Die
diabetische Nephropathie (DN), d.h der diabetesassoziierte Verlust
der Nierenfunktion, ist eine der Hauptkomplikationen des Diabetes
mellitus. Sie ist Hauptursache der Morbidität und Mortalität von Patienten mit
Diabetes mellitus und tritt bei etwa einem Drittel dieser Patienten
auf. Der Verlauf der Nephropathie ist exakt definiert und bis zu
einem gewissen Ausmaß bei
Typ 1- und 2-Diabetikern ähnlich (Hasslacher
C: Diabetische Nephropathie – Prävention
und Therapie. 1. Auflage. Bremen: UNI-MED, 2003). Die Patienten
entwickeln zunächst
eine Mikroalbuminurie (Albuminexkretionsraten (AER) zwischen 20
und 200 μg/min),
dann die eigentliche Nephropathie (Proteinurie) (AER > 200 μg/min), und
schließlich
einen Abfall der glomerulären
Filtrationsrate (GFR), der im terminalen Nierenversagen endet. Der
Diabetes mellitus Typ 2 beginnt normalerweise im mittleren Lebensalter
oder später,
kann jedoch auch bei jungen Individuen vorkommen. Nach den Angaben der
Internationalen Diabetes Federation ist der Typ 2 für 90% aller
Diabeteserkrankungen verantwortlich, die Prävalenz liegt bei ca. 4% (Andersen
et al: Diabetic nephropathy in type 1 (insulindependent) diabetes:
an epidemiologic study. Diabetologia 25: 496–501, 1983).
Obwohl
Patienten mit Mikroalbuminurie meistens im Verlauf eine Proteinurie
und nachfolgend den Verlust der Nierenfunktion entwickeln, kann
die Mikroalbuminurie mit sehr strenger Blutdruck- und Glukoseeinstellung
manchmal noch rückgängig gemacht
werden. Dies trifft jedoch nicht für die manifeste Proteinurie
zu. Wenn einmal eine Proteinurie bei Patienten mit Diabetes mellitus
Typ 1 entstanden ist, nimmt zudem die kardiovaskuläre Mortalität bei Frauen
und Männern
um das 75–100-fache
zu. Für
den Diabetes mellitus Typ 2 fehlen solche genauen Angaben.
Folgende
therapeutische Möglichkeiten
sind bislang bekannt: Optimale Stoffwechselkontrolle, frühzeitige
und intensivierte Hypertoniebehandlung, diätetische Proteinrestriktion
und lipidsenkende Therapie.
Eine
optimale Stoffwechselkontrolle verringert das Risiko einer Nephropathie
bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und 2. Normoglykämie kann
die Hyperfiltration und Renomegalie günstig beinflussen, die Mikroalbuminurie
kann sogar verschwinden. Bei den meisten Patienten ist jedoch eine
zusätzliche
medikamentöse
Behandlung nowendig.
Bluthochdruck
ist ein großes
Problem bei Diabetikern. Er kommt zweimal häufiger als in der normalen Bevölkerung
vor. Bluthochdruck kommt häufiger
bei Typ 2 (30–50%)
als bei Typ 1 Diabetikern vor, auch wenn man das Alter der Patienten
mit in Betracht zieht. Die Hälfte
der Hochdruckfälle
bei Diabetikern wird durch "essentiellen" Hochdruck verursacht,
die andere Hälfte
entsteht im Rahmen der Nephropathie. Die Hyperglykämie induziert
eine afferente (präglomeruläre) Vasodilatation,
so daß sich
der Hochdruck ohne Widerstand bis in die Glomeruli fortsetzen kann.
Dies bedeutet, dass bei Diabetikern der Blutdruck niedriger sein
sollte als bei Nicht-Diabetikern, um einem glomerularen Schaden
vorzubeugen. Eine Senkung des Blutdrucks bei Diabetes hat eine stärkere Auswirkung
auf kardiovaskuläre
Komplikationen als die Blutdrucksenkung bei Nichtdiabetikern.
