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© Lucius & Lucius Verlag Stuttgart
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
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Value of Marriage
Der subjektive Sinn der Ehe und die Entscheidung zur Heirat
Value of Marriage
The Subjective Meaning of Matrimony and the Decision to Wed
Norbert F. Schneider, Heiko Rüger
Institut für Soziologie, FB 02, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, D-55099 Mainz
E-Mail: norbert.schneider@uni-mainz.de; h.rueger@gmx.de
Zusammenfassung: Seit Jahrzehnten sinkt die Heiratsneigung in Deutschland und das Erstheiratsalter steigt. Gleichzeitig etablieren sich zunehmend Lebensformen jenseits der Ehe wie nichteheliche Lebensgemeinschaften und Paarbeziehungen auf Distanz. Diese Entwicklungen werden individualisierungstheoretisch als „Pluralisierung der Lebensformen“
und als empirische Belege für eine wachsende Abkehr von der Institution Ehe gedeutet. Aus nutzentheoretischer Perspektive wird der Rückgang der Heiratsrate durch den im Zuge sozialen Wandels abnehmenden Nutzen der Eheschließung im Vergleich zu anderen Handlungsalternativen erklärt. Zudem, so wird aus dieser Sicht argumentiert, steigen besonders für gut ausgebildete junge Frauen die Opportunitätskosten einer Heirat wegen der damit verbundenen Einbußen
an Handlungsautonomie.
Bei aller theoretischen und empirischen Evidenz dieser Deutungen ist jedoch festzustellen, dass annährend vier von fünf
Angehörigen der um 1965 geborenen Kohorten mindestens einmal in ihrem Leben heiraten werden. Es stellen sich die
Fragen, warum sich diese Personen für eine Heirat entscheiden und welchen subjektiven Sinn sie der Ehe beimessen. Mit
den Daten einer standardisierten Befragung beider Partner (n=754) von Paaren, die zwischen 1999 und 2005 geheiratet
haben, wurden explorative Clusteranalysen durchgeführt. Die Ergebnisse verweisen auf eine hohe individuelle Wertschätzung der kirchlichen Ehe bei einem erheblichen Teil der Verheirateten und auf eine beträchtliche Bedeutung traditioneller Einstellungen zur Ehe. Gleichzeitig relativieren sie den Stellenwert der „Liebesheirat“.
Summary: For decades the marriage rate in Germany has been declining and the age of first marriage has been increasing. At the same time non-traditional living arrangements like cohabitation and long-distance relationships have been
spreading. From the perspective of the theory of individualization these developments are viewed as empirical evidence
for pluralization and for a rejection of the institution of marriage. Considerations from the perspective of utility theory
come to the conclusion that marriage is losing in relevance because its utility is declining in comparison to other alternatives due to social change. Moreover, it is argued that especially for well-educated young women the opportunity costs
of a marriage are rising because of the loss of autonomy and flexibility of married women. In spite of the theoretical and
empirical evidence for these interpretations it is also true that almost four out of five members of the mid-1960’s birth
cohorts in Germany marry at least once in their lives. The questions are: Why do these people marry and what subjective
meaning do they ascribe to marriage? With data from a standardized survey of both partners (N = 754) of couples who
married between 1999 and 2005 explorative cluster analyses have been conducted. The findings show the substantial
importance of traditional attitudes toward marriage, and they indicate a high individual evaluation of church marriages.
Moreover, they relativize the significance of the “love match.”
1. Einleitung: Der Rückgang der
Heiratsneigung und seine soziologische
Erklärung
Ein wesentliches Merkmal des Wandels der Familie
während der letzten vier Jahrzehnte in Deutschland
und in vielen anderen westlichen Ländern sind die
Veränderungen des Heiratsverhaltens, namentlich
der Rückgang der Heiratsneigung und der Anstieg
des Erstheiratsalters. 1970 heirateten ledige Frauen
in Deutschland im Durchschnitt mit ca. 22,8 und
ledige Männer mit 25,2 Jahren. Dreieinhalb Jahrzehnte später, im Jahr 2004, war das durchschnittliche Erstheiratsalter bei Frauen auf 29,4 und bei
Männern auf 32,4 und damit um jeweils etwa sieben Jahre angestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die
Heiratsziffer, also die Zahl der Eheschließungen
pro 1000 Einwohner, nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland von 7,4 auf 4,8
zurückgegangen. Obgleich diese allgemeinen Eck-
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Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
daten nur einen groben Einblick in das Geschehen
geben können, vermitteln sie doch einen Eindruck
von der sehr dynamisch erfolgten Abkehr von der
Ehe.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es
nicht überraschend, dass sich die (Familien-)Soziologie in den letzten Jahren vor allem mit dem Aufschub der Eheschließung und der Familiengründung sowie mit den Ursachen und dem Ausmaß des
Rückgangs der Heiratsneigung befasst hat. Mit
Stichworten wie „Deinstitutionalisierung“ und „Bedeutungsrückgang“ (Tyrell 1988), „Bedeutungswandel“ (Nave-Herz 1989) oder „Bedeutungsverlust“
(Hoffmann-Nowotny 1987) der Ehe wird zu erklären versucht, warum heute weniger geheiratet wird
als im kurzen, nur etwa 15 Jahre währenden „Golden Age of Marriage“ um die 1960er Jahre.
Die rückläufige Heiratsneigung wird in der familiensoziologischen Diskussion verbreitet mit dem
verminderten Nutzen der Ehe und den gesunkenen
Kosten alternativer Lebensformen in Verbindung
gebracht. Im Zuge gesellschaftlicher Modernisierung, so wird argumentiert, werden alternative Lebensformen gesellschaftlich entdiskriminiert (NaveHerz 1989) und damit attraktiver. Gleichzeitig
werden vormals exklusiv mit der Eheschließung
verbundene Rechte von der Institution Ehe abgekoppelt (Tyrell 1988, Hoffmann-Nowotny 1996),
wodurch deren unmittelbarer Nutzen sinkt. Zudem
macht die stärkere Bildungsbeteiligung der Frauen
und die daraus erwachsende ökonomische Unabhängigkeit vom männlichen Partner die traditionelle Grundlage der Ehe obsolet, die, nach Horkheimer und Adorno, auf einer zweckdienlichen
Tauschbeziehung zwischen den Geschlechtern basierte: „Der Mann zahlt eine Prämie dafür, dass die
Frau ihm sexuell zu Willen ist“ (Institut für Sozialforschung 1956: 125).
Manche Autoren kommentieren den Wandel nach
1970 als „drastisch“ und gehen von der Etablierung
eines neuen Beziehungsmusters aus, als dessen Charakteristikum „das Nicht-heiraten als zunehmend
selbstverständliches Verhaltensmuster angesehen
werden (kann)“ (Meyer 1996: 313). Solche Interpretationen erscheinen angesichts der eingangs skizzierten Entwicklungen auf den ersten Blick durchaus nahe liegend. Bei dieser Deutung wird jedoch
übersehen, dass auch in den gegenwärtigen Zeiten
des forcierten gesellschaftlichen und familialen
Wandels der weitaus größte Teil der Männer und
Frauen mindestens einmal in ihrem Leben heiratet
(vgl. Tab. 1). Im langfristigen historischen Vergleich
kann nicht von einer ausgeprägten Abkehr von der
Ehe gesprochen werden. Jedenfalls dann nicht,
wenn dafür die Entwicklung der Ledigenquote im
mittleren Erwachsenenalter als Indikator herangezogen wird. Andere Entwicklungen, etwa die steigende Scheidungshäufigkeit, die sinkende Wiederheiratsquote und der biografische Aufschub der
Erstheirat, sind zwar ebenfalls bedeutsame Indikatoren für den Stellenwert der Ehe, ihre Gültigkeit
ist aber eingeschränkt, da sie hauptsächlich etwas
über die der Ehe in bestimmten Lebensphasen beigemessene Bedeutung bzw. über die mit der Ehe gemachten Erfahrungen und den von den Akteuren
daraus gezogenen Konsequenzen aussagen.
Die Daten in Tabelle 1 veranschaulichen die Anteile
der im 40. bzw. im 45. Lebensjahr (noch) ledigen
Männer und Frauen aus vier ausgewählten Geburtskohorten. Die Zahlen verdeutlichen, dass in
den betrachteten Geburtskohorten stets mehr Männer als Frauen ledig geblieben sind und dass der Anteil der Ledigen in den jüngeren Kohorten erheblich
zugenommen hat. Besonders stark erhöht hat sich
der Anteil der Personen, die in ihrem 40. Lebensjahr noch ledig sind, in der Geburtskohorte 1965.
Im Vergleich zur Geburtskohorte 1955 hat sich dieser Anteil bei den Frauen von 10,2 auf 21,1 % mehr
als verdoppelt. Bei den Männern ist mit dem Anstieg von 17,3 auf 32,7 % eine ähnliche Entwicklung erfolgt. Im 45. Lebensjahr sind in der Geburts-
Tabelle 1 Veränderung des Anteils Lediger in ausgewählten Geburtskohorten nach Geschlecht und Alter in %
Lebensalter in Jahren
Geburtsjahr
Anteil lediger Männer
Anteil lediger Frauen
Anteil Lediger insgesamt
39 bis u. 40
1965
1960
1955
32,7
25,1
17,3
21,1
14,9
10,2
27,1
20,1
13,8
44 bis u. 45
1960
1955
1950
21,7
16,3
12,0
13,0
9,7
6,9
17,4
13,1
9,5
Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten des Statistischen Bundesamts (Bevölkerung nach Alter und Familienstand am 31.12. der Jahre
1994, 1999 und 2004)
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Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
kohorte 1960 noch 21,7 % der Männer und 13 %
der Frauen ledig. Im Vergleich mit der Kohorte der
1955 Geborenen entspricht dies einer Zunahme
von 3 Prozentpunkten bei den Frauen und 5 Prozentpunkten bei den Männern.
Der jüngste Anstieg der Ledigenquoten in den betrachteten Lebensaltern ist zum Teil als Folge eines
(vermutlich) dauerhaften Heiratsverzichts und zum
Teil als Effekt eines fortschreitenden Aufschubs der
ersten Eheschließung in höhere Lebensalter zu interpretieren. Mit Blick auf die Veränderungen der
altersspezifischen Heiratsziffern scheint der Aufschubeffekt für die gegenwärtige Entwicklung bedeutsamer zu sein als der Verzichteffekt.
Nach den altersspezifischen Heiratsziffern des Jahres 2004 kann erwartet werden, dass von den ledigen 39-Jährigen der Geburtskohorte 1965 noch ca.
4 % der Männer und knapp 3 % der Frauen heiraten werden. Somit ist davon auszugehen, dass etwa 71 % der Männer und rund 82 % der Frauen
der Geburtskohorte 1965 mindestens einmal in ihrem Leben heiraten.
Da nach Einschätzung vieler zeitgenössischer Beobachter die Ehe ihren Charakter als Sicherheit gewährende, Status zuweisende und den Übergang in
den Erwachsenenstand verkörpernde Institution
weitgehend verloren hat und damit ihr Nutzen im
Vergleich zu anderen Alternativen, etwa zu unverheiratetem Zusammen- oder Alleinleben, zurückgegangen ist, stellt sich die Frage: „Warum heiratet
die weit überwiegende Mehrzahl der Menschen
trotzdem mindestens einmal im Leben?“ Diese Frage ist ohne nähere Kenntnis der Ursachen und Anlässe, die einer Eheschließung vorausgehen, und ohne weitergehende Einblicke in die subjektiven
Sinnzuschreibungen, die die Eheschließenden mit
der Ehe verbinden, nicht zu beantworten. Da der
Forschungsstand zu diesen Fragen vergleichsweise
wenig elaboriert ist, wurde am Institut für Soziologie der Universität Mainz unter dem Titel „Value of
Marriage“ (VoM)1 eine größere standardisierte Befragung zu diesen Themen durchgeführt. Die Daten
dieser Studie sind Grundlage der weiteren Erörterungen, die sich hauptsächlich mit den zwei Fragen
befassen: (1) Was veranlasst Paare heute zum
Schritt in die Ehe? (2) Welchen subjektiven Sinn
verbinden Verheiratete mit der Institution Ehe?
1
Begrifflich ist der Titel an die „Value of Children“-Studien angelehnt. Konzeptionell bestehen hingegen keine direkten Bezüge, weshalb eine Auseinandersetzung mit dieser Forschungsrichtung unterbleibt.
2. Forschungsstand und
Untersuchungshypothesen
Die Heiratswahrscheinlichkeit und das Heiratsalter
sind empirisch von vielen, sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren abhängig: dem Bildungsniveau
(Brüderl/Diekmann 1994, Klein/Lauterbach 1994,
Wirth 1996), der Erwerbssituation (Oppenheimer
2000), dem Lebensalter (Blossfeld/Huinink 1990),
der Konfession (Xu et al. 2005), dem Vorhandensein von Kindern bzw. dem Vorliegen einer Schwangerschaft (Vaskovics et al. 1997, Nave-Herz 1997),
der Wohnregion (Hank 2004, Weick 2004), dem
Geschlecht (Goldscheider/Waite 1986) und der
ethnischen Zugehörigkeit (Straßburger 1998). Zusammen mit dem davon relativ unabhängig feststellbaren Effekt der Kohortenzugehörigkeit (Diekmann 1993) verweist das auf eine komplexe
strukturelle Einbettung individueller Heiratsmotive. Die hier beispielhaft genannten Studien geben
vornehmlich Hinweise zur Heiratswahrscheinlichkeit und zum Timing der Eheschließung und sagen
weniger darüber aus, warum geheiratet wird. Im
Hinblick auf diese Frage haben sich vier Thesen
etabliert, die jedoch empirisch kaum belegt sind. Im
folgenden Abschnitt 2.1 werden diese Thesen kurz
dargestellt und kritisch diskutiert. Im anschließenden Abschnitt 2.2 werden Muster der Sinnzuschreibung zur Ehe skizziert und erörtert.
