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View metadata, citation and similar papers at core.ac.uk brought to you by CORE provided by Zeitschrift für Soziologie © Lucius & Lucius Verlag Stuttgart Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 131 Value of Marriage Der subjektive Sinn der Ehe und die Entscheidung zur Heirat Value of Marriage The Subjective Meaning of Matrimony and the Decision to Wed Norbert F. Schneider, Heiko Rüger Institut für Soziologie, FB 02, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, D-55099 Mainz E-Mail: norbert.schneider@uni-mainz.de; h.rueger@gmx.de Zusammenfassung: Seit Jahrzehnten sinkt die Heiratsneigung in Deutschland und das Erstheiratsalter steigt. Gleichzeitig etablieren sich zunehmend Lebensformen jenseits der Ehe wie nichteheliche Lebensgemeinschaften und Paarbeziehungen auf Distanz. Diese Entwicklungen werden individualisierungstheoretisch als „Pluralisierung der Lebensformen“ und als empirische Belege für eine wachsende Abkehr von der Institution Ehe gedeutet. Aus nutzentheoretischer Perspektive wird der Rückgang der Heiratsrate durch den im Zuge sozialen Wandels abnehmenden Nutzen der Eheschließung im Vergleich zu anderen Handlungsalternativen erklärt. Zudem, so wird aus dieser Sicht argumentiert, steigen besonders für gut ausgebildete junge Frauen die Opportunitätskosten einer Heirat wegen der damit verbundenen Einbußen an Handlungsautonomie. Bei aller theoretischen und empirischen Evidenz dieser Deutungen ist jedoch festzustellen, dass annährend vier von fünf Angehörigen der um 1965 geborenen Kohorten mindestens einmal in ihrem Leben heiraten werden. Es stellen sich die Fragen, warum sich diese Personen für eine Heirat entscheiden und welchen subjektiven Sinn sie der Ehe beimessen. Mit den Daten einer standardisierten Befragung beider Partner (n=754) von Paaren, die zwischen 1999 und 2005 geheiratet haben, wurden explorative Clusteranalysen durchgeführt. Die Ergebnisse verweisen auf eine hohe individuelle Wertschätzung der kirchlichen Ehe bei einem erheblichen Teil der Verheirateten und auf eine beträchtliche Bedeutung traditioneller Einstellungen zur Ehe. Gleichzeitig relativieren sie den Stellenwert der „Liebesheirat“. Summary: For decades the marriage rate in Germany has been declining and the age of first marriage has been increasing. At the same time non-traditional living arrangements like cohabitation and long-distance relationships have been spreading. From the perspective of the theory of individualization these developments are viewed as empirical evidence for pluralization and for a rejection of the institution of marriage. Considerations from the perspective of utility theory come to the conclusion that marriage is losing in relevance because its utility is declining in comparison to other alternatives due to social change. Moreover, it is argued that especially for well-educated young women the opportunity costs of a marriage are rising because of the loss of autonomy and flexibility of married women. In spite of the theoretical and empirical evidence for these interpretations it is also true that almost four out of five members of the mid-1960’s birth cohorts in Germany marry at least once in their lives. The questions are: Why do these people marry and what subjective meaning do they ascribe to marriage? With data from a standardized survey of both partners (N = 754) of couples who married between 1999 and 2005 explorative cluster analyses have been conducted. The findings show the substantial importance of traditional attitudes toward marriage, and they indicate a high individual evaluation of church marriages. Moreover, they relativize the significance of the “love match.” 1. Einleitung: Der Rückgang der Heiratsneigung und seine soziologische Erklärung Ein wesentliches Merkmal des Wandels der Familie während der letzten vier Jahrzehnte in Deutschland und in vielen anderen westlichen Ländern sind die Veränderungen des Heiratsverhaltens, namentlich der Rückgang der Heiratsneigung und der Anstieg des Erstheiratsalters. 1970 heirateten ledige Frauen in Deutschland im Durchschnitt mit ca. 22,8 und ledige Männer mit 25,2 Jahren. Dreieinhalb Jahrzehnte später, im Jahr 2004, war das durchschnittliche Erstheiratsalter bei Frauen auf 29,4 und bei Männern auf 32,4 und damit um jeweils etwa sieben Jahre angestiegen. Im gleichen Zeitraum ist die Heiratsziffer, also die Zahl der Eheschließungen pro 1000 Einwohner, nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland von 7,4 auf 4,8 zurückgegangen. Obgleich diese allgemeinen Eck- 132 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 daten nur einen groben Einblick in das Geschehen geben können, vermitteln sie doch einen Eindruck von der sehr dynamisch erfolgten Abkehr von der Ehe. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist es nicht überraschend, dass sich die (Familien-)Soziologie in den letzten Jahren vor allem mit dem Aufschub der Eheschließung und der Familiengründung sowie mit den Ursachen und dem Ausmaß des Rückgangs der Heiratsneigung befasst hat. Mit Stichworten wie „Deinstitutionalisierung“ und „Bedeutungsrückgang“ (Tyrell 1988), „Bedeutungswandel“ (Nave-Herz 1989) oder „Bedeutungsverlust“ (Hoffmann-Nowotny 1987) der Ehe wird zu erklären versucht, warum heute weniger geheiratet wird als im kurzen, nur etwa 15 Jahre währenden „Golden Age of Marriage“ um die 1960er Jahre. Die rückläufige Heiratsneigung wird in der familiensoziologischen Diskussion verbreitet mit dem verminderten Nutzen der Ehe und den gesunkenen Kosten alternativer Lebensformen in Verbindung gebracht. Im Zuge gesellschaftlicher Modernisierung, so wird argumentiert, werden alternative Lebensformen gesellschaftlich entdiskriminiert (NaveHerz 1989) und damit attraktiver. Gleichzeitig werden vormals exklusiv mit der Eheschließung verbundene Rechte von der Institution Ehe abgekoppelt (Tyrell 1988, Hoffmann-Nowotny 1996), wodurch deren unmittelbarer Nutzen sinkt. Zudem macht die stärkere Bildungsbeteiligung der Frauen und die daraus erwachsende ökonomische Unabhängigkeit vom männlichen Partner die traditionelle Grundlage der Ehe obsolet, die, nach Horkheimer und Adorno, auf einer zweckdienlichen Tauschbeziehung zwischen den Geschlechtern basierte: „Der Mann zahlt eine Prämie dafür, dass die Frau ihm sexuell zu Willen ist“ (Institut für Sozialforschung 1956: 125). Manche Autoren kommentieren den Wandel nach 1970 als „drastisch“ und gehen von der Etablierung eines neuen Beziehungsmusters aus, als dessen Charakteristikum „das Nicht-heiraten als zunehmend selbstverständliches Verhaltensmuster angesehen werden (kann)“ (Meyer 1996: 313). Solche Interpretationen erscheinen angesichts der eingangs skizzierten Entwicklungen auf den ersten Blick durchaus nahe liegend. Bei dieser Deutung wird jedoch übersehen, dass auch in den gegenwärtigen Zeiten des forcierten gesellschaftlichen und familialen Wandels der weitaus größte Teil der Männer und Frauen mindestens einmal in ihrem Leben heiratet (vgl. Tab. 1). Im langfristigen historischen Vergleich kann nicht von einer ausgeprägten Abkehr von der Ehe gesprochen werden. Jedenfalls dann nicht, wenn dafür die Entwicklung der Ledigenquote im mittleren Erwachsenenalter als Indikator herangezogen wird. Andere Entwicklungen, etwa die steigende Scheidungshäufigkeit, die sinkende Wiederheiratsquote und der biografische Aufschub der Erstheirat, sind zwar ebenfalls bedeutsame Indikatoren für den Stellenwert der Ehe, ihre Gültigkeit ist aber eingeschränkt, da sie hauptsächlich etwas über die der Ehe in bestimmten Lebensphasen beigemessene Bedeutung bzw. über die mit der Ehe gemachten Erfahrungen und den von den Akteuren daraus gezogenen Konsequenzen aussagen. Die Daten in Tabelle 1 veranschaulichen die Anteile der im 40. bzw. im 45. Lebensjahr (noch) ledigen Männer und Frauen aus vier ausgewählten Geburtskohorten. Die Zahlen verdeutlichen, dass in den betrachteten Geburtskohorten stets mehr Männer als Frauen ledig geblieben sind und dass der Anteil der Ledigen in den jüngeren Kohorten erheblich zugenommen hat. Besonders stark erhöht hat sich der Anteil der Personen, die in ihrem 40. Lebensjahr noch ledig sind, in der Geburtskohorte 1965. Im Vergleich zur Geburtskohorte 1955 hat sich dieser Anteil bei den Frauen von 10,2 auf 21,1 % mehr als verdoppelt. Bei den Männern ist mit dem Anstieg von 17,3 auf 32,7 % eine ähnliche Entwicklung erfolgt. Im 45. Lebensjahr sind in der Geburts- Tabelle 1 Veränderung des Anteils Lediger in ausgewählten Geburtskohorten nach Geschlecht und Alter in % Lebensalter in Jahren Geburtsjahr Anteil lediger Männer Anteil lediger Frauen Anteil Lediger insgesamt 39 bis u. 40 1965 1960 1955 32,7 25,1 17,3 21,1 14,9 10,2 27,1 20,1 13,8 44 bis u. 45 1960 1955 1950 21,7 16,3 12,0 13,0 9,7 6,9 17,4 13,1 9,5 Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten des Statistischen Bundesamts (Bevölkerung nach Alter und Familienstand am 31.12. der Jahre 1994, 1999 und 2004) 133 Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage kohorte 1960 noch 21,7 % der Männer und 13 % der Frauen ledig. Im Vergleich mit der Kohorte der 1955 Geborenen entspricht dies einer Zunahme von 3 Prozentpunkten bei den Frauen und 5 Prozentpunkten bei den Männern. Der jüngste Anstieg der Ledigenquoten in den betrachteten Lebensaltern ist zum Teil als Folge eines (vermutlich) dauerhaften Heiratsverzichts und zum Teil als Effekt eines fortschreitenden Aufschubs der ersten Eheschließung in höhere Lebensalter zu interpretieren. Mit Blick auf die Veränderungen der altersspezifischen Heiratsziffern scheint der Aufschubeffekt für die gegenwärtige Entwicklung bedeutsamer zu sein als der Verzichteffekt. Nach den altersspezifischen Heiratsziffern des Jahres 2004 kann erwartet werden, dass von den ledigen 39-Jährigen der Geburtskohorte 1965 noch ca. 4 % der Männer und knapp 3 % der Frauen heiraten werden. Somit ist davon auszugehen, dass etwa 71 % der Männer und rund 82 % der Frauen der Geburtskohorte 1965 mindestens einmal in ihrem Leben heiraten. Da nach Einschätzung vieler zeitgenössischer Beobachter die Ehe ihren Charakter als Sicherheit gewährende, Status zuweisende und den Übergang in den Erwachsenenstand verkörpernde Institution weitgehend verloren hat und damit ihr Nutzen im Vergleich zu anderen Alternativen, etwa zu unverheiratetem Zusammen- oder Alleinleben, zurückgegangen ist, stellt sich die Frage: „Warum heiratet die weit überwiegende Mehrzahl der Menschen trotzdem mindestens einmal im Leben?