Mehrere
Arbeitsgruppen in Europa, Nordamerika und Japan haben deshalb strenge
Richtlinien für
die Behandlung des Bluthochdrucks bei Diabetikern aufgestellt. Es
ist schon länger
bekannt, dass ein niedrigerer Blutdruck das Tempo des Nierenfunktionsverlusts
verzögern
kann. Diese Ergebnisse wurden in den letzten 10 Jahren vor allem
durch die Behandlung mit ACE-Hemmern erreicht. In mehreren Metaanalysen
wurden die akuten und chronischen Auswirkungen von ACE-Hemmern in
Patientenkollektiven mit Diabetes mellitus evaluiert. Eine akute
Abnahme der Nierenfunktion, z.B. eine Erhöhung des Serumkreatinins um
bis zu 30% oder bis zu 3 mg/dl, innerhalb von 4 Monaten nach Therapiebeginn
korreliert mit einer niedrigen Nierenfunktionsverlustrate nach 3
oder mehr Jahren. Es wurde gezeigt, dass die Nierenfunktion besser
erhalten blieb, wenn der Blutdruck auf Werte unter 130/80 mmHg gesenkt
wurde. Die Lage ist noch extremer, wenn eine Proteinurie besteht.
Es wurde gezeigt, dass Patienten mit einer Proteinurie über einem
Gramm pro Tag, unabhängig
von der Ätiologie,
bei Blutdruckwerten unter 125/75 mmHg ein langsameres Tempo des
Nierenfunktionsverlustes aufwiesen.
Es
ist nicht immer einfach, einen niedrigen Blutdruck bei Diabetikern
zu erreichen. Neben Veränderungen
in Diät
und Lebenstil ist meist eine medikamentöse Behandlung notwendig. Studien
haben gezeigt, dass im Durchschnitt 3,2 antihypertensive Medikamente
pro Patient notwendig sind, um den Zielblutdruck zu erreichen. Dabei
treten folgende Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Antihypertensiva
bei Diabetes mellitus auf:
Betablocker reduzieren effektiv
bei nichtdiabetischen Patienten die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität. Dies
trifft auch für
Diabetiker zu, die einen Myokardinfarkt erlitten haben. Eine Kombination
von Betablockern und Diuretika kann die Mortalität und Progression der Niereninsuffizienz
im Stadium 3 und 4 senken. Allerdings besteht die Gefahr, daß die Betablocker
bei Diabetes mellitus die Symptome einer Hypoglykämie maskieren können.
Thiazid-Diuretika
verschlechtern die Glukose-Toleranz, desweiteren werden Triglyzeridspiegel
und Cholesterinspiegel dosisabhängig
erhöht.
Die Ausbildung einer Hypokaliämie
ist eine Komplikation, die durch die gleichzeitige Gabe kaliumsparender
Diuretika oder ACE-Hemmer ausgeglichen werden kann. Liegt eine diabetische
Neuropathie vor, können
Diuretika die orthostatischen Beschwerden nachteilig beeinflussen.
Bei einer GFR < 70
ml/min sollten Schleifendiuretika verabreicht werden, da hier die
Wirkung der Thiazide nachläßt. Eine
niedrig dosierte Thiazid-Therapie (12,5–25 mg/d) ist ein wichtiger
Bestandteil der antihypertensiven Behandlung bei Diabetikern, da
bereits eine Monotherapie mit Diuretika die Mortalität bei Diabetes
mellitus Typ 2 senkt.
ACE-Hemmer
haben keine negativen Auswirkungen auf den Glukose- oder Lipidmetabolismus.
Sie sind stärker
antiproteinurisch wirksam als andere blutdrucksenkende Medikamente.
Die antiproteinurische Wirkung hängt
nur teilweise mit den hämodynamischen
Wirkungen zusammen. Es konnte nachgewiesen werden, dass ACE Hemmer
die Progression der Niereninsuffizienz bei Patienten mit Diabetes
mellitus Typ 1 und Niereninsuffizienz hemmen. Deshalb werden ACE-Hemmer
bei dieser Patientengruppe bevorzugt angewendet. Die Anwendung von
ACE-Hemmern erfordert allerdings große Sorgfalt: die Dosierung
muß bei
eingeschränkter
Nierenfunktion angepaßt
werden, wobei – vor
allem in Kombination mit Diuretika oder bei Herzinsuffizienz – darauf
geachtet werden sollte, dass der Blutdruck nicht zu stark gesenkt
wird. Die Nierenfunktion kann gefährlich eingeschränkt werden,
wenn eine Nierenarteriestenose vorliegt, die bei Diabetikern vermehrt vorkommt.