2.1 Was veranlasst Paare heute zum Schritt in die
Ehe?
Die These der Liebesheirat: Es gehört zu den weithin unhinterfragten Thesen nicht nur der (Familien-)Soziologie, dass Individuen heute aus Liebe heiraten. Was Liebe ist oder heißt, wird von den
Vertretern dieser These zumeist nicht weiter expliziert. Einzig erkennbares Merkmal ihrer Liebeskonzeption ist, dass Liebe auf einer für vergänglich gehaltenen erotischen Grundlage beruht, wodurch die
Dauerhaftigkeit ehelicher Verbindungen beeinträchtigt wird (z. B. Nave-Herz 1984). Diese These
findet sich bereits bei Burgess, der schon früh anmerkte, dass romantische Liebe „desorganisierend“
wirke. Lapidar schlussfolgerte er, dass eine moderne Ehe nur möglich sei, wenn es den Beteiligten gelingt, ihre romantische Liebe im Laufe der Zeit zu
transformieren und sie auf eine neue Grundlage zu
stellen, die auf Freundschaft, Vertrauen und Verstehen gründet (Burgess 1926).
Die Stimmigkeit dieser These kann bezweifelt werden, da Liebe als Handlungsmotiv nicht allein auf
einer erotischen Grundlage beruht. Soziologisch ist
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klar, dass Liebe ein kulturelles Muster repräsentiert,
dessen Semantik dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt (vgl. Burkart 1998) und neben Erotik, Emotionalität, Vertrautheit auch auf Zweckrationalität
gründet. In der psychologischen Forschung werden
gegenwärtig mehrdimensionale Modelle der Liebe
favorisiert (z. B. Sternberg 1986, Bierhoff et al.
1993). Liebe umfasst danach kurzfristige Empfindungen wie erotische Attraktivität und langfristige
Apperzeptionen wie Achtung und Vertrautheit. Das
moderne Ideal der Liebesheirat, darin besteht weitgehende Einigkeit, gründet in der Integration beider
Dimensionen. Ehen sind nach diesen Modellen mit
erhöhter Wahrscheinlichkeit dauerhaft, wenn sie
durch gegenseitige Selbstverpflichtung der Partner
zur Dauerhaftigkeit, etwa auf einer religiösen
Grundlage, begründet werden oder infolge einer
kalkulierenden Pragmatik bei der Partnerwahl entstehen. In einer pragmatischen Liebe (Bierhoff et al.
1993) werden die Partner aus Sympathie und aus
Vernunft zum gegenseitigen Nutzen gewählt. Statt
romantischer Liebe dominieren Sachbezogenheit
und Kalkül. Diese Sichtweise korrespondiert mit
der von Erich Fromm in seiner Kunst des Liebens
getroffenen Feststellung, dass sich zwei Personen
dann ineinander verlieben, „wenn sie das Gefühl
haben, das geeignetste auf dem Markt verfügbare
Objekt gefunden zu haben, unter Berücksichtigung
ihres eigenen Tauschwertes“ (Fromm 1965: 18).
Tatsächlich scheint in der Verbindung von Eros und
Pragma die moderne Konzeption dauerhafter Liebe
zu gründen.
In diese Richtung sind auch die Ergebnisse der amerikanischen Heiratsforschung der 1970er und
1980er Jahre zu interpretieren, die einhellig zu dem
Schluss kommen, dass nicht Liebe und Emotion als
zentrale Heiratsmotive dominieren, sondern die
Hoffnung auf Gefährtenschaft und Sicherheit (vgl.
z. B. Spanier/Bowman 1978, Davis 1986). Diese
Studien stärken die Annahme, dass Verbindungen
von romantischer Liebe, Rationalität und Traditionalität zur Heirat motivieren. Mit welcher Akzentsetzung diese Motive zur Eheschließung führen,
scheint abhängig von der partnerschaftlichen Situation vor der Ehe zu sein. Insbesondere für Paare,
die vor der Heirat bereits zusammen wohnten und
in dieser Phase in gemeinsames partnerschaftliches
Kapital investiert haben, stellt sich aus nutzentheoretischer Perspektive „die Frage nach der Ehe vor
allem im Kontext der Investitionssicherung“ (Hill/
Kopp 2004: 184).
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird
hier die These vertreten, dass Menschen aus (romantischer) Liebe ein Paar werden oder einen ge-
meinsamen Haushalt gründen. Die Entscheidung
zur Heirat wird dagegen, auf der Grundlage einer
Liebesbeziehung, durch andere Handlungsmotive
bestimmt, die von stärker nutzen- und/oder wertorientierter Natur sind. Weil die heutigen Ehen,
ganz wie die früheren, „strukturell und funktionell
vielfältig“ (Roussel 1995: 423) sind, basiert der
Entschluss zur Heirat in der Moderne auf einer
Mixtur nutzenorientierter Abwägungen, normativer Einflüsse, traditioneller Wertorientierungen und
spontaner Entscheidungen auf der Grundlage gegenseitiger Nähe und Sympathie. Die Relevanz der
einzelnen Komponenten kann individuell stark variieren, wodurch eine erhebliche Vielfalt an Handlungsmotiven und Entscheidungssituationen kennzeichnend für die Gegenwart der Eheschließung ist.
Die These der kindorientierten Eheschließung: Eine
zweite These der Familiensoziologie besagt, dass
der Schritt in die Ehe durch die Entscheidung zur
Elternschaft bestimmt ist. Paare heiraten heute
dann, so die These der kindorientierten Eheschließung (Nave-Herz 1989), wenn sie sich entschieden
haben, gemeinsame Kinder zu wollen. Eine Familiengründung, so wird argumentiert, sei kostspielig
und die Ehe biete in dieser Situation eine sichere
Grundlage – für die Mutter ökonomisch, für den
Vater im Hinblick auf die Sicherung seiner Vaterrechte. Neben der rechtlichen Absicherung von Eltern und Kindern führt, so die Vertreter dieser These, noch eine zweite Entwicklung zum Anstieg
kindorientierter Heiraten. Für einige „alternative“
soziale Milieus ist eine distanzierte Haltung zu Ehe
und Heirat charakteristisch. Der Schritt in die Ehe
entbehrt dort einer voraussetzungslosen Legitimität
und wird gleichsam begründungspflichtig, wobei
der Wunsch nach gemeinsamen Kindern einen sozial akzeptierten Grund verkörpert. Mithin legitimiert „nicht mehr die Eheschließung … Kinder,
sondern Kinder legitimieren die Ehe“ (Simm 1991:
322).
Gegen die These, dass sich die kindorientierte Heirat zum dominierenden Muster entwickelt, spricht,
dass sich Ehe und Elternschaft in zweifacher Hinsicht entkoppeln: Mit steigender Tendenz werden
Ehen auch bei fehlendem Kinderwunsch geschlossen, gleichzeitig verbreitet sich ledige Elternschaft.
Betrachten wir diese beiden Entwicklungen etwas
näher: Die Zahl der Paare, die Eltern werden ohne
zu heiraten, dürfte in den letzten Jahrzehnten merklich angestiegen sein. Exakte Zahlen für diese Entwicklung fehlen. Mit allem Vorbehalt können als
Indikatoren der steigende Anteil nichtehelicher Geburten und die wachsende Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Kindern angeführt werden.
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts betrug
der Anteil nichtehelicher Geburten an allen Geburten in Deutschland im Jahr 2004 28 % und war im
Vergleich mit 1996 um elf Prozentpunkte gestiegen.
Zwar heiratet ein Teil der ledigen Elternpaare bald
nach der Geburt ihrer Kinder, aber dieser Anteil
schrumpft und, für unsere Überlegungen noch
wichtiger, die Zeitdauer zwischen Geburt und Eheschließung wächst (vgl. Bien/Schneider 1998). Beides verweist auf eine fortschreitende Entkoppelung
von Elternschaft und Ehe. Mit Blick auf die neuen
Bundesländer kann der Argumentation, Ehe verheiße im Falle der Elternschaft mehr Sicherheit, entgegengehalten werden, dass die Ehe zunehmend als
zusätzliche Obligation neben der Elternschaft gesehen und daher immer häufiger gemieden wird. Zur
Erklärung dieser Entwicklung lassen sich zwei Thesen zitieren: die Sozialstaats- und die Emanzipationsthese (vgl. Konietzka/Kreyenfeld 2005). Letztere
besagt, dass Frauen infolge ihrer wachsenden ökonomischen Unabhängigkeit heute auch bei Mutterschaft eher auf eine Ehe verzichten, um autonomer
und mit Blick auf den Arbeitsmarkt flexibler zu
bleiben. Die Sozialstaatsthese unterstellt einen „antimarriage bias“ wohlfahrtsstaatlicher Leistungen
für ledige Mütter. Insbesondere ökonomisch unterprivilegierte Frauen verzichten im Falle der Mutterschaft auf eine Heirat, um diese Leistungen in Anspruch nehmen zu können.
Aber nicht nur Elternschaft wird unabhängiger von
Ehe, die Ehe wird zunehmend auch unabhängiger
von Elternschaft. Ein erheblicher Teil der Eheschließungen erfolgt offenkundig ohne dass ein (aktueller) Kinderwunsch vorliegt. Dies haben schon Anfang der 1990er Jahre die Studien von Schneewind
et al. (1992 und 1996) gezeigt. Mehr als die Hälfte
der annährend 3000 befragten frisch Vermählten
der Heiratskohorte 1988 gaben in dieser Studie an,
dass ihre Heirat nicht durch einen Kinderwunsch
motiviert gewesen sei. Auch aus den aktuelleren
Daten des Familiensurveys des Deutschen Jugendinstituts lassen sich Hinweise entnehmen, dass ein
großer Teil der Ehen ohne konkreten Bezug zum
Thema Elternschaft geschlossen wird: Bei der Befragung im Jahr 2000 waren, nach eigenen Berechnungen, 39 % der seit mehr als fünf Jahren verheirateten Personen im Alter zwischen 30 bis unter 40
Jahren noch kinderlos. In den meisten dieser Fälle
kann angenommen werden, dass die Eheschließung
ohne Kindorientierung erfolgt ist.
Die Heirat als nutzenorientierte Handlung: Eine
dritte familiensoziologisch relevante These besagt,
dass Ehe und Heirat im Zuge des gesellschaftlichen
Wandels an normativer Verbindlichkeit eingebüßt
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und sich zu Handlungsalternativen unter anderen
entwickelt haben. Aus individualisierungstheoretischer Sicht wird dabei argumentiert, dass der
objektive Nutzen der Ehe im gesellschaftlichen
Modernisierungsprozess im Vergleich zu anderen
Handlungsalternativen gesunken ist (Beck/BeckGernsheim 1990) und besonders der „Versicherungsnutzen“ der Ehe abgenommen hat. Der aktuelle Rückgang der Heiratsneigung basiert dabei
weniger auf steigenden Kosten, sondern auf sinkendem Nutzen der Ehe im Vergleich mit anderen Alternativen, wobei dieser Rückgang bei Frauen stärker als bei Männern ausgeprägt zu sein scheint
(zusammenfassend Goldscheider/Waite 1986).
Mit dem Wandel der Heirat zu einer Option neben
anderen haben nutzentheoretische Erklärungen (Becker 1981; zusammenfassend: Hill/Kopp 2000) an
Bedeutung gewonnen. Die Vor- und Nachteile einer
Eheschließung werden danach von den Akteuren
rational kalkuliert und bilanziert. Eine Heirat erfolgt nur dann, wenn der subjektiv erwartete Nutzen dieser Handlung höher eingeschätzt wird als
der anderer Alternativen.
Die Entscheidung zur Heirat basiert demnach auf
der subjektiven Deutung des Sinns und des Wertes
der Ehe. Individuelle Zuschreibungen und Erwartungen haben die „sittliche Pflicht, in den Stand der
Ehe zu treten“, von der Hegel (1986: § 162) in den
1820er Jahren sprach, weitgehend abgelöst. Die
Ehe, einst unantastbare sittliche und moralische Institution, in die man einzutreten hatte, präsentiert
sich heute als offene Institution, die es individuell
einzurichten und zu gestalten gilt (Leupold 1983).
Der Wandel der Ehe von einer aus sich selbst heraus
legitimierten Institution zur aufkündbaren Assoziation ist, so die Annahme, eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Ehe heute überhaupt noch in
großem Ausmaß als Lebensform gewählt wird.
Wahrgenommene Kosten und subjektiv erwarteter
Nutzen einer Ehe sind sicherlich bedeutsame Faktoren im Rahmen des Entscheidungsprozesses zur
Heirat. Eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt
in eine Ehe einzutreten, dürfte aber für viele in ihrer
Exit-Option bestehen. Die Erleichterung der Scheidung, so wäre zu folgern, trägt daher nicht zur
Schwächung der Ehe bei, sondern erhöht ihre Attraktivität.
Die Heirat als Statusübergang: Eine vierte familiensoziologische These, die hier angesprochen werden
soll, ist auf den Bedeutungswandel des Übergangs
in die Ehe gerichtet. Die Heirat war über lange Phasen der Geschichte ein sehr bedeutsamer Statusübergang, ein „rite de passage“. Mit der Hochzeit
wurden teilweise exklusive Rechte erworben, aber
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Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
auch zahlreiche Pflichten auferlegt, denen sich die
Eheleute kaum entziehen konnten. Als signifikanter
Statusübergang hat die Eheschließung gesellschaftlich an Relevanz verloren, auch wenn sich Reste
dieser Bedeutung im Sinne einer Demonstration der
Zusammengehörigkeit gegenüber der Öffentlichkeit und einer symbolhaft vorgenommenen Ablösung von der Herkunftsfamilie (vgl. Matthias-Bleck
1997) empirisch noch nachweisen lassen. Eine
neuere niederländische Studie (Kalmijn 2004)
kommt sogar zu dem Schluss, dass die wieder aufwändiger und symbolträchtiger gestalteten Eheschließungen dazu beitragen, die Heirat als Statuspassage neuerlich zu stärken, indem sie die soziale
Anerkennung des Paares mit seinem neuen Status
als Ehepaar fördern und die Unsicherheit der Partner über die Inhalte und Verbindlichkeiten der neu
angenommenen Rollen (Gatte, Gattin) reduzieren.
