Als Ischämie wird die Unterbrechung
der Blutversorgung von Zellen, Geweben oder Organen bezeichnet.
Diese Situation ist insbesondere dann kritisch, wenn eine kontinuierliche
Versorgung mit Sauerstoff und/oder Nährstoffen (z.B. Glucose) notwendig
ist. Dies gilt insbesondere für
das zentrale Nervensystem (ZNS), da gerade Nervenzellen extrem empfindlich
auf eine Unterbrechung der Sauerstoff- und Glucoseversorgung reagieren.
Bereits eine kurzzeitige Ischämie,
z.B. infolge eines Schlaganfalls oder eines Herzinfarkts, führt zum
neuronalen Zelltod in den betroffenen Hirnarealen.
Die zellulären Mechanismen Ischämie-bedingter
Schädigungsprozesse
sind vielschichtig und in ihrer Komplexizität bisher nur ungenügend verstanden.
Daher sind wirkungsvolle Maßnahmen
zur Prävention
und Therapie problematisch.
Es sind zwar verschiedene Behandlungsmethoden
bei zerebraler Ischämie
bekannt, es besteht jedoch ein erheblicher Bedarf nach einer Behandlungsmethode,
die insbesondere das Absterben von Nervenzellen bei einer zerebralen
Ischämie
verhindert.
Die Verwendung von Weihrauch ist
bereits in der Volksmedizin zur Behandlung verschiedenster Krankheiten,
insbesondere von Entzündungen
und von Rheumatismus, bekannt, vor allem in der chinesischen und
indischen Volksmedizin. Unter Weihrauch oder Olibanum wird ein Gummiharz
verstanden, das aus der Rinde der in Arabien und Somalia beheimateten
Bäume Boswellia
carteri, Boswellia serata und anderen Arten erhalten werden kann.
In dem Harz sind in der Regel 5 bis 9% des Olibanumöls (oder
Weihrauchöls),
15 bis 16% Harzsäuren,
25 bis 30% etherunlösliche
Verbindungen und 45 bis 55% etherlösliche Verbindungen enthalten,
insbesondere die triterpenoiden Boswellinsäuren, hauptsächlich β-Boswellinsäure. Boswellinsäure wird
in der Literatur häufig
auch als Boswelliasäure
bezeichnet.
Unter Weihrauch oder Olibanum wird
eine Mischung der Harze der Balsambaumgewächse Boswellia sacra (Südarabien),
Boswellia carterii und Boswellia frereana (beide Somalia) verstanden.
Dem gegenüber
wird der indische Weihrauch („Salai
Guggal") aus Extrakten
des Harzes von Boswellia Serrata (Indien) gewonnen. Bei Salai Guggal
handelt es sich also um ein pflanzliches Vielstoffgemisch. Es enthält ätherische Öle (verschiedene
Mono-, Di- und Sesquiterpene),
Schleime (u.a. Galaktose, Arabinose, Mannose, Xylose) und die, nach
heutigem Wissensstand pharmakologisch wirksamen Harzstoffe (pentazyklische
und tetrazyklische Triterpene, Boswellinsäuren bzw. Tirucallensäuren). Nach
Extraktion mit lipophilen Lösungsmitteln
nach speziellen Verfahren (s. u.) wird ein sog. "standardisierter indischer Weihrauchtrockenextrakt" erhalten.
Pardhy & Bhattacharyya berichten in Ind.
J. Chem., 16 b: 176-178, 1978, daß Boswellia serrata im wesentlichen
die folgenden Inhaltsstoffe enthält: β-Boswellinsäure, Acetyl-β-boswellinsäure, Acetyl-11-keto-β-boswellinsäure, 11-Keto-β-Boswellinsäure und
zu geringeren Anteilen α-
und β-Boswellinsäure sowie
die Tirucallensäuren.
In neuerer Zeit wurden mehrere medizinische
Anwendungen für
Weihrauch oder Weihrauchextrakt und insbesondere für Boswellinsäure und
deren Derivate gefunden. So bereichtet die WO 90/01937, daß α-Boswellinsäureacetat
und β-Boswellinsäureacetat
und deren Analoge Topoisomerase-I und Topoisomerase-II hemmen. Daher
schlägt diese
Druckschrift vor, die Verbindungen zur Behandlung von verschiedenen
Krebsarten einzusetzen. Die DE-A 42 01 903 und die dazu äquivalente
EP-A 552 657 offenbaren, daß reine
Boswellinsäure,
physiologisch annehmbare Salze davon, Derivate davon und Salze der
Derivate oder eine Boswellinsäure-enthaltende
pflanzliche Zubereitung Entzündungsvorgänge bekämpfen können, die
durch gesteigerte Leukotrienbildung hervorgerufen werden. Die DE-A
44 44 288 offenbart, daß Weihrauch,
Weihrauchextrakte, in Weihrauch enthaltene Substanzen, Boswellinsäure sowie
Derivate und Salze dieser Verbindungen bei der Behandlung der Alzheimer
Erkrankung erfolgreich eingesetzt werden können. Die DE-A 44 45 728 verwendet
reine Boswellinsäure,
physiologisch annehmbare Salze davon, Derivate davon oder Salze der
Derivate sowie pflanzliche Zubereitungen, die eine Boswellinsäure enthalten,
zur Behandlung von Hirntumoren.