Viele Studien haben die günstige
Auswirkung der ACE Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ
1 mit diabetischer Nephropathie gezeigt. Es ist jedoch nicht völlig geklärt, ob ACE-Hemmer
besser gegen harte Endpunkte schützen
als Betablocker oder andere Antihypertensiva. In manchen Studien
war der Blutdruck in der Patientengruppe ohne ACE-Hemmer weniger
stark gesenkt worden. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2
ist zur Zeit die Überlegenheit
von ACE-Hemmern
gegenüber
Betablockern nicht nachgewiesen.
AT1-Rezeptor
Antagonisten sind Medikamente mit relativ wenig Nebenwirkungen.
Die antihypertensive Auswirkung ist in der Praxis der der ACE-Hemmer
gleich zu setzen. Mehrere große
Studien haben, zumindest für
den Typ 2 Diabetes, gezeigt, daß Irbesartan
(Parving et al. The Effect of Irbesartan on the development of diabetic
nephropathy in patients with type 2 diabetes. N Engl J Med 345:
870–8,
2001; Lewis et al. Renoprotective effect of the angiotensin-receptor
antagonist Irbesartan in patiens with nephropathy in type 2 diabetes. N
Engl J Med 345: 851–60,
2001) und Losartan (Brenneret al. Effects of Losartan on renal and
cardiovascular outcomes in patients with type 2 diabetes and nephropathy.
N Engl J Med 345: 861–9,
2001) nephroprotektiv wirken. Dies scheint unabhängig vom blutdrucksenkenden
Effekt zu sein.
Da
Calciumantagonisten vom Nifedipin-Typ über eine Dilatation der Vasa
afferentes zum Anstieg des intraglomerulären Drucks führen können, wird
die bevorzugte Gabe von Verapamil oder Diltiazem empfohlen. Diese
Medikamente können
die Mortalität
bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und isoliertem systolischem
Hochdruck senken. Im allgemeinen wird empfohlen, Calciumantagonisten
nicht als Monotherapie bei Diabetikern zu verabreichen. Sie können jedoch
in Kombination mit ACE-Hemmern und Diuretika nützlich sein.
Andere
Substanzen wie Minoxidil, Hydralazin, Clonidin und Methyldopa werden
zusätzlich
eingesetzt, um den Zielblutdruck zu erreichen. Clonidin soll wegen
der Gefahr einer Bradykardie nicht mit Betablockern kombiniert werden.
Eine
diätetische
Eiweißrestriktion
(0,6–0,8
g Eiweiß/kg
Körpergewicht
pro Tag) kann die Progression des Nierenversagens auch bei diabetischer
Nephropathie hemmen. Bei diabetischen Ratten wurde gezeigt, dass
eine Eiweißrestriktion
den intraglomerulären
Druck senkt. Bei Menschen mit diabetischer Nephropathie werden GFR
und Mikroalbuminurie nach Beginn der Eiweißrestriktion zunächst gesenkt,
längerfristig
wird die Verschlechterung der Nierenfunktion jedoch signifikant
gehemmt.
Auch
eine lipidsenkende Therapie ist bei diabetischer Nephropathie wichtig.
Oxidiertes LDL ist toxisch für
Endothelzellen. Bei Patienten mit diabetischer Nephropathie ist
die endotheliale Dysfunktion bereits sehr ausgeprägt. Vor
allem bei einem Serum-Cholesterin-Wert > 5,7 mmol/l werden HMG-CoA-Reduktase-Hemmer verschrieben.
Wenn
die Nierenfunktion verloren geht, bleiben nur Dialyse und gegebenenfalls
die Nierentransplantation als Behandlungsmöglichkeiten übrig. Es
gibt in Deutschland ungefähr
60.000 dialysepflichtige Patienten. Die Hälfte aller neuen Fälle wird
durch die diabetische Nephropathie verursacht. In Nordamerika und
Europa ist die DN die häufigste
Ursache von tödlichem
Nierenversagen.