Die wenigen empirischen Hinweise, die etwas über
die Inszenierung der Eheschließungen aussagen
(Nave-Herz 1997), vermitteln den Eindruck, dass
Hochzeiten mehrheitlich mit großem Aufwand geplant und aufwändig inszeniert werden. Dieser Eindruck lässt Raum für zwei Interpretationen: Sinnentleert und ausgehöhlt wird die Trauung zum
Event stilisiert. Erlebnishungrige Paare planen rauschende Feste und heiraten primär, um einen geeigneten Anlass für diese Feierlichkeiten zu erhalten.
Es kann angenommen werden, dass die „erlebnisorientierte Heirat“ als modernes Heiratsmuster
existiert, aber es gibt keine empirischen Erkenntnisse über ihre Verbreitung. Die zweite Interpretation
besagt, dass die Trauung für die Partner selbst und
für ihre Partnerschaft einen Statusübergang darstellt, der symbolträchtig begangen wird. Als „rite
de confirmation“ (Trost 1989, erstmals 1981; ähnlich auch Nave-Herz 1997) wird mit dem Ziel geheiratet, die Beziehung zwischen den Partnern symbolisch zu festigen. Ausgangspunkt dieser These
war die Beobachtung, dass in den späten 1970er
Jahren in den skandinavischen Ländern teilweise
mehr als 80 % der Paare vor ihrer Heirat bereits zusammen wohnten und dies oftmals schon über viele
Jahre. Erklärt werden sollte, warum diese Paare
nach jahrelanger gemeinsamer Beziehung, vielfach
ohne äußerlich erkennbaren Anlass, heirateten. Im
Sinne der „Bekräftigungsthese“ lautet die Antwort:
Wenn Paare gewahr werden, dass ihre Beziehung
an Intensität verliert, kommt es zur Trennung, oder
sie suchen nach einem neuen Sinn und vermeintlich
verlässlichen Grundlagen, wozu sie sich der Heirat
bedienen.
Mit dem gegenwärtigen empirischen Forschungsstand kann die „Bekräftigungsthese“ weder bestä-
tigt noch widerlegt werden. Zudem bleibt unklar,
was eigentlich unter „Bekräftigung“ verstanden
werden kann. Idealtypisch sind zwei Muster denkbar, die „erneute“ und die „weitere“ Bekräftigung.
Im ersten Fall entscheiden sich Personen zur Heirat,
nachdem sie sich bereits seit längerer Zeit in einer
gemeinsamen festen Partnerschaft befinden, die
brüchig zu werden droht oder an Sinn verliert. Die
Heirat erfolgt hier mit dem Ziel, die Partnerschaft
wieder zu festigen und sie auf eine neue Grundlage
zu stellen, die nach außen und vor allem auch nach
innen symbolische Wirkung entfalten soll.
Das zweite Muster ist im Sinn einer „weiteren Festigung“ der sich entwickelnden Partnerschaft interpretierbar. Die Partnerschaftsdauer ist eher kurz
und die Heirat erfolgt als logischer weiterer Schritt
(etwa nach Verlobung oder Haushaltsgründung) im
Prozess der fortschreitenden Institutionalisierung
der Partnerschaft. Die Partnerschaft wird „gefestigt“, indem durch die Heirat die Zusammengehörigkeit der Partner nach innen und außen zum Ausdruck gebracht wird. Wie beim ersten Muster soll
Stabilität durch die Erhöhung der Trennungsbarrieren gefördert werden.
Während Beziehungen oder auch nichteheliche
Lebensgemeinschaften nicht selten infolge eines
„schleichenden Prozesses“ allmählich entstehen
(Vaskovics/Rupp 1995: 45), ohne dass klare diesbezügliche Entscheidungen diesen Verlauf steuern
würden, erfordert die Eheschließung aktive und
zielgerichtete Entscheidungen, die einerseits individuell, aber gleichzeitig auch partnerschaftlich zu
fällen sind. Im Verlauf des Gesamtprozesses sind
mehrere Einzelentscheidungen zu treffen: Dazu gehören im Wesentlichen, ob der Schritt in die Ehe
überhaupt stattfinden soll, ob er mit dem aktuellen
Partner erfolgen soll, wann das geschehen soll, mit
welchen Aufwand die Heirat zu inszenieren ist und
ob eine kirchliche oder nur eine standesamtliche
Trauung vorgenommen werden soll. Die Entscheidung pro oder contra kirchliche Heirat folgt nicht
selten anderen Kalkülen als der Schritt in die bürgerliche Ehe. Nach Nave-Herz (1997: 70) sind vier
„Bedürfnisse“ für eine eventuelle kirchliche Heirat
maßgeblich: ein religiöses Bedürfnis, das Bedürfnis
nach Erhalt und Weitergabe von Traditionen, das
Bedürfnis nach Konformismus im privaten Bereich
und das Bedürfnis nach Demonstration und Selbstdarstellung. Während die drei erstgenannten Motive
als Variationen einer bestimmten Grundeinstellung
angesehen werden können, ist das letztgenannte Motiv von anderem Charakter. Dadurch werden zwei
sehr unterschiedliche Sinngebungen der kirchlichen
Trauung erkennbar. Neben dem Muster einer tradi-
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
tionellen religiösen Sinngebung erfolgt die kirchliche Trauung bei einem Teil der Brautpaare zum
Zwecke der besseren Inszenierung einer für das
Paar sonst weitgehend sinnentleerten Zeremonie.
2.2 Welchen subjektiven Sinn verbinden
Verheiratete mit der Ehe?
Der subjektiv mit der Ehe verbundene Sinn kann
„die subjektive Repräsentation einer gesellschaftlichen Regel“ (Esser 2002: 37), ein gemeinsames
partnerschaftliches Konstrukt einer Ehe oder die
kognitive Verarbeitung der in der Ehe gemachten
Erfahrungen widerspiegeln. Welche Erwartungen
Menschen heute mit der Ehe verbinden, welchen
Sinn sie dieser Institution zuschreiben und mit welcher Wertschätzung sie ihr begegnen, ist vergleichsweise wenig erforscht. Weithin fehlen zuverlässige
empirische Befunde über mögliche Muster subjektiver Sinnzuschreibung zur Ehe.
Soweit der Forschungsstand zu deuten ist, kann
vom Vorliegen unterschiedlicher Zuschreibungsmuster ausgegangen werden. Ein erstes Muster individueller Sinnzuschreibung steht in enger Verbindung mit der geistlich-religiösen Repräsentation der
Ehe, im Sinne einer unauflöslichen, monogamen
Verbindung zweier Menschen. Die Bedeutung der
Ehe als unverrückbare Institution religiösen Ursprungs ist, so unsere Annahme, nach wie vor erheblich, allerdings existieren daneben weitere Muster. Eines ist dadurch charakterisiert, dass die Ehe
als Vertrag zwischen zwei Akteuren gesehen wird,
geschlossen mit unbestimmter Laufzeit zum Wohle
beider Beteiligter. Die Funktionalität bestimmt hier
den Sinn der Ehe.
Völlig anders ist eine dritte Sinngebung gelagert,
wonach der tiefe Sinn der Ehe auf eine intensive
und hoch affektive Beziehung zwischen den Partner
gerichtet ist. Francois de Singly (1994) spricht vom
Wandel der aufgabenorientierten zur beziehungsorientierten Ehe. Trotz oder gerade wegen der bestehenden Exit-Option werden Ehen aus Sicht der
Akteure verbreitet unter der Maßgabe einer lebenslangen Bindung geschlossen, wobei diese Rahmung
eine Art Wunschhorizont, aber keine unverrückbare handlungsleitende Orientierung repräsentiert.
Der Wandel hin zur beziehungsorientierten Ehe
korrespondiert unmittelbar mit der differenzierungstheoretischen Betrachtung der Entwicklung
der Ehe. Im Prozess der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft hat sich die Ehe, so die These,
von einer unspezifischen, multifunktionalen Institution zu einer hoch spezialisierten Einrichtung ge-
137
wandelt, deren Hauptzweck auf affektiv-emotionale Funktionen gerichtet ist. Schumacher und
Vollmer (1982) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die emotionalen Beziehungen untereinander „die zentrale Sinnkomponente“ seien
(S. 243). Diese These wäre empirisch über eine geringe Pluralität der messbaren Sinnzuschreibungen
zu bestätigen, wobei der Sinn der Ehe vornehmlich
in der Sicherung der Befriedigung emotionaler Bedürfnisse gesehen werden müsste. Diese Einheitlichkeit liegt, so unsere Annahme, nicht vor. Vielmehr
ist davon auszugehen, dass eine Pluralität von Sinnzuschreibungen an die Ehe existiert und auch auf
individueller Ebene multi- gegenüber monodimensionalen Zuschreibungen dominieren. Da zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse heute auch andere sozial legitimierte Lebensformen, etwa die
nichteheliche Lebensgemeinschaft, zur Wahl stehen,
scheint der Sinn der Ehe in der Gegenwart gerade
darin zu bestehen, dass dort zweckrationale und affektive, eventuell auch traditionelle Zuschreibungen aus Sicht der handelnden Akteure am besten in
Einklang gebracht werden können. Nicht in der
funktionalen Spezialisierung der Ehe auf eine bestimmte Funktion, sondern in ihrer Multifunktionalität läge somit ihr wesentlicher Sinn in der Moderne.
Obgleich sich die Heirat zur biografischen Option
entwickelt hat, bleibt doch mit Burkart (1997) zu
konstatieren, dass dieser Prozess nicht in allen sozialen Milieus mit dem gleichen Tempo stattgefunden hat und nicht in allen Milieus zum gleichen
Zeitpunkt einsetzte. Burkart verweist zu Recht darauf, dass in zahlreichen Milieus der Sinn der Ehe
als biografische Selbstverständlichkeit fortbesteht.
Er nennt ländliche, kleinbürgerliche und ArbeiterMilieus (1997: 117), in denen eine Eheschließung
nach wie vor so selbstverständlich integraler Bestandteil der Lebenspläne ist, dass kaum Reflexionen über das Für und Wider einer Heirat stattfinden. Der subjektive Sinn der Ehe liegt in ihr selbst.
Längere, für tragfähig erachtete Beziehungen münden bei Partnern, für die die Ehe eine Art Selbstzweck oder Lebensziel darstellt, geradezu naturgemäß in eine Ehe (vgl. auch Bloch/Fischer 2003:
126f), ohne dass dem intensivere Entscheidungsprozesse vorausgingen. Die Ehe als biografische
Selbstverständlichkeit repräsentiert ein weiteres
Muster subjektiver Sinnzuschreibung, das nicht selten in Verbindung mit religiösen oder wertkonservativen Haltungen auftritt.
Dass dieses Muster auf die von Burkart benannten
sozialen Milieus beschränkt ist, kann bezweifelt
werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Ehe als
138
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
biografische Selbstverständlichkeit nicht nur in bestimmten ethnischen und religiösen Gruppen, sondern auch in wertkonservativen bürgerlichen Milieus bedeutsam ist. Allerdings, so unsere These,
resultiert die Selbstverständlichkeit der Ehe dort
nicht aus einer wenig reflektierten oder distanzierten Haltung gegenüber der Heirat, sondern basiert
auf einer hohen Wertschätzung der Ehe.
Der Sinngebung der Ehe als Selbstzweck und als Lebenssinn steht eine anders gelagerte (fünfte) Zuschreibung gegenüber, die durch eine gleichgültige
und distanzierte Haltung charakterisiert ist. Die
Ehe wird als wenig signifikante Institution betrachtet, sowohl in ihrer Bedeutung für das Individuum
selbst als auch im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Relevanz. Verheiratete, die Ehe in dieser Weise
rahmen, befinden sich häufig in der Ehe, ohne dafür
konkrete Gründe benennen zu können. Meist erfolgte die Heirat auf Wunsch des Partners oder der
Partnerin, und die Betreffenden fühlen sich eher in
die Ehe getrieben als autonom dazu entschlossen.
Die in der Ehe gemachten Erfahrungen sind eher ernüchternd und geben wenig Anlass, die Ehe aufrecht zu erhalten, aber fehlende Alternativen und
geringe Erwartungshaltungen fördern den Verbleib
in ihr. Hohe Indifferenz und schwacher Symbolwert
sind Kennzeichen dieser Sinnzuschreibung, die mit
einer erhöhten Distanz zur kirchlichen Heirat einhergeht (Matthias 1995).
Die weitere empirische Analyse wird zeigen, ob die
hier kurz skizzierten Sinn-Muster, die Ehe als unverrückbare Institution religiösen Ursprungs mit
hohem Symbolgehalt, die Ehe als Vertrag, die beziehungsorientierte, affektive Ehe, die Ehe als Selbstzweck und die weitgehend sinnentleerte Ehe mit geringem Symbol- und Bedeutungsgehalt, empirisch
als bedeutende subjektive Sinn-Muster der Moderne nachweisbar sind.
