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Verfahren zum Spannungsfreimachen von Fäden oder Fasern aus Glas oder aus sich in der Hitze ähnlich verhaltenden Stoffen sowie zum Spannungsfreimachen von daraus hergestellten Garnen,
Zwirnen und Geweben.
Die Erfindung bezieht sich auf aus Fäden oder Fasern aus Glas oder aus sich in der Hitze ähnlich verhaltenden Stoffen (plastisch werdenden Massen) hergestellte Garne, Gewebe usw. und bezweckt, die Eigenschaften solcher Gebilde derart zu verbessern, dass sie in ihrem Verhalten, insbesondere ihrer
Verformungsmöglichkeit, den aus organischen Faserstoffen üblicher Art hergestellten Geweben u. dgl. praktisch gleichen.
Während der Herstellung derartiger Gebilde erleiden die Einzelfäden oder Fadenbündel zwangsläufig Verformungen durch Verdrehung und Biegung. Während Faserstoffe üblicher Art in der neuen Lage verbleiben, setzen Fäden oder Fasern aus den oben genannten Stoffen infolge ihrer abweichenden physikalischen Eigenschaften der Verformung einen elastischen Widerstand ähnlich dem einer gespannten Feder entgegen, was zur Folge hat, dass zwar die Verformung an sich möglich ist, jedoch in dem fertigen
Gebilde die Fäden danach streben, ihren natürlichen Gleichgewichtszustand wieder zu erlangen, der praktisch immer ein anderer ist als der Zustand, den die Fäden in dem Gebilde haben.
Werden nun aus irgendeinem Grunde die Fäden dem Zwang entzogen, der sie an Ort und Stelle hält, so nehmen sie ohne weiteres ihre ursprüngliche Form wieder an. Durchschneidet man z. B. ein
Garn oder Zwirn aus Glasfäden od. dgl., so dreht sich dieses oder dieser auf, wobei gleichzeitig die einzelnen Fäden auseinanderspleissen. In entsprechender Weise spleisst, wenn beispielsweise in einem Zwirn ein Faden bricht, dieser mit den beiden Bruchenden heraus.
Dieses Bestreben der Fäden, bei den genannten derartigen Gebilden den ursprünglichen Gleichgewichtszustand wieder anzunehmen, ist nicht nur nachteilig im Falle des Bruches oder der Beschädigung von fertigen Gebilden, sondern es tritt auch in den Zwischenstadien der Herstellung als nachteilig auf, weil hiedurch die Verformungsmöglichkeiten der Fäden bei Verdrehung-und Biegevorgängen stark eingeschränkt werden.
Die vorliegende Erfindung beseitigt diese Nachteile.
Sie besteht darin, dass das Gebilde, sei es in seiner endgültigen Form, sei es in den Zwischenstadien der Herstellung, laufend einer Wärmebehandlung unterworfen wird, die so hoch ist, dass die durch die Verarbeitung in den Fäden oder Fasern entstandene Spannung verschwindet, so dass in dem fertigen Gebilde oder in dem in Frage kommenden Zwischenzustand die Fäden oder Fasern sich in einem Gleichgewichtszustand befinden.
Es ist zwar schon bekannt, Glasfäden eine besondere Gestalt und Lage zu geben und sie dann in dieser Gestalt und Lage bis über den Entspannungspunkt des Glases zu erhitzen, so dass sie die gegebene Gestalt behalten, doch ist es nicht möglich, Glasgarne, Glaszwime oder Glasgewebe laufend so zu behandeln. Dies wird erst durch die Erfindung möglich.
Die Wärmebehandlung besteht auch hier wie bekannt, in einer Erwärmung des Garnes oder Gewebes auf eine Temperatur, die einerseits höher ist als die Entspannungstemperatur des Glases, aus dem die Einzelfäden gewonnen wurden, anderseits aber niedriger als die Temperatur, bei der die Fäden aneinanderzukleben beginnen, u. zw. erfolgt diese Erwärmung entsprechend der Erfindung bei Garnen und Zwirnen mittels fortlaufenden Hindurchführens durch eine auf die erforderliche Temperatur beheizte Röhre von entsprechender Länge und bei Geweben dadurch, dass das Gewebe bzw. die zu behandelnden
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Stellen des Gewebes, z.
B. die Säume, an einer auf die zur Erreichung der Entspannungszone des Glases erforderliche Temperatur erwärmten Platte vorbeigeführt oder zwischen zwei von beiden Seiten auf das Gewebe einwirkenden beheizten Platten hindurchgeführt werden. Die Temperatur muss genügend hoch sein und die Dauer der Erwärmung ist genügend lang zu halten, damit die Fäden ihre Spannungen sicher verlieren.
In weiterer Ausbildung der Erfindung kann der beschriebenen Wärmebehandlung eine plötzliche Abkühlung (Abschreekung) folgen, um den Fäden einen gewissen Vorspannungszustand im Sinne der sogenannten gehärteten Gläser zu geben bzw. um ihnen diesen Zustand, den sie gegebenenfalls schon vor der Wärmebehandlung hatten, wiederzugeben. Dieser Zustand ist in gewissen Fällen günstig für die mechanische Widerstandsfähigkeit der Fäden. Diese plötzliche Abkühlung kann hervorgerufen werden, indem man die Fäden beispielsweise in Wasser oder andere flüssige oder geschmolzene Massen taucht.
Die Erfindung gestattet es daher, fertige Gebilde zu erzielen, in denen jeder Glasfaden oder jede Glasfaser sich in derjenigen Form, in die er bei Herstellung des Gebildes gezwungen wurde, im Gleichgewichtszustand befindet. Ein Bruch oder ein Reissen in dieser Weise hergestellter bzw. behandelter Gebilde wird daher keinerlei Aufspleissen der einzelnen Garne usw. herbeiführen. Ausserdem wird es nun möglich, die Fäden während der Herstellung einer viel weitergehenden Umformung zu unterwerfen.
Wie Fig. 1 zeigt, werden die Einzelfäden oder Fadenbündel J, die auf den Spulen 2 aufgewickelt sind, abgespult, indem gleichzeitig der Spulenträger 3 sich mit den Spulen 2 dreht. In dem Garn 4 sind die Einzelfäden oder Fadenbündel schraubenförmig verformt und werden infolgedessen Biegungbeanspruchungen unterworfen. Da unter diesen Verhältnissen das Aufwickeln des Garnes 4 auf eine Spule das Mass der Verformung der Einzelfäden vergrössert, ist die Gefahr eines Bruches einzelner Fäden sehr gross. Um dieses zu vermeiden, musste man bei diesem bekannten Verfahren der Trommel einen verhältnismässig grossen Durchmesser geben. Gemäss der Erfindung wird nun das Garn 4 vor dem Aufwickeln laufend erhitzt.
Zu diesem Zweck wird es durch ein Heizrohr 5 geführt, das beispielsweise elektrisch beheizt wird, und dort auf eine Temperatur gebracht, die über der Entspannungtemperatur, jedoch unterhalb der Erweichungstemperatur des Glases liegt, so dass die Fäden sich zwar entspannen können, jedoch nicht aneinanderkleben. Nach dem Verlassen des Heizrohres befinden sich die Einzelfäden des Garnes 4 in einem spannungslosen Zustand und können auf die Spule 6 aufgewickelt werden, ohne dass die hiebei auftretenden neuen Biegungsbeanspruchungen die Fäden zum Brechen bringen. Die Spule 6 kann also einen kleineren Durchmesser erhalten und das aufgewickelte Garn bleibt nach dem Wiederabspulen gerade und sehr biegsam und zeigt im Falle eines Bruches nicht geringste Neigung zum Aufdrehen oder Aufspleissen der Einzelgarne.
Wenn man, wie oben angeführt wurde, die einzelnen Fäden härten, d. h. sie in einen gewissen Vorspannungszustand versetzen will, so kann man den Faden, nachdem er das Heizrohr verlassen hat, beispielsweise mit kalter Luft anblasen. Für diesen Zweck hat sich ein Hohlring 7 mit Luftaustritts- öffnungen als besonders vorteilhaft erwiesen, so wie es in der Fig. 2 dargestellt ist, welche in geeigneter Entfernung von dem Heizrohr zwischen diesem und der Spule 6 angebracht werden.
In sinngemässer Weise wird das neue Verfahren angewendet, wenn es sieh um die Behandlung bereits fertiger Gewebe handelt, die aus Glasfäden oder Glasfasern hergestellt sind. Hier bietet es besondere Vorteile vor allem für die Behandlung der Säume solcher Gewebe. In diesem Falle wird, wie in Fig. 3 dargestellt, das Heizrohr 5 durch Heizplatten 8 oder ähnliche Heizvorrichtungen ersetzt, die die gewünschte Temperatur haben und zwischen denen sich das Gewebe laufend im Webetempo hindurchbewegt. In dem dargestellten Beispiel üben die Heizplatten ihre Wirkung z. B. auf den Rand des
Gewebes aus, d. h. auf die Stellen, an denen die Schussfäden einer sehr starken Biegung unterworfen werden, daher besonders empfindlich gegenüber zusätzlichen mechanischen Beanspruchungen sind und leicht brechen.
Selbstverständlich kann aber auch das ganze Gewebe einer entsprechenden Behandlung unterworfen werden. Wenn auch das Hauptanwendungsgebiet der Erfindung sich auf Gebilde oder Gewebe aus Glasfäden bzw. Fasern bezieht, ist die Erfindung nicht auf dieses Anwendungsgebiet beschränkt, sondern auch Gewebe aus andern sich ähnlich verhaltenden, also in der Hitze plastischen Massen können mit ähnlichem Erfolge in der neuartigen Weise behandelt werden.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zum Spannungsfreimachen von Fäden oder Fasern aus Glas oder aus sieh in der Hitze ähnlich verhaltenden Stoffen sowie zum Spannungsfreimachen von daraus hergestellten Garnen, Zwirnen und Geweben durch Erwärmung über die Entspannungstemperatur hinaus, dadurch gekennzeichnet, dass das Garn od. dgl. nach der Verdrallung laufend durch eine auf die erforderliche Temperatur beheizte Röhre hindurchgeführt wird, um anschliessend nach entsprechender Abkühlung als solches aufgespult zu werden.