Obwohl
lange angenommen wurde, dass die metabolische Kontrolle zur Entwicklung
der Nephropathie beiträgt,
wurde diese Hypothese erst in den letzten Jahren bewiesen. Eine
größere Anzahl
von Beobachtungsstudien hat den Zusammenhang zwischen glykämischer
Kontrolle und der Entwicklung verschiedener Schweregrade der Albuminurie
und des Abfalls der GFR gezeigt. Große prospektive, randomisierte
und interventionelle Langzeitstudien haben definitiv bewiesen, dass
eine verbesserte metabolische Kontrolle, die beinahe Normoglykämie erreicht,
die Entwicklung und Progression der DN signifikant verzögern kann
(Phillips CA and Molitch ME: The relationship between glucose control
and the development and progression of diabetic nephropathy. Curr
Diab Rep 2: 523–529,
2002).
Trotz
schlecht kontrollierter Blutzucker entwickelt jedoch eine große Subgruppe
von Patienten mit Typ 1 Diabetes [Andersen et al: Diabetic nephropathy
in type 1 (insulin-dependent) diabetes: an epidemiologic study.
Diabetologia 25: 496–501,
1983; Krolewski et al: The changing natural history of nephropathy
in type I diabetes. Am J Med 78: 785–794, 1985; Krolewski et al
Epidemiologic approach to the epidemiology of diabetes mellitus
and its complications. N Engl J Med 317: 1390–1398, 1987; Nathan DM: Long-term
complications of diabetes mellitus. N Engl J Med 328: 1676–1685, 1993)
und Typ 2 Diabetes (Nathan DM: Long-term complications of diabetes
mellitus. N Engl J Med 328: 1676–1685, 1993; Nelson et al:
Assessment of risk of overt nephropathy in diabetic patients from
albumin excretion in untimed urine specimens. Arch Intern Med 151: 1761–1765, 1991)
niemals Nephropathie. Frühere
Untersuchungen konnten zeigen, daß die Suszeptibilität für die DN
(zumindest teilweise) genetisch determiniert ist. Diese Beobachtung
und die familiäre
Häufung
von DN bei Typ 1 [Seaquist et al.: Familial clustering of diabetic
kidney disease: evidence for genetic susceptibility to diabetic
nephropathy. N Engl J Med 320: 1161–1165, 1989; Quinn et al.:
Familial factors determine the development of diabetic nephropathy
in patients with IDDM. Diabetologia 39: 940–945, 1996) und Typ 2 Diabetes (Pettitt
et al: Familial predisposition to renal disease in two generations
of Pima Indians with type 2 (non-insulin dependent) diabetes mellitus.
Diabetologia 33: 438–443,
1990; Freedman et al.: Familial predisposition to nephropathy in
African-Americans with non-insulin dependent diabetes mellitus.
Am J Kidney Dis 5: 710–713, 1995)
deuten darauf hin, dass nur ein Teil der Diabetiker für die Entwicklung
einer DN empfindlich ist. Seaquist et al. fanden bei diabetischen
Geschwistern von Patienten, die bereits eine DN entwickelt hatten,
eine Prävalenz
der DN von 83%, wohingegen die Prävalenz bei diabetischen Geschwistern
von Diabetikern ohne Proteinurie nur 17% betrug. Quinn et al. und
Krolewski bestätigten,
dass das Risiko abhängig
vom Status des Probanden variiert und hypothetisierten die Existenz
eines dominanten Gens, das bei Diabetikern die Nephropathie verursacht
(Quinn et al.: Familial factors determine the development of diabetic
nephropathy in patients with IDDM. Diabetologia 39: 940–945, 1996;
Krolewski et al.: Genetics of diabetic nephropathy: Evidence for major
and minor gene effects. Kidney Int. 55 1582–1596, 1999).
Das
häufige
Auftreten von DN bei Diabetikern weist darauf hin, dass ein oder
mehrere häufige – und deshalb
wahrscheinlich alte – DNA-Polymorphismen
den Diabetesphänotyp
zu einem Phänotyp,
der auch die DN enthält,
modifizieren. Bei gesunden Individuen könnte das Vorhandensein dieser
Polymorphismen keine oder nur eine geringe klinische Relevanz haben.