3. Daten und Methoden
Grundlage der Untersuchung ist eine Telefonbefragung von Paaren, die zwischen 1999 und 2005 geheiratet haben. Mit einem standardisierten Fragebogen wurden im Frühsommer 2005 unabhängig
voneinander jeweils beide Ehepartner befragt, so
dass gleichermaßen Analysen auf der Individualwie auf der Paarebene vorgenommen werden können. Der für die hier durchgeführten Auswertungen
herangezogene bereinigte Datensatz umfasst 377
Ehepaare bzw. 754 verheiratete Personen. Im Fokus
der Befragung, die von intensiv geschulten Studierenden durchgeführt wurde, standen neben den
Heiratsmotiven und den subjektiven Sinnzuschreibungen auch die Partnerschaftsbiografie vom Kennenlernen bis zur Heirat und die Gestaltung der
Hochzeitsfeier, zwei Aspekte, die in diesem Beitrag
allerdings nicht weiter thematisiert werden. Die
Stichprobengewinnung erfolgte im Schneeballverfahren, so dass keine reine Zufallsstichprobe vorliegt. Die folgenden Ausführungen veranschaulichen die Zusammensetzung der Stichprobe nach
ausgewählten Kriterien und geben Hinweise auf
vorliegende Stichprobenfehler.
3.1 Zusammensetzung der Stichprobe
72 % der Untersuchungsteilnehmer wurden in den
alten Bundesländern, 13 % in den neuen und 15 %
in einem Land außerhalb Deutschlands geboren.
Die Stichprobe umfasst 39 % Katholiken, 35 %
Protestanten und 4 %, die einer anderen Glaubensgemeinschaft angehören. 22 % gaben an, keiner
Konfession anzugehören. Damit weist die Stichprobe hinsichtlich der genannten Merkmale Verteilungen auf, die in akzeptabler Form den Verteilungen
in der Grundgesamtheit (Heiratskohorte 1999–
2005 nach Daten des Statistischen Bundesamts)
entsprechen. Bedeutsame Abweichungen bestehen
dagegen im Hinblick auf die formale Schulbildung.
Hier liegt der für viele sozialwissenschaftliche Studien nicht untypische Bias in Richtung einer Unterrepräsentation niedriger Bildungsabschlüsse vor.
Nur 13 % der Befragten haben einen Hauptschulabschluss. 39 % haben die Realschule und 48 %
das Gymnasium erfolgreich absolviert. Diesen Bildungs-Bias gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. Um dadurch hervorgerufene etwaige Verzerrungen der Ergebnisse
abschätzen zu können, sind Effekte des Bildungsabschlusses für die hier analysierten abhängigen Variablen Gegenstand der Untersuchung.
Bei 86 % der Eheschließungen in unserer Stichprobe waren beide Partner ledig. Bei 9 % heiratete ein
Partner mindestens zum zweiten Mal und bei 5 %
der Eheschließungen hatten beide Partner bereits
Erfahrungen mit einer früheren Ehe. Das durchschnittliche Heiratsalter der befragten ledigen Frauen beträgt 27,3 (SD = 4,42) und das der ledigen
Männer 29,7 Jahre (SD = 4,61).
3.2 Analysemethoden
Bei der Untersuchung der Heiratsmotive und der
subjektiven Sinnzuschreibungen zur Ehe kommt jeweils ein clusteranalytisches Verfahren zur Anwen-
139
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
dung. Mit der Methode der Clusteranalyse wird
das Ziel verfolgt, die Untersuchungsobjekte in möglichst homogene Gruppen, die untereinander jedoch
eine hohe Heterogenität aufweisen, zusammenzufassen, um dadurch typische Motivlagen und
Sinngebungen auf empirisch gesicherter Grundlage
zu erhalten (Bacher 1996). Zum Einsatz kommt
hier das hierarchische Ward-Verfahren, dessen Resultate anschließend einer Optimierung mit dem
K-means-Verfahren unterzogen wurden.2
sind die mit der explorativen Methode der Clusteranalyse verbundenen Einschränkungen zu beachten.6
Da zu dem hier behandelten Forschungsgegenstand
jedoch bislang kaum (empirische) Erkenntnisse über
abgrenzbare und interpretierbare Konfigurationen
vorliegen, die auf einer derart breiten und detaillierten Datenlage basieren, scheint ein exploratives und
Struktur erkennendes Vorgehen angemessen.
Die Befragten konnten im Fall der Heiratsmotive
dreizehn mögliche Einzelmotive auf einer 5-stufigen
Ratingskala dahingehend bewerten, ob sie diese als
„besonders ausschlaggebend“ oder aber als „überhaupt nicht ausschlaggebend“ für ihren Schritt in
die Ehe einschätzen.3 Die daraus resultierenden
individuellen Bewertungsprofile wurden unter Anwendung des genannten clusteranalytischen Verfahrens zu charakteristischen Motivlagen zusammengefasst.
4. Ergebnisse
Bei den subjektiven Sinnzuschreibungen wurden zunächst verschiedene Dimensionen der Einstellung
zur Ehe anhand von acht Einzelindikatoren erfasst,
die die Befragten auf einer 5-stufigen Ratingskala
nach dem Ausmaß ihrer Zustimmung beantworten
konnten.4 Aus der Beantwortung der acht Items resultiert für jeden Befragten ein individuelles Muster
der Einstellung zur Ehe. Diese Muster wurden mittels Clusteranalyse zu Gruppen zusammengefasst.
Mit dem Design der Studie sind einige Probleme
und Einschränkungen verbunden. Durch die Beschränkung der Untersuchung auf Verheiratete sind
die Ergebnisse im Hinblick auf die subjektiven
Sinnzuschreibungen in ihrer Generalisierbarkeit
entsprechend limitiert. Wegen der retrospektiven
Erfassung der Heiratsmotive ist nicht auszuschließen, dass die Gültigkeit der Ergebnisse durch
Erinnerungsfehler und Umdeutungen aufgrund der
zwischenzeitlichen Erfahrungen in der Ehe beeinträchtigt ist. Jedoch ist dieses Problem nach unserer
Auffassung als gering einzuschätzen.5 Schließlich
2
Das Optimierungskriterium ist die Minimierung des
ESS-Werts („Euclidean Sum of Squares“).
3
Die genauen Formulierungen der Items zu den Heiratsmotiven sind Tab. A2 im Anhang zu entnehmen.
4
Die genauen Formulierungen der Items zu den Sinnzuschreibungen sind Tab. A1 im Anhang zu entnehmen.
5
Teilt man das Sample nach der Zeitspanne, die zwischen
Heirat und Zeitpunkt der Befragung liegt, in zwei Gruppen und vergleicht diese im Hinblick auf die Verteilung
der Motivlagen, ist lediglich eine größere Abweichung erkennbar, die zudem eher kontra-intuitiv ausfällt. Demnach heirateten ca. 40 % derjenigen mit der längeren Zeitspanne zwischen Eheschließung und Befragungszeitpunkt
4.1 Sinnzuschreibungen zur Ehe
Bei der Untersuchung der subjektiven Sinnzuschreibungen zur Ehe steht die Frage im Mittelpunkt, ob
charakteristische Muster erkennbar sind und – falls
ja – wie sich diese inhaltlich beschreiben lassen. Dazu wurden die Probanden mittels einer Clusteranalyse zu Gruppen zusammengefasst, wobei sich eine
Lösung mit insgesamt vier Clustern als bester Kompromiss zwischen einer inhaltlich sinnvollen Interpretierbarkeit und einer überschaubaren Anzahl
der extrahierten Cluster herausstellte. Die gewählte
Lösung erwies sich bei Variationen des methodischen Vorgehens als weitgehend stabil. Der Interpretation der Ergebnisse liegt die im Anhang dargestellte Tabelle A1 zugrunde. Sie gibt Auskunft
über die Item-Mittelwerte in den einzelnen Clustern
sowie im Gesamtsample. Die inhaltliche Auslegung
der einzelnen Cluster erfolgte im Hinblick auf statistisch signifikante (p ) .05) und inhaltlich sinnfällige Abweichungen vom Mittelwert des Gesamtsamples.
Wie später auch die Motiv-Cluster werden die hier
vorgestellten vier Cluster der subjektiven Sinnzuschreibung zur Ehe auf ihre Zusammensetzung
hinsichtlich verschiedener Merkmale näher untersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei die soziodemografischen „Standard-Merkmale“ Geschlecht, Alter, Bildung und Konfessionszugehörigkeit. Alle
Befunde, die dabei berichtet werden, sind statistisch
signifikant (p ) .05). 7
aus spontan-emotionalen Motiven, aber nur 30 % derer
mit kurzer Ehedauer (Gesamtsample: 35,4 %). Mit Blick
auf die Verteilungen der Sinnzuschreibungen sind keine
nennenswerten Unterschiede erkennbar. Dies ist insbesondere für die Analyse in Kap. 4.3 von Bedeutung.
6
Die Strukturierung der Daten erfolgt empirisch und ist
nicht durch bestehende Hypothesen vorgegeben.
7
Bei den Heiratsmotiven und den subjektiven Sinnzuschreibungen konnten keine signifikanten Unterschiede
zwischen Ersteheschließungen und Wiederverheiratungen
140
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
Tabelle 2 Muster der subjektiven Sinnzuschreibung zur Ehe
Cluster der subjektiven Sinnzuschreibung
Anzahl (n)
Anteil (%)
1 Die Ehe als „nützliche“ Institution
215
28,5
2 Die Ehe als Institution mit hoher individueller Bedeutung bei liberaler Grundhaltung
172
22,8
3 Die Ehe als bedeutsame traditionelle kirchliche Institution bei konservativer Grundhaltung
173
23,0
4 Die Ehe als „sinnentleerte“ Institution
194
25,7
Gesamt
754
100
Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung)
Cluster 1: Die Ehe als „nützliche“ Institution
Nutzenorientierte Sinnzuschreibungen zur Ehe
kennzeichnen die Angehörigen des ersten Clusters.
Der Sinn der Ehe liegt für die Befragten vornehmlich in dem höheren zu erwartenden Nutzen, der
die Ehe gegenüber anderen Handlungsalternativen
auszeichnet. Die Ehe erfährt ihre Bedeutung damit
als Mittel zu Erreichung individueller und gemeinsamer Ziele. Im Unterschied zu den übrigen Clustern wird hier deutlich die Auffassung vertreten,
dass die Ehe der rechtlichen und finanziellen Absicherung diene. Zudem dominiert die Überzeugung,
dass diejenigen, die Kinder haben möchten, auch
heiraten sollten. Die Ehe, als legitimer „Ort“ für
die Erziehung von Kindern, wird hier offensichtlich
als nützliche Voraussetzung für Elternschaft angesehen. Die Ansicht, die standesamtliche Heirat sei
heutzutage völlig ausreichend, deutet darauf hin,
dass für die Mitglieder dieses Clusters weder eine
Anbindung der Heirat an die Institution Kirche
noch eine ausgeprägte Verknüpfung zwischen Erlebnisorientierung und Heirat besteht. Insgesamt
scheint die Deutung der Ehe hier einer eher nüchtern-rationalen Nutzenorientierung (im Sinne einer
vertraglichen Absicherung) zu folgen. Dies spiegelt
sich z. B. im erhöhten Anteil an Konfessionslosen
(27,9 vs. 21,4 % im Gesamtsample) und dem geringen Anteil an kirchlichen Trauungen (39,2 vs.
59,4 %8) wider. Bemerkenswert ist die modern-liberale Haltung gegenüber der Gleichstellung von homophilen mit heterosexuellen Paaren, bei gleichzeitig nur verhaltener Zustimmung zur Gleichstellung
von unverheirateten mit verheirateten heterosexuellen Paaren. Hier ist, zumindest für eine Subpopulation des Clusters, eine Art von „Protektionismus“ erfestgestellt werden. Daher wurde in den Darstellungen
nicht danach unterschieden.
8
Zusammengefasst sind hier die kirchlich Getrauten
(52,8 % der Befragten) und diejenigen, die in der Befragung angaben, „in Kürze“ kirchlich heiraten zu wollen
(6,6 %).
kennbar, der die Ehe als rechtlich privilegierte Form
des Zusammenlebens gegen nichteheliche Formen
des Zusammenlebens absichern soll.
Cluster 2: Die Ehe als Institution mit hoher individueller Bedeutung bei liberaler Grundhaltung
Kennzeichnend für das zweite Cluster ist eine hohe
persönliche Wertschätzung der Ehe bei gleichzeitig
liberaler Grundhaltung ihr gegenüber. Ihre hohe
individuelle Wichtigkeit erfährt die Ehe hier aus
verschiedenen Sinnzuschreibungen. Neben der
Überzeugung, die Ehe sei eine Verbindung auf Lebenszeit, vertreten die Mitglieder dieses Clusters die
Ansicht, dass eine standesamtliche Trauung nicht
„ausreichend“ sei und die „eigentliche“ Eheschließung erst von einem Priester vorgenommen werde.
In diesem Zusammenhang verwundert der mit
5,8 % (20,4 % im Gesamtsample) sehr geringe Anteil Konfessionsloser ebenso wenig wie der mit
91,3 % äußerst hohe Anteil an kirchlichen Trauungen (59,4 % im Gesamtsample). Für eine Untergruppe des Clusters liegt eine religiös motivierte
Sinnzuschreibung im Sinne der unauflöslichen, monogamen Ehe als Sakrament vor. Für eine andere
Untergruppe scheint hingegen die Erlebnisorientierung bei der kirchlichen Trauung im Vordergrund
zu stehen: Immerhin 62,5 % derer, die vor den
Traualtar traten, gaben an, dies (auch) wegen der
schönen Feier getan zu haben. Gemeinsam ist allen
Angehörigen des zweiten Clusters, neben dem hohen Stellenwert, den die Ehe für sie persönlich in
ihrem Leben einnimmt, die erstaunlich tolerante
Haltung gegenüber der Öffnung der Ehe für
gleichgeschlechtliche Paare und der rechtlichen
Gleichstellung Unverheirateter. Die Ehe wird demnach als eine wandelbare Institution verstanden,
in der traditionelle, religiöse und liberale Aspekte
integriert sind. Insgesamt scheint hier eine bejahende, moderne Form der Wertsynthese vorzuliegen, die durch eine hohe persönliche, intrinsisch
motivierte Wertschätzung der Institution Ehe gekennzeichnet ist.
