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Inga Rinau behandelt in ihrem Beitrag verschiedene Besonderheiten im Beruf
des Auslandskorrespondenten, die ihn vom Beruf des Übersetzers unterscheiden. Der
Auslandskorrespondent entwirft eigenständig Texte, weshalb er zugleich kultureller
Vermittler und Autor ist. Mit dieser Rolle sind auch Machtverhältnisse zwischen der
Ausgangs- und der Zielkultur bzw. zwischen dem Korrespondenten und seiner Redaktion
verbunden – die intensive Auseinandersetzung mit der fremden Kultur erhöht das Risiko
einer (unbewussten?) Manipulation, während die Aktivitäten gleichzeitig auch von den
Interessen anderer geprägt sind.
Im einzigen Beitrag im Themenblock Übersetzung und Deutsch als Fremdsprache
behandeln Michael Dobstadt und Renate Riedner das Übersetzen als Übungsform im DaFUnterricht am Beispiel zweier literarischer Übersetzungen ins Spanische. Die Autoren
versuchen anhand von Beispielen zu veranschaulichen, dass Übersetzung auf Interpretation
beruht, genauso wie jeder andere Kommunikationsakt auch. Eine Übersetzungsübung mit
literarischen Texten im DaF-Unterricht soll die Fähigkeit stärken, kulturelle Kontexte als
instabile modifizierbare Gebilde zu sehen, die immer aufs Neue aktiv entschlüsselt werden
müssen.
In dem Sammelband Interkulturalität und (literarisches) Übersetzen geht es um
Themen, von denen unsere heutige Gesellschaft im Allgemeinen und das literarische
Übersetzen insbesondere entscheidend geprägt wird. Die Beiträge geben einen Einblick
in unterschiedliche literarische, sprachliche und kulturelle Systeme, wobei der Fokus
auf kulturellen Aspekten und ihrem diskursiven Einfluss liegt. Im Vordergrund steht
der interdisziplinäre Austausch und die Übernahme und Anwendung der Impulse aus
verschiedenen Fächern, sowohl auf methodologischer und theoretischer als auch auf
praktischer Ebene. Der Band stellt eine wertvolle Sammlung von konkreten Beispielen
für unterschiedliche Gruppen dar: Übersetzer, Lehrpersonen und Studierende im Bereich
Übersetzen sowie für Forscher im Bereich Literaturwissenschaft, Translationswissenschaft
oder interkulturelle Kommunikation.
Sanja Cimer
Die vielen Gesichter der Biene Maja
Harald Weiss (Hrsg.). 2014. 100 Jahre Biene Maja – Vom Kinderbuch zum
Kassenschlager. Heidelberg: Universitätsverlag Winter. 186 Seiten. ISBN 978-386057-622-9
DOI: 10.21066/carcl.libri.2016-05(01).0027
Anlässlich des 100. Geburtstags der bekanntesten Biene der Welt ist 2014 der von
Harald Weiss herausgegebene Sammelband 100 Jahre Biene Maja – Vom Kinderbuch zum
Kassenschlager beim Universitätsverlag Winter in Heidelberg in der Buchreihe Studien zur
europäischer Kinder- und Jugendliteratur/Studies in European Children’s and Young Adult
Literature erschienen.
Die zehn Beiträge, die Einleitung einschließend, setzen Waldemar Bonsels’ Werk
Die Biene Maja und ihre Abenteuer in den Mittelpunkt der Untersuchung. Harald Weiss’
einleitender Aufsatz stellt die Entwicklungsgeschichte des Biene-Maja-Markennamens von
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seinem ersten leisen Auftritt in der am 27. August 1912 im Börsenblatt für den deutschen
Buchhandel publizierten Anzeige zur Romanausgabe über mehr oder weniger erfolgreiche
Illustrationen, Verfilmungen, Zeichentrickserien, Hörspiele und computergenerierte
Darstellungen bis hin zur heutigen Marke, dessen ursprünglicher Autor fast unbekannt
geblieben ist. Diese Ungerechtigkeit dem Autor gegenüber versucht Harald Weiss im ersten
Aufsatz „Vergöttert und vergessen: Der Autor der Biene Maja“ zu korrigieren. Mit der
Begründung, dass es bis heute an einer ausführlichen und fundierten Biografie des Autors
Waldemar Bonsels fehlt und mit der Absicht, „bisher vorhandene Lücken zu minimieren,
und, so weit verfügbar, Belegsquellen für das Dargestellte zu liefern“ (22), bietet uns Weiss
interessante Informationen über Bonsels’ Kindheit und Jugend, über seinen Aufenthalt in
Schwabing, über die Ereignisse in seinem Leben um den Zeitpunkt der Entstehung von
Biene Maja sowie über seine Erfolgsjahre und seine anderen, weniger bekannten Texte an.