Vardarli
et al. (Gene for susceptibility to diabetic nephropathy in type
2 diabetes maps to 18q22.3-23. Kidney Int 62: 2176–2183, 2002)
führte
eine Linkage-Studie durch, deren Ziel es war, die Lokalisation von
Genen, die für
die Suszeptibilität
für diabetische
Nephropathie in großen
türkischen
Familien mit Typ 2 Diabetes verantwortlich sind, zu finden. Achtzehn
türkische
Familien mit insgesamt 368 Personen wurden untersucht. Von 125 Personen
wurde DNA gewonnen. Familienmitglieder ohne Diabetes wurden als „unbekannter
Status", Personen
mit einer Diabetesdauer von mindestens 15 Jahren und Normoalbuminurie
wurden als „nicht
betroffen" und Personen
mit Diabetes und Proteinurie als „betroffen" definiert. Bei den türkischen
Familien wurde eine Linkage-Analyse durchgeführt, indem Mikrosatelliten-Marker
auf 12 humanen Chromosomen verwendet wurden, und auch Regionen einschlossen,
für die
bereits vorher Hinweise auf Linkage mit DN bestanden (3q, 7q, 9q
und 20q) (Imperatore et al: Sib-pair linkage analysis for susceptibility
genes for microvascular complications among Pima Indians with type
2 diabetes. Diabetes 47: 821–830,
1998; Moczulski et al: Major susceptibility locus for nephropathy
in type 1 diabetes mellitus on chromosome 3q: Results of novel discordant
sib-pair analysis. Diabetes 47: 1164–1169, 1998). Die Ergebnisse
konnten die Hinweise für
Linkage von DN mit einer der vorgeschlagenen Regionen nicht bestätigen. Die
Daten der 11 größten Familien
zeigten jedoch einen signifikanten paarweisen LOD-Score beim Typieren
von Markern auf Chromosom 18 g22.3-23 unter Verwendung des autosomal
dominanten Modells (max. LOD score 3,5; p = 0,0001). Auf Chromosom
18 blieb der LOD-Score signifikant und erhöhte sich auf 6,1, wenn zusätzliche
Familien und zusätzliche
Marker in einer Multipoint Analyse eingeschlossen wurden. Der maximale
LOD-Score für Linkage
mit dem Krankheitslokus, der als DIANPH bezeichnet wurde, wurde
zwischen den Markern D18S469 und D18S58 gefunden. Unter Verwendung
der „maximum
LOD-1"-Methode wurde
ein Konfidenzintervall mit einer asymptotischen Konfidenz über 95%
konstruiert. Das DIANPH Konfidenzintervall wird von den Markern
D18S43 (proximal) und D18S50 (distal) flankiert.
Um
eine unabhängige
Bestätigung
der Befunde in der türkischen
Bevölkerung
zu erhalten wurde eine Geschwisterpaarstudie bei Pima Indianern
durchgeführt.
Ein Gen für
die Suszeptibilität
für diabetische
Nephropathie konnte auch anhand der Pima Daten auf 18g22.3-23 lokalisiert
werden.
Halama
et al. (The Kruppel-like zinc-finger gene ZNF236 is alternatively
spliced and excluded as susceptibility-gene for diabetic nephropathy.
Genomics, 82: 406–411,
2003) konnte ZNF236, das auf 18g22.3-23 lokalisiert ist als potentielles
Empfänglichkeitsgenen
für DN
ausschließen.
WO
00/50637 beschreibt ein Verfahren zur Identifikation für Empfänglichkeitsgenen
von DN, durch welches die Gene Fibronectin, Caldesmon, Thrombospondin,
Plasminogenaktivator-Inhibitor, CTGF identifiziert wurden.
EP 1 122 307 beschreibt
die Sequenz des humanen Carnosinasegen 2 und eine Anzahl möglicher
Anwendungen, die auf die Behandlung von kognitiven Erkrankungen,
Entwicklungsabnormalitäten
und fetalen Defiziten, neurodegenerativen Erkrankungen, Parkinson'scher Erkrankung,
Schizophrenie, abnormaler mentaler Zustände, ischämischer Schock, Epilepsie,
Polyarthritis, Bluthochdruck, Krampfanfälle, ischämischer Herzerkrankung, Ulcera,
adrenaler corticaler Funktion, Wundheilung, Trauma und entzündliche
Erkrankungen gerichtet sind. DN wird nicht erwähnt.
EP 1 097 997 beschreibt
die Sequenz des humanen Carnosinasegen 1. Auch hier werden kognitiven Erkrankungen,
Entwicklungsabnormalitäten
und fetale Defizite, neurodegenerativen Erkrankungen, Parkinson'scher Erkrankung,
Schizophrenie, abnormale mentale Zustände, ischämischer Schock und Epilepsie
als mögliche
Anwendungsgebiete erwähnt.
