Apokalypse kommt vom Griechischen und bezeichnet ein Entbergen oder Enthüllen, ist mit einer ganzen Metaphorik verbunden, die von der nackten Wahrheit spricht. Das ist ebenso bekannt wie das Problem, daß die Wahrheit nackt und...
moreApokalypse kommt vom Griechischen und bezeichnet ein Entbergen oder Enthüllen, ist mit einer ganzen Metaphorik verbunden, die von der nackten Wahrheit spricht. Das ist ebenso bekannt wie das Problem, daß die Wahrheit nackt und ungeschminkt nicht zu erscheinen vermag. Von der "Metaphorik der »nackten« Wahrheit"(1), die ihr Erscheinen ohne Entstellung nicht bewältigt, schrieb etwa Blumenberg-und Anders skizzierte polemisch das Erscheinen der Wahrheit als einer nackten.(2) Ist also die Apokalypse mit der Idee eines finalen Ikonoklasmus verbunden, so ist ihr zugleich eine Rhetorik und Bildlichkeit immanent. Apokalypse meint aber natürlich mehr als Enthüllung: nämlich Weltuntergang. Beides wird uns zu interessieren haben. Rose Ausländer schrieb, als sie nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA lebte und langsam wieder Gedichte zu schreiben begann, diese Lyrik in englischer Sprache-das Deutsche schien in ihr in diesen Jahren für ihre Dichtung unbrauchbar. Es waren diese Jahre die entscheidenden für ihre stilistische Selbstfindung; dichtete sie zuvor mit der Konvention gegen diese, so fand sie nun zu ihren dichterischen Möglichkeiten, was, da diese Gedichte relativ spät Beachtung fanden, übrigens mit zum Mißverständnis führte, Paul Celan habe Rose Ausländer das zeitgemäße Dichten quasi en passant beigebracht, als die Dichterin ihn Ende der 60er Jahre-nach Europa und in die deutsche Sprache zurückgekehrt-traf.(3) Freilich war die Entwicklung der Dichterin, als sie Celan wiedersah, im Wesentlichen abgeschlossen. In der Zeit dieser Entwicklung aber war ein profunder Anstoß der impliziten Reformulierung ihrer Poetologie, daß sie versuchte, der Opfer von Auschwitz zu gedenken, also in einer Form nach Auschwitz zu dichten, die Szondi skizzierte: "Nach Auschwitz ist kein Gedicht mehr möglich, es sei denn auf Grund von Auschwitz."(4) Man könnte ebenso sagen, es sei nicht nach Auschwitz, als sei mit Auschwitz eine Episode bezeichnet, die in der Vergangenheit eingeschlossen wäre, möglich-wer nach Auschwitz schreibt, der verkennt-barbarisch-, daß es nach wie vor eine "Realität von Auschwitz"(5) gibt. "Daß es nach Auschwitz keine Gedichte mehr geben könne (wer kennt sie nicht, Adornos Warnung), ist eine Tatsachenfeststellung. Sie bedeutet nicht, daß es nach Auschwitz keine Gedichte gäbe-wo wäre die deutsche Lyrik ohne die Gedichte Paul Celans, Rose Ausländers oder Nelly Sachs'. Sie bedeutet nur, daß es für Auschwitz kein Danach gibt, so wenig wie ein Anderswo."(6) Eine nicht uninteressante Antwort auf den Nationalsozialismus nun ist jenes Poem Rose Ausländers, das eine von Atombomben zerstörte Welt zu zeigen sucht: After the World Was Atombombed. In der Detonation der Atombombe sind jener Vernichtungswille und jene Ungeistigkeit in einer Weise universell TRANS Nr. 15: Martin A. Hainz (Universität Wien): Die Enthüllung al...