Keiner dieser Druckschriften kann
allerdings entnommen werden, daß Weihrauch
zur Vorbeugung und Behandlung von zerebraler Ischämie eingesetzt werden
kann.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein
Medikament zur Verfügung
zu stellen, das erfolgreich zur Prävention und/oder Behandlung
von zerebraler Ischämie
eingesetzt werden kann.
Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der
Patentansprüche
gelöst.
Aufgrund seiner Wirksamkeit bei der
Prophylaxe und Behandlung von zerebraler Ischämie kann das Arzneimittel vorteilhaft
auch zur Prophylaxe und Behandlung von zerebralen Schädigungen
durch Schlaganfall, Herzinfarkt oder nach einem operativen Eingriff
eingesetzt werden.
Als Boswellinsäure wird vorzugsweise Acetyl-11-keto-β-boswellinsäure (AKBA),
11-Keto-β-boswellinsäure (KBA)
oder β-Boswellinsäure verwendet. β-Boswellinsäure kann
geringe Mengen an α-
oder γ-Boswellinsäure enthalten. β-Boswellinsäure kann auf
an sich bekannte Art und Weise aus Boswellinsäure-enthaltenden Pflanzen gewonnen
werden, insbesondere aus Boswellia serata. Andere geeignete Boswelliaarten
sind Boswellia papyrifera, Boswellia frereana, Boswellia carteri,
Boswellia thurifera oder Boswellia glabra, allerdings können auch
andere Vertreter der Boswelliafamilie verwendet werden.
Physiologisch annehmbare Salze der
Boswellinsäure
sind bevorzugt die Natrium-, Kalium-, Ammonium- und Calciumsalze.
Bevorzugte Derivate der Boswellinsäure sind C1-C6-Alkylester,
bei denen die Carboxylgruppe der Boswellinsäure mit einem entsprechenden
Alkohol verestert wurde. Besonders bevorzugt sind Methylester, Ethylester,
n-Propylester, iso-Propylester, n-Butylester, iso-Butylester und tert-Butylester.
Es ist ebenfalls möglich,
daß die
Hydroxylgruppe der Boswellinsäure
mit einer physiologisch verträglichen
Carbonsäure
verestert wurde, bevorzugt mit einer C1-
bis C20-, insbesondere mit einer C1-C6-Carbonsäure,
insbesondere mit Ameisensäure oder
Essigsäure.
Erfindungsgemäß bevorzugt
verwendete Derivate der Boswellinsäure sind β-Boswellinsäureacetat, β-Boswellinsäureformiat, β-Boswellinsäuremethylester,
Acetyl-β-boswellinsäure, Acetyl-11-keto-β-boswellinsäure und
11-Keto-β-boswellinsäure.
Erfindungsgemäß bevorzugt werden für die Herstellung
der Arzneimittel pflanzliche Zubereitungen verwendet, insbesondere
Weihrauch oder Extrakte von Weihrauch. Die Extrakte enthalten bevorzugt
eine oder mehrere der vorstehend genannten Verbindungen.
Erfindungsgemäß bevorzugt ist damit die Verwendung
von Weihrauch oder Weihrauchextrakten, die Boswellinsäure, insbesondere β-Boswellinsäure, enthalten,
zur Herstellung eines Arzneimittels zur prophylaktischen und/oder
therapeutischen Behandlung von zerebraler Ischämie.
Der erfindungsgemäß verwendete Weihrauch bzw.
die erfindungsgemäß verwendeten
Weihrauchextrakte (z.B. Salai Guggal) enthalten bevorzugt β-Boswellinsäure und/oder
Acetyl-β-boswellinsäure und/oder
Acetyl-11-keto-β-boswellinsäure und/oder
11-Keto-β-boswellinsäure.