DN wird nicht erwähnt.
Die
Diagnose von DN ist bisher nur zuverlässig über eine Nierenbiopsie möglich, die
mit einem deutlichen Komplikationsrisiko für den Patienten und mit hohen
Kosten verbunden ist. Dementsprechend besteht der Bedarf neue Nachweismöglichkeiten
für DN
zu entwickeln, die eine zuverlässige
Bestimmung des Patientenstatus ohne operativen Eingriff ermöglichen.
Ferner besteht der Bedarf an einer kausalen Therapie der DN, durch
die mögliche
Folgeerscheinungen der DN wie Dialyse- und Nierentransplantation
vermieden werden, sowie die Lebenserwartung und die Lebensqualität des Patienten
erhöht
werden. Dies erfordert ein detailliertes Verständnis des molekularen Mechanismus,
auf dem die DN beruht.
Somit
liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein neues
System und Verfahren bereitzustellen, die eine zuverlässige Aussage
zu einer diabetischen Nephrophathie sowie zu einer möglichen
Prädisposition
für eine
diabetische Nephropathie liefern sollen und somit frühzeitig
therapeutische und/oder vorbeugende Maßnahmen für den Patienten eingeleitet
werden können.
Diese
Aufgabe wird durch die Bereitstellung der in den Ansprüchen gekennzeichneten
Ausführungsformen
gelöst.
Insbesondere
wird die Verwendung eines oder mehrerer mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierten Gene
und Varianten oder Teilen davon, und deren 5'-und
3'- flankierende
Bereiche zum Nachweis einer diabetischen Nephropathie (DN) oder
einer Prädisposition
für DN
bereitgestellt. Beispielsweise ist ein mit dem Carnosin-Metabolismus
assoziiertes Gen das Carnosinase 1 (CN1)-Gen oder das Carnosinase
2 (CN2)-Gen. Die 5'-
und 3'-flankierenden
Bereiche weisen bevorzugt jeweils etwa 100 kb auf. Die 5'- und 3'-flankierenden Bereiche
enthalten beispielsweise regulatorische Sequenzen für das mit
dem Carnosin-Metabolismus
assoziierten Gen und/oder mit dem Auftreten von DN oder deren Vorstufen
oder einer Prädisposition
dafür assoziierte Sequenzen,
wie beispielsweise das LOC 125704 Gen. Im Vergleich zum Wildtyp
können
die 5'- und 3'-flankierenden Bereiche
bei deren Verwendung zum Nachweis einer DN oder deren Vorstufen
oder einer Prädisposition
dafür Deletionen,
Substitutionen, und/oder Insertionen im Vergleich zum Wildtyp aufweisen
und/oder Splicevarianten sein.
Im
Vergleich zum Wildtyp können
die Varianten oder Teile der mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierten Gene (kodierende
und/oder nicht-kodierende Regionen) Deletionen, Substitutionen,
und/oder Insertionen aufweisen und/oder Splicevarianten sein.
In
einer bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung sind die Teile aus der Gruppe, bestehend
aus SEQ-ID-Nrn. 1 bis 31, ausgewählt.
In
einer bevorzugten Ausführungsform
ist die mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierte Gensequenz aus
der Region von etwa 100 kb stromaufwärts und/oder etwa 100 kb stromabwärts des
Exons 1 des CN1- oder CN2-Gens ausgewählt, wobei diese Region zumindestens
teilweise das LOC 125704 Gen enthält.
Das
mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierte Gen ist beispielsweise
die kodierende oder regulatorische Teil- oder Gesamtsequenz des
CN1- und/oder CN2-Gens oder ein biologisch aktives Derivat davon
oder eine Gensequenz, welche die Expression von CN1 und/oder CN2
reguliert. Erfindugsgemäß bedeutet
der Begriff „biologisch
aktives Derivat" jegliche
nukleinsäureartige,
modifizierte Verbindung mit im wesentlichen gleicher biologischer
Funktion wie die kodierenden oder regulatorischen Gensequenzen des
CN1- und CN2-Gens. Die Modifikationen im biologisch aktiven Derivat
können
eine oder mehrere Deletionen, Substitutionen und/oder Insertionen
von Nukleinsäuren
enthalten und/oder Splicevarianten sein.
