Im Hauptpatent Nr. 509 748 werden Granulate auf der Basis von Harnstoff-Formaldehyd-Kondensaten (weiter unten auch UF genannt) oder Polyacrylnitrilen mit einer spezifischen Oberfläche von 50200 m2/g und einem Schüttgewicht von 300 bis 600 g/l, geeignet als Träger für pestizide Wirkstoffe, beschrieben.
Es wird gezeigt, dass solche durch die Art der Herstellung in ihren Eigenschaften beeinflussbare Granulate unerwartete Vorteile gegenüber den herkömmlichen mineralischen Trägermaterialien aufweisen, die praktisch nicht veränderliche Materialeigenschaften besitzen und von denen bekannt ist, dass sie teilweise ungünstige Einflüsse hinsichtlich Lagerfähigkeit und Stabilität des aufgezogenen Wirkstoffs haben.
In Weiterentwicklung der im Hauptpatent beschriebenen Polymerträgergranulate wurde nun gefunden, dass auch Granulate mit einer geringeren spezifischen Oberfläche die beschriebenen Vorteile aufweisen.
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Granulat auf Basis von Harnstoff-Formaldehyd-Kondensat oder Polyacrylnitril, das durch eine spezifische Oberfläche von 10 bis 50 m2/g gekennzeichnet ist.
Pestizide Wirkstoffe oder solche, die die Entwicklung von Nutzpflanzen und Nutztieren fördern, lassen sich auf diese Granulate aufziehen, wo sie in erster Linie adsorptiv gebunden sind. Das bedeutet leichte Wirkstoffabgabe, wie sie in den meisten Fällen für die unmittelbare Applikation benötigt wird.
Durch die Art der Polymerisation, der Granulierung oder der Kompaktierung des Polymerenpulvers zu Granulaten lassen sich die künftigen Eigenschaften weitgehend festlegen.
In erster Linie sind neben einer Reihe anderer Kriterien die Adsorptionsstärke und die spezifische Oberfläche zu nennen, die den Granulattyp bestimmen. Will man eine definierte Wirkstoffabgabe zu einem bestimmten Zeitpunkt (Jahreszeit, Entwicklungsstand der Kulturpflanze usw.) und für eine bestimmte Zeitdauer erzielen, so muss eine gleichmässige Oberfläche und eine bestimmte Adsorptionsstärke im Trägermaterial vorliegen.
Für eine Vorausbestimmung von Wirkungsdauer, Schnelligkeit der Wirkstoffabgabe oder Haltbarkeit ist in erster Linie immer die adsorptiv-desorptive Wechselwirkung zwischen Aktivsubstanz und eventuellen Zusätzen einerseits und Trägermaterial anderseits ausschlaggebend. Dieses Zusammenwirken verursacht eine gleichmässige Beladung des Trägers mit Aktivsubstanz und auch gleichmässige Abgabe. Nur beim Polymerträger mit vorausbestimmbaren Materialeigenschaften ist dieses Adsorption-Desorption-Verhältnis durch Variation der Polymerisationsbedingungen und damit auch die Wirkungsdauer und Wirkungsgeschwindigkeit des späteren Wirkstoff-Granulats steuerbar.
Ferner zeigen Granulate auf dieser Polymerenbasis auch eine bessere Stabilisierung der Wirkstoffe gegen Zersetzung.
Polymeren-Granulate steigern in manchen Fällen auch die biologische Wirksamkeit, eine Erscheinung, die mit der Art der Adsorption und Desorption am Trägermaterial zusammenhängt. Darüber hinaus verursachen diese Polymeren keine Rückstandsproblem e, weil es stickstoffhaltige Verbin dungen sind. Der Abbau kann durch Pflanzen, Bakterien und Pilze beschleunigt werden, d. h. es tritt sogar in geringem Ausmasse eine Stickstoffversorgung des Bodens ein.
Die Grundmasse der erfindungsgemässen Granulate kann linear polymerisiert, vernetzt oder auch teilvernetzt sein. Im letzteren Falle liegt eine vergrösserte Zahl von Angriffspunk ten im Molekül vor, die einen erleichterten Zerfall im Erd reich ermöglichen.
Das vorgefertigte Granulat kann auf verschiedene Arten, wie im Hauptpatent beschrieben, mit dem Wirkstoff vereinigt werden. Wie erwähnt, lassen sich weitere, auf dem Granulat verbleibende Zusätze (Emulgatoren, Netzmittel, Haftmittel,
Stabilisatoren, W-Absorber, Füllstoffe, Beschwerungszu sätze, Düngemittel u. a.) beigeben.