Pflanzliche Zubereitungen, die erfindungsgemäß bevorzugt
zur Herstellung der Arzneimittel eingesetzt werden können, sind
kommerziell erhältlich, beispielsweise
von der Firma Ayurmedica, Pöcking, beispielsweise
unter der Bezeichnung H15. Hierbei handelt es sich um einen lipophilen
Extrakt aus Boswellia serata, der als Wirkstoff einen Trockenextrakt aus
Olibanum enthält.
Das Produkt ist als Tablette bzw. als Granulat erhältlich.
Ausweislich der DE-A 44 44 288 enthält eine Tablette 400 mg Trockenextrakt aus
Olibanum (4,2 – 5,9:1),
Auszugsmittel: Chloroform/Methanol. 1 g Granulat enthält 500 mg
Trockenextrakt aus Olibanum (4,2 – 5,9:1), Auszugsmittel Chloroform/Methanol.
Erfindungsgemäß können allerdings
auch andere Zubereitungen mit Weihrauchextrakt verwendet werden,
insbesondere können
erfindungsgemäß auch synthetisch
hergestellte oder auf natürliche
Art und Weise gewonnene Inhaltsstoffe des Weihrauchs, insbesondere
Acetyl-11-keto-β-boswellinsäure und/oder
11-Keto-β-boswellinsäure und/oder β-Boswellinsäure, gegebenenfalls
im Gemisch mit α-
und/oder γ-Boswellinsäure und/oder ein
oder mehrere der erfindungsgemäß bevorzugt verwendeten
Derivate der Boswellinsäure
wie vorstehend beschrieben zur Herstellung des Arzneimittels verwendet
werden.
Die erfindungsgemäß bevorzugten Wirkstoffe und
Wirkstoffzusammensetzungen, die zur Herstellung der erfindungsgemäßen Arzneimittel
verwendet werden können,
sind prinzipiell bekannt und beispielsweise in der DE-A 44 44 288
und der DE-A 44 45 728 beschrieben, auf die insoweit Bezug genommen
wird. Erfindungsgemäß bevorzugte
Boswellinsäuren
und Derivate der Boswellinsäuren
sind ebenfalls in der DE-A 42 01 903 beschrieben, auf die insoweit
ebenfalls Bezug genommen wird.
Erfindungsgemäß besonders bevorzugt sind die
Wirkstoffe und Wirkstoffzusammensetzungen, die in der DE-A 44 44
288 beschrieben sind.
Erfindungsgemäß besonders bevorzugt wird auch
ein Pflanzenextrakt eingesetzt, der aus Weihrauch, beispielsweise
durch ethanolische Extraktion, gewonnen wurde.
Erfindungsgemäß kann das Arzneimittel zusätzlich zu
den hier definierten, auf Weihrauch basierenden Wirkstoffen noch
weitere Wirkstoffe, insbesondere weitere pflanzliche Wirkstoffe,
enthalten.
Da der Weihrauchextrakt und insbesondere die
Boswellinsäure
bzw. deren Derivate und Salze eine sehr geringe Toxizität aufweisen,
ist ihre Verträglichkeit
in der Regel gut. Ihre Dosierung kann in Abhängigkeit von der Schwere der
zu behandelnden Erkrankung sowie weiteren Faktoren wie der Dauer
der Erkrankung, möglichen
bekannten Unverträglichkeiten
des Patienten, dem Allgemeinzustand des Patienten, etc. von dem
behandelnden Arzt leicht gewählt
werden. Bevorzugt wird das Arzneimittel erfindungsgemäß derart
formuliert, daß es
in Einheitsdosen vorliegt, die ein- oder mehrmals täglich, insbesondere
ein- bis viermal täglich,
bevorzugt oral verabreicht werden können.
Erfindungsgemäß können die Arzneimittel in an
sich bekannter Art und Weise für übliche Verabreichungswege
formuliert werden. Hier sind orale, parenterale, rektale und intranasale
Verabreichungen bevorzugt. Es ist auch möglich, daß die Formulierungen für die Inhalation
oder Insufflation ausgestaltet sind. Besonders bevorzugt sind erfindungsgemäß Formulierungen
für die
intrakraniale oder intrathekale Verabreichung.