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
141
Das hier beschriebene Muster der subjektiven Sinnzuschreibung ist weit häufiger bei Frauen als bei
Männern vorzufinden. Zwei Drittel sind Frauen
und ein Drittel Männer, was eine sehr deutliche Abweichung von der 50:50-Verteilung in der Gesamtstichprobe darstellt. Zudem ist eine Verschiebung
hin zu höheren Bildungsabschlüssen zu beobachten:
Der Anteil der Hauptschulabsolventen bleibt mit
7 % unter dem Anteil von 12,7 % in der Gesamtstichprobe, der Anteil der Abiturienten liegt mit
54,7 % hingegen über dem entsprechenden Vergleichswert von 48,4 %.
unerhebliche Relevanz zu besitzen. Ein weiterer Unterschied zu Cluster 2 zeigt sich im ausgeprägten
Konservatismus innerhalb des dritten Clusters, der
sich z. B. darin offenbart, dass hier 36,9 % vor der
Heirat nicht mit ihrem jetzigen Partner zusammen
gewohnt hatten. Für das Gesamtsample liegt der
entsprechende Wert bei 17,2 %, im zweiten Cluster
bei lediglich 11 %. Die beschriebene Haltung findet
sich besonders häufig bei Männern: 67,1 % der Angehörigen dieses Clusters sind männlich. Differenziert nach Schulabschlüssen zeigen sich hingegen
keine Auffälligkeiten.
Cluster 3: Die Ehe als bedeutsame traditionelle
kirchliche Institution bei konservativer Grundhaltung
Eine hohe persönliche Wertschätzung der Ehe geht
demnach bei Männern tendenziell mit einer religiös-konservativen, bei Frauen hingegen eher mit einer modern-liberalen Einstellung einher.
Charakteristisch für das mit dem dritten Cluster repräsentierte Einstellungsprofil ist zuvorderst die
Überzeugung, dass die eigentliche Trauung in der
Kirche stattfinde, in Verbindung mit einer profilierten Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen und der
rechtlichen Gleichstellung von Unverheirateten.
Markant ausgeprägt ist zudem die Ansicht, dass,
wer Kinder haben möchte, auch heiraten sollte. Für
den Eindruck, es handele sich hier im Kern um eine
religiöse und wertkonservative Sinnzuschreibung
zur Ehe – für eine Minderheit überwiegen eher die
wertkonservativen und nicht die religiösen Aspekte
–, finden sich zahlreiche weitere Hinweise. So liegt
der Anteil Konfessionsloser mit 15,2 % deutlich unter dem entsprechenden Anteil in der gesamten
Stichprobe (21,4 %). Im Gegenzug befinden sich in
Cluster 3 überproportional viele Angehörige anderer, nicht-christlicher Glaubensgemeinschaften (9,4
vs. 4,9 %). Zudem verlobten sich 65,3 % und
72,8 % ließen sich kirchlich trauen – unter allen Befragten fallen diese Anteile mit 53,6 bzw. 59,4 %
deutlich geringer aus. In das gezeichnete Bild passt
auch die traditionalistisch geprägte Ansicht, die
Ehe sei eine Verbindung auf Lebenszeit. Für die eigene Lebensgestaltung und wegen des ihr zugeschriebenen hohen gesellschaftlichen Stellenwerts
gehört die Ehe in ihrer klassischen Form für die Befragten des dritten Clusters einfach dazu. Die Ehe
erscheint ihnen unverzichtbar und um ihrer selbst
willen schützenswert.
Aufschlussreich ist der Vergleich mit Cluster 2, wo
der Ehe eine ähnlich hohe Wichtigkeit zugeschrieben wird, dies jedoch eher individuell als gesellschaftlich. Bei den in Cluster 3 zusammengefassten
Personen scheint die Idee der Institution Ehe im
klassischen Sinne Hegels als „vorrechtliche sittliche
Ordnung“, die es jenseits der Wünsche und Interessen der Individuen wertzuschätzen gilt, eine nicht
Cluster 4: Die Ehe als „sinnentleerte“ Institution
Im Rahmen des vierten Clusters stehen die Befragten den meisten erfragten Bedeutungszuschreibungen zur Ehe eher ablehnend gegenüber. So sind sie
im Vergleich zum Durchschnitt aller Interviewten
deutlich weniger davon überzeugt, dass die Ehe eine
Bindung auf Lebenszeit darstellt, eine kirchliche
Trauung heutzutage noch nötig ist und die Ehe der
finanziellen und rechtlichen Absicherung dient. Da
verwundert es kaum, dass die Verheirateten aus
Cluster 4 die Ehe als eher unwichtig für ihr persönliches Glück im Leben einschätzen, zu einem Drittel
keiner Konfession angehören (gegenüber einem
Fünftel im Gesamtsample) und nur 38,7 % von ihnen mit ihrem jetzigen Partner verlobt waren (vs.
53,6 % im Gesamtsample). Da die Ehe darüber hinaus nicht als Voraussetzung zur Elternschaft angesehen wird, erscheint es schlüssig, dass sie für die
Angehörigen des hier beschriebenen Clusters insgesamt eine verzichtbare gesellschaftliche Institution darstellt. Die eher liberale Haltung gegenüber
der Öffnung der Ehe für Gleichgeschlechtliche und
der Gleichstellung von Unverheirateten mit Verheirateten lässt sich vor diesem Hintergrund so deuten,
dass aus Sicht dieser Befragten die rechtlichen Privilegien der Ehe weiter abzubauen sind.
Bei dieser Art der Sinnzuschreibung stellt sich die
Frage, weshalb diese Personen geheiratet haben.
Hinweise hierzu sind im Rahmen der Analyse der
Heiratsmotive der Angehörigen dieses Clusters zu
erwarten (vgl. Kapitel 4.3).
Die Untersuchung der vorgestellten Cluster auf signifikante Unterschiede (p=.05) hinsichtlich der Zusammensetzung nach Geschlecht, Alter und formaler Schulbildung lässt einen Unterschied zwischen
Frauen und Männern bei den Einstellungen zur Ehe
142
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
erkennen: Frauen weisen häufiger eine liberale und
Männer eine konservativ-bewahrende Grundhaltung gegenüber der Ehe auf, obwohl beide Geschlechter ähnlich häufig der Ehe eine hohe Wertschätzung entgegenbringen. So finden sich 30,5 %
der Ehefrauen und nur 15,1 % der Ehemänner in
Cluster 2, aber 30,8 % Männer und nur 15,1 %
Frauen in Cluster 3.
Die Verteilung der Sinnzuschreibungen zur Ehe
nach dem formalen Bildungsniveau deutet insofern
auf Unterschiede zwischen den Schulabschlüssen
hin, als zum einen bei den Hauptschulabsolventen
die nutzenorientierte Sinnzuschreibung zur Ehe
(Cluster 1) mit 37,5 % deutlich häufiger nachzuweisen ist als bei den Befragten mit höherer formaler Bildung (27,2 %). Zum anderen bringen diejenigen mit einem gymnasialen Abschluss der Ehe
mit 25,8 % – gerade im Vergleich zu den Hauptschulabsolventen mit 12,5 % – besonders oft eine
hohe persönliche Wertschätzung als moderner Institution (Cluster 2) entgegen. Beim Alter der Befragten hingegen konnte kein nennenswerter Effekt auf
die Einstellung zur Ehe festgestellt werden.
Die weiteren Ausführungen thematisieren eine Analyse der Sinnzuschreibungen zur Ehe auf der Ebene
des Paares, wobei die Cluster-Zugehörigkeit der
Frau und die des Mannes miteinander in Beziehung
gesetzt werden.
Die erste Frage, die im Rahmen dieser Paaranalyse
untersucht werden soll, betrifft den Grad der Übereinstimmung der Cluster-Zugehörigkeit der Ehepartner. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass bei
42,4 % der Paare beide in das gleiche Cluster gelangten. Der Kontingenzkoeffizient (Ckorr) von .52
(p < .01) verweist auf einen ausgeprägten Zusammenhang. Ob diese Übereinstimmungen in den Einstellungen der Ehepartner bereits zum Zeitpunkt
des Kennenlernens existierten und eventuell eine
Rolle bei der Auswahl des zukünftigen Ehepartners
gespielt haben, kann mit unseren Daten nicht untersucht werden. Allerdings kann der Frage nachgegangen werden, in welchen Mustern der Sinnzuschreibung sich besonders häufig Übereinstimmungen
zwischen den Ehepartnern ergeben. In diesem Kontext zeigt vor allem das dritte Cluster Auffälligkeiten: 66,7 % befinden sich gemeinsam mit ihrem
Ehepartner in diesem Cluster. In den übrigen Clustern liegt dieser Anteil im Mittel bei unter 40 %
und damit signifikant niedriger.
Was heißt dies nun für die Diskussion um die Einstellungen zur Ehe auf der Paarebene? Es scheint,
dass gerade bei Personen mit einer religiös geprägten und wertkonservativen Einstellung zur Ehe ein
ausgeprägter Selektionsprozess bei der Partnerwahl
stattfindet. Weniger wahrscheinlich ist, dass sich, in
der bis zum Befragungszeitpunkt meist erst kurzen
Ehe, die Grundhaltungen der Partner nach der Heirat entsprechend angepasst haben.
Bei den Sinnzuschreibungen, so bleibt zusammenfassend festzuhalten, wird der hohe Stellenwert traditioneller, vor allem auch kirchlich-religiöser Einstellungen zur Institution Ehe ebenso erkennbar,
wie die Bedeutung liberaler, nutzenorientierter und
distanzierter Haltungen. Unsere Befunde verweisen
auf drei Figurationen: 46 % der Befragten bekunden eine hohe individuelle Wertschätzung der Ehe
(Sinn-Cluster 2 und 3). Bei der Hälfte dieser Gruppe beruht dies auf einer tiefen, oft religiös begründeten Überzeugung, wobei der Ehe auch eine besondere gesellschaftliche Relevanz zugeschrieben
und die Notwendigkeit zur Bewahrung der Ehe in
ihrer herkömmlichen Form betont wird. Die andere
Hälfte dieser Figuration sieht die Ehe trotz aller
persönlichen Wertschätzung als eine im Wandel begriffene Institution, die es aber nicht um ihrer selbst
willen und in ihrer traditionellen Form zu erhalten,
sondern zu modernisieren und für eine individuelle
Gestaltung zu öffnen gilt. Die zweite Figuration,
die bei knapp 29 % der Befragten anzutreffen ist
(Sinn-Cluster 1), besteht in der Betrachtung der Ehe
als Sicherheit gewährende Institution. Mehrheitlich
spielen hier nutzenorientierte Zuschreibungen und
Erwartungen eine wichtige Rolle. Bei einem Teil
dieser Befragten scheint die Heirat den Charakter
einer nüchternen Vertragschließung zu haben, bei
anderen handelt es sich mehr um eine mit dem Partner getroffene Übereinkunft, die im Zuge eines Strebens nach Aufgehobensein und Angekommensein
erfolgt. Gut ein Viertel der Befragten sind einer dritten Figuration zuzurechnen (Sinn-Cluster 4), wonach der Ehe als Institution wenig Bedeutung beigemessen und ihr distanziert und unbeteiligt
begegnet wird. Wie die späteren Analysen zu den
Heiratsmotiven zeigen, heiraten Individuen mit dieser Sinnzuschreibung entweder in der Hoffnung,
dadurch ihre Beziehung zu bekräftigen oder aus einem eher unreflektierten, spontanen Entschluss heraus. Dabei gibt nicht selten der Wunsch des Ehepartners den entscheidenden Ausschlag.
Generell wird erkennbar, dass Frauen gegenüber
einer Modernisierung der Institution Ehe aufgeschlossener und toleranter zu sein scheinen, während Männer häufiger eine konservativ-bewahrende Grundhaltung offenbaren.
143
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
Tabelle 3 Motivlagen der Heiratsentscheidung
Cluster der Heiratsmotive
Anzahl (n)
Anteil (%)
Nutzenorientierte Heiratsmotive
(250)
(33,2)
1 Die Heirat als rationales Kalkül
64
8,5
2 Die faktisch kindorientierte Heirat
79
10,5
3 Die Heirat zur Vermeidung räumlicher Trennung
65
8,6
4 Die erwartungskonforme Heirat
42
5,6
(237)
(31,4)
121
16,0
Wertorientierte Heiratsmotive
5 Die traditionelle, festliche Heirat
6 Die Heirat als biografische Selbstverständlichkeit
Spontan-emotionale Heiratsmotive
7 Die Heirat als „rite de confirmation“
8 Die Heirat als spontaner Entschluss
116
15,4
(267)
(35,4)
102
13,5
58
7,7
9 Die Liebesheirat
107
14,2
Gesamt
754
100
Anmerkung: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung)
4.2 Motivlagen der Heiratsentscheidung
Die folgende Analyse ist darauf gerichtet, typische
Motivlagen zum Schritt in die Ehe clusteranalytisch
zu identifizieren und Hinweise auf ihre empirische
Verteilung im vorliegenden Sample zu erhalten.
Mit dem verwendeten clusteranalytischen Verfahren wird das Ziel verfolgt, die Vielzahl der individuellen Motivlagen auf eine überschaubare Zahl inhaltlich prägnanter Cluster zu verdichten und diese
anhand statistisch signifikanter und inhaltlich sinnfälliger Abweichungen vom Mittelwert des Gesamtsamples zu interpretieren (vgl. Tab. A2 im Anhang).