Bettina Kümmerling-Meibauers Beitrag „Nicht nur ‚ein Märchen für Kinder‘: Die
Biene Maja als Crossover Literatur“ beschäftigt sich mit dem Werk als einem Beispiel von
Crosswriting. Die Autorin eröffnet den Beitrag mit der Erklärung, was man unter Crossover
Literatur versteht und zeigt inwiefern man Biene Maja in diesem Kontext analysieren
kann. Es wird darauf hingewiesen, dass Biene Maja der Crossover Literatur vor allem aus
zwei Gründen zuzurechnen ist: Zum einen wegen der Mehrfachadressiertheit des Textes,
weil das Werk sowohl Kinder als auch Erwachsene anspricht; zum anderen wegen der
Deutung des Werks auf mehreren Ebenen. Die Beweise dafür findet Kümmerling-Meibauer
in widersprüchlichen Rezeptionen des Werks, in Verbindung verschiedener Genre im
Werk (Tiergeschichte, Mädchenliteratur, fantastische Erzählung), in interkulturellen
Anspielungen und Referenzen zur Antike usw. Darüber hinaus hebt die Autorin den bisher
unberücksichtigten und dennoch sehr wichtigen Aspekt des Romans hervor – die seitens des
Autors zu Lehrzwecken vorgenommene Einführung von Insektengestalten, die besonders
geeignet sind, als Individuen und als Gemeinschaften dargestellt zu werden, was auch der
heutzutage steigernde Trend und intensiviertes Interesse in z. B. Animationsfilmen beweist.
Der Beitrag von Jürg Häusermann unter dem Titel „Das Lied der Biene Maja“ bespricht
den akustischen Aspekt des Werks und dessen Veränderung im Laufe der Zeit. Häusermann
erörtert, dass sich die Akustik des Werks und ihre Bedeutung sowohl für die Produzenten
als auch für die Rezipienten über die Jahrzehnte geändert haben. Dabei wurde der visuelle
Aspekt in den Vordergrund geschoben, was eine besondere Folge der Entwicklung von
visuellen Medien ist, d. h. von Medien, die größtenteils vom Publikum visuell wie z. B. im
Fernsehen und World Wide Web wahrgenommen werden.
Kaspar Maase behandelt in seinem Beitrag „Warencharakter, Serialität und
Bürgerlichkeit. Die Biene Maja als Klassiker deutscher Populärkultur“ die Frage, ob und
inwiefern man Bonsels’ literarisches Werk Die Biene Maja und ihre Abenteuer als einen
Klassiker aufgrund der Aspekte wie Verkauf und Erfolg im In- und Ausland, Verfilmungen
und Vermarktung, „Edutainment“ (88), kurzum wegen seiner großen Popularität beim
Bürgertum der 1920er Jahren, verstehen kann.
Martin Loiperdinger bietet im Beitrag „Waldemar Bonsels’ ‚Schlacht der Bienen und
Hornissen‘. Vom ‚einig Volk‘ im Buch zur Weltkriegsrevanche im Kino“ eine Einsicht
in die Veränderungen der Vorstellungen von Vaterlandsliebe, Heimattreue, Niederlage,
Opferwilligkeit usw., die im Buch und in den frühen Verfilmungen von Bonsels’ Bienen-
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Stoff vorkommen, und zwar mit besonderer Berücksichtigung der Realverfilmung aus 1926.
