Beitrag zur Tagung des Arbeitskreises Historische Friedensforschung „Frieden durch Demokratie? Genese, Wirkung und Kritik eines Deutungsmusters“
Auf den Boom folgt die Krise. Ganz so dramatisch wie auf den internationalen Finanzmärkten ist die Situation im Feld der internationalen Demokratieförderung sicherlich nicht. Aber von Krise, jedenfalls Ernüchterung kann schon gesprochen werden. Ob die dritte Welle der Demokratisierung lediglich in eine Phase der Stagnation eingetreten ist, oder ob sich eine veritable Gegenwelle anbahnt, ist noch offen. Dass aber die internationale Politik der Demokratieförderung auf zunehmende akademische Kritik und wachsenden politischen Widerstand trifft, ist kaum von der Hand zu weisen. Der kritische Blick auf die Demokratieförderpolitik ist dabei eng verbunden mit einer Kritik des Paradigmas des Demokratischen Friedens und seiner Theoretiker, und dies nicht ohne Grund: Spätestens in der Rhetorik der US-Regierung unter George W. Bush war die enge Verbindung des Aufstiegs der Paradigmen des Demokratischen Friedens und der internationalen Demokratieförderung nicht mehr zu übersehen – ebenso wenig wie das militante Potenzial dieser liberalen Fusion. Das Thema des vorliegenden Essays ist nun nicht die spezifische Verschmelzung von Demokratieförderung und Demokratischem Frieden in der „Bush-Doktrin“. Ich möchte diese vielmehr in einen etwas breiteren Kontext stellen und den parallelen Aufstieg und die Fusion der beiden Paradigmen in groben Strichen nachzeichnen. In dem Beitrag wird zunächst der Aufstieg des Demokratieförder-Paradigmas verfolgt (2.), sodann derjenige des Theorems vom Demokratischen Frieden skizziert (3.). Den Abschluss bilden fünf Thesen zur problematischen Fusion von Demokratischem Frieden und Demokratieförderung (4.).
Jonas Wolff