“ Diese Frage ist ohne nähere Kenntnis der Ursachen und Anlässe, die einer Eheschließung vorausgehen, und ohne weitergehende Einblicke in die subjektiven Sinnzuschreibungen, die die Eheschließenden mit der Ehe verbinden, nicht zu beantworten. Da der Forschungsstand zu diesen Fragen vergleichsweise wenig elaboriert ist, wurde am Institut für Soziologie der Universität Mainz unter dem Titel „Value of Marriage“ (VoM)1 eine größere standardisierte Befragung zu diesen Themen durchgeführt. Die Daten dieser Studie sind Grundlage der weiteren Erörterungen, die sich hauptsächlich mit den zwei Fragen befassen: (1) Was veranlasst Paare heute zum Schritt in die Ehe? (2) Welchen subjektiven Sinn verbinden Verheiratete mit der Institution Ehe? 1 Begrifflich ist der Titel an die „Value of Children“-Studien angelehnt. Konzeptionell bestehen hingegen keine direkten Bezüge, weshalb eine Auseinandersetzung mit dieser Forschungsrichtung unterbleibt. 2. Forschungsstand und Untersuchungshypothesen Die Heiratswahrscheinlichkeit und das Heiratsalter sind empirisch von vielen, sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren abhängig: dem Bildungsniveau (Brüderl/Diekmann 1994, Klein/Lauterbach 1994, Wirth 1996), der Erwerbssituation (Oppenheimer 2000), dem Lebensalter (Blossfeld/Huinink 1990), der Konfession (Xu et al. 2005), dem Vorhandensein von Kindern bzw. dem Vorliegen einer Schwangerschaft (Vaskovics et al. 1997, Nave-Herz 1997), der Wohnregion (Hank 2004, Weick 2004), dem Geschlecht (Goldscheider/Waite 1986) und der ethnischen Zugehörigkeit (Straßburger 1998). Zusammen mit dem davon relativ unabhängig feststellbaren Effekt der Kohortenzugehörigkeit (Diekmann 1993) verweist das auf eine komplexe strukturelle Einbettung individueller Heiratsmotive. Die hier beispielhaft genannten Studien geben vornehmlich Hinweise zur Heiratswahrscheinlichkeit und zum Timing der Eheschließung und sagen weniger darüber aus, warum geheiratet wird. Im Hinblick auf diese Frage haben sich vier Thesen etabliert, die jedoch empirisch kaum belegt sind. Im folgenden Abschnitt 2.1 werden diese Thesen kurz dargestellt und kritisch diskutiert. Im anschließenden Abschnitt 2.2 werden Muster der Sinnzuschreibung zur Ehe skizziert und erörtert. 2.1 Was veranlasst Paare heute zum Schritt in die Ehe? Die These der Liebesheirat: Es gehört zu den weithin unhinterfragten Thesen nicht nur der (Familien-)Soziologie, dass Individuen heute aus Liebe heiraten. Was Liebe ist oder heißt, wird von den Vertretern dieser These zumeist nicht weiter expliziert. Einzig erkennbares Merkmal ihrer Liebeskonzeption ist, dass Liebe auf einer für vergänglich gehaltenen erotischen Grundlage beruht, wodurch die Dauerhaftigkeit ehelicher Verbindungen beeinträchtigt wird (z. B. Nave-Herz 1984). Diese These findet sich bereits bei Burgess, der schon früh anmerkte, dass romantische Liebe „desorganisierend“ wirke. Lapidar schlussfolgerte er, dass eine moderne Ehe nur möglich sei, wenn es den Beteiligten gelingt, ihre romantische Liebe im Laufe der Zeit zu transformieren und sie auf eine neue Grundlage zu stellen, die auf Freundschaft, Vertrauen und Verstehen gründet (Burgess 1926). Die Stimmigkeit dieser These kann bezweifelt werden, da Liebe als Handlungsmotiv nicht allein auf einer erotischen Grundlage beruht. Soziologisch ist 134 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 klar, dass Liebe ein kulturelles Muster repräsentiert, dessen Semantik dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt (vgl. Burkart 1998) und neben Erotik, Emotionalität, Vertrautheit auch auf Zweckrationalität gründet. In der psychologischen Forschung werden gegenwärtig mehrdimensionale Modelle der Liebe favorisiert (z. B. Sternberg 1986, Bierhoff et al. 1993). Liebe umfasst danach kurzfristige Empfindungen wie erotische Attraktivität und langfristige Apperzeptionen wie Achtung und Vertrautheit. Das moderne Ideal der Liebesheirat, darin besteht weitgehende Einigkeit, gründet in der Integration beider Dimensionen. Ehen sind nach diesen Modellen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit dauerhaft, wenn sie durch gegenseitige Selbstverpflichtung der Partner zur Dauerhaftigkeit, etwa auf einer religiösen Grundlage, begründet werden oder infolge einer kalkulierenden Pragmatik bei der Partnerwahl entstehen. In einer pragmatischen Liebe (Bierhoff et al. 1993) werden die Partner aus Sympathie und aus Vernunft zum gegenseitigen Nutzen gewählt. Statt romantischer Liebe dominieren Sachbezogenheit und Kalkül. Diese Sichtweise korrespondiert mit der von Erich Fromm in seiner Kunst des Liebens getroffenen Feststellung, dass sich zwei Personen dann ineinander verlieben, „wenn sie das Gefühl haben, das geeignetste auf dem Markt verfügbare Objekt gefunden zu haben, unter Berücksichtigung ihres eigenen Tauschwertes“ (Fromm 1965: 18). Tatsächlich scheint in der Verbindung von Eros und Pragma die moderne Konzeption dauerhafter Liebe zu gründen. In diese Richtung sind auch die Ergebnisse der amerikanischen Heiratsforschung der 1970er und 1980er Jahre zu interpretieren, die einhellig zu dem Schluss kommen, dass nicht Liebe und Emotion als zentrale Heiratsmotive dominieren, sondern die Hoffnung auf Gefährtenschaft und Sicherheit (vgl. z. B. Spanier/Bowman 1978, Davis 1986). Diese Studien stärken die Annahme, dass Verbindungen von romantischer Liebe, Rationalität und Traditionalität zur Heirat motivieren. Mit welcher Akzentsetzung diese Motive zur Eheschließung führen, scheint abhängig von der partnerschaftlichen Situation vor der Ehe zu sein. Insbesondere für Paare, die vor der Heirat bereits zusammen wohnten und in dieser Phase in gemeinsames partnerschaftliches Kapital investiert haben, stellt sich aus nutzentheoretischer Perspektive „die Frage nach der Ehe vor allem im Kontext der Investitionssicherung“ (Hill/ Kopp 2004: 184). Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird hier die These vertreten, dass Menschen aus (romantischer) Liebe ein Paar werden oder einen ge- meinsamen Haushalt gründen. Die Entscheidung zur Heirat wird dagegen, auf der Grundlage einer Liebesbeziehung, durch andere Handlungsmotive bestimmt, die von stärker nutzen- und/oder wertorientierter Natur sind. Weil die heutigen Ehen, ganz wie die früheren, „strukturell und funktionell vielfältig“ (Roussel 1995: 423) sind, basiert der Entschluss zur Heirat in der Moderne auf einer Mixtur nutzenorientierter Abwägungen, normativer Einflüsse, traditioneller Wertorientierungen und spontaner Entscheidungen auf der Grundlage gegenseitiger Nähe und Sympathie. Die Relevanz der einzelnen Komponenten kann individuell stark variieren, wodurch eine erhebliche Vielfalt an Handlungsmotiven und Entscheidungssituationen kennzeichnend für die Gegenwart der Eheschließung ist. Die These der kindorientierten Eheschließung: Eine zweite These der Familiensoziologie besagt, dass der Schritt in die Ehe durch die Entscheidung zur Elternschaft bestimmt ist. Paare heiraten heute dann, so die These der kindorientierten Eheschließung (Nave-Herz 1989), wenn sie sich entschieden haben, gemeinsame Kinder zu wollen. Eine Familiengründung, so wird argumentiert, sei kostspielig und die Ehe biete in dieser Situation eine sichere Grundlage – für die Mutter ökonomisch, für den Vater im Hinblick auf die Sicherung seiner Vaterrechte. Neben der rechtlichen Absicherung von Eltern und Kindern führt, so die Vertreter dieser These, noch eine zweite Entwicklung zum Anstieg kindorientierter Heiraten. Für einige „alternative“ soziale Milieus ist eine distanzierte Haltung zu Ehe und Heirat charakteristisch. Der Schritt in die Ehe entbehrt dort einer voraussetzungslosen Legitimität und wird gleichsam begründungspflichtig, wobei der Wunsch nach gemeinsamen Kindern einen sozial akzeptierten Grund verkörpert. Mithin legitimiert „nicht mehr die Eheschließung … Kinder, sondern Kinder legitimieren die Ehe“ (Simm 1991: 322). Gegen die These, dass sich die kindorientierte Heirat zum dominierenden Muster entwickelt, spricht, dass sich Ehe und Elternschaft in zweifacher Hinsicht entkoppeln: Mit steigender Tendenz werden Ehen auch bei fehlendem Kinderwunsch geschlossen, gleichzeitig verbreitet sich ledige Elternschaft. Betrachten wir diese beiden Entwicklungen etwas näher: Die Zahl der Paare, die Eltern werden ohne zu heiraten, dürfte in den letzten Jahrzehnten merklich angestiegen sein. Exakte Zahlen für diese Entwicklung fehlen. Mit allem Vorbehalt können als Indikatoren der steigende Anteil nichtehelicher Geburten und die wachsende Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Kindern angeführt werden. Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage Nach Angaben des Statistischen Bundesamts betrug der Anteil nichtehelicher Geburten an allen Geburten in Deutschland im Jahr 2004 28 % und war im Vergleich mit 1996 um elf Prozentpunkte gestiegen. Zwar heiratet ein Teil der ledigen Elternpaare bald nach der Geburt ihrer Kinder, aber dieser Anteil schrumpft und, für unsere Überlegungen noch wichtiger, die Zeitdauer zwischen Geburt und Eheschließung wächst (vgl. Bien/Schneider 1998). Beides verweist auf eine fortschreitende Entkoppelung von Elternschaft und Ehe. Mit Blick auf die neuen Bundesländer kann der Argumentation, Ehe verheiße im Falle der Elternschaft mehr Sicherheit, entgegengehalten werden, dass die Ehe zunehmend als zusätzliche Obligation neben der Elternschaft gesehen und daher immer häufiger gemieden wird. Zur Erklärung dieser Entwicklung lassen sich zwei Thesen zitieren: die Sozialstaats- und die Emanzipationsthese (vgl. Konietzka/Kreyenfeld 2005). Letztere besagt, dass Frauen infolge ihrer wachsenden ökonomischen Unabhängigkeit heute auch bei Mutterschaft eher auf eine Ehe verzichten, um autonomer und mit Blick auf den Arbeitsmarkt flexibler zu bleiben. Die Sozialstaatsthese unterstellt einen „antimarriage bias“ wohlfahrtsstaatlicher Leistungen für ledige Mütter. Insbesondere ökonomisch unterprivilegierte Frauen verzichten im Falle der Mutterschaft auf eine Heirat, um diese Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Aber nicht nur Elternschaft wird unabhängiger von Ehe, die Ehe wird zunehmend auch unabhängiger von Elternschaft. Ein erheblicher Teil der Eheschließungen erfolgt offenkundig ohne dass ein (aktueller) Kinderwunsch vorliegt. Dies haben schon Anfang der 1990er Jahre die Studien von Schneewind et al. (1992 und 1996) gezeigt. Mehr als die Hälfte der annährend 3000 befragten frisch Vermählten der Heiratskohorte 1988 gaben in dieser Studie an, dass ihre Heirat nicht durch einen Kinderwunsch motiviert gewesen sei. Auch aus den aktuelleren Daten des Familiensurveys des Deutschen Jugendinstituts lassen sich Hinweise entnehmen, dass ein großer Teil der Ehen ohne konkreten Bezug zum Thema Elternschaft geschlossen wird: Bei der Befragung im Jahr 2000 waren, nach eigenen Berechnungen, 39 % der seit mehr als fünf Jahren verheirateten Personen im Alter zwischen 30 bis unter 40 Jahren noch kinderlos. In den meisten dieser Fälle kann angenommen werden, dass die Eheschließung ohne Kindorientierung erfolgt ist. Die Heirat als nutzenorientierte Handlung: Eine dritte familiensoziologisch relevante These besagt, dass Ehe und Heirat im Zuge des gesellschaftlichen Wandels an normativer Verbindlichkeit eingebüßt 135 und sich zu Handlungsalternativen unter anderen entwickelt haben. Aus individualisierungstheoretischer Sicht wird dabei argumentiert, dass der objektive Nutzen der Ehe im gesellschaftlichen Modernisierungsprozess im Vergleich zu anderen Handlungsalternativen gesunken ist (Beck/BeckGernsheim 1990) und besonders der „Versicherungsnutzen“ der Ehe abgenommen hat. Der aktuelle Rückgang der Heiratsneigung basiert dabei weniger auf steigenden Kosten, sondern auf sinkendem Nutzen der Ehe im Vergleich mit anderen Alternativen, wobei dieser Rückgang bei Frauen stärker als bei Männern ausgeprägt zu sein scheint (zusammenfassend Goldscheider/Waite 1986). Mit dem Wandel der Heirat zu einer Option neben anderen haben nutzentheoretische Erklärungen (Becker 1981; zusammenfassend: Hill/Kopp 2000) an Bedeutung gewonnen. Die Vor- und Nachteile einer Eheschließung werden danach von den Akteuren rational kalkuliert und bilanziert. Eine Heirat erfolgt nur dann, wenn der subjektiv erwartete Nutzen dieser Handlung höher eingeschätzt wird als der anderer Alternativen. Die Entscheidung zur Heirat basiert demnach auf der subjektiven Deutung des Sinns und des Wertes der Ehe. Individuelle Zuschreibungen und Erwartungen haben die „sittliche Pflicht, in den Stand der Ehe zu treten“, von der Hegel (1986: § 162) in den 1820er Jahren sprach, weitgehend abgelöst. Die Ehe, einst unantastbare sittliche und moralische Institution, in die man einzutreten hatte, präsentiert sich heute als offene Institution, die es individuell einzurichten und zu gestalten gilt (Leupold 1983). Der Wandel der Ehe von einer aus sich selbst heraus legitimierten Institution zur aufkündbaren Assoziation ist, so die Annahme, eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Ehe heute überhaupt noch in großem Ausmaß als Lebensform gewählt wird. Wahrgenommene Kosten und subjektiv erwarteter Nutzen einer Ehe sind sicherlich bedeutsame Faktoren im Rahmen des Entscheidungsprozesses zur Heirat. Eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt in eine Ehe einzutreten, dürfte aber für viele in ihrer Exit-Option bestehen. Die Erleichterung der Scheidung, so wäre zu folgern, trägt daher nicht zur Schwächung der Ehe bei, sondern erhöht ihre Attraktivität. Die Heirat als Statusübergang: Eine vierte familiensoziologische These, die hier angesprochen werden soll, ist auf den Bedeutungswandel des Übergangs in die Ehe gerichtet. Die Heirat war über lange Phasen der Geschichte ein sehr bedeutsamer Statusübergang, ein „rite de passage“. Mit der Hochzeit wurden teilweise exklusive Rechte erworben, aber 136 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 auch zahlreiche Pflichten auferlegt, denen sich die Eheleute kaum entziehen konnten. Als signifikanter Statusübergang hat die Eheschließung gesellschaftlich an Relevanz verloren, auch wenn sich Reste dieser Bedeutung im Sinne einer Demonstration der Zusammengehörigkeit gegenüber der Öffentlichkeit und einer symbolhaft vorgenommenen Ablösung von der Herkunftsfamilie (vgl. Matthias-Bleck 1997) empirisch noch nachweisen lassen. Eine neuere niederländische Studie (Kalmijn 2004) kommt sogar zu dem Schluss, dass die wieder aufwändiger und symbolträchtiger gestalteten Eheschließungen dazu beitragen, die Heirat als Statuspassage neuerlich zu stärken, indem sie die soziale Anerkennung des Paares mit seinem neuen Status als Ehepaar fördern und die Unsicherheit der Partner über die Inhalte und Verbindlichkeiten der neu angenommenen Rollen (Gatte, Gattin) reduzieren. Die wenigen empirischen Hinweise, die etwas über die Inszenierung der Eheschließungen aussagen (Nave-Herz 1997), vermitteln den Eindruck, dass Hochzeiten mehrheitlich mit großem Aufwand geplant und aufwändig inszeniert werden. Dieser Eindruck lässt Raum für zwei Interpretationen: Sinnentleert und ausgehöhlt wird die Trauung zum Event stilisiert. Erlebnishungrige Paare planen rauschende Feste und heiraten primär, um einen geeigneten Anlass für diese Feierlichkeiten zu erhalten. Es kann angenommen werden, dass die „erlebnisorientierte Heirat“ als modernes Heiratsmuster existiert, aber es gibt keine empirischen Erkenntnisse über ihre Verbreitung. Die zweite Interpretation besagt, dass die Trauung für die Partner selbst und für ihre Partnerschaft einen Statusübergang darstellt, der symbolträchtig begangen wird. Als „rite de confirmation“ (Trost 1989, erstmals 1981; ähnlich auch Nave-Herz 1997) wird mit dem Ziel geheiratet, die Beziehung zwischen den Partnern symbolisch zu festigen. Ausgangspunkt dieser These war die Beobachtung, dass in den späten 1970er Jahren in den skandinavischen Ländern teilweise mehr als 80 % der Paare vor ihrer Heirat bereits zusammen wohnten und dies oftmals schon über viele Jahre. Erklärt werden sollte, warum diese Paare nach jahrelanger gemeinsamer Beziehung, vielfach ohne äußerlich erkennbaren Anlass, heirateten. Im Sinne der „Bekräftigungsthese“ lautet die Antwort: Wenn Paare gewahr werden, dass ihre Beziehung an Intensität verliert, kommt es zur Trennung, oder sie suchen nach einem neuen Sinn und vermeintlich verlässlichen Grundlagen, wozu sie sich der Heirat bedienen. Mit dem gegenwärtigen empirischen Forschungsstand kann die „Bekräftigungsthese“ weder bestä- tigt noch widerlegt werden. Zudem bleibt unklar, was eigentlich unter „Bekräftigung“ verstanden werden kann. Idealtypisch sind zwei Muster denkbar, die „erneute“ und die „weitere“ Bekräftigung. Im ersten Fall entscheiden sich Personen zur Heirat, nachdem sie sich bereits seit längerer Zeit in einer gemeinsamen festen Partnerschaft befinden, die brüchig zu werden droht oder an Sinn verliert. Die Heirat erfolgt hier mit dem Ziel, die Partnerschaft wieder zu festigen und sie auf eine neue Grundlage zu stellen, die nach außen und vor allem auch nach innen symbolische Wirkung entfalten soll. Das zweite Muster ist im Sinn einer „weiteren Festigung“ der sich entwickelnden Partnerschaft interpretierbar. Die Partnerschaftsdauer ist eher kurz und die Heirat erfolgt als logischer weiterer Schritt (etwa nach Verlobung oder Haushaltsgründung) im Prozess der fortschreitenden Institutionalisierung der Partnerschaft. Die Partnerschaft wird „gefestigt“, indem durch die Heirat die Zusammengehörigkeit der Partner nach innen und außen zum Ausdruck gebracht wird. Wie beim ersten Muster soll