Die multivariate Analyse erbrachte eine gut interpretierbare Lösung mit neun Clustern, die sich auch
bei Variationen des methodischen Vorgehens als
weitgehend stabil erwies. Die neun Cluster wurden
dann in einem nächsten Schritt auf der Grundlage
inhaltlicher Überlegungen zu drei Kernmotiven
aggregiert.9 Ziel war es, einen höheren Grad der
Systematisierung zu erreichen und eine verbesserte
Vergleichbarkeit mit den Clustern der Sinnzuschreibung herzustellen. Die resultierenden Kernmotive
9
Die drei Kernmotive sind demnach nicht das Ergebnis einer Clusteranalyse. Eine zur Kontrolle durchgeführte
Clusteranalyse mit der Vorgabe drei zu extrahierender
Cluster ergab ähnlich zugeschnittene Gruppen, die sich jedoch nicht adäquat intern differenzieren ließen. Der Zusammenhang zwischen dieser 3er-Clusterlösung und der
hier vorgenommenen Zuordnung zu drei Kernmotiven
fällt jedoch sehr hoch aus (Ckorr = .82), was als Validierung
des gewählten Vorgehens gelten kann.
sind weniger homogen und nicht immer exakt
trennscharf, bleiben aber inhaltlich dennoch gut interpretierbar. Die in Tabelle 3 in Klammern ausgewiesenen aufsummierten Anteilswerte der drei
Kernmotive sind als Richtgrößen und nicht als
exakte Aussagen über die Verteilung zu verstehen.
Erstes Kernmotiv: Nutzenorientierte Heiratsmotive
Der gemeinsame Kern der hier zusammengefassten
vier Cluster besteht darin, dass der Heirat weniger
ein Wert „an sich“, sondern ein bestimmter Nutzen
zugeschrieben wird. Die Befragten verfolgen meist
ein klar benennbares Ziel, das sie mittels der Eheschließung zu erreichen suchen. Die Ehe hat hier
vornehmlich den Charakter einer „Zweckehe“.
Mit dem ersten Cluster10, der Heirat als rationales
Kalkül (8,5 %), quasi als einer Form der Ausdifferenzierung des utilitaristischen Kernmotivs, liegt eine Verbindung aus der Betonung der ökonomischen
(z. B. steuerlichen) Vorteile der Ehe und der Sicherstellung von Vaterrechten aus Sicht der Väter bzw.
der Vaterpflichten aus Sicht der Frauen vor.
Für die Mitglieder des zweiten Clusters stehen wiederum zwei Motive im Mittelpunkt, die den Anlass
zur Heirat geben: die Erlangung des gemeinsamen
Sorgerechts und eine vorliegende Schwangerschaft.
Diese Motivlage ist hier als faktisch kindorientierte
Heirat umschrieben. Der Anteil von 10,5 % an der
Gesamtstichprobe spricht für die These, dass es sich
10
Die Darstellung der einzelnen Cluster bleibt auf zentrale Aspekte und dominante Motive konzentriert.
144
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
hierbei um kein quantitativ dominierendes, sondern
lediglich um ein Muster neben anderen handelt.
Die eingangs diskutierte Entkoppelung von Ehe
und Elternschaft kann nach unseren Befunden mit
einem weiteren Argument belegt werden: Immerhin
37 % derer, die bzw. deren Partnerin zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung schwanger waren, gelangten nicht in das Cluster der faktisch kindorientierten Heirat. Sie verteilen sich stattdessen relativ
gleichmäßig auf die anderen Cluster und haben
demnach andere Gründe als ausschlaggebend für
die Eheschließung angeführt. Ehe und Schwangerschaft treten hier zwar gemeinsam auf, werden jedoch auf der individuellen Handlungsebene nicht
direkt miteinander verknüpft.
Bei der Heirat zur Vermeidung räumlicher Trennung (8,6 %) sehen sich die Betroffenen mit einer
Zwangslage konfrontiert, auf die sie mit der Eheschließung reagieren. Darunter sind z. B. häufiger
binationale Paare, die mit der Heirat die Abschiebung eines Partners vermeiden wollen, aber auch
Beamte, die durch die Heirat eine Versetzung umgehen oder junge Männer, die sich mit der Heirat der
Einberufung zur Bundeswehr entziehen wollen.
Ähnlich wie bei der faktischen Kindorientierung
werden die Paare durch das Auftreten eines externen Anlasses in die Ehe „gedrängt“.
Die Befragten des vierten Clusters, der erwartungskonformen Heirat (5,6 %), geben verschiedene Ziele vor, die sie mit der Ehe erreichen wollen. Dabei
nennen sie z. B. die Festigung der Paarbeziehung,
die Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts für die
Kinder und die Freude an einem besonderen Fest.
Im Unterschied zu den Befragten der übrigen Cluster lassen sie jedoch erkennen, dass der Entschluss
zur Heirat stark an Verhaltenserwartungen aus dem
näheren sozialen Umfeld orientiert ist. Die Folgerung
liegt nahe, dass hier einem latenten äußeren Druck
nachgegeben wird. Durch normkonformes Verhalten
sollen mögliche Konflikte oder Stigmatisierungen
vermieden werden. Bemerkenswert ist hierbei der
hohe Anteil an Personen, die in einem Land außerhalb Deutschlands geboren sind und einer nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft angehören.
Zweites Kernmotiv: Wertorientierte Heiratsmotive
Hier erfährt die Institution Ehe „an sich“ eine hohe
Wertschätzung. Die Ehe „als solche“ erscheint den
Befragten aus „individuellen“ oder „gesellschaftlichen“ Gründen als wertvoll. Dass eine Heirat erfolgt, steht im Grunde seit langem fest. Der wertorientierten Kernmotivation lassen sich zwei Cluster,
quasi als „Spielarten“ dieser gemeinsamen Basis,
zuweisen.
Bei den Angehörigen von Cluster fünf, der traditionellen, festlichen Heirat (16 %), wird der Stellenwert der Ehe als bedeutsame kirchliche und
gesellschaftliche Einrichtung durch traditionelle
Überzeugungen begründet. Die Ehe wird als Selbstverständlichkeit im Sinne einer „gesellschaftlichen
Normalität“ betrachtet, wobei sich diese Vorstellung im Einklang mit den wahrgenommenen, traditionell geprägten Erwartungshaltungen des sozialen
Umfelds befindet. Entsprechend adressieren die
Mitglieder dieses Clusters die Symbolwirkung der
Eheschließung in Form eines besonderen Events an
ihre soziale Umgebung. Dies zeigt sich u. a. an den
überdurchschnittlich aufwändigen Hochzeitsfeierlichkeiten. Innerhalb dieses Clusters lassen sich
zwei unterschiedliche Subgruppen von Befragten
identifizieren. Bei der ersten Subgruppe ist die traditionelle Motivlage durch utilitaristische Kalküle
unterlegt (Steuervorteile der Ehe). Hier ist ein Brückenschlag zu den zuvor dargestellten nutzenorientierten Heiratsentschlüssen erkennbar. Bei der zweiten Subgruppe wird die traditionelle Heirat durch
die persönliche Freude an einer schönen Feier zusätzlich motiviert. Hierbei dürfte es sich um eine
Gruppe handeln, der etwa 5 % aller Befragten zuzurechnen sind, die die Eheschließung unter einer
besonderen Erlebnisorientierung vornehmen.
Mit dem sechsten Cluster, der Heirat als biografische Selbstverständlichkeit (15,4 %), lässt sich eine weitere, an der Institution Ehe selbst orientierte,
Heiratsentscheidung nachweisen. Es entspricht dabei den Lebensplänen der Individuen und gehört
aus deren Sicht zu einem „normalen“ Biografieund Partnerschaftsverlauf, dass „irgendwann“ geheiratet wird. Hier scheinen weniger von außen
kommende, normativ geprägte Normalitätsvorstellungen und bekundungen eine Rolle zu spielen (wie
z. B. bei den Clustern 4 und 5), sondern die Heirat
scheint vielmehr einer inneren Motivation entsprungen und auch in ihrer Symbolwirkung nicht
nach außen, sondern nach innen adressiert. „Biografische Selbstverständlichkeit“ entsteht hier weniger infolge unreflektiert nachvollzogener Normalität, sondern aus innerer Überzeugung. Mit Bezug
auf die in Abschnitt 2 geführte Diskussion ist festzustellen, dass es sich um ein Muster handelt, das
besonders in kirchennahen, gut gebildeten Milieus
Westdeutschlands auftritt. In diesem Cluster finden
sich der niedrigste Anteil an Konfessionslosen und
der höchste Anteil an kirchlichen Eheschließungen.
Entgegen der von Burkart (1997) vorgenommenen
Deutung handelt es sich nicht um einen unreflektierten Prozess bei geringer Involviertheit, in dem
vermeintliche Standard-Verhaltensmuster quasi au-
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
tomatisch ablaufen. Vielmehr scheint eine bewusste
und durchaus reflektierte Auseinandersetzung mit
der Ehe stattzufinden, die wegen der besonderen
Wertschätzung der Ehe mit hohem Involvement
erfolgt und in eine auf Überzeugung basierende
Handlungsorientierung mündet.
Drittes Kernmotiv: Spontan-emotionale
Heiratsmotive
Für die Befragten der hier zusammengefassten drei
Cluster spielen weder nutzen- noch wertorientierte
Motive eine ausschlaggebende Rolle. Vielmehr handelt es sich um oftmals unreflektierte, spontane
Entschlüsse, geleitet in erster Linie von emotionalen
Empfindungen zum Ehepartner oder durch affektiv
getragene Erwartungen an die Lebenssituation nach
der Heirat.
Mit dem ersten hier verorteten Cluster, der Heirat
als rite de confirmation (13,5 %), ist die Motivlage
der Beziehungsbekräftigung repräsentiert. Entgegen
der bisherigen Diskussion um die sog. Bekräftigungsthese legen es unsere Befunde nahe, die Motivlage der Beziehungsfestigung in zwei sehr unterschiedliche Formen zu differenzieren. Im ersten Fall
erfolgt die Heirat stringent im Zuge einer raschen
Institutionalisierung der Partnerschaft im Sinne einer weiteren Festigung der Beziehung. Die Heirat
rückt damit in die Nähe der wertorientierten Eheschließung, die mit hoher Selbstverständlichkeit
stattfindet. Im zweiten Fall beruht der Schritt in die
Ehe auf einem eher spontanen Entschluss und wird
im Hinblick auf eine erneute Festigung einer seit
längerem bestehenden Paarbeziehung vollzogen.
Empirisch verlässlich lässt sich die erste Form (Beziehungsdauer unter drei Jahren und entweder verlobt oder zusammen gewohnt) bei 36,3 % der Angehörigen dieses Clusters (4,9 % aller Befragten)
und die zweite Form (Beziehungsdauer über sechs
Jahre und vor der Heirat zusammen gewohnt) bei
17 % der Angehörigen dieses Clusters (2,3 % aller
Befragten) nachweisen. Für die übrigen ca. 47 % ist
eine eindeutige Zuordnung mit unseren Ergebnissen
nicht möglich.
Das achte Cluster, die Heirat als spontaner Entschluss (7,7 %), ist dadurch charakterisiert, dass
die Befragten hier die meisten Motive – bis auf die
Liebe – als unbedeutend einschätzen und die Eheschließung als einen spontanen Entschluss darstellen. Bezeichnend ist zudem die deutliche Ablehnung
des Items „Ich hatte schon immer den Wunsch zu
heiraten“. Die Personen, die diesem Cluster zugerechnet werden, unterscheiden sich in vielfacher
Hinsicht signifikant von den anderen Eheschließenden. Sie haben öfter einen niedrigeren Schul-
145
abschluss, gehören häufiger keiner Konfession an,
heiraten seltener kirchlich und lassen sich ihre
Hochzeit im Durchschnitt weniger kosten. Insgesamt erscheint der Entschluss zur Heirat hier eher
unreflektiert und nicht sehr klar motiviert.
Das neunte Cluster repräsentiert die Liebesheirat
(14,2 %). Außer der „Liebe“ wird keinem weiteren
der abgefragten Motive eine ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung zur Heirat zugeschrieben.
Liebe ist das allein ausschlaggebende Motiv. Für die
weit überwiegende Mehrzahl der anderen Befragten
hat die Liebe als Heiratsmotiv zwar auch ein großes
Gewicht, jedoch wird sie dort stets in Verbindung
mit anderen nutzenorientierten oder wertorientierten Gründen angeführt. Vor diesem Hintergrund
spricht viel für die eingangs vertretene Auffassung,
dass Liebe in den meisten Fällen zwar eine notwendige Grundlage für eine Beziehung darstellt (und
damit indirekt auch für die Heirat), die konkrete
Entscheidung zum Schritt in die Ehe jedoch weit
überwiegend auf anderen Handlungsmotiven basiert, die als hinreichende Bedingungen fungieren.
Eine Besonderheit dieses Clusters besteht darin,
dass hier n = 23 Personen enthalten sind, die keines
der dreizehn abgefragten Motive als „besonders
ausschlaggebend“ bewertet haben – auch Liebe
spielt für diese Verheirateten anscheinend keine
maßgebliche Rolle. Dieses Phänomen der „Heirat
ohne ausschlaggebendes Motiv“ liegt, über alle
Cluster gesehen, bei insgesamt n = 51 Personen vor
(6,7 % der Gesamtstichprobe) und tritt besonders
häufig bei älteren, konfessionslosen Männern auf,
die vor ihrer Hochzeit schon lange mit ihrer jetzigen Ehefrau zusammengewohnt hatten. Anscheinend willigen diese „Akteure“ in die Eheschließung
ein, weil ihre Partnerinnen eine Heirat wünschen,
während die Eheschließung für sie selbst keine besondere Bedeutung hat.
