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Verfahren zur Herstellung stabiler eiweißhaltiger Lösungen Bei der
Herstellung von wasserhaltigen Präparaten, z. B. wäßrigen Lösungen, Pasten oder
Pulvern, die Eiweißstoffe, wie Gelatine, Leim, Casein, Protein u. dgl., enthalten,
treten Schwierigkeiten dadurch auf, daß die Präparate sich beim Lagern in unkontrollierbarer
Weise verändern, flüssiger oder inhomogener werden bzw. eindicken, gelatinieren
oder klumpen. Das Eiweiß verliert an Bindekraft, daraus hergestellte Filme, Fäden
u. dgl. verlieren an Festigkeit oder lassen sich nicht mehr genügend härten. Es
ist daher üblich, den Eiweißpräparaten Stoffe, die diese Veränderung hemmen, zuzusetzen,
z. B. Netzmittel, Weichmacher oder baktericid und fungicid wirkende Substanzen.
Trotz derartiger Zusätze besitzen die bisher bekannten Eiweißpräparate nur eine
beschränkte Haltbarkeit.
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Es wurde nun gefunden, daß man eiweißhaltige Lösungen erhält, die
die geschilderten Nachteile nicht aufweisen, wenn man den Eiweiß enthaltenden Lösungen,
Pasten oder Pulvern am Stickstoff nicht substituierte Säureamide oder Säureimide
mit mindestens 2 Kohlenstoffatomen, die keine Polyamidbildner sind, beim Quellen
und Lösen oder den Lösungen der Eiweißstoffe zugibt, oder daß man gegebenenfalls
wäßrige Lösungen der Säureamide oder -imide den Eiweißstoffen oder ihren Lösungen
zugibt und zweckmäßigerweise den Lösevorgang durch schwaches Erwärmen fördert.
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Solche Zusatzstoffe sind z. B. Acetamid, Bernsteinsäureimid und Phthalsäureimid.
Formamid und Säureamide, die Polyamidbildner sind, sollen nicht unter dieses Schutzrecht
fallen, da die Verwendung dieser Stoffe Gegenstand der Patentanmeldung B 45798 IVb/39b
bzw. der Patentanmeldung B 30215 IVb/39b ist.
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Soweit die als Zusatzstoffe verwendeten Säureamide und -imide flüssig
sind oder in Gegenwart der Eiweißstoffe flüssig werden, kann man sie schon beim
Quellen und Lösen der Eiweißkörper in Mengen von 3 bis 20 °/o zugeben, da sie sowohl
im alkalischen wie im sauren pH Bereich stabil sind. Wasserlösliche Zusatzstoffe
löst man zweckmäßig vorher in etwas Wasser und setzt diese Lösung entweder sofort
oder nach dem Lösen der Eiweißstoffe diesen zu. Schwaches Erwärmen und mechanisches
Bearbeiten der angelösten Eiweißkörper fördert die vollkommene Auflösung.
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Durch geeignete Auswahl der Zusatzstoffe oder Gemische dieser kann
man die Eigenschaften der Eiweißpräparate in weitem Maß variieren. Die Säureamide
und -imide wirken außerordentlich gut wasserlöslichmachend. Eiweißhaltige Lösungen
werden durch Zusatz der Säureamide und -imide stark verflüssigt und schnell klar;
ihre Viskosität ist beträchtlich vermindert. Man kann die genannten Stoffe dazu
benutzen, um noch gießbare, hochprozentige, stark fadenziehende Eiweißlösungen,
z. B. 30°/oige Caseinlösung, herzustellen. Die Zusatzstoffe wirken gleichzeitig
als Weichmacher. Mit steigendem Molekulargewicht der als Zusatzstoffe verwendeten
Säureamide und -imide treten die löslichkeitssteigernden Einflüsse allmählich zurück,
dafür tritt eine verfestigende Wirkung auf die aus den Lösungen hergestellten Fäden
oder Filme in den Vordergrund. Man kann so zu Fäden oder Filmen gelangen, die bis
zu 200'C
bügelfest sind.