Vorzugsweise
umfaßt
die mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierte regulatorische Gensequenz
die regulatorischen Elemente am 5'-Ende des CN1- oder CN2-Gens innerhalb von einem Bereich
von etwa 100 kb stromaufwärts
vom Transkriptionsbeginn.
In
einer Ausführungsform
umfaßt
die mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierte regulatorische Gensequenz
Veränderungen
einer Locus-Control-Region (LCR), innerhalb des CN1/CN2-Locus, welche
die Expression von Carnosinase 1 und/oder 2 kontrolliert.
Der
Nachweis von DN oder einer Prädisposition
für DN
kann auf genomischer Ebene, transkriptionaler, translationaler und/oder
post-translationaler Ebene erfolgen.
Ein
weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Nachweis einer DN oder deren Vorsstufen oder einer Prädisposition
für DN,
umfassend
- (a) die Bereitstellung einer Patientenprobe,
beispielsweise Vollblut,
- (b) die Bereitstellung einer Kontrollprobe, von beispielsweise
einem Patienten mit Diabetes mellitus ohne Nephropathie,
- (c) das Bestimmen eines Zustands von mindestens einem, wie vorstehend
definierten, mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierten Gens auf
genomischer, transkriptionaler, translationaler und/oder post-translationaler
Ebene in der Patientenprobe und der Kontrollprobe und
- (d) das Vergleichen und Auswerten der Zustände von der Patientenprobe
und der Kontrollprobe.
Vorzugsweise
betrifft der in (c) zu bestimmende Zustand die Expression des mit
dem Carnosin-Metabolismus assoziierten Gens, wobei die Genexpression
z.B. durch PCR wie RT-PCR, Northern-Blot, Western-Blot und/oder
EIA, wie z.B. ELISA, bestimmt werden kann. Ferner kann auf genomischer
Ebene der zu bestimmende Zustand durch im Stand der Technik bekannte
PCR-Anwendungen, Invader®-Assays oder Hybridisierungsmethoden
unter Verwendung geeigneter Nukleinsäuresonden ermittelt werden.
Ein
weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft einen Kit
zum Nachweis von DN oder einer Prädisposition dafür, enthaltend
Mittel zum Bestimmen eines Zustands von einem, wie vorstehend definierten,
mit dem Carnosin-Metabolismus assoziierten Gens auf genomischer,
transkriptonaler, translationaler und/oder post-translationaler
Ebene in einer Patientenprobe, wobei die Mittel beispielsweise Primer
für eine PCR
zur Bestimmung der Genexpression des mit dem Carnosin-Metabolismus
assoziierten Gens oder Nukleinsäuresonden
für eine
Hybridisierung umfassen.
Die
vorliegende Erfindung betrifft weiter die Bereitstellung einer pharmazeutischen
Zusammensetzung, welche native oder rekombinante CN1 oder CN2 oder
biologisch wirksame Derivate davon und gegebenenfalls einen pharmazeutisch
verträglichen
Träger
und/oder Verdünnungsmittel
enthält.
Die erfindungsgemäße pharmazeutische
Zusammensetzung kann zur Behandlung und/oder Vorbeugung von DN insbesondere
bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und 2 eingesetzt werden.
Ein
weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Auffinden von Verbindungen, welche zur Behandlung und/oder Vorbeugung
von DN geeignet sind, umfassend
- (a) das Zugeben
einer zu testenden Verbindung zu einem Zellkultursystem, welches
vorzugsweise renale Zellen umfasst, oder zu einem Tier, welches
gegebenenfalls transgen bzw. genetisch verändert ist, oder zu einem Menschen,
und
- (b) das Bestimmen der Expression von mit dem Carnosin-Metabolismus
assoziierten Genen.
Mit
dem erfindungsgemäß gekennzeichneten
Verfahren zum Nachweis von DN ist es möglich, ohne Nierenbiopsie DN
oder Vorstufen von DN oder eine Prädisposition für DN nachzuweisen,
wobei der Nachweis beispielsweise auf ein verändertes Expressionsmuster (Veränderung
in den kodierenden Sequenzen) und eine veränderte Expressionsmenge von
CN1 und CN2 (Veränderungen
in den regulatorischen Sequenzen) und biologisch aktiven Derivaten
davon oder Veränderungen
in Genen, die auch an der Regulation der Expression von diesen Genen
beteiligt sein können,
beruht. Durch die molekulargenetische Analyse der Gensequenzen können Träger für die Entwicklung
einer DN als Risikopersonen identifiziert werden. Derartige Risikopersonen können durch
gesunde Ernährung
und durch Anpassung des Lebensstils eine Diabetes vermeiden. Falls
bereits eine Diabetes besteht, können
derartige Risikopersonen frühzeitig
erkannt und therapiert werden, bevor die Nierenfunktion eingeschränkt ist.