Nach unseren Befunden gibt es keine nennenswerten Hinweise auf differenzielle Motivlagen von
Männern und Frauen. Im Hinblick auf die formale
Schulbildung und das Alter der Befragten zeigen
sich nur vereinzelt signifikante Unterschiede. Bei
den Hauptschulabsolventen findet sich die Motivlage der Heirat als spontaner Entschluss (Cluster 8)
mit 14,6 % mehr als doppelt so häufig wie bei den
übrigen Befragten (6,6 %). Ebenso ist die erwartungskonforme Heirat (Cluster 4) dort mit 9,4 %
deutlich häufiger vertreten als in den übrigen Bildungsgruppen (4,9 %). Unter denjenigen, die ihre
Schulzeit mit dem Abitur abgeschlossen haben,
wird in der Heirat öfter eine biografische Selbstverständlichkeit (Cluster 6) gesehen als bei jenen mit
einem niedrigeren Abschluss (18,1 % vs. 12,8 %).
146
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
Erstaunlicherweise ist sowohl die Liebesheirat
(Cluster 9) als auch die Heirat aus einem spontanen
Entschluss heraus (Cluster 8) bei den älteren Befragten häufiger anzutreffen. Die Mittelwerte liegen
mit 35 bzw. 34,1 Jahren signifikant höher als im
Gesamtsample (32,6 Jahre). Bei den Jüngeren ist
hingegen die Eheschließung zur Vermeidung räumlicher Trennung (Cluster 3) weiter verbreitet. Hierfür spricht ein mittleres Alter von lediglich 30,7
Jahren in diesem Cluster. Darüber hinaus ergeben
sich keine Auffälligkeiten.
Die Analyse der Heiratsmotive auf der Ebene des
Paares, bei welcher die Cluster-Zugehörigkeit der
Frau und die des Mannes miteinander in Beziehung
gesetzt werden, erstreckt sich auf zwei Fragen. Die
erste Frage betrifft den generellen Grad der Übereinstimmung hinsichtlich der Heiratsmotive. Als
Ergebnis ist festzuhalten, dass sich bei 35,3 % der
unabhängig voneinander befragten Paare beide
Partner im gleichen Motiv-Cluster befinden. Der
Kontingenzkoeffizient (Ckorr) von .76 (p < .01) deutet auf einen ausgeprägten Zusammenhang zwischen den Cluster-Zugehörigkeiten der Ehegatten
hin.
Die zweite Frage ist darauf gerichtet, ob Motivlagen auszumachen sind, in denen eine höhere Übereinstimmung vorliegt. Tatsächlich sind zwei Cluster
erkennbar, die durch besonders hohe Übereinstimmungen gekennzeichnet sind. In beiden Fällen handelt es sich um sehr eindeutige Motivlagen. Bei der
ersten, der faktischen Kindorientierung (Cluster 2),
liegt der Anteil an Befragten, die mit ihrem Partner
im Beweggrund zur Eheschließung übereinstimmen,
bei 79 %. Dies ist bei neun Clustern ein bemerkenswert hoher Wert. Beim zweiten Muster, der Vermeidung räumlicher Trennung (Cluster 3), findet sich
eine Übereinstimmung bei 43 %. Offenkundig sind
diese Handlungskontexte sehr prägnant und durch
einen markanten und singulären Anlass bestimmt.
Die Befunde zu den Heiratsmotiven zeigen zusammenfassend, dass es gegenwärtig keine dominierenden Heiratsmotive zu geben scheint. Liebe spielt als
notwendige, meist aber nicht hinreichende Bedingung eine wichtige Rolle. In verschiedenen Variationen und Erscheinungsformen bilden affektive,
wertorientierte und zweckrationale Empfindungen
und Kalküle die Basis für die Mehrzahl der Eheschließungen. Oftmals entscheiden sich Paare erst
dann zur Heirat, wenn sie der Auffassung sind,
durch die Heirat Erwartungen auf mehreren Ebenen befriedigen zu können. Nur etwa 13 % der von
uns untersuchten Eheschließungen erfolgten auf der
Grundlage nur eines dominanten Motivs. Bei
knapp der Hälfte (49 %) sind zwei Motivlagen aus-
schlaggebend und bei 39 % führen affektive, traditionelle und nutzenorientierte Gründe zum Schritt
in die Ehe. Die Fülle der empirisch belegbaren und
voneinander abgrenzbaren Motivlagen bestätigt die
eingangs formulierte These: Die Ehe der Moderne
ist keine funktional hoch spezialisierte, sondern eine multifunktionale Institution.
4.3 Zum Zusammenhang von Sinnzuschreibungen
und Heiratsmotiven
Es kann angenommen werden, dass die Sinnzuschreibung zur Ehe den Rahmen für die konkreten Heiratsmotive vorgibt. Im Folgenden soll daher
überprüft werden, ob und wie die subjektive Sinnzuschreibung und die individuellen Heiratsmotive
miteinander verknüpft sind. Erwartet wird ein Zusammenhang in der Form, dass z. B. Personen, die
den Sinn der Ehe vornehmlich in deren Nutzen sehen, auch vermehrt aus nutzenorientierten Gründen
heiraten. Da nicht auszuschließen ist, dass sich die
Sinnzuschreibungen durch die Heirat und die Erfahrungen in der Ehe verändert haben könnten, erfährt die vorzunehmende Analyse eine gewisse Einschränkung. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass
etwaige Veränderungen nicht gravierend sind, da
sich die individuelle Sinnzuschreibung zur Ehe zwar
im Lebensverlauf entwickelt, Veränderungen dieses
Konzepts nach unserer Auffassung jedoch moderat
und eher mittel- und langfristig erfolgen (vgl. Fußnote 5). Daher versprechen wir uns weiterführende
Hinweise, auch im Hinblick auf die in Kapitel 4.1
aufgeworfene Frage, was jene Befragten, die in der
Ehe eine „sinnentleerte“ Institution sehen, zu einer
Heirat bewegt.
Bezieht man die vier Cluster der Sinnzuschreibung
auf die drei Kernmotive einer rationalen, wertorientierten und spontan-emotionalen Heiratsentscheidung, so kann hier zwar von einem erkennbaren,
aber nicht besonders starken globalen Zusammenhang, der Kontingenzkoeffizient (Ckorr) liegt bei .35
(p < .01), gesprochen werden.
Im Einzelnen ergibt sich dieser Zusammenhang, da
diejenigen, die die Ehe als eine „nützliche“ Institution begreifen (Sinn-Cluster 1), auch eher aus nutzenorientierten Motiven heiraten. Erweitert man
hier die Analyse seitens der Motivlagen auf die
9-Cluster-Lösung, so fällt auf, dass dieser Befund
insbesondere für diejenigen gilt, deren Heirat durch
eine vorliegende Schwangerschaft motiviert war.
Zudem – und dies überrascht ebenso wenig – finden
sich jene, die der Ehe als Institution eine hohe Bedeutung zuschreiben, sei es nun vor einem individu-
147
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
ellen (Sinn-Cluster 2) oder einem religiösen und
konservativen Hintergrund (Sinn-Cluster 3), vermehrt unter denjenigen wieder, deren Entscheidung
zur Heirat an wertorientierten Gründen ausgerichtet ist. Die Erweiterung auf die 9-Cluster-Lösung ergibt, dass dies in ausgeprägter Form für die „Heirat
als biografische Selbstverständlichkeit“ gilt.
Demgegenüber kommt es im Rahmen der Einstellung, die Ehe sei eine „sinnentleerte“ Institution,
besonders häufig aus spontan-emotionalen Motiven zur Heirat. Dahinter verbergen sich hauptsächlich zwei konkrete Situationen. Die erste ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Partner zuliebe –
und damit auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Paarbeziehung – in die Eheschließung
eingewilligt wird. Bei der zweiten erfolgt die Heirat
auf der Grundlage eines eher unreflektierten, spontanen Entschlusses, was weniger als begründete
Entscheidung, sondern vielmehr als ein „Hineingeraten in die Ehe“ gedeutet werden muss. Dieser
zweite Fall kann als besonders charakteristisch gelten, wie hier die Erweiterung der Analyse auf die
neun Motiv-Cluster zeigt.
Daneben ist jedoch auch eine gewisse Unabhängigkeit von Sinn und Handlungsmotivation festzustellen. So heiraten z. B. jene, die in der Ehe eine bedeutsame traditionelle kirchliche Institution sehen,
zwar überdurchschnittlich häufig aus wertorientierten Gründen, aber nutzenorientierte Motive und
Erwartungskonformität werden hier ebenfalls genannt.
Exkurs zur kirchlichen Heirat
Die Entscheidung zur Heirat erstreckt sich auf vier
unterschiedliche Handlungsebenen: die prinzipielle
Entscheidung ob geheiratet werden soll oder nicht,
die Entscheidung für einen bestimmten Partner, die
Entscheidung über das Timing der Heirat und auf
die Frage, ob auch eine kirchliche Heirat erfolgen
soll oder nicht. Für viele, die sich für eine Eheschließung entscheiden, heißt dies ganz selbstverständlich
standesamtliche und kirchliche Heirat, anderen ist
mit der gleichen Selbstverständlichkeit klar, dass
für sie eine kirchliche Trauung nicht in Frage
kommt. Für die Übrigen handelt es sich um eine
Entscheidungssituation, über die lange und intensiv
reflektiert wird, da zwei unabhängige Handlungszusammenhänge vorliegen. Es ist hier nicht der Ort,
diese Varianten empirisch weiter zu untersuchen.
Es soll hier nur den Fragen nachgegangen werden,
welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit einer
kirchlichen Heirat erhöhen bzw. verringern und
welche Sinngebungen zur kirchlichen Heirat empirisch nachweisbar sind.
52,8 % aller Probanden waren zum Befragungszeitpunkt kirchlich getraut und weitere 6,6 % planten
diesen Schritt für die nahe Zukunft. Die übrigen
40,6 % heirateten ausschließlich standesamtlich
und streben keine kirchliche Heirat an. In Abhängigkeit von der Konfessionszugehörigkeit ergeben sich
unterschiedliche Anteile an kirchlichen Trauungen.
73 % der Katholiken, 69 % der Protestanten, 40 %
der Angehörigen sonstiger Religionsgemeinschaften
und immerhin 24 % der Konfessionslosen sind auch
kirchlich getraut. Bei Letztgenannten handelt es sich
überwiegend um Personen, deren konfessionell gebundener Partner auf einer kirchlichen Heirat bestand.
Um im Hinblick auf die erste Frage ein möglichst
einfaches, aber erklärungskräftiges Modell zu erhalten, wurden nur Personen mit katholischer und
evangelischer Konfessionszugehörigkeit in die Analyse einbezogen. Zudem wurden Paare mit mindestens einem geschiedenen katholischen Partner aus
der Analyse ausgeschlossen, da in diesen Fällen die
Erklärung für eine nicht erfolgte nochmalige kirchliche Heirat evident ist. In das Modell gelangten somit 527 Personen, von denen 394 kirchlich getraut
waren. Das dichotome Merkmal, ob eine kirchliche
Heirat erfolgte oder nicht, wird als zu erklärende
Variable in einem binären logistischen Regressionsmodell untersucht. Das Gesamtmodell ist mit einem
Pseudo-R2 (Nagelkerke) von .36 hoch signifikant
(p < .01).
Als erklärende Variable sind die Einstellungen, das
Haushaltseinkommen, der Verlauf der Partnerschaft, die Konfessionszugehörigkeit sowie die regionale Herkunft integriert. Standardmäßig werden
die Effekte des Alters und der Bildung der Befragten
kontrolliert. Sämtliche im Folgenden berichteten
Effekte sind mindestens auf dem 5 %-Niveau (p )
.05) signifikant.
Ein entscheidender Effekt auf das Verhalten der Befragten geht von deren Einstellungen aus. Für die
Angehörigen der Sinnzuschreibungs-Cluster 2 und
3 liegt die Chance einer kirchlichen Trauung um ein
Vielfaches höher (Exp(B) = 9,34) als für die Mitglieder des Clusters 1, die die Ehe eher nutzenorientiert
betrachten und hier als Referenzkategorie dienen.
Die Angehörigen des vierten Clusters unterscheiden
sich dagegen nicht von der Referenzkategorie.11
11
Die berichteten Exp(B)-Koeffizienten (Odds-Ratios) geben an, um welchen Faktor sich die Chance einer kirchlichen Heirat, angegeben durch das Wahrscheinlichkeitsverhältnis (Odds) „P (‚kirchliche Heirat‘) geteilt durch P
(‚keine kirchliche Heirat‘)“, verändert, wenn sich die unabhängige Variable um eine empirische Einheit erhöht
148
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
Daneben ist für viele Personen die Entscheidung für
oder gegen eine kirchliche Heirat offensichtlich eine
schlichte Frage der Kosten. Je geringer das Haushaltseinkommen (gemessen in tausend Euro), desto
wahrscheinlicher wird die Situation, dass trotz
kirchlicher Bindung nicht kirchlich geheiratet wird
(Exp(B) = 1,35). Die finanziellen Aufwendungen
für kirchliche Eheschließungen liegen im Sample
bei durchschnittlich 6500, für ausschließlich standesamtliche Eheschließungen hingegen lediglich bei
3800 Euro.
Eine Verlobung erhöht die Chance einer kirchlichen Heirat (Exp(B) = 2,67), gleiches gilt für die
Dauer der vorehelichen Partnerschaft: Mit jedem
weiteren Jahr steigt die Chance einer kirchlichen
Trauung um den Faktor 1,13. Das Alter, die formale Schulbildung, die regionale Herkunft und die
Konfessionszugehörigkeit (katholisch im Vergleich
zu evangelisch) brachten keine nennenswerte Erklärungsleistung.