Erfindungsgemäß bevorzugt werden Arzneimittel,
die in Form von Tabletten oder Granulaten bzw. Pellets vorliegen,
wobei die Granulate oder Pellets in der Regel in üblichen
Kapseln vorliegen. Die Granulate bzw. Tabletten enthalten neben
dem Wirkstoff bzw. dem Wirkstoffextrakt übliche pharmazeutisch verträgliche Zusatzstoffe
wie Bindemittel, z.B. vorgelatinierte Maisstärke, Polyvinylpyrrolidon oder Hydroxypropylmethylcellulose,
Füllstoffe
wie z.B. Laktose, Saccharose, Mannit, Maisstärke, mikrokristalline Cellulose
oder Calciumhydrogenphosphat, Schmiermittel wie z.B. Stearinsäure, Polyethylenglykol,
Magnesiumstearat, Talk oder Siliciumdioxid, Sprengmittel wie Kartoffelstärke, Natriumstärkeglykolat
oder Natriumcarboxymethylcellulose und insbesondere die bekannten
Superdesintegrationsmittel und gegebenenfalls Benetzungsmittel wie
z.B. Natriumlaurylsulfat. Tabletten, Pellets oder Kapseln können auf
an sich bekannte Art und Weise beschichtet werden (z.B. mit einem
wasserlöslichen
oder einem enterischen Überzug)
oder sie können
unbeschichtet vorliegen. Bevorzugt sind beschichtete Tabletten.
Flüssige Zubereitungen für die orale
Verabreichung können
beispielweise als wäßrige oder ölige Lösungen,
Sirupe, Elixiere, Emulsionen oder Suspensionen vorliegen. Es ist
auch möglich,
daß Formulierungen
als Trockenprodukt für
die Rekonstitution mit einem geeigneten Lösemittel, insbesondere Wasser,
vorliegen. Auch die Herstellung derartiger flüssiger Zubereitungen ist bekannt,
und es können gegebenenfalls übliche Zusatzstoffe
wie z.B. Suspensionsmittel wie Sorbit, Cellulosederivate, Glukose,
Zuckersirup, Gelatine, Aluminiumstearatgel oder hydrierte Speisefette,
Emulgatoren wie Lecithin, Gummi arabicum oder Sorbitanmonooleat, nicht-wäßrige Träger wie
Mandelöl, ölige Ester,
Ethylalkohol oder fraktionierte Pflanzenöle, Konservierungsmittel wie
Methyl- oder Propyl-parahydroxybenzoat oder Sorbinsäure, Puffer,
Geschmacks- und Aromamittel, Farb- und Süßstoffe vorhanden sein.
Erfindungsgemäß ebenfalls bevorzugt sind Zubereitungen
für die
Injektion, insbesondere für
die intravenöse,
intramuskuläre,
subkutane, intrathekale oder intrakraniale Injektion, die geeigneterweise
in Einheitsdosisform wie Ampullen oder in Mehrfachdosisbehältern vorliegen.
Gegebenenfalls enthalten die Formulierungen einen üblichen
Konservierungsstoff und weitere übliche
Hilfsmittel. Die Zubereitungen können
in Form von Suspensionen, Lösungen
oder Emulsionen in öligen
oder wäßrigen Trägern vorliegen
und übliche
Hilfsstoffe wie Suspendier-, Stabilisierungs- und/oder Dispersionsmittel
und/oder Mittel zur Einstellung der Tonizität enthalten. Auch hier ist es
wiederum möglich,
daß das
Mittel als trockenes Pulver zur Rekonstitution in einem geeigneten
Träger vorliegt.
Als intranasale Arzneimittel können flüssige Sprays,
Nasentropfen oder Schnupfpulver genannt werden.
Soll die Verabreichung durch Inhalation
erfolgen, werden die Verbindungen beispielsweise als Aerosolspray
zur Verfügung
gestellt. Beispielsweise können
die erfindungsgemäßen Verbindungen
oder Extrakte unter Verwendung geeigneter Treibmittel in unter Druck
stehenden Packungen vorliegen. In diesem Fall wird die Packung auch
eine geeignete Dosiervorrichtung enthalten. Kapseln oder Patronen aus
beispielsweise Gelatine für
die Verwendung in einer Inhalationsvorrichtung oder einer Insufflationsvorrichtung
können
auf übliche
Art und Weise so zubereitet werden, daß ein Pulvergemisch aus einer
erfindungsgemäß verwendeten
Verbindung und einem geeigneten Pulvergrundstoff wie Laktose oder
Stärke verwendet
wird.
Beispiele für geeignete Formulierungen
und Verfahren zu deren Herstellung finden sich in der DE-A 44 44
288 und der DE-A 44 45 728, auf die insoweit vollinhaltlich Bezug
genommen wird. Insbesondere wird auf die Beispiele aus der DE-A
44 44 288 Bezug genommen. Erfindungsgemäß können die Arzneimittel in entsprechender
Art und Weise formuliert werden.
Die neuroprotektive Wirkung von Weihrauchextrakt,
der Boswellinsäure
enthält,
auf das Infarktvolumen nach experimentell induzierter transienter
fokaler zerebraler Ischämie
(Schlaganfall) wurde wie folgt überprüft.