Loiperdinger nimmt in der Analyse Bezug auf die Art und Weise, wie unterschiedlich das
(Bienen-)Volk und der Kampf zwischen verschiedenen (Tier-)Völkern im Buch und in der
Verfilmung dargestellt werden.
Der zweite Beitrag von Harald Weiss, betitelt als „Maja, Shakespeare und Herr
Goebbels“, setzt auf ähnlichen Spuren fort, indem Bonsels nicht-realisierte
Zeichentrickentwürfe des Biene-Maja-Stoffes aus der NS-Zeit untersucht werden. Weiss
hebt im Beitrag das Schicksal und die politischen Aspekte der vom Original abweichenden
Drehbücher hervor, die durch starke Versuche, den Stoff dem Zeitgeist anzupassen,
gekennzeichnet waren und letztendlich scheitern mussten. Dies passiert, wie es Weiss im
Beitrag erklärt, auch in Thea von Harbous Versuch, der damals wahrscheinlich bestbezahlten
deutschen Drehbuchautorin, Bonsels’ Biene Maja mit Shakespeares Der Sommernachtstraum
zu verbinden. Daraus resultiert ein Drehbuch mit zweisträngiger Handlung sowie mit vielen
verschiedenen Besonderheiten und Abweichungen von der Vorlage im Akustischen und
Visuellen, wo die Bienen und Hornissen „politisch instrumentalisiert“ (129) worden sind.
Der Beitrag „Maja – Alle lieben Maja“ von Josef Göhlen ermöglicht eine persönliche
Einsicht in die Zeit der Entstehung der Zeichentrickfigur Maja in den 1970er Jahren.
Göhlen war zu der Zeit Leiter der Redaktion „Kinder und Jugend“ beim ZDF, die die Biene
Maja in einer Zeichentrickserie im Fernsehen optisch und akustisch belebt hat, wobei
sie, betont Göhlen mehrmals, gar nicht dem Original ähnlich ist. Er berichtet über seine
persönliche Rolle bei der Produktion der Serie, über die Entscheidungen, die er bei der
Entstehung treffen musste, über die eigene Programmphilosophie und Zusammenarbeit
mit ausländischen Mitarbeitern wie mit den japanischen Animatoren, verschiedenen
(europäischen) Komponisten und Musikern, amerikanischen Mitautoren usw. Ganz offen
spricht er auch über Ärgernisse mit den Kritikern sowie über neue rezente Konzepte und
computergenerierte (kurze) Animationen, aber auch über den Profit der Nebenprodukte als
neue Priorität.
Heinz Hengst erörtert in seinem Beitrag „Am Anfang war die Biene Maja.
Medienverbund und Japanisierung der kommerziellen Kultur“, wie die Übernahme von
japanischen Einflüssen und Charakteristika anhand von Biene Maja die Medienwelt im
Westen, insbesondere durch den Medienverbund, verändert hat und hebt diesbezüglich
auch deren kommerzielle Bedeutung hervor. Dabei bespricht er die Rezeptionsarten und
-möglichkeiten dieser „Japanisierung“ (159), die in den 1970er und 1980er Jahre erfolgte,
aber auch jene des 21. Jahrhunderts, und zwar im Gegensatz zur (früheren) Disneysierung
der Kinderkultur, die nicht nur im Fernsehen, sondern auch im Internet stattfand bzw. noch
immer stattfindet.
