Eine spezifische regionale Identität der Dobrudschaner, unabhängig von sprachlich-ethnischer Verschiedenheit der dortigen tatarischen und deutschen Bewohner, fiel mir während der Studien zu meiner Dissertation auf. Darin beschäftigte ich...
moreEine spezifische regionale Identität der Dobrudschaner, unabhängig von sprachlich-ethnischer Verschiedenheit der dortigen tatarischen und deutschen Bewohner, fiel mir während der Studien zu meiner Dissertation auf. Darin beschäftigte ich mich mit dem Wandel des imaginierten Tatarenbildes im kollektiven Gedächtnis der Deutschen. Während in anderen deutsch-tatarischen Kulturkontaktgebieten, z.B. Ostpreußen, die Tradierung xenophober Stereotypen vom reitenden Barbaren vorherrschend war, stellt die Dobrudscha in diesem Kontext wohl eine Ausnahme dar: Nicht nur, dass das Tatarenbild der deutschen Nachbarn ein anderes war, sondern man kann auch eine zaghafte reziproke Akkulturation feststellen. Diese äußert sich nicht zuletzt in einem exlizit dobrudschanischen, gemeinsamen Regionalbewusstsein. Diese Regionalidentität hielt sich bis zum beginnenden 21. Jahrhundert hinein, obwohl ihre Träger längst Phasen der Zwangsmigration und Integration in ihren neuen Heimatländern hinter sich gebracht hatten. Als Transportkorridor für Bilder der kollektiven Erinnerung an die alte Heimat in Rumänien spielen die Literaturen der rumäniendeutschen Auswanderer eine besondere Rolle.