Stabilität durch die Erhöhung der Trennungsbarrieren gefördert werden. Während Beziehungen oder auch nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht selten infolge eines „schleichenden Prozesses“ allmählich entstehen (Vaskovics/Rupp 1995: 45), ohne dass klare diesbezügliche Entscheidungen diesen Verlauf steuern würden, erfordert die Eheschließung aktive und zielgerichtete Entscheidungen, die einerseits individuell, aber gleichzeitig auch partnerschaftlich zu fällen sind. Im Verlauf des Gesamtprozesses sind mehrere Einzelentscheidungen zu treffen: Dazu gehören im Wesentlichen, ob der Schritt in die Ehe überhaupt stattfinden soll, ob er mit dem aktuellen Partner erfolgen soll, wann das geschehen soll, mit welchen Aufwand die Heirat zu inszenieren ist und ob eine kirchliche oder nur eine standesamtliche Trauung vorgenommen werden soll. Die Entscheidung pro oder contra kirchliche Heirat folgt nicht selten anderen Kalkülen als der Schritt in die bürgerliche Ehe. Nach Nave-Herz (1997: 70) sind vier „Bedürfnisse“ für eine eventuelle kirchliche Heirat maßgeblich: ein religiöses Bedürfnis, das Bedürfnis nach Erhalt und Weitergabe von Traditionen, das Bedürfnis nach Konformismus im privaten Bereich und das Bedürfnis nach Demonstration und Selbstdarstellung. Während die drei erstgenannten Motive als Variationen einer bestimmten Grundeinstellung angesehen werden können, ist das letztgenannte Motiv von anderem Charakter. Dadurch werden zwei sehr unterschiedliche Sinngebungen der kirchlichen Trauung erkennbar. Neben dem Muster einer tradi- Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage tionellen religiösen Sinngebung erfolgt die kirchliche Trauung bei einem Teil der Brautpaare zum Zwecke der besseren Inszenierung einer für das Paar sonst weitgehend sinnentleerten Zeremonie. 2.2 Welchen subjektiven Sinn verbinden Verheiratete mit der Ehe? Der subjektiv mit der Ehe verbundene Sinn kann „die subjektive Repräsentation einer gesellschaftlichen Regel“ (Esser 2002: 37), ein gemeinsames partnerschaftliches Konstrukt einer Ehe oder die kognitive Verarbeitung der in der Ehe gemachten Erfahrungen widerspiegeln. Welche Erwartungen Menschen heute mit der Ehe verbinden, welchen Sinn sie dieser Institution zuschreiben und mit welcher Wertschätzung sie ihr begegnen, ist vergleichsweise wenig erforscht. Weithin fehlen zuverlässige empirische Befunde über mögliche Muster subjektiver Sinnzuschreibung zur Ehe. Soweit der Forschungsstand zu deuten ist, kann vom Vorliegen unterschiedlicher Zuschreibungsmuster ausgegangen werden. Ein erstes Muster individueller Sinnzuschreibung steht in enger Verbindung mit der geistlich-religiösen Repräsentation der Ehe, im Sinne einer unauflöslichen, monogamen Verbindung zweier Menschen. Die Bedeutung der Ehe als unverrückbare Institution religiösen Ursprungs ist, so unsere Annahme, nach wie vor erheblich, allerdings existieren daneben weitere Muster. Eines ist dadurch charakterisiert, dass die Ehe als Vertrag zwischen zwei Akteuren gesehen wird, geschlossen mit unbestimmter Laufzeit zum Wohle beider Beteiligter. Die Funktionalität bestimmt hier den Sinn der Ehe. Völlig anders ist eine dritte Sinngebung gelagert, wonach der tiefe Sinn der Ehe auf eine intensive und hoch affektive Beziehung zwischen den Partner gerichtet ist. Francois de Singly (1994) spricht vom Wandel der aufgabenorientierten zur beziehungsorientierten Ehe. Trotz oder gerade wegen der bestehenden Exit-Option werden Ehen aus Sicht der Akteure verbreitet unter der Maßgabe einer lebenslangen Bindung geschlossen, wobei diese Rahmung eine Art Wunschhorizont, aber keine unverrückbare handlungsleitende Orientierung repräsentiert. Der Wandel hin zur beziehungsorientierten Ehe korrespondiert unmittelbar mit der differenzierungstheoretischen Betrachtung der Entwicklung der Ehe. Im Prozess der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft hat sich die Ehe, so die These, von einer unspezifischen, multifunktionalen Institution zu einer hoch spezialisierten Einrichtung ge- 137 wandelt, deren Hauptzweck auf affektiv-emotionale Funktionen gerichtet ist. Schumacher und Vollmer (1982) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die emotionalen Beziehungen untereinander „die zentrale Sinnkomponente“ seien (S. 243). Diese These wäre empirisch über eine geringe Pluralität der messbaren Sinnzuschreibungen zu bestätigen, wobei der Sinn der Ehe vornehmlich in der Sicherung der Befriedigung emotionaler Bedürfnisse gesehen werden müsste. Diese Einheitlichkeit liegt, so unsere Annahme, nicht vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Pluralität von Sinnzuschreibungen an die Ehe existiert und auch auf individueller Ebene multi- gegenüber monodimensionalen Zuschreibungen dominieren. Da zur Befriedigung emotionaler Bedürfnisse heute auch andere sozial legitimierte Lebensformen, etwa die nichteheliche Lebensgemeinschaft, zur Wahl stehen, scheint der Sinn der Ehe in der Gegenwart gerade darin zu bestehen, dass dort zweckrationale und affektive, eventuell auch traditionelle Zuschreibungen aus Sicht der handelnden Akteure am besten in Einklang gebracht werden können. Nicht in der funktionalen Spezialisierung der Ehe auf eine bestimmte Funktion, sondern in ihrer Multifunktionalität läge somit ihr wesentlicher Sinn in der Moderne. Obgleich sich die Heirat zur biografischen Option entwickelt hat, bleibt doch mit Burkart (1997) zu konstatieren, dass dieser Prozess nicht in allen sozialen Milieus mit dem gleichen Tempo stattgefunden hat und nicht in allen Milieus zum gleichen Zeitpunkt einsetzte. Burkart verweist zu Recht darauf, dass in zahlreichen Milieus der Sinn der Ehe als biografische Selbstverständlichkeit fortbesteht. Er nennt ländliche, kleinbürgerliche und ArbeiterMilieus (1997: 117), in denen eine Eheschließung nach wie vor so selbstverständlich integraler Bestandteil der Lebenspläne ist, dass kaum Reflexionen über das Für und Wider einer Heirat stattfinden. Der subjektive Sinn der Ehe liegt in ihr selbst. Längere, für tragfähig erachtete Beziehungen münden bei Partnern, für die die Ehe eine Art Selbstzweck oder Lebensziel darstellt, geradezu naturgemäß in eine Ehe (vgl. auch Bloch/Fischer 2003: 126f), ohne dass dem intensivere Entscheidungsprozesse vorausgingen. Die Ehe als biografische Selbstverständlichkeit repräsentiert ein weiteres Muster subjektiver Sinnzuschreibung, das nicht selten in Verbindung mit religiösen oder wertkonservativen Haltungen auftritt. Dass dieses Muster auf die von Burkart benannten sozialen Milieus beschränkt ist, kann bezweifelt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Ehe als 138 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 biografische Selbstverständlichkeit nicht nur in bestimmten ethnischen und religiösen Gruppen, sondern auch in wertkonservativen bürgerlichen Milieus bedeutsam ist. Allerdings, so unsere These, resultiert die Selbstverständlichkeit der Ehe dort nicht aus einer wenig reflektierten oder distanzierten Haltung gegenüber der Heirat, sondern basiert auf einer hohen Wertschätzung der Ehe. Der Sinngebung der Ehe als Selbstzweck und als Lebenssinn steht eine anders gelagerte (fünfte) Zuschreibung gegenüber, die durch eine gleichgültige und distanzierte Haltung charakterisiert ist. Die Ehe wird als wenig signifikante Institution betrachtet, sowohl in ihrer Bedeutung für das Individuum selbst als auch im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Relevanz. Verheiratete, die Ehe in dieser Weise rahmen, befinden sich häufig in der Ehe, ohne dafür konkrete Gründe benennen zu können. Meist erfolgte die Heirat auf Wunsch des Partners oder der Partnerin, und die Betreffenden fühlen sich eher in die Ehe getrieben als autonom dazu entschlossen. Die in der Ehe gemachten Erfahrungen sind eher ernüchternd und geben wenig Anlass, die Ehe aufrecht zu erhalten, aber fehlende Alternativen und geringe Erwartungshaltungen fördern den Verbleib in ihr. Hohe Indifferenz und schwacher Symbolwert sind Kennzeichen dieser Sinnzuschreibung, die mit einer erhöhten Distanz zur kirchlichen Heirat einhergeht (Matthias 1995). Die weitere empirische Analyse wird zeigen, ob die hier kurz skizzierten Sinn-Muster, die Ehe als unverrückbare Institution religiösen Ursprungs mit hohem Symbolgehalt, die Ehe als Vertrag, die beziehungsorientierte, affektive Ehe, die Ehe als Selbstzweck und die weitgehend sinnentleerte Ehe mit geringem Symbol- und Bedeutungsgehalt, empirisch als bedeutende subjektive Sinn-Muster der Moderne nachweisbar sind. 3. Daten und Methoden Grundlage der Untersuchung ist eine Telefonbefragung von Paaren, die zwischen 1999 und 2005 geheiratet haben. Mit einem standardisierten Fragebogen wurden im Frühsommer 2005 unabhängig voneinander jeweils beide Ehepartner befragt, so dass gleichermaßen Analysen auf der Individualwie auf der Paarebene vorgenommen werden können. Der für die hier durchgeführten Auswertungen herangezogene bereinigte Datensatz umfasst 377 Ehepaare bzw. 754 verheiratete Personen. Im Fokus der Befragung, die von intensiv geschulten Studierenden durchgeführt wurde, standen neben den Heiratsmotiven und den subjektiven Sinnzuschreibungen auch die Partnerschaftsbiografie vom Kennenlernen bis zur Heirat und die Gestaltung der Hochzeitsfeier, zwei Aspekte, die in diesem Beitrag allerdings nicht weiter thematisiert werden. Die Stichprobengewinnung erfolgte im Schneeballverfahren, so dass keine reine Zufallsstichprobe vorliegt. Die folgenden Ausführungen veranschaulichen die Zusammensetzung der Stichprobe nach ausgewählten Kriterien und geben Hinweise auf vorliegende Stichprobenfehler. 3.1 Zusammensetzung der Stichprobe 72 % der Untersuchungsteilnehmer wurden in den alten Bundesländern, 13 % in den neuen und 15 % in einem Land außerhalb Deutschlands geboren. Die Stichprobe umfasst 39 % Katholiken, 35 % Protestanten und 4 %, die einer anderen Glaubensgemeinschaft angehören. 22 % gaben an, keiner Konfession anzugehören. Damit weist die Stichprobe hinsichtlich der genannten Merkmale Verteilungen auf, die in akzeptabler Form den Verteilungen in der Grundgesamtheit (Heiratskohorte 1999– 2005 nach Daten des Statistischen Bundesamts) entsprechen. Bedeutsame Abweichungen bestehen dagegen im Hinblick auf die formale Schulbildung. Hier liegt der für viele sozialwissenschaftliche Studien nicht untypische Bias in Richtung einer Unterrepräsentation niedriger Bildungsabschlüsse vor. Nur 13 % der Befragten haben einen Hauptschulabschluss. 39 % haben die Realschule und 48 % das Gymnasium erfolgreich absolviert. Diesen Bildungs-Bias gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. Um dadurch hervorgerufene etwaige Verzerrungen der Ergebnisse abschätzen zu können, sind Effekte des Bildungsabschlusses für die hier analysierten abhängigen Variablen Gegenstand der Untersuchung. Bei 86 % der Eheschließungen in unserer Stichprobe waren beide Partner ledig. Bei 9 % heiratete ein Partner mindestens zum zweiten Mal und bei 5 % der Eheschließungen hatten beide Partner bereits Erfahrungen mit einer früheren Ehe. Das durchschnittliche Heiratsalter der befragten ledigen Frauen beträgt 27,3 (SD = 4,42) und das der ledigen Männer 29,7 Jahre (SD = 4,61). 3.2 Analysemethoden Bei der Untersuchung der Heiratsmotive und der subjektiven Sinnzuschreibungen zur Ehe kommt jeweils ein clusteranalytisches Verfahren zur Anwen- 139 Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage dung. Mit der Methode der Clusteranalyse wird das Ziel verfolgt, die Untersuchungsobjekte in möglichst homogene Gruppen, die untereinander jedoch eine hohe Heterogenität aufweisen, zusammenzufassen, um dadurch typische Motivlagen und Sinngebungen auf empirisch gesicherter Grundlage zu erhalten (Bacher 1996). Zum Einsatz kommt hier das hierarchische Ward-Verfahren, dessen Resultate anschließend einer Optimierung mit dem K-means-Verfahren unterzogen wurden.2 sind die mit der explorativen Methode der Clusteranalyse verbundenen Einschränkungen zu beachten.6 Da zu dem hier behandelten Forschungsgegenstand jedoch bislang kaum (empirische) Erkenntnisse über abgrenzbare und interpretierbare Konfigurationen vorliegen, die auf einer derart breiten und detaillierten Datenlage basieren, scheint ein exploratives und Struktur erkennendes Vorgehen angemessen. Die Befragten konnten im Fall der Heiratsmotive dreizehn mögliche Einzelmotive auf einer 5-stufigen Ratingskala dahingehend bewerten, ob sie diese als „besonders ausschlaggebend“ oder aber als „überhaupt nicht ausschlaggebend“ für ihren Schritt in die Ehe einschätzen.3 Die daraus resultierenden individuellen Bewertungsprofile wurden unter Anwendung des genannten clusteranalytischen Verfahrens zu charakteristischen Motivlagen zusammengefasst. 4. Ergebnisse Bei den subjektiven Sinnzuschreibungen wurden zunächst verschiedene Dimensionen der Einstellung zur Ehe anhand von acht Einzelindikatoren erfasst, die die Befragten auf einer 5-stufigen Ratingskala nach dem Ausmaß ihrer Zustimmung beantworten konnten.4 Aus der Beantwortung der acht Items resultiert für jeden Befragten ein individuelles Muster der Einstellung zur Ehe. Diese Muster wurden mittels Clusteranalyse zu Gruppen zusammengefasst. Mit dem Design der Studie sind einige Probleme und Einschränkungen verbunden. Durch die Beschränkung der Untersuchung auf Verheiratete sind die Ergebnisse im Hinblick auf die subjektiven Sinnzuschreibungen in ihrer Generalisierbarkeit entsprechend limitiert. Wegen der retrospektiven Erfassung der Heiratsmotive ist nicht auszuschließen, dass die Gültigkeit der Ergebnisse durch Erinnerungsfehler und Umdeutungen aufgrund der zwischenzeitlichen Erfahrungen in der Ehe beeinträchtigt ist. Jedoch ist dieses Problem nach unserer Auffassung als gering einzuschätzen.5 Schließlich 2 Das Optimierungskriterium ist die Minimierung des ESS-Werts („Euclidean Sum of Squares“). 3 Die genauen Formulierungen der Items zu den Heiratsmotiven sind Tab. A2 im Anhang zu entnehmen. 4 Die genauen Formulierungen der Items zu den Sinnzuschreibungen sind Tab. A1 im Anhang zu entnehmen. 5 Teilt man das Sample nach der Zeitspanne, die zwischen Heirat und Zeitpunkt der Befragung liegt, in zwei Gruppen und vergleicht diese im Hinblick auf die Verteilung der Motivlagen, ist lediglich eine größere Abweichung erkennbar, die zudem eher kontra-intuitiv ausfällt. Demnach heirateten ca. 40 % derjenigen mit der längeren Zeitspanne zwischen Eheschließung und Befragungszeitpunkt 4.1 Sinnzuschreibungen zur Ehe Bei der Untersuchung der subjektiven Sinnzuschreibungen zur Ehe steht die Frage im Mittelpunkt, ob charakteristische Muster erkennbar sind und – falls ja – wie sich diese inhaltlich beschreiben lassen. Dazu wurden die Probanden mittels einer Clusteranalyse zu Gruppen zusammengefasst, wobei sich eine Lösung mit insgesamt vier Clustern als bester Kompromiss zwischen einer inhaltlich sinnvollen Interpretierbarkeit und einer überschaubaren Anzahl der extrahierten Cluster herausstellte. Die gewählte Lösung erwies sich bei Variationen des methodischen Vorgehens als weitgehend stabil. Der Interpretation der Ergebnisse liegt die im Anhang dargestellte Tabelle A1 zugrunde. Sie gibt Auskunft über die Item-Mittelwerte in den einzelnen Clustern sowie im Gesamtsample. Die inhaltliche Auslegung der einzelnen Cluster erfolgte im Hinblick auf statistisch signifikante (p ) .05) und inhaltlich sinnfällige Abweichungen vom Mittelwert des Gesamtsamples. Wie später auch die Motiv-Cluster werden die hier vorgestellten vier Cluster der subjektiven Sinnzuschreibung zur Ehe auf ihre Zusammensetzung hinsichtlich verschiedener Merkmale näher untersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei die soziodemografischen „Standard-Merkmale“ Geschlecht, Alter, Bildung und Konfessionszugehörigkeit. Alle Befunde, die dabei berichtet werden, sind statistisch signifikant (p ) .05). 7 aus spontan-emotionalen Motiven, aber nur 30 % derer mit kurzer Ehedauer (Gesamtsample: 35,4 %). Mit Blick auf die Verteilungen der Sinnzuschreibungen sind keine nennenswerten Unterschiede erkennbar. Dies ist insbesondere für die Analyse in Kap. 4.3 von Bedeutung. 6 Die Strukturierung der Daten erfolgt empirisch und ist nicht durch bestehende Hypothesen vorgegeben. 7 Bei den Heiratsmotiven und den subjektiven Sinnzuschreibungen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen Ersteheschließungen und Wiederverheiratungen 140 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 Tabelle 2 Muster der subjektiven Sinnzuschreibung zur Ehe Cluster der subjektiven Sinnzuschreibung Anzahl (n) Anteil (%) 1 Die Ehe als „nützliche“ Institution 215 28,5 2 Die Ehe als Institution mit hoher individueller Bedeutung bei liberaler Grundhaltung 172 22,8 3 Die Ehe als bedeutsame traditionelle kirchliche Institution bei konservativer Grundhaltung 173 23,0 4 Die Ehe als „sinnentleerte“ Institution 194 25,7 Gesamt 754 100 Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung) Cluster 1: Die Ehe als „nützliche“ Institution Nutzenorientierte Sinnzuschreibungen zur Ehe kennzeichnen die Angehörigen des ersten Clusters. Der Sinn der Ehe liegt für die Befragten vornehmlich in dem höheren zu erwartenden Nutzen, der die Ehe gegenüber anderen Handlungsalternativen auszeichnet. Die Ehe erfährt ihre Bedeutung damit als Mittel zu Erreichung individueller und gemeinsamer Ziele. Im Unterschied zu den übrigen Clustern wird hier deutlich die Auffassung vertreten, dass die Ehe der rechtlichen und finanziellen Absicherung diene. Zudem dominiert die Überzeugung, dass diejenigen, die Kinder haben möchten, auch heiraten sollten. Die Ehe, als legitimer „Ort“ für die Erziehung von Kindern, wird hier offensichtlich als nützliche Voraussetzung für Elternschaft angesehen. Die Ansicht, die standesamtliche Heirat sei heutzutage völlig ausreichend, deutet darauf hin, dass für die Mitglieder dieses Clusters weder eine Anbindung der Heirat an die Institution Kirche noch eine ausgeprägte Verknüpfung zwischen Erlebnisorientierung und Heirat besteht. Insgesamt scheint die Deutung der Ehe hier einer eher nüchtern-rationalen Nutzenorientierung (im Sinne einer vertraglichen Absicherung) zu folgen. Dies spiegelt sich z. B. im erhöhten Anteil an Konfessionslosen (27,9 vs. 21,4 % im Gesamtsample) und dem geringen Anteil an kirchlichen Trauungen (39,2 vs. 59,4 %8) wider. Bemerkenswert ist die modern-liberale Haltung gegenüber der Gleichstellung von homophilen mit heterosexuellen Paaren, bei gleichzeitig nur verhaltener Zustimmung zur Gleichstellung von unverheirateten mit verheirateten heterosexuellen Paaren. Hier ist, zumindest für eine Subpopulation des Clusters, eine Art von „Protektionismus“ erfestgestellt werden. Daher wurde in den Darstellungen nicht danach unterschieden. 8 Zusammengefasst sind hier die kirchlich Getrauten (52,8 % der Befragten) und diejenigen, die in der Befragung angaben, „in Kürze“ kirchlich heiraten zu wollen (6,6 %). kennbar, der die Ehe als rechtlich privilegierte Form des Zusammenlebens gegen nichteheliche Formen des Zusammenlebens absichern soll. Cluster 2: Die Ehe als Institution mit hoher individueller Bedeutung bei liberaler Grundhaltung Kennzeichnend für das zweite Cluster ist eine hohe persönliche Wertschätzung der Ehe bei gleichzeitig liberaler Grundhaltung ihr gegenüber. Ihre hohe individuelle Wichtigkeit erfährt die Ehe hier aus verschiedenen Sinnzuschreibungen. Neben der Überzeugung, die Ehe sei eine Verbindung auf Lebenszeit, vertreten die Mitglieder dieses Clusters die Ansicht, dass eine standesamtliche Trauung nicht „ausreichend“ sei und die „eigentliche“ Eheschließung erst von einem Priester vorgenommen werde. In diesem Zusammenhang verwundert der mit 5,8 % (20,4 % im Gesamtsample) sehr geringe Anteil Konfessionsloser ebenso wenig wie der mit 91,3 % äußerst hohe Anteil an kirchlichen Trauungen (59,4 % im Gesamtsample). Für eine Untergruppe des Clusters liegt eine religiös motivierte Sinnzuschreibung im Sinne der unauflöslichen, monogamen Ehe als Sakrament vor. Für eine andere Untergruppe scheint hingegen die Erlebnisorientierung bei der kirchlichen Trauung im Vordergrund zu stehen: Immerhin 62,5 % derer, die vor den Traualtar traten, gaben an, dies (auch) wegen der schönen Feier getan zu haben. Gemeinsam ist allen Angehörigen des zweiten Clusters, neben dem hohen Stellenwert, den die Ehe für sie persönlich in ihrem Leben einnimmt, die erstaunlich tolerante Haltung gegenüber der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und der rechtlichen Gleichstellung Unverheirateter. Die Ehe wird demnach als eine wandelbare Institution verstanden, in der traditionelle, religiöse und liberale Aspekte integriert sind. Insgesamt scheint hier eine bejahende, moderne Form der Wertsynthese vorzuliegen, die durch eine hohe persönliche, intrinsisch motivierte Wertschätzung der Institution Ehe gekennzeichnet ist. Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage 141 Das hier beschriebene Muster der subjektiven Sinnzuschreibung ist weit häufiger bei Frauen als bei Männern vorzufinden. Zwei Drittel sind Frauen und ein Drittel Männer, was eine sehr deutliche Abweichung von der 50:50-Verteilung in der Gesamtstichprobe darstellt. Zudem ist eine Verschiebung hin zu höheren Bildungsabschlüssen zu beobachten: Der Anteil der Hauptschulabsolventen bleibt mit 7 % unter dem Anteil von 12,7 % in der Gesamtstichprobe, der Anteil der Abiturienten liegt mit 54,7 % hingegen über dem entsprechenden Vergleichswert von 48,4 %. unerhebliche Relevanz zu besitzen. Ein weiterer Unterschied zu Cluster 2 zeigt sich im ausgeprägten Konservatismus innerhalb des dritten Clusters, der sich z. B. darin offenbart, dass hier 36,9 % vor der Heirat nicht mit ihrem jetzigen Partner zusammen gewohnt hatten. Für das Gesamtsample liegt der entsprechende Wert bei 17,2 %, im zweiten Cluster bei lediglich 11 %. Die beschriebene Haltung findet sich besonders häufig bei Männern: 67,1 % der Angehörigen dieses Clusters sind männlich. Differenziert nach Schulabschlüssen zeigen sich hingegen keine Auffälligkeiten. Cluster 3: Die Ehe als bedeutsame traditionelle kirchliche Institution bei konservativer Grundhaltung Eine hohe persönliche Wertschätzung der Ehe geht demnach bei Männern tendenziell mit einer religiös-konservativen, bei Frauen hingegen eher mit einer modern-liberalen Einstellung einher. Charakteristisch für das mit dem dritten Cluster repräsentierte Einstellungsprofil ist zuvorderst die Überzeugung, dass die eigentliche Trauung in der Kirche stattfinde, in Verbindung mit einer profilierten Ablehnung gleichgeschlechtlicher Ehen und der rechtlichen Gleichstellung von Unverheirateten. Markant ausgeprägt ist zudem die Ansicht, dass, wer Kinder haben möchte, auch heiraten sollte. Für den Eindruck, es handele sich hier im Kern um eine religiöse und wertkonservative Sinnzuschreibung zur Ehe – für eine Minderheit überwiegen eher die wertkonservativen und nicht die religiösen Aspekte –, finden sich zahlreiche weitere Hinweise. So liegt der Anteil Konfessionsloser mit 15,2 % deutlich unter dem entsprechenden Anteil in der gesamten Stichprobe (21,4 %). Im Gegenzug befinden sich in Cluster 3 überproportional viele Angehörige anderer, nicht-christlicher Glaubensgemeinschaften (9,4 vs. 4,9 %). Zudem verlobten sich 65,3 % und 72,8 % ließen sich kirchlich trauen – unter allen Befragten fallen diese Anteile mit 53,6 bzw. 59,4 % deutlich geringer aus. In das gezeichnete Bild passt auch die traditionalistisch geprägte Ansicht, die Ehe sei eine Verbindung auf Lebenszeit. Für die eigene Lebensgestaltung und wegen des ihr zugeschriebenen hohen gesellschaftlichen Stellenwerts gehört die Ehe in ihrer klassischen Form für die Befragten des dritten Clusters einfach dazu. Die Ehe erscheint ihnen unverzichtbar und um ihrer selbst willen schützenswert. Aufschlussreich ist der Vergleich mit Cluster 2, wo der Ehe eine ähnlich hohe Wichtigkeit zugeschrieben wird, dies jedoch eher individuell als gesellschaftlich. Bei den in Cluster 3 zusammengefassten Personen scheint die Idee der Institution Ehe im klassischen Sinne Hegels als „vorrechtliche sittliche Ordnung“, die es jenseits der Wünsche und Interessen der Individuen wertzuschätzen gilt, eine nicht Cluster 4: Die Ehe als „sinnentleerte“ Institution Im Rahmen des vierten Clusters stehen die Befragten den meisten erfragten Bedeutungszuschreibungen zur Ehe eher ablehnend gegenüber. So sind sie im Vergleich zum Durchschnitt aller Interviewten deutlich weniger davon überzeugt, dass die Ehe eine Bindung auf Lebenszeit darstellt, eine kirchliche Trauung heutzutage noch nötig ist und die Ehe der finanziellen und rechtlichen Absicherung dient. Da verwundert es kaum, dass die Verheirateten aus Cluster 4 die Ehe als eher unwichtig für ihr persönliches Glück im Leben einschätzen, zu einem Drittel keiner Konfession angehören (gegenüber einem Fünftel im Gesamtsample) und nur 38,7 % von ihnen mit ihrem jetzigen Partner verlobt waren (vs. 53,6 % im Gesamtsample). Da die Ehe darüber hinaus nicht als Voraussetzung zur Elternschaft angesehen wird, erscheint es schlüssig, dass sie für die Angehörigen des hier beschriebenen Clusters insgesamt eine verzichtbare gesellschaftliche Institution darstellt. Die eher liberale Haltung gegenüber der Öffnung der Ehe für Gleichgeschlechtliche und der Gleichstellung von Unverheirateten mit Verheirateten lässt sich vor diesem Hintergrund so deuten, dass aus Sicht dieser Befragten die rechtlichen Privilegien der Ehe weiter abzubauen sind. Bei dieser Art der Sinnzuschreibung stellt sich die Frage, weshalb diese Personen geheiratet haben. Hinweise hierzu sind im Rahmen der Analyse der Heiratsmotive der Angehörigen dieses Clusters zu erwarten (vgl. Kapitel 4.3). Die Untersuchung der vorgestellten Cluster auf signifikante Unterschiede (p=.05) hinsichtlich der Zusammensetzung nach Geschlecht, Alter und formaler Schulbildung lässt einen Unterschied zwischen Frauen und Männern bei den Einstellungen zur Ehe 142 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 erkennen: Frauen weisen häufiger eine liberale und Männer eine konservativ-bewahrende Grundhaltung gegenüber der Ehe auf, obwohl beide Geschlechter ähnlich häufig der Ehe eine hohe Wertschätzung entgegenbringen. So finden sich 30,5 % der Ehefrauen und nur 15,1 % der Ehemänner in Cluster 2, aber 30,8 % Männer und nur 15,1 % Frauen in Cluster 3. Die Verteilung der Sinnzuschreibungen zur Ehe nach dem formalen Bildungsniveau deutet insofern auf Unterschiede zwischen den Schulabschlüssen hin, als zum einen bei den Hauptschulabsolventen die nutzenorientierte Sinnzuschreibung zur Ehe (Cluster 1) mit 37,5 % deutlich häufiger nachzuweisen ist als bei den Befragten mit höherer formaler Bildung (27,2 %). Zum anderen bringen diejenigen mit einem gymnasialen Abschluss der Ehe mit 25,8 % – gerade im Vergleich zu den Hauptschulabsolventen mit 12,5 % – besonders oft eine hohe persönliche Wertschätzung als moderner Institution (Cluster 2) entgegen. Beim Alter der Befragten hingegen konnte kein nennenswerter Effekt auf die Einstellung zur Ehe festgestellt werden. Die weiteren Ausführungen thematisieren eine Analyse der Sinnzuschreibungen zur Ehe auf der Ebene des Paares, wobei die Cluster-Zugehörigkeit der Frau und die des Mannes miteinander in Beziehung gesetzt werden. Die erste Frage, die im Rahmen dieser Paaranalyse untersucht werden soll, betrifft den Grad der Übereinstimmung der Cluster-Zugehörigkeit der Ehepartner. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass bei 42,4 % der Paare beide in das gleiche Cluster gelangten. Der Kontingenzkoeffizient (Ckorr) von .52 (p < .01) verweist auf einen ausgeprägten Zusammenhang. Ob diese Übereinstimmungen in den Einstellungen der Ehepartner bereits zum Zeitpunkt des Kennenlernens existierten und eventuell eine Rolle bei der Auswahl des zukünftigen Ehepartners gespielt haben, kann mit unseren Daten nicht untersucht werden. Allerdings kann der Frage nachgegangen werden, in welchen Mustern der Sinnzuschreibung sich besonders häufig Übereinstimmungen zwischen den Ehepartnern ergeben. In diesem Kontext zeigt vor allem das dritte Cluster Auffälligkeiten: 66,7 % befinden sich gemeinsam mit ihrem Ehepartner in diesem Cluster. In den übrigen Clustern liegt dieser Anteil im Mittel bei unter 40 % und damit signifikant niedriger. Was heißt dies nun für die Diskussion um die Einstellungen zur Ehe auf der Paarebene? Es scheint, dass gerade bei Personen mit einer religiös geprägten und wertkonservativen Einstellung zur Ehe ein ausgeprägter Selektionsprozess bei der Partnerwahl stattfindet. Weniger wahrscheinlich ist, dass sich, in der bis zum Befragungszeitpunkt meist erst kurzen Ehe, die Grundhaltungen der Partner nach der Heirat entsprechend angepasst haben. Bei den Sinnzuschreibungen, so bleibt zusammenfassend festzuhalten, wird der hohe Stellenwert traditioneller, vor allem auch kirchlich-religiöser Einstellungen zur Institution Ehe ebenso erkennbar, wie die Bedeutung liberaler, nutzenorientierter und distanzierter Haltungen. Unsere Befunde verweisen auf drei Figurationen: 46 % der Befragten bekunden eine hohe individuelle Wertschätzung der Ehe (Sinn-Cluster 2 und 3). Bei der Hälfte dieser Gruppe beruht dies auf einer tiefen, oft religiös begründeten Überzeugung, wobei der Ehe auch eine besondere gesellschaftliche Relevanz zugeschrieben und die Notwendigkeit zur Bewahrung der Ehe in ihrer herkömmlichen Form betont wird. Die andere Hälfte dieser Figuration sieht die Ehe trotz aller persönlichen Wertschätzung als eine im Wandel begriffene Institution, die es aber nicht um ihrer selbst willen und in ihrer traditionellen Form zu erhalten, sondern zu modernisieren und für eine individuelle Gestaltung zu öffnen gilt. Die zweite Figuration, die bei knapp 29 % der Befragten anzutreffen ist (Sinn-Cluster 1), besteht in der Betrachtung der Ehe als Sicherheit gewährende Institution. Mehrheitlich spielen hier nutzenorientierte Zuschreibungen und Erwartungen eine wichtige Rolle. Bei einem Teil dieser Befragten scheint die Heirat den Charakter einer nüchternen Vertragschließung zu haben, bei anderen handelt es sich mehr um eine mit dem Partner getroffene Übereinkunft, die im Zuge eines Strebens nach Aufgehobensein und Angekommensein erfolgt. Gut ein Viertel der Befragten sind einer dritten Figuration zuzurechnen (Sinn-Cluster 4), wonach der Ehe als Institution wenig Bedeutung beigemessen und ihr distanziert und unbeteiligt begegnet wird. Wie die späteren Analysen zu den Heiratsmotiven zeigen, heiraten Individuen mit dieser Sinnzuschreibung entweder in der Hoffnung, dadurch ihre Beziehung zu bekräftigen oder aus einem eher unreflektierten, spontanen Entschluss heraus. Dabei gibt nicht selten der Wunsch des Ehepartners den entscheidenden Ausschlag. Generell wird erkennbar, dass Frauen gegenüber einer Modernisierung der Institution Ehe aufgeschlossener und toleranter zu sein scheinen, während Männer häufiger eine konservativ-bewahrende Grundhaltung offenbaren. 143 Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage Tabelle 3 Motivlagen der Heiratsentscheidung Cluster der Heiratsmotive Anzahl (n) Anteil (%) Nutzenorientierte Heiratsmotive (250) (33,2) 1 Die Heirat als rationales Kalkül 64 8,5 2 Die faktisch kindorientierte Heirat 79 10,5 3 Die Heirat zur Vermeidung räumlicher Trennung 65 8,6 4 Die erwartungskonforme Heirat 42 5,6 (237) (31,4) 121 16,0 Wertorientierte Heiratsmotive 5 Die traditionelle, festliche Heirat 6 Die Heirat als biografische Selbstverständlichkeit Spontan-emotionale Heiratsmotive 7 Die Heirat als „rite de confirmation“ 8 Die Heirat als spontaner Entschluss 116 15,4 (267) (35,4) 102 13,5 58 7,7 9 Die Liebesheirat 107 14,2 Gesamt 754 100 Anmerkung: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung) 4.2 Motivlagen der Heiratsentscheidung Die folgende Analyse ist darauf gerichtet, typische Motivlagen zum Schritt in die Ehe clusteranalytisch zu identifizieren und Hinweise auf ihre empirische Verteilung im vorliegenden Sample zu erhalten. Mit dem verwendeten clusteranalytischen Verfahren wird das Ziel verfolgt, die Vielzahl der individuellen Motivlagen auf eine überschaubare Zahl inhaltlich prägnanter Cluster zu verdichten und diese anhand statistisch signifikanter und inhaltlich sinnfälliger Abweichungen vom Mittelwert des Gesamtsamples zu interpretieren (vgl. Tab. A2 im Anhang). Die multivariate Analyse erbrachte eine gut interpretierbare Lösung mit neun Clustern, die sich auch bei Variationen des methodischen Vorgehens als weitgehend stabil erwies. Die neun Cluster wurden dann in einem nächsten Schritt auf der Grundlage inhaltlicher Überlegungen zu drei Kernmotiven aggregiert.9 Ziel war es, einen höheren Grad der Systematisierung zu erreichen und eine verbesserte Vergleichbarkeit mit den Clustern der Sinnzuschreibung herzustellen. Die resultierenden Kernmotive 9 Die drei Kernmotive sind demnach nicht das Ergebnis einer Clusteranalyse. Eine zur Kontrolle durchgeführte Clusteranalyse mit der Vorgabe drei zu extrahierender Cluster ergab ähnlich zugeschnittene Gruppen, die sich jedoch nicht adäquat intern differenzieren ließen. Der Zusammenhang zwischen dieser 3er-Clusterlösung und der hier vorgenommenen Zuordnung zu drei Kernmotiven fällt jedoch sehr hoch aus (Ckorr = .82), was als Validierung des gewählten Vorgehens gelten kann. sind weniger homogen und nicht immer exakt trennscharf, bleiben aber inhaltlich dennoch gut interpretierbar. Die in Tabelle 3 in Klammern ausgewiesenen aufsummierten Anteilswerte der drei Kernmotive sind als Richtgrößen und nicht als exakte Aussagen über die Verteilung zu verstehen. Erstes Kernmotiv: Nutzenorientierte Heiratsmotive Der gemeinsame Kern der hier zusammengefassten vier Cluster besteht darin, dass der Heirat weniger ein Wert „an sich“, sondern ein bestimmter Nutzen zugeschrieben wird. Die Befragten verfolgen meist ein klar benennbares Ziel, das sie mittels der Eheschließung zu erreichen suchen. Die Ehe hat hier vornehmlich den Charakter einer „Zweckehe“. Mit dem ersten Cluster10, der Heirat als rationales Kalkül (8,5 %), quasi als einer Form der Ausdifferenzierung des utilitaristischen Kernmotivs, liegt eine Verbindung aus der Betonung der ökonomischen (z. B. steuerlichen) Vorteile der Ehe und der Sicherstellung von Vaterrechten aus Sicht der Väter bzw. der Vaterpflichten aus Sicht der Frauen vor. Für die Mitglieder des zweiten Clusters stehen wiederum zwei Motive im Mittelpunkt, die den Anlass zur Heirat geben: die Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts und eine vorliegende Schwangerschaft. Diese Motivlage ist hier als faktisch kindorientierte Heirat umschrieben. Der Anteil von 10,5 % an der Gesamtstichprobe spricht für die These, dass es sich 10 Die Darstellung der einzelnen Cluster bleibt auf zentrale Aspekte und dominante Motive konzentriert. 144 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 hierbei um kein quantitativ dominierendes, sondern lediglich um ein Muster neben anderen handelt. Die eingangs diskutierte Entkoppelung von Ehe und Elternschaft kann nach unseren Befunden mit einem weiteren Argument belegt werden: Immerhin 37 % derer, die bzw. deren Partnerin zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung schwanger waren, gelangten nicht in das Cluster der faktisch kindorientierten Heirat. Sie verteilen sich stattdessen relativ gleichmäßig auf die anderen Cluster und haben demnach andere Gründe als ausschlaggebend für die Eheschließung angeführt. Ehe und Schwangerschaft treten hier zwar gemeinsam auf, werden jedoch auf der individuellen Handlungsebene nicht direkt miteinander verknüpft. Bei der Heirat zur Vermeidung räumlicher Trennung (8,6 %) sehen sich die Betroffenen mit einer Zwangslage konfrontiert, auf die sie mit der Eheschließung reagieren. Darunter sind z. B. häufiger binationale Paare, die mit der Heirat die Abschiebung eines Partners vermeiden wollen, aber auch Beamte, die durch die Heirat eine Versetzung umgehen oder junge Männer, die sich mit der Heirat der Einberufung zur Bundeswehr entziehen wollen. Ähnlich wie bei der faktischen Kindorientierung werden die Paare durch das Auftreten eines externen Anlasses in die Ehe „gedrängt“. Die Befragten des vierten Clusters, der erwartungskonformen Heirat (5,6 %), geben verschiedene Ziele vor, die sie mit der Ehe erreichen wollen. Dabei nennen sie z. B. die Festigung der Paarbeziehung, die Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts für die Kinder und die Freude an einem besonderen Fest. Im Unterschied zu den Befragten der übrigen Cluster lassen sie jedoch erkennen, dass der Entschluss zur Heirat stark an Verhaltenserwartungen aus dem näheren sozialen Umfeld orientiert ist. Die Folgerung liegt nahe, dass hier einem latenten äußeren Druck nachgegeben wird. Durch normkonformes Verhalten sollen mögliche Konflikte oder Stigmatisierungen vermieden werden. Bemerkenswert ist hierbei der hohe Anteil an Personen, die in einem Land außerhalb Deutschlands geboren sind und einer nichtchristlichen Glaubensgemeinschaft angehören. Zweites Kernmotiv: Wertorientierte Heiratsmotive Hier erfährt die Institution Ehe „an sich“ eine hohe Wertschätzung. Die Ehe „als solche“ erscheint den Befragten aus „individuellen“ oder „gesellschaftlichen“ Gründen als wertvoll. Dass eine Heirat erfolgt, steht im Grunde seit langem fest. Der wertorientierten Kernmotivation lassen sich zwei Cluster, quasi als „Spielarten“ dieser gemeinsamen Basis, zuweisen. Bei den Angehörigen von Cluster fünf, der traditionellen, festlichen Heirat (16 %), wird der Stellenwert der Ehe als bedeutsame kirchliche und gesellschaftliche Einrichtung durch traditionelle Überzeugungen begründet. Die Ehe wird als Selbstverständlichkeit im Sinne einer „gesellschaftlichen Normalität“ betrachtet, wobei sich diese Vorstellung im Einklang mit den wahrgenommenen, traditionell geprägten Erwartungshaltungen des sozialen Umfelds befindet. Entsprechend adressieren die Mitglieder dieses Clusters die Symbolwirkung der Eheschließung in Form eines besonderen Events an ihre soziale Umgebung. Dies zeigt sich u. a. an den überdurchschnittlich aufwändigen Hochzeitsfeierlichkeiten. Innerhalb dieses Clusters lassen sich zwei unterschiedliche Subgruppen von Befragten identifizieren. Bei der ersten Subgruppe ist die traditionelle Motivlage durch utilitaristische Kalküle unterlegt (Steuervorteile der Ehe). Hier ist ein Brückenschlag zu den zuvor dargestellten nutzenorientierten Heiratsentschlüssen erkennbar. Bei der zweiten Subgruppe wird die traditionelle Heirat durch die persönliche Freude an einer schönen Feier zusätzlich motiviert. Hierbei dürfte es sich um eine Gruppe handeln, der etwa 5 % aller Befragten zuzurechnen sind, die die Eheschließung unter einer besonderen Erlebnisorientierung vornehmen. Mit dem sechsten Cluster, der Heirat als biografische Selbstverständlichkeit (15,4 %), lässt sich eine weitere, an der Institution Ehe selbst orientierte, Heiratsentscheidung nachweisen. Es entspricht dabei den Lebensplänen der Individuen und gehört aus deren Sicht zu einem „normalen“ Biografieund Partnerschaftsverlauf, dass „irgendwann“ geheiratet wird. Hier scheinen weniger von außen kommende, normativ geprägte Normalitätsvorstellungen und bekundungen eine Rolle zu spielen (wie z. B. bei den Clustern 4 und 5), sondern die Heirat scheint vielmehr einer inneren Motivation entsprungen und auch in ihrer Symbolwirkung nicht nach außen, sondern nach innen adressiert. „Biografische Selbstverständlichkeit“ entsteht hier weniger infolge unreflektiert nachvollzogener Normalität, sondern aus innerer Überzeugung. Mit Bezug auf die in Abschnitt 2 geführte Diskussion ist festzustellen, dass es sich um ein Muster handelt, das besonders in kirchennahen, gut gebildeten Milieus Westdeutschlands auftritt. In diesem Cluster finden sich der niedrigste Anteil an Konfessionslosen und der höchste Anteil an kirchlichen Eheschließungen. Entgegen der von Burkart (1997) vorgenommenen Deutung handelt es sich nicht um einen unreflektierten Prozess bei geringer Involviertheit, in dem vermeintliche Standard-Verhaltensmuster quasi au- Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage tomatisch ablaufen. Vielmehr scheint eine bewusste und durchaus reflektierte Auseinandersetzung mit der Ehe stattzufinden, die wegen der besonderen Wertschätzung der Ehe mit hohem Involvement erfolgt und in eine auf Überzeugung basierende Handlungsorientierung mündet. Drittes Kernmotiv: Spontan-emotionale Heiratsmotive Für die Befragten der hier zusammengefassten drei Cluster spielen weder nutzen- noch wertorientierte Motive eine ausschlaggebende Rolle. Vielmehr handelt es sich um oftmals unreflektierte, spontane Entschlüsse, geleitet in erster Linie von emotionalen Empfindungen zum Ehepartner oder durch affektiv getragene Erwartungen an die Lebenssituation nach der Heirat. Mit dem ersten hier verorteten Cluster, der Heirat als rite de confirmation (13,5 %), ist die Motivlage der Beziehungsbekräftigung repräsentiert. Entgegen der bisherigen Diskussion um die sog. Bekräftigungsthese legen es unsere Befunde nahe, die Motivlage der Beziehungsfestigung in zwei sehr unterschiedliche Formen zu differenzieren. Im ersten Fall erfolgt die Heirat stringent im Zuge einer raschen Institutionalisierung der Partnerschaft im Sinne einer weiteren Festigung der Beziehung. Die Heirat rückt damit in die Nähe der wertorientierten Eheschließung, die mit hoher Selbstverständlichkeit stattfindet. Im zweiten Fall beruht der Schritt in die Ehe auf einem eher spontanen Entschluss und wird im Hinblick auf eine erneute Festigung einer seit längerem bestehenden Paarbeziehung vollzogen. Empirisch verlässlich lässt sich die erste Form (Beziehungsdauer unter drei Jahren und entweder verlobt oder zusammen gewohnt) bei 36,3 % der Angehörigen dieses Clusters (4,9 % aller Befragten) und die zweite Form (Beziehungsdauer über sechs Jahre und vor der Heirat zusammen gewohnt) bei 17 % der Angehörigen dieses Clusters (2,3 % aller Befragten) nachweisen. Für die übrigen ca. 47 % ist eine eindeutige Zuordnung mit unseren Ergebnissen nicht möglich. Das achte Cluster, die Heirat als spontaner Entschluss (7,7 %), ist dadurch charakterisiert, dass die Befragten hier die meisten Motive – bis auf die Liebe – als unbedeutend einschätzen und die Eheschließung als einen spontanen Entschluss darstellen. Bezeichnend ist zudem die deutliche Ablehnung des Items „Ich hatte schon immer den Wunsch zu heiraten“. Die Personen, die diesem Cluster zugerechnet werden, unterscheiden sich in vielfacher Hinsicht signifikant von den anderen Eheschließenden. Sie haben öfter einen niedrigeren Schul- 145 abschluss, gehören häufiger keiner Konfession an, heiraten seltener kirchlich und lassen sich ihre Hochzeit im Durchschnitt weniger kosten. Insgesamt erscheint der Entschluss zur Heirat hier eher unreflektiert und nicht sehr klar motiviert. Das neunte Cluster repräsentiert die Liebesheirat (14,2 %). Außer der „Liebe“ wird keinem weiteren der abgefragten Motive eine ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung zur Heirat zugeschrieben. Liebe ist das allein ausschlaggebende Motiv. Für die weit überwiegende Mehrzahl der anderen Befragten hat die Liebe als Heiratsmotiv zwar auch ein großes Gewicht, jedoch wird sie dort stets in Verbindung mit anderen nutzenorientierten oder wertorientierten Gründen angeführt. Vor diesem Hintergrund spricht viel für die eingangs vertretene Auffassung, dass Liebe in den meisten Fällen zwar eine notwendige Grundlage für eine Beziehung darstellt (und damit indirekt auch für die Heirat), die konkrete Entscheidung zum Schritt in die Ehe jedoch weit überwiegend auf anderen Handlungsmotiven basiert, die als hinreichende Bedingungen fungieren. Eine Besonderheit dieses Clusters besteht darin, dass hier n = 23 Personen enthalten sind, die keines der dreizehn abgefragten Motive als „besonders ausschlaggebend“ bewertet haben – auch Liebe spielt für diese Verheirateten anscheinend keine maßgebliche Rolle. Dieses Phänomen der „Heirat ohne ausschlaggebendes Motiv“ liegt, über alle Cluster gesehen, bei insgesamt n = 51 Personen vor (6,7 % der Gesamtstichprobe) und tritt besonders häufig bei älteren, konfessionslosen Männern auf, die vor ihrer Hochzeit schon lange mit ihrer jetzigen Ehefrau zusammengewohnt hatten. Anscheinend willigen diese „Akteure“ in die Eheschließung ein, weil ihre Partnerinnen eine Heirat wünschen, während die Eheschließung für sie selbst keine besondere Bedeutung hat. Nach unseren Befunden gibt es keine nennenswerten Hinweise auf differenzielle Motivlagen von Männern und Frauen. Im Hinblick auf die formale Schulbildung und das Alter der Befragten zeigen sich nur vereinzelt signifikante Unterschiede. Bei den Hauptschulabsolventen findet sich die Motivlage der Heirat als spontaner Entschluss (Cluster 8) mit 14,6 % mehr als doppelt so häufig wie bei den übrigen Befragten (6,6 %). Ebenso ist die erwartungskonforme Heirat (Cluster 4) dort mit 9,4 % deutlich häufiger vertreten als in den übrigen Bildungsgruppen (4,9 %). Unter denjenigen, die ihre Schulzeit mit dem Abitur abgeschlossen haben, wird in der Heirat öfter eine biografische Selbstverständlichkeit (Cluster 6) gesehen als bei jenen mit einem niedrigeren Abschluss (18,1 % vs. 12,8 %). 146 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 Erstaunlicherweise ist sowohl die Liebesheirat (Cluster 9) als auch die Heirat aus einem spontanen Entschluss heraus (Cluster 8) bei den älteren Befragten häufiger anzutreffen. Die Mittelwerte liegen mit 35 bzw. 34,1 Jahren signifikant höher als im Gesamtsample (32,6 Jahre). Bei den Jüngeren ist hingegen die Eheschließung zur Vermeidung räumlicher Trennung (Cluster 3) weiter verbreitet. Hierfür spricht ein mittleres Alter von lediglich 30,7 Jahren in diesem Cluster. Darüber hinaus ergeben sich keine Auffälligkeiten. Die Analyse der Heiratsmotive auf der Ebene des Paares, bei welcher die Cluster-Zugehörigkeit der Frau und die des Mannes miteinander in Beziehung gesetzt werden, erstreckt sich auf zwei Fragen. Die erste Frage betrifft den generellen Grad der Übereinstimmung hinsichtlich der Heiratsmotive. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass sich bei 35,3 % der unabhängig voneinander befragten Paare beide Partner im gleichen Motiv-Cluster befinden. Der Kontingenzkoeffizient (Ckorr) von .76 (p < .01) deutet auf einen ausgeprägten Zusammenhang zwischen den Cluster-Zugehörigkeiten der Ehegatten hin. Die zweite Frage ist darauf gerichtet, ob Motivlagen auszumachen sind, in denen eine höhere Übereinstimmung vorliegt. Tatsächlich sind zwei Cluster erkennbar, die durch besonders hohe Übereinstimmungen gekennzeichnet sind. In beiden Fällen handelt es sich um sehr eindeutige Motivlagen. Bei der ersten, der faktischen Kindorientierung (Cluster 2), liegt der Anteil an Befragten, die mit ihrem Partner im Beweggrund zur Eheschließung übereinstimmen, bei