Zusammenfassend scheint also der Entschluss zur
kirchlichen Heirat vornehmlich durch traditionelle
Werthaltungen, eine hohe individuelle Wertigkeit
der Ehe, zum Teil in Verbindung mit einer gewissen
Erlebnisorientierung sowie durch die Affinität zur
Institution Kirche beeinflusst zu sein. Anzunehmen
ist, dass auch das Bedürfnis nach Konformität im
privaten Bereich die Entscheidung zur kirchlichen
Heirat begünstigt. Andere Faktoren haben, mit
Ausnahme der finanziellen Situation, nur einen geringen oder keinen Effekt auf die Wahrscheinlichkeit kirchlich zu heiraten.
In Abschnitt 2.1 wurde die These formuliert, dass
sich (mindestens) zwei Muster der Sinngebung hinsichtlich einer kirchlichen Trauung unterscheiden lassen: Neben dem Muster einer traditionellen religiösen Sinngebung erfolgt die kirchliche Trauung auch
zum Zwecke der besseren Inszenierung einer für das
Paar sonst weitgehend sinnentleerten Zeremonie.
Hierzu lässt sich empirisch zunächst festhalten (vgl.
Tab. 4), dass 44 % der Befragten, die kirchlich getraut wurden, angaben, dies nicht aus religiösen
Gründen getan zu haben. Ein Viertel der Befragten
ließ erkennen, dass die Entscheidung zur kirchlichen Heirat hauptsächlich erlebnisorientiert erfolgte und weitere 30 % bekundeten, dass neben religiösen Gründen die besseren Möglichkeiten zur
festlichen Inszenierung mit ausschlaggebend waren.
Damit kann die These eine gewisse Bestätigung erfahren, dass es sich bei der erlebnisorientierten
bzw. ein Wechsel von der Referenz- auf eine Vergleichskategorie erfolgt.
Tabelle 4 Sinngebung der kirchlichen Trauung (in %)
Wegen der schönen Feier
Gesamt
Nein
Ja
Religiöse Nein
19
25
44
Gründe
26
30
56
45
55
100
Ja
Gesamt
Quelle: VoM-Daten; n = 447
kirchlichen Heirat um ein empirisch nachweisbares
und in nennenswertem Umfang vorfindbares Heiratsmuster handelt. Daneben steht für 26 % der
kirchlich Getrauten allein die religiöse Motivation
im Vordergrund. Die verbleibenden 19 %, die sich
weder einer religiösen noch erlebnisorientierten
Sinngebung zuordnen lassen, traten hauptsächlich
ihrem Partner zuliebe vor den Traualtar.
5. Diskussion
Die neuere familiensoziologische Forschung hat zu
einem besseren Verständnis der Ursachen und zu einer differenzierteren Wahrnehmung der Erscheinungsformen des Wandels der Familie beigetragen.
Trotz der beträchtlichen Forschungsaktivitäten sind
einige relevante Themen und Fragen bislang weitgehend unbeachtet geblieben, so dass dort erhebliche Wissenslücken bestehen. Eines dieser Themen
ist der Wandel von Ehe und Eheschließung. Die vorliegende Studie versucht, einen Teil dieser Lücken
zu schließen. Die Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis bei, warum Akteure bei scheinbar
sinkendem Nutzen der Ehe heiraten. Die Daten bieten eine erste, wenn auch erweiterungsbedürftige
Grundlage zur theoretischen Erklärung des Heiratsverhaltens in modernen Gesellschaften. Weitere
Forschung ist nötig und auf die Bewertung der Ehe
durch nicht verheiratete Personen sowie auf die
Entwicklung der subjektiven Deutungsmuster im
Lebensverlauf zu richten. Ob sich die vorgestellten
Befunde auch zur Beschreibung der Situation in anderen Ländern eignen, ist unklar. Hier können erst
vergleichende Studien weiterführende Befunde liefern. Eine zu etablierende Heirats- und Eheforschung bedarf einer internationalen Langzeitstudie,
mit deren Daten auch wichtige Aufschlüsse über
das Partnerschafts- und Familiengründungsgeschehen zu erhalten wären.
Die hier berichteten Ergebnisse basieren auf Daten,
deren Gültigkeit durch den Bildungsbias der Stichprobe eingeschränkt sein kann, da, wie die Analysen zeigen, die Heiratsmotive und die an die Ehe
herangetragenen Sinnzuschreibungen der Verhei-
149
Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage
rateten nicht unabhängig von der formalen Schulbildung der Probanden sind. Der Effekt der Schulbildung erscheint jedoch insgesamt gering und nicht
systematisch. Dennoch sind kleinere Verzerrungen
der Ergebnisse bei der empirischen Verbreitung einzelner Heiratsmotive und subjektiver Sinnzuschreibungen möglich. So dürfte der Umfang von Cluster
4 und 8 bei den Heiratsmotiven leicht unterschätzt,
der von Cluster 6 dagegen leicht überschätzt sein.
Bei den Sinnzuschreibungen dürfte der Anteil von
Cluster 1 etwas unterschätzt, der von Cluster 2 hingegen etwas überschätzt sein. Insgesamt scheinen
aus dem Bildungsbias jedoch keine größeren Einschränkungen bei der Interpretation der vorgestellten Ergebnisse zu resultieren. Ähnliches gilt auch
für eine weitere mögliche Limitierung der Daten.
Bei der Interpretation der Befunde ist zu beachten,
dass bei den hier abgefragten Themen grundsätzlich
die Gefahr sozial erwünschten Antwortverhaltens
besteht. Entsprechende Verzerrungen der Ergebnisse können nicht völlig ausgeschlossen werden, aber
es liegen keine Hinweise auf ein solches Antwortverhalten vor. Im Gegenteil überrascht die Häufigkeit offenkundig nicht im Sinne sozialer Erwünschtheit gegebener Antworten, etwa im Falle des
Motiv-Clusters 3 (Vermeidung räumlicher Trennung) oder des Sinn-Clusters 4 (Ehe als sinnentleerte Institution). Ebenso gibt es keine gewichtigen
Hinweise darauf, dass die Erfahrungen in und mit
der Ehe zu einer veränderten Wiedergabe von Sinnzuschreibung und Motivlagen führt.
Die Institution Ehe, darauf verweisen auch die hier
dargestellten Befunde, befindet sich derzeit in einer
ambivalenten Situation zwischen traditionellen Normen und neuen sozialen und ökonomischen Realitä-
ten. In dieser Ambivalenz liegt einer der wesentlichen
Gründe, weshalb für viele Akteure die Vor- und
Nachteile einer Heirat nur schwer zu bilanzieren
sind. Während eine größere Zahl an Studien auf diverse Vorteile der Ehe für Männer und Frauen verweist – Verheiratete scheinen glücklicher, gesünder
und seelisch ausgeglichener zu sein sowie in besseren
finanziellen Verhältnissen zu leben als nicht verheiratete Personen (z. B. Ross et al. 1990, Stack/Eshleman 1998) –, machen andere Befunde darauf aufmerksam, dass die Ehe gerade für Frauen auch mit
spezifischen Nachteilen verbunden zu sein scheint.
Hier wird insbesondere der Autonomieverlust angeführt, der sich mit der signifikanten Etablierung traditioneller Muster der häuslichen Arbeitsteilung im
Eheverlauf einstellt (Schulz/Blossfeld 2006).
Warum in Zeiten sinkenden Nutzens und fortschreitender Deinstitutionalisierung der Ehe weiterhin so häufig geheiratet wird, ist zu einem erheblichen Teil mit der Verbreitung und Relevanz
traditioneller Wertorientierungen erklärbar. Die
Ehe als Institution, die um ihrer selbst willen eingegangen wird, ist lebendiger als angenommen. Vor
allem Männer scheinen die Ehe in ihrer klassischen
Form bewahren zu wollen, während Frauen einem
Wandel der Ehe hin zu einer offeneren Institution
aufgeschlossener sind. Weithin überschätzt wird dagegen die Bedeutung der romantischen Liebe als
Heiratsmotiv. Als Voraussetzung für eine Eheschließung ist Liebe zumeist unverzichtbar. Allein ausschlaggebend ist sie jedoch selten. Geheiratet wird,
wenn die Beteiligten den Eindruck haben, dadurch
sehr konkrete Vorteile zu erlangen. Trotz sinkendem Nutzen scheinen die Vorteile einer Ehe aus
Sicht der Akteure noch sehr zahlreich zu sein.
Anhang
Tabelle A1 Die Mittelwerte der Einstellungs-Items nach Sinnzuschreibungs-Cluster
Items
Cluster
1
2
Gesamt
3
4
Die Ehe ist eine Bindung auf Lebenszeit
1,86
1,59
1,53
2,51
1,90
Die standesamtliche Heirat ist heutzutage völlig ausreichend
1,58
3,92
3,25
1,77
2,55
Wer Kinder haben will, sollte heiraten
2,20
2,86
2,0
4,06
2,79
Zu einem erfüllten Leben gehört für mich eine Ehe
2,06
1,73
1,83
3,69
2,36
Die Ehe dient der finanziellen und rechtlichen Absicherung
2,34
3,26
3,05
3,35
2,98
Die Ehe sollte auch Paaren gleichen Geschlechts offen stehen
1,75
1,63
4,35
1,99
2,39
Unverheiratete Paare sollten verheirateten Paaren rechtlich
gleichgestellt werden
2,51
2,26
4,12
2,25
2,76
Die Ehe ist eine unverzichtbare gesellschaftliche Einrichtung
2,43
2,72
2,17
3,80
2,79
Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung); die Antwortskala reicht von
1 „volle Zustimmung“ bis 5 „volle Ablehnung“; Clusterbezeichnungen siehe Text; n = 754
150
Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152
Tabelle A2 Die Mittelwerte der Motiv-Items nach Motiv-Clustern
Items
Cluster
Gesamt
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Ich hatte schon immer den Wunsch
zu heiraten
2,05
2,44
2,32
2,00
1,87
1,70
3,14
3,81
3,94
2,58
Viele meiner Bekannten haben auch
geheiratet
4,30
4,00
4,03
2,14
2,76
4,39
4,40
4,39
4,59
3,95
Meine Familie hat eine Hochzeit
erwartet
4,63
3,95
3,93
2,05
3,02
4,28
4,66
4,64
4,66
4,05
Spontane Entscheidung
3,78
3,24
3,11
2,93
3,66
4,35
1,83
1,86
4,55
3,39
Festigung der Beziehung
1,94
2,68
1,83
1,85
2,00
2,24
1,64
3,70
3,22
2,33
Heirat aus Liebe
1,23
1,39
1,20
1,19
1,13
1,07
1,14
1,22
1,36
1,19
Gemeinsames Sorgerecht für Kinder
1,47
2,43
4,26
1,38
4,73
4,89
4,81
4,36
4,54
3,97
Ökonomische Vorteile,
wie Steuervorteile
3,17
3,28
3,29
2,71
2,99
4,19
4,08
4,14
3,59
3,56
Freude an einer besonderen Feier
2,73
3,27
2,86
2,12
2,17
3,69
2,08
4,38
3,74
3,09
Vermeidung räumlicher Trennung
(Abschiebung, Versetzung o.ä.)
4,55
4,65
1,37
4,19
4,82
4,83
4,87
4,79
4,71
4,44
Die Heirat war für mich
selbstverständlich
2,31
2,42
2,39
2,12
2,04
2,02
3,28
3,37
3,82
2,69
Ich bzw. meine Partnerin war
schwanger
4,97
1,15
4,74
4,48
4,88
4,91
4,85
4,79
4,83
4,45
Symbolisierung eines neuen
Lebensabschnitts
1,95
2,01
1,78
1,74
1,86
2,01
1,94
4,26
2,87
2,23
Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung); die Antwortskala reicht von 1
„besonders ausschlaggebend“ bis 5 „überhaupt nicht ausschlaggebend“; Clusterbezeichnungen siehe Text; n = 754
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Autorenvorstellung: Norbert F. Schneider, geb. 1955 in Rehau. Studium der Soziologie, Psychologie und Pädagogik in
Erlangen und Bamberg. Promotion 1986, Habilitation 1994 in Bamberg. 1987–1995 Wissenschaftlicher Assistent an
der Universität Bamberg. 1995–1997 stellvertretender Institutsleiter am Staatsinstitut für Familienforschung der Universität Bamberg, seit 1997 Professor für Soziologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz.
Forschungsschwerpunkte: Familienforschung, Berufliche Mobilität, Konsumsoziologie.
Wichtigste Publikationen: Mobil, flexibel, gebunden. Familie und Beruf in der mobilen Gesellschaft (mit R. Limmer / K.
Ruckdeschel). Frankfurt/Main 2002; Elternschaft heute. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und individuelle Gestaltungsaufgaben (hrsg. mit H. Matthias-Bleck), Opladen 2002; Familie und private Lebensführung in West- und Ostdeutschland. Eine vergleichende Analyse des Familienlebens 1970–1992, Stuttgart 1994. Zuletzt in dieser Zeitschrift:
Woran scheitern Partnerschaften? Subjektive Trennungsgründe und Belastungsfaktoren bei Ehepaaren und nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften. ZfS 19, 1990: 458–470.
Heiko Rüger, geb. 1978 in Mainz. Studium der Soziologie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Mainz.
Seit 2006 Doktorand am Institut für Soziologie und Lehrbeauftragter am Klinikum der Universität Mainz. Seit 2007
Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Mainz.
Forschungsschwerpunkte: Familiensoziologie, Mobilitätsforschung, Methoden der empirischen Sozialforschung.