Patienten
und Risikogruppen können
eine kausale Therapie – gezielt
auf die Korrektur des Carnosin-Metabolismus – bekommen und so optimal vor
der Entstehung/Weiterentwicklung der DN geschützt werden. Somit kann die
Dialyse vermieden werden und die Lebensqualität und Lebenserwartung verbessert
werden. Da die Mehrheit der neuen Patienten, die sich jährlich für die Dialyse
anmelden, DN-Patienten sind, ist ein großer Teil der sehr hohen Kosten
der Dialyse direkt auf DN zurückzuführen. Deshalb
kann eine frühzeitig präventive
Therapie der DN durch Diagnostizierung und Behandlung von Risikopersonen
wesentlich zur Kostensenkung im Gesundheitssystem beitragen. Ferner
werden weniger Patienten Nierentransplantationen brauchen und die
Wartezeit auf ein Organ für
die verbleibenden Patienten würde
sinken.
Die
nachfolgenden Beispiele dienen zur weiteren Erläuterung der vorliegenden Erfindung
und sind nicht als Beschränkung
des beanspruchten Schutzumfangs aufzufassen.
Figur
1 zeigt
verschiedene Sequenzen, die den kodierenden Teil der LOC125704,
CN1 and CN2 Gene charakterisieren. Polymorphe Stellen sind fett
gedruckt.
Die
Expression von CN2 und GAPDH wurden in jeder Probe durch RT-PCR
oder quantitative PCR mittels Light Cycler System (Roche) gemessen.
Zu diesem Zweck wurde die cDNA-Synthese in einem Gesamtvolumen von
20 μl, das
aus 1 μg
RNA, 2 μl
eines 10 × Reaktionspuffers
(Roche), 5 mM MgCl2, 1 mM Deoxynukleotiden,
1,6 μg oligo
p(dT)15, 50 U RNAse Inhibitor und 20 U AMV Reverse Transkriptase
bestand, durchgeführt.
Vor der cDNA Synthese wurden alle RNA-Proben einer DNAse Behandlung,
wie vom Hersteller (Gibco BRL) angegeben, unterzogen. Für die qualitative
Analyse der CN2-Expression in renalen Zellen wurde RT-PCR verwendet.
Die Amplifikation wurde durch Zusatz von 1,0 mM Tris-HCl, 0,15 mM
MgCl2, 7,5 mM KCl, 1 μl cDNA, 2,5 mM jedes dNTP, 2,5
U Taq DNA Polymerase und 20 pmol jedes Primers zu einem Gesamtvolumen
von 20 μl
durchgeführt.
Insgesamt wurden 30 Amplifikationszyklen, die jeweils aus 30 Sekunden
94°C, 60
Sekunden 62°C
(CN2 und SDCCAG33) oder 55°C
(GAPDH) und 50 Sekunden 72°C
bestanden, durchgeführt.
Vor dem Start der Amplifikation wurden die Proben für 90 Sekunden
bei 94°C
denaturiert. Für
die quantitative PCR wurden serielle Verdünnungen von cDNA in einem Gesamtvolumen
von 20 μl,
bestehend aus 2 mM MgCl2, 10 pmol jedes
Primers, 2,5 U Taq DNA Polymerase und 1,8 μl FastStart SYBR Green I (Roche) amplifiziert.
Für die
Light Cycler PCR wurden 60 bzw. 45 Amplifikationszyklen für CN2 bzw.
GAPDH durchgeführt.
Sie bestanden aus je 15 Sekunden bei 95°C, 5 Sekunden bei 62°C (CN2),
oder 55°C
(GAPDH) und 12 Sekunden bei 72°C.
Vor dem Start der Amplifikation wurde die Proben für 5 Sekunden
bei 95°C
inkubiert. Die Primersequenzen für
CN2, SDCCAG33 und GAPDH waren wie folgt: