche an einem Koksofen üblicher
Bauart von 6oo mm Breite vorgenommen und in U 11 m a n n s Enzyklopädie, Bd.7, S.94,
Abb.25, veröffentlicht wurden. An den aufgezeichneten Temperaturkurven ist deutlich
zu erkennen, daß die äußeren Schichten des Kokskuchens bereits nach 12 Stunden Betriebszeit
gar waren, d. h. eine Temperatur von etwa 8oo'' C aufwiesen, während die mittlere
Schicht noch bis 18 Stunden wasserhaltig war, und erst nach diesem Zeitpunkt an
dieser Stelle die Temperatur über ioo° C stieg. Der Ofen mußte 27 Stunden geheizt
werden, um auch die mittlere Schicht auf eine Temperatur von wenigstens 8oo° C zu
bringen. Inzwischen war aber gleichzeitig die äußere Schicht schon 15 Stunden
lang -nämlich von der 12. bis zur 27. Betriebsstunde - einer Erhitzung von mehr
als 8oo° C ausgesetzt worden. Es war deshalb unvermeidlich, daß der Koks an den
äußeren Schichten »schwerverbrennlicha geworden war, während der innere Kern einen
»leichtverbrennlichen« Koks darstellte.
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Eine Trennung dieser beiden Kokssorten ist aber praktisch unmöglich,
so daß hierbei die getrennte Gewinnung von Gießerei- und Hüttenkoks nicht durchführbar
ist. Wird aber zwecks Erzeugung von Hüttenkoks die Temperatur niedriger gehalten
und die Garungszeit abgekürzt, so bleiben im Innern des Kokskuchens leicht ungare
Stellen von teerfeuchter, unverkokter Kohle stehen, welche den ganzen Koks unbrauchbar
machen.
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In neuerer Zeit hat man versucht, durch Verminderung der Breite der
Koksöfen von 6oo mm bis auf 3oo mm diesem Übelstand: zu begegnen und eine schnellere
und leichte Erhitzung auch der mittleren Koksschichten zu erreichen. Aber dieser
Behelf ist einmal sehr kostspielig, weil er die Bau- und Bedienungskosten für je
i t Koks auf das Doppelte erhöht, und nveitens wird auch keine grundsätzliche Besserung
hierdurch erreicht, weil bei der gleichen Betriebsweise auch beim schmäleren Ofen
die äußeren Schichten viel länger und höher erhitzt werden müssen als die inneren.
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Es sind ferner Vorschläge hekannt geworden, die erzeugten Destillationsgase
durch den Kohlenkuchen nach unten hindurchzuleiten, um die Überhitzung und Zersetzung
der Dämpfe an den glühenden Wänden der Retorte bzw. des Koksofens zu vermeiden.
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Die Gasabzugskanäle sind jedoch so angeordnet, daß die am Boden der
Kammer sich ansammelnden Flüssigkeiten nicht abfließen, sondern sogar die Gasabzugskanäle
absperren können. Durch die immer weiter zugeführte Wärme werden schließlich diese
Flüssigkeiten wieder verdampft und die Dämpfe beim Durchdringen des Kohlenkuchens
immer wieder verdichtet, bis sie sich schließlich! zersetzen und als permanente
Gase oder Benzoldämpfe mit den übrigen Koksofengasen entweichen.
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Der geschilderte Vorgang hat jedoch noch einen weiteren Nachteil.
Da die weitere Erhitzung des Kohlenkuchens stets im Beisein von Teer stattfindet,
der, wie oben gezeigt, sich am Boden des Ofens ansammelt und wiederholt verdampft
wird, so ist auch die Erzeugung von leichtverbrennlichem Hüttenkoks mit diesem Ofen
nicht möglich. Die Versuche von Fischer, Breuer und B r o c h e haben gezeigt, daß
ein bei 8oo° C erzeugter, leichtverbrennlicher Koks lediglich durch Glühen bis i
i oo° C in neutraler Atmosphäre nicht schwerverbrennlich wird, wohl aber, wenn er
in Gegenwart von Teer weiter erhitzt wird (s. Brennstoff-Chemie 1923,
Bd.
¢, Heft 3, Seite 39).
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Da es unmöglich ist, die Erhitzung - der äußeren Schichten des Kohlen-
bzw. Kokskuchens auf eine höhere Temperatur als 8oo° ganz zu vermeiden, wenn, der
Kokskuchen auch in der -Mitte gar werden soll, so ergibt sich hieraus die wichtige
Forderung, den flüssigen Teer aus dem Ofen auf dem schnellsten Wege zu entfernen,
wenn leichtverbrennlicher Hüttenkoks hergestellt werden soll. Daß solche Ansammlungen
von flüssigem Teer am Boden jedes Koksofens und jeder Retorte stattfinden, beweist
das Heraustropfen von Teer, welches bei undichten Verschlüssen im Betriebe stets
beobachtet werden kann. -Die neue Anordnung nach vorliegender Erfindung ermöglicht
die Erfüllung dieser Bedingungen. Die beim Erhitzen der Kokskohle entstehenden ZVasser-
und Teerdämpfe sowie auch die eigentlichen Schwelgase werden gezwungen, in ihrer
Gesamtheit den Kern des Kohlenkuchens zu durchdringen, nicht nur, um gegen eine
schädliche Überhitzung geschützt zu werden, sondern um ihre fühlbare und Verdampfungswärme
an das durch Wärmestrahlung allein schlecht zu heizende Innere des Kohlenkuchens
abzugeben und dadurch eine erhebliche Abkürzung der Garungszeit zu erreichen.
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Durch die Wärmeabgabe im Innern werden hierbei Wasser- und Teerdämpfe
verdichtet zu tropfbaren Flüssigkeiten, die nach unten sickern und zusammen mit
den Gasen so schnell als möglich aus dem Ofen entfernt werden, so daß sie nicht
wieder verdampfen können. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, daß die flüssigen
Körper mit den Gasen am tiefsten Punkt des Ofeninnern, abgezogen werden.
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Der Koksofen oder die Retorte erhält daher
nur eine
Füllöffnung in der Decke, welche während des Betriebes fest verschlossen wird. Nur
am Boden wird an der tiefsten Stelle eine Öffnung für den Austritt von Gasen und
Flüssigkeiten frei gehalten, die gegen das Hineinfallen der zur Verkokung kommenden
Stoffe in geeigneter Weise geschützt ist. Dann wird der Ofen oder die Retorte in
üblicher Weise von außen geheizt.
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Die erzeugten Gase und Dämpfe, welche zunächst das Bestreben haben,
aufwärts zu steigen, können nach oben oder nach der Seite nicht entweichen und müssen
sich ihren Weg mitten durch den Kohlenkuchen hindurch nach der unteren Austrittsöffnung
suchen, indem sie gleichzeitig den schwereren, gasförmigen Inhalt der Kammer vor
sich her nach unten fortdrücken. Dabei werden sie ihren Weg hauptsächlich durch
den mittleren Teil des Ofens wählen, weil ihnen an den geheizten Seitenwänden frische,
aufwärts steigende Gase und Dämpfe begegnen und sie von den Heizwänden abdrängen.
An den mittleren, kälteren Teil des Kohlenkuchens bzw. der Retortenfüllung geben
die Gase ihre fühlbare Wärme, die Dämpfe außerdem noch ihre Verdampfungswärme ab
und bewirken so eine lebhafte Wärmeübertragung auf den Kern der Ofenfüllung, wodurch
die Garungszeit wesentlich abgekürzt wird. Die Dämpfe werden dabei so lange verflüssigt,
bis auch die mittleren Schichten genügend erwärmt sind.
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Die entstandenen Flüssigkeiten können sich nicht am Boden ansammeln,
sondern sie fließen unmittelbar durch die tiefliegende Austrittsöftnung ab. Ein
wiederholtes Verdampfen dieser flüssigen Bestandteile, wie es bei allen bisher bekannten
Koksöfen und Retorten mit Außenbeheizung stattfindet, ist daher bei dem neuen Verfahren
ausgeschlossen, und deshalb können auch die nachteiligen Folgen für den Koks und
die Teererzeugnisse selbst, wie oben beschrieben, nicht eintreten.
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Auch bei der Verkokung von Holz, Torf, Braunkohle usw. ist das neue
Verfahren mit gleichem Vorteil anwendbar.
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Bei einem Großversuche wurden z. B. bei gleichen Abmessungen der Retorte
eine Verminderung des Heizmaterialverbrauches um etwa 5o Prozent und eine Verkürzung
der Garungszeit auf die Hälfte der bisher erforderlichen festgestellt. Die großen
wirtschaftlichen Vorteile des neuen Verfahrens sind hieraus leicht zuerkennen.