Der Umfang der Anwendungsmöglichkeiten ist sehr viel fältig. Die Bekämpfung von tierischen und pflanzlichen Schädlingen mit erfindungsgemässen Pestizid-Granulaten ist ebenso möglich wie die Versorgung von Nutztieren mit Futtermittelgranulaten, die Beeinflussung von Nutzpflanzen mit Wuchsregulatoren, worunter im allgemeinen Sinne auch Abszissionsmittel, Reifebeschleuniger, Defoliantien oder Wirk stoffe zur Erhöhung der Frost-, Trocken- und Salz-Resistenz zu verstehen sind, wie auch die Versorgung des Bodens mit Spurenelementen oder das Anlocken, Vergrämen oder Steri lisieren von Insekten mit entsprechenden Lockstoff-, Repellent- bzw. Chemosterilans-Granulaten. Mit dieser Aufzählung soll nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden und keine Begrenzung der Anwendungsmöglichkeiten von Wirk stoffgranulaten.
Es wird auch hier auf die detaillierten Angaben des Hauptpatents verwiesen.
Die Wirkstoffe können in Konzentrationen von 1 bis 80 Gew. %, vorzugsweise 5-50 Gew. %, in den erfindungsgemässen Granulaten enthalten sein.
Beispiel 1
Herstellung des Granulatträgers
750 Teile 30 %ige wässrige Formaldehydlösung werden mit verdünnter Natronlauge pH = 7,5 eingestellt und auf 70" C erwärmt. Man gibt 300 Teile Harnstoff zu und kondensiert
3 Stunden bei pH = 7,5 und 70" C.
Die so erhaltene Vorkondensatlösung wird auf 300 C ge kühlt und rasch mit einer Lösung von 16 Teilen Sulfamin säure in 100 Teilen Wasser vermischt, die ebenfalls auf 30 C erwärmt worden war. Die Gelbildung setzt rasch ein, die
Temperatur steigt auf etwa 60D C (Konzentration bei Gelie rung: 45%). Man belässt das Gel während 3 Stunden bei die ser Temperatur, zerkleinert es in einem Schneidegranulator, schlämmt es in der 1-2fachen Mengen Wasser auf, und neu tralisiert mit einer 10%igen wässrigen Lösung von Na2CO3; dann wird das Produkt abgesaugt, gewaschen und bei 110 C während 24 Stunden im Luftstrom getrocknet.
Man erhält ein weisses Pulver mit folgenden Eigenschaften: Spezifische Oberfläche 48,3 m2/g
Schüttgewicht 403 gIl
Beispiele 2 und 3
Arbeitet man in stärker verdünnter wässriger Lösung, indem man zu der Mischung aus 300 Teilen Harnstoff und 750 Teilen 30%iger wässriger CH2O-Lösung noch jeweils die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Mengen Wasser zusetzt, so erhält man Trägermaterial mit entsprechend gerin gen spezifischen Oberflächen und Schüttgewichten. Ausbeuten und Eigenschaften der erhaltenen freifliessenden Pulver sind ebenfalls in der untenstehenden Tabelle vermerkt:
Tabelle Beispiel zugesetzte Menge Konzentration Ausbeute
Nr.
H2O Teile bei der Gelierung Teile kg/pro 1 kg Spezifische Schüttgewicht Harnstoff Oberfläche gniter m2lg
2 583,5 30 367 1,22 17 260
3 334,5 35 375 1,25 38 360
Beispiel 4
Herstellung von Wirkstoffgranulaten
1. Zur Herstellung eines 7,5 %igen Granulats werden 770 g technisches 4-Trffluormethyl-2,4' -dinitrodiphenyläther (I) in 2,5 1 Trichloräthylen gelöst und bei 1,5 atü Sprühdruck auf die vorgelegten 9230 g UF-Granulat im Wirbelschichtgranulator aufgesprüht. Durch Aufheizen der Wirbelluft auf etwa 50 lässt sich das Lösungsmittel wieder entfernen.
2. Herstellung eines 10%igen Granulats mit Wirkstoffgemisch, 770 g techn. Wirkstoff I und 290 g techn. MCPA Na-Salz werden in 1,5 1 Trichloräthylen und 1,5 1 Methanol gelöst und auf 8940 g vorgelegtes, granuliertes UF in einem Wirbelschichtgranulator aufgesprüht. Anschliessend werden durch Aufheizen der Wirbelluft auf etwa 50 die Lösungsmittel wieder verdampft.
3. Wie unter 2. angegeben, lassen sich analog auch N,N Diisobutyl-S-propyldithiocarbamat, N,N,S-Tripropyldithiocarbamat oder N,N-Dimethallyl-S-propyldithiocarbamat formulieren.
Zur Herstellung 10%der Granulate werden 1050-1100 g techn. Wirkstoff (je nach Gehalt) in 2 1 Trichloräthylen gelöst und die resultierende Lösung im Wirbelschichtgranulator auf das vorgelegte, granulierte UF aufgesprüht. Durch Aufheizen der Wirbelluft wird das Lösungsmittel wieder verdampft.
4. Zur Herstellung eines Granulats mit 5 Gew. % O-Äthyl O-(2,5 -dichlor-4-jodphenyl)-äthylthionophosphat werden 550 g techn. Wirkstoff in 2 1 Trichloräthylen und 1 1 Isopropanol gelöst und auf das vorgelegte, granulierte UF-Polymer im Wirbelschichtgranulator aufgesprüht. Das Lösungsmittel wird durch Aufheizen der Wirbelluft wieder verdampft.
5. Zur Herstellung eines Granulats mit 10 Gew. % o-[1,3 Dithiolan-2-yl]-phenyl-N,N-dimethylcarbamat werden 3,3 1 einer 30%igen Formulierung des Wirkstoffs als Emulsionskonzentrat (EC-30) auf das vorgelegte, granulierte UF-Polymer im Wirbelschichtgranulator aufgesprüht. In diesem Fall verbleibt das Lösungsmittel auf dem Granulat.
6. Das Formulieren der Pestizidgranulate lässt sich auch in Mischern durchführen.
Zur Herstellung eines Granulats mit 7,5 Gew. % I werden die in 2,5 1 Trichloräthylen gelösten 770 g techn. Wirkstoff auf das in einem Mischer mechanisch durchgewirbelte, vorgelegte, granulierte UF-Polymer aufgesprüht.
Das Entfernen des Lösungsmittels erfolgt entweder in einem Vacuumtrockenschrank oder Wirbelschichttrockner.
7. Die Herstellung eines Granulats mit 7,5 Gew. % I kann durch Verpressen eines Gemisches, bestehend aus 82,5 Gew. % trockenem UF-Rohpolymeren, dem Wirkstoff sowie 10 Gew. % Harnstoff zu einer Schülpe und anschliessendes Brechen auf die gewünschte Korngrösse erfolgen.
8. Soll das Schüttgewicht des Granulats vergrössert werden, so werden zur Herstellung eines 7,5 Wsigen Wirkstoff I- Granulats 770 g techn. Wirkstoff, 500 g BaSO4 zusammen mit 1000 g Harnstoff und 7730 g des trockenen Rohpolymeren (UF) auf einem Walzenstuhl verpresst und anschliessend auf die gewünschte Korngrösse gebrochen.
Beispiel 5
Stabilität von Herbizid-Granulaten
Es wurden dreimonatige Lagerversuche mit Granulaten verschiedener Trägermaterialien durchgeführt, die nach Imprägnierung 5 % herbizide Wirkstoffe zur Bekämpfung von Reisunkräutern (Echinochloa crus galli) enthielten. Es waren dies Wirkstoff A = 1-[Di-(n-propoxy)-phosphinothioyl-thio methylcarbonyl]-hexamethylenimin Wirkstoff B = 1-[Di-(n-propoxy)-phosphinothioyl-thio methylcarbonyl) -2-methyl-piperidin
Die bei Raumtemperatur (RT) und bei 500 C erzielten Ergebnisse der Aktivitätsabnahme des Wirkstoffs sind in der folgenden Tabelle wiedergegeben. Attaclay AA-RVM stellte eine Siebfraktion von 16/30 mesh dar. Die granulierten Harnstoff-Formaldehyd-Polykondensate (UF) besassen eine Korngrösse von 0,5-1 mm.
Träger spez. Oberfläche A B Temperatur Wirkung gegen (m2lg) Echindchloa Attaclay AA-RVM 200 **** **** RT 8
16/30 mesh * * 500 5
UF 66 **** **** RT 9 (gemäss Hauptpatent) *** *** 500 7
UF 33 **** **** RT 9 *** *** 50 8
UF 11 **** **** RT 9 *** *** SO 7 **** = unveranderte Wirkstoff aktivität *** = 5-25% Zersetzung ** = 25-75 % Zersetzung * = > 75% Zersetzung 9 = 100% Wirksamkeit 1 = 0% Wirksamkeit
Beispiel 6
Stabilität von Insektizid-Granulaten
Es wurden zweimonatige Lagerversuche mit Granulaten verschiedener Trägermaterialien durchgeführt,
die nach Imprägnierung 5% des Insektizids O,O-Diäthyl-O-[2-isopropyl 6-methyl-pyrimidinyl-(4)]-thiophosphat(= Diazinon) enthielten. Die gemäss Beispiel 6 angegebenen Stabilisierungen bzw. Aktivitätsabnahmen der Wirkstoffgranulate finden sich in der folgenden Tabelle.
is
Träger spez. Oberfläche Diazinon Temperatur (ml/g) Attaclay AA-RVM 200 **** RT
16/30 mesh ** 500 -UF 66 **** RT (gemäss Hauptpatent) **** 500
UF 33 **** RT 500
UF 11 **** RT 500