Im letzten Beitrag des Sammelbandes unter dem Titel „Eine Biene drückt die
Schulbank oder wie Die Biene Maja die Lernfreude unterstützt“ plädiert Jana Mikota
für den Einsatz des Maja-Stoffes im Unterricht. Im Beitrag klopft sie verschiedene Lehrund Lernmaterialien, inklusive den Originaltext von Waldemar Bonsels, Bilder- und
Erstleserbücher, sowie die Zeichentrickserie und die Medienfigur der Biene Maja, nach ihrer
Verwendung im Klassenzimmer ab. Ihre Fragestellungen über die Aktualität des Stoffes,
die Verwendungsmöglichkeiten im Lernprozess, beispielsweise beim Lesenlernen und in
der Naturkunde, stellen die Grundlage des Beitrags dar, wobei sie die These vertritt, dass
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der Roman bei einer dermaßen großen Adaptation zu Lehr- und Lernzwecken zu unrecht
oft in den Hintergrund gerückt wird. Darüber hinaus wird auf das Potenzial des Stoffes
hingewiesen, welches man durch den Einsatz dieser einfachen und angepassten Biene-MajaMaterialien bei Kindern entwickeln kann, um sie im Laufe der Zeit an anspruchsvollere
Texte, so auch auf den Originalstoff, heranzuführen.
Dieser Sammelband beschäftigt sich mit der Erzählung von Biene Maja als einem
ausschließlich literarischen Werk einerseits und einem sich an den Medienmarkt streng
orientierenden Produkt andererseits. Unter den Beiträgen sind Berichte über den Autor, über
völlig persönliche Erfahrungen mit der im Zeichentrick belebten Maja-Gestalt, aber auch
sehr objektive theoretische Diskussionsbeiträge zu den das literarische bzw. künstlerische
Werk betreffenden Fragestellungen und praktischen Anwendungen des Biene-Maja-Stoffes
zu finden. Alle Beiträge bereichern und erweitern die bisherigen Erkenntnisse über diese
weltweit bekannte Biene, wobei einige Beiträge auch Informationen über (den) leider
nicht mehr dermaßen bekannten Autoren Waldemar Bonsels darbieten. Darüber hinaus
ermöglichen die Aufsätze jeweils neue Betrachtungsweisen verschiedener, oft übersehener
Aspekte des Werks und bieten dazu neue literaturkritische Ansätze an. Die Ergebnisse der
einzelnen Beiträge sind demnach sowohl für Literatur-, Kultur- und Medientheoretiker
als auch für Lehrkräfte und Studierende zu Lehr- und/oder Studienzwecken geeignet,
weil der Sammelband ein breites Spektrum an klar und ausführlich argumentierten
theoretischen Leitsätzen, methodisch-didaktischen Ansätzen und interessanten persönlichen
Auseinandersetzungen mit dem behandelten Stoff enthält.
Sonja Novak
Interkulturalität – aktuell, medienwissenschaftlich und didaktisch
Christian Dawidowski, Anna R. Hoffmann, Benjamin Walter (Hrsg.).
2015. Interkulturalität und Transkulturalität in Drama, Theater und Film.
Literaturwissenschaftliche und -didaktische Perspektiven. Frankfurt am Main:
Peter Lang Edition. 341 Seiten. ISBN 978-3-631-64673-1
DOI: 10.21066/carcl.libri.2016-05(01).0028
In der Zeit der Globalisierung und der unvermeidlichen Mischung von verschiedenen
Kulturen ist es wichtig zu erforschen, wie diese Prozesse zur Bereicherung und Verbesserung
der ganzen Gesellschaft beitragen können. Allgemein kann man der Definition der
Globalisierung von Bruno S. Frey in seinem Beitrag „Globalisierung ohne Weltregierung“
zustimmen, die die Globalisierung als die zunehmende internationale Verflechtung von
Wirtschaft, Politik, Recht und Kultur bezeichnet. Dan Rebellato hat in seinem Werk Theatre
and Globalization den Begriff der Globalisierung noch einfacher und knapper als das
„Weltweitwerden“ der Dinge definiert. Dies passiert natürlicherweise auch mit der Kultur
einzelner Nationen besonders infolge allgegenwärtiger Migrationsprozesse. Dadurch
kommt es zur Kosmopolitisierung, auf die dann verschiedenen Formen moderner medialer
Vermittlung großen Einfluss ausüben.
Rustom Bharucha betont in seinem Buch The Politics of Culture. Thinking through
Theatre in an Age of Globalization, dass beispielsweise das Theater nicht nur praktische
Wege anbietet, nicht nur andere Kulturen zu verstehen, worunter er besonders die außerhalb