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Die Zusatzstoffe haben in vielen Fällen mehr oder weniger ausgeprägte
baktericide und fungicide Eigenschaften; einige haben auch gerbende Eigenschaften.
Viele von ihnen setzen sich leicht mit Aldehyden und Ketonen um und begünstigen
so in erwünschter Weise die bei der Herstellung von Filmen und Fäden erforderliche
Härtung durch Gerbung, wodurch sie zur Erhöhung der Festigkeit der gewonnenen Produkte
beitragen.
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Bei der Herstellung von Folien, Filmen und Fäden wirkt sich das gleichbleibende
Verhalten der erfindungsgemäß abgewandelten Eiweißstoffe außerordentlich günstig
aus. Auch die Eigenschaften der Fertigprodukte werden durch die Anwesenheit der
Zusatzstoffe im allgemeinen sehr günstig beeinflußt. Nur die niedrigermolekularen
Zusatzstoffe verflüchtigen sich etwas beim Verdampfen des zur Lösung verwendeten
Wassers. Die meisten Zusatzstoffe bleiben im Film oder Faden erhalten und sind ein
Bestandteil davon, soweit man sie nicht nach dem Härten wieder auswäscht, was an
sich möglich ist. Sie bewirken ein klareres, blankeres Auftrocknen.
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Besonders vorteilhafte, Eiweiß enthaltende Präparate, die sich für
die Herstellung von Folien, Filmen und Fäden eignen, erhält man, wenn man den oben
beschriebenen Mischungen auch noch Kunststoffdispersionen einverleibt. Die mit diesen
erzeugten Gegenstände werden zweckmäßig einer Wärmebehandlung unterworfen. Wenn
den Eiweißstoffen höhermolekulare Säureamide oder -imide
einverleibt
worden waren, so sind die erhaltenen Filme fester. Auch die Wärmefestigkeit ist
erhöht; dies ist für die Bügelfestigkeit von großer Bedeutung. Geeignete Kunststoffdispersionen
erhält man z. B. aus Polymerisaten oder Mischpolymerisaten von Vinylchlorid, Vinylacetat,
Acrylsäure oder ihren Salzen, Methacry1säure oder ihren Salzen, Acrylsäureestern,
Methacrylsäureestern, Acrylsäureamid, Acrylnitril und Butadien. Geeignete Mischpolymerisate
sind z. B. die aus Vinylchlorid und Acrylsäureestern oder a. B. ein Mischpolymerisat
aus 75 Teilen Acrylsäureoctylester, 10 Teilen Acrylsäureäthylester, 2,5 Teilen Äcrylsäureamid-
und 2,5 Teilen Acrylnitril.
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Durch eine Wärmenachbehandlung der Fertigprodukte können einige der
genannten Stoffe mehr oder minder «veitgehend in den Eiweißkomplex eingebaut werden.
Man setzt z. B. 2 bis 10 % eines der Zusatzstoffe der Eiweißlösung zu und
erhitzt die daraus hergestellten Fäden oder Filme einige Stunden auf 60 bis über
100'C oder mehrere Tage auf 40 bis 100'C. Die Wärmefestigkeit wird dann mit steigender
Dauer der Wärmebehandlung immer besser und kann auf über 200'C gebracht werden.
Bei höheren Temperaturen ist es zweckmäßig, unter Druck zu arbeiten und mit einem
Schutzgas, wie Stickstoff oder Wasserstoff, um Oxydationen zu vermeiden.
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Will man Folien oder Preßartikel aus den Eiweißstoffen herstellen,
so verwendet man nur wenig Wasser und gibt mehr von dem Zusatzstoff, z. B. 10 bis
30 %, zu. Das erhaltene Gemisch kann dann zu Folien ausgewalzt oder auch für Preßartikel
verwendet werden. Einige der Zusatzstoffe haben außerdem noch die Eigenschaft, die
Wirkung zugesetzter Gerbstoffe, z. B. von Aldehyden oder Chrom- oder Aluminiumverbindungen,
abzuschwächen. Außerdem sind die meisten dieser Stoffe auch verträglich mit Kautschuk-
und Kunststoffdispersionen und Polyrnerisaten, die oft den Eiweißkörpern zur Abwandlung
ihrer Eigenschaften zugemischt werden, z. B. um sie elastischer, dehnbarer usw.
zu machen.
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Man kann die Säureamide und -imide bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
auch zusammen mit andersartigen CO- oder COOH- und außerdem Amino- oder Iminogruppen
enthaltenden Stoffen, wie Polyamidbildnern, anwenden.
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Es ist bekannt, daß z. B. Casein in großen Mengen Formamid gelöst
werden kann. Solche Lösungen, die 100 bis 500 °/o Formamid, berechnet auf trockenes
Casein, enthalten, sind nicht mehr vergleichbar mit den erfindungsgemäß unter Verwendung
der Säureamide bzw. -imide hergestellten eiweißhaltigen Lösungen. In diesen sind
die unerwünschten Eigenschaften der Eiweißstoffe, z. B. Neigung der Lösungen zur
Klumpenbildung, beseitigt. Andererseits sind die erwünschten Eigenschaften, z. B.
das Bindevermögen und die Zähigkeit der erhaltenen Filme, erhöht. Dagegen wirkt
Formamid, in großen Mengen angewandt, physikalisch und gleichzeitig chemisch als
Lösungsmittel, da es das Eiweiß abbaut.
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Es ist ferner bekannt, daß man Casein in Gegenwart von Lösungs- und
Quellungsmitteln mit Formaldehyd abspaltenden Verbindungen, nämlich Methylolderivaten
von Urethanen, vermischen kann und daraus in der Hitze gehärtete Preßmassen erhält.
Nach einer anderen Vorschrift ist zur Herstellung von gehärteten Preßmassen entfettetes
Casein in Kombination mit Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukten zu verwenden.
Diese Vorschriften sind mit dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht vergleichbar,
da nach jenen Vorschriften von vornherein härtend wirkende Mittel dem Casein zugesetzt
werden mit dem Ziel, Preßmassen herzustellen. Dagegen werden. beim erfindungsgemäßen
Verfahren nicht härtend wirkende Stoffe mit dem Ziel verwendet, die typischen, eiweißartigen
Eigenschaften des Ausgangsmaterials zu verbessern.
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Die in den Ausführungsbeispielen genannten Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel 1 150 Teile Casein werden in 600 Teilen Wasser gequollen
und nach Zugabe von 25 Teilen Diäthanolamin in 75 Teilen Wasser durch Erhitzen auf
ungefähr 60 bis 70'C und Rühren in Lösung gebracht. Dieser Lösung (pA -- 7,5) setzt
man eine :Mischung von 45 Teilen Maleinsäureimid und 15 Teilen Phthalsäureimid in
90 Teilen Wasser zu und rührt 4 Stunden. Man erwärmt dann auf 90 bis 95'C, rührt
noch 1 bis 2 Stunden und läßt erkalten. Man erhält eine gelblichgefärbte, fast klare
Eiweißlösung mit einer Viskosität von über 200 Sekunden im Fordbecher von 4 mm.
Aus der Lösung kann man z. B. ziemlich klare, reißfeste Filme gießen, die mit Formaldehyd
und Chromsalzen härtbar sind. Der Formaldehyd kann auch in verdünnter Form zu der
Lösung gegeben werden, ohne daß diese geliert; die Aushärtung tritt dann während
des Trocknens ein.
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Beispiel 2 Zu 130 Teilen der nach Beispiel 1 erhaltenen Lösung gibt
man 70 Teile einer ungefähr 4011/oigen Dispersion eines Mischpolymerisates aus z.
B. 75 Teilen Vinylidenchlorid oder Vinylchlorid,10 Teilen Butadien und 15 Teilen
Acrylsäurebutylester. Die plastifizierte Eiweißlösung wirkt als Schutzkolloid; man
erhält daher eine Dispersionsmischung von sehr guter Stabilität, die Filme von großer
Elastizität und guter Wasserfestigkeit ergibt. Die Eiweißlösungen sind gut verdünnbar.
Beispiel 3 200 Teile eines hellfarbigen Hautleimes werden in 600 Teilen Wasser gequollen
und 40 Teile Acetamid oder Malonsäurehexamethylendiamid, mit 10 Teilen Äthanolamin
in 50 Teilen Wasser suspendiert, unter Erwärmen auf 80 bis 85'C zugegeben. Es tritt
sehr bald Lösung ein. Nach 4 Stunden steigert man die Temperatur (auf dem Wasserbad)
auf 90 bis 95'C und hält sie 2 Stunden auf dieser Höhe. Nun setzt man eine Lösung
von 25 Teilen Acetamid und 15 Teilen Salicylsäureamid (als Desinfiziens) in 60 Teilen
Wasser zu und rührt bis zum Erkalten. Nach dem Acetamidzusatz sinkt die Viskosität
der zunächst sehr dickflüssigen Lösung auf etwa ein Drittel ab. Die Eiweißlösung
ist unbegrenzt lagerfähig.
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Die so hergestellte Hauteiw eißlösung gibt schwachbräunliche, durchsichtige
Filme von guter Elastizität; dagegen bildet eine übliche Hautleimlösung gleicher
Konzentration eine feste Gallerte, aus der durch Aufgießen in der Wärme nur ganz
spröde Filme erhalten werden. Das Acetamid kann auch z. B. zusammen mit Lactamen
angewendet werden.
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Beispiel 4 Gibt man zu der nach Beispiel 3 erhaltenen Lösung in bekannter
Weise 20 Teile (gleich 10 °/o vom angewandten Hautleim) eines Polyalkohols, z. B.
Trimethylolpropan, so erhält man noch weichere, zügigere Filme, ohne daß die Wasserempfindlichkeit
merklich zunimmt. Ohne Amid oder Imid benötigt man mindestens 40 % eines Polyalkohols;
durch diese Menge werden die Filme aber so wasserempfindlich und minderwertig, daß
man sie nicht mehr härten kann; zudem werden sie selbst in Verbindung mit Kunststoffdispersionen
nicht wasserfest.
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Ähnliche Resultate werden erhalten, wenn man aufgeschlossenes Keratin
oder Proteine, z. B. Erdnuß-, Soja-, Getreideproteine, mit den Säureamiden oder
-imiden
behandelt. Diese Eiweißstoffe, z. B. Zein (aus Mais), sind
oft nur in nicht wäßrigen Lösungsmitteln, vor allem Alkoholen, löslich. Auch in
diesem Medium erweisen sich die Säureamide und -imide, die sich in Alkohol meist
besser lösen als in Wasser, als gute Plastifizierungsmittel. Beispiel 5 :Ulan löst
100 Teile Zein in 450 Teilen Methanol, setzt 15 Teile Buttersäureamid (oder Propionsäureamid)
und 10 Teile Phthalsäureamid zu und erhitzt 5 Stunden auf dem Wasserbad unter Rückflußkühlung.
Man erhält eine ziemlich dünnflüssige Eiweißlösung, die schnell trocknende, sehr
elastische Filme von guter Klarheit gibt. In solchen Lösungen kann z. B. auch Capryllactam
mitverwendet werden.
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Beispiel 6 Auch die nach Beispiel 5 erhaltene Eiweißlösung läßt sich
mit Kunststoffen kombinieren: Gibt man z. B. zu 140 Teilen der Lösung 50 Teile einer
sehr dickflüssigen, fast klaren, ungefähr 30%igen Dispersion eines Mischpolymerisats
von Acrylsäureäthylester und acrylsaurem Ammonium in Methanol, so erhält man klare
Filme von großer Dehnbarkeit.