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Über die Bedeutung des Konjunktivs von Dr. Hans-Joachim Rudolph, Microvita Research e.V. Die Deutsche Sprache verwendet Verben in drei verschiedenen Modi, und zwar im Indikativ, Konjunktiv und Imperativ. Romanische Sprachen kennen zusätzlich den Subjunktiv und das Konditional. Übergeordnet lassen sie sich in reale und irreale Modi unterteilen. Reale Modi werden benutzt, um faktische Ereignisse oder allgemeingültige Wahrheiten auszudrücken. Irreale Modi markieren dagegen Ereignisse, die nicht tatsächlich stattgefunden haben, deren Eintritt aber erwünscht ist, die für möglich gehalten werden oder deren Eintritt von anderen Bedingungen abhängig ist. Wenn man die Menge der Möglichkeiten mit der der Tatsächlichkeiten vergleicht kann man leicht feststellen, dass diese immer kleiner ist als jene. Eine weitere Aussage lässt sich in Bezug auf Notwendigkeit, Wahrscheinlichkeit und Zufall machen: Erweist sich nämlich bei mehreren Möglichkeiten eine bestimmte als die tatsächlich immer wieder auftretende, dann lässt sich schlussfolgern, dass diese wahrscheinlich mit Notwendigkeit auftritt. Lässt sie sich dagegen nur ab und zu reproduzieren, dann können Wahrscheinlichkeiten angeben werden, die bei Gleichverteilung eine Zufälligkeit indizieren. So weit, so gut. Als Nächstes ergibt sich die Frage, ob das, was hier für menschliche Sprachen festgestellt wurde, auch verallgemeinert werden kann. Nehmen wir die Mathematik: Alle Naturgesetze werden in mathematischer Formelsprache verfasst. Die verwendeten Symbole sind natürlich von Menschen gemacht, die Gesetze, auch die mathematischen, scheinen aber von Menschen unabhängig zu sein, sie werden nicht erfunden, sondern gefunden. Wenn wir also davon ausgehen, dass die Mathematik eine universale Sprache ist, dann stellt sich im gegebenen Zusammenhang die Frage, ob sich damit auch die realen und irrealen Modi ausdrücken lassen. Die Antwort liegt auf der Hand: Zwar gibt es keine realen und irrealen, wohl aber reelle und imaginäre Zahlen, welche den beiden Modi zugeordnet werden können. D.h. dass sich alle mit reelen Zahlen ausdrückbaren Sachverhalte dem realen, und alle mit imaginären Zahlen ausdrückbaren dem irrealen Sprachmodus zuordnen lassen. Somit kann man einem mit imaginären Zahlen beschriebenen Reich der Möglichkeiten, ein mit reellen Zahlen beschriebenes Reich der Tatsächlichkeiten gegenüber stellen. Neben unzähligen, mit komplexen Zahlen auszudrückenden Mischformen gibt es aber auch direkte Übergänge (von dem einen in den anderen Modus), welche sich durch die schon früher beschriebenen Tensoren ausführen lassen. Einzelheiten finden sich in unseren Publikationen: From Imaginary Oxymora to Real Polarities and Return, AuthorHouse, 2012, Microvita: Exploring a New Science of Reality, AuthorHouse, 2017, Gotthard Günther and the Four Chamber Model in Bulletin on Microvita Research and Integrated Medicine, 2021, Space, Time and Contingency in Ananda Marga Gurukula, 2022. Nun ist die Mathematik nicht die einzige universale Sprache, es gibt auch noch die Musik - wobei Rhythmen und Harmonien natürlich aufs engste mit Zahlenverhältnissen verknüpft sind. Und wie bei der Mathematik kann man auch hier fragen: Worin bestehen die Entsprechungen zu den realen und irrealen Modi der üblichen Sprachen? Die Antwort ist nicht so leicht zu finden. Generell können wir aber davon ausgehen, dass sie etwas mit der Grundfrage menschlicher Kreativität und Intuition zu tun hat: „Was erfahre ich, wenn ich meinen Blick nach innen wende, in mich hineinlausche und in mich hineinspüre“ (Thomas Gonschior: Auf den Spuren der Intuition). Wie jeder weiß kann Musik nicht nur mit den Ohren, sondern auch mental gehört werden. Beethoven war zum Beispiel in der Lage, seine späten Streichquartette und Symphonien trotz zunehmender und zuletzt kompletter Taubheit zu komponieren. Darüberhinaus wurde 1968 von Karlheinz Stockhausen der Begriff der Intuitiven Musik eingeführt. Dabei geht es um einen Prozess, der sich „auf den inneren Geist der den oder die Musiker leitet“ konzentriert. Weiter bedeutet diese Musik, „dass sich der Musiker allein dem Hören, der Phantasie, dem Moment überantwortet und aus seiner Intuition heraus Musik erfindet.“ Das ist ein deutlicher Unterschied zur Improvisation, die in der Regel eine Variation von bekanntem, vorher bestimmtem Material meint. „In der Intuitiven Musik soll aber alles vorkommen können, was sich im Jetzt ausdrücken will“ (Markus Stockhausen). Deshalb lässt sich zusammenfassend sagen, dass die irrealen Modi der menschlichen Sprachen eine Entsprechung in der mental vernommenen und intuitiv gespielten Musik haben. Und hier schließt sich der Kreis: Denn bei den im Konjunktiv formulierten Inhalten handelt es sich ja immer um vorstellbare Konstrukte, während die realen Modi der Beschreibung wahrer bzw. wahrnehmbarer Zustände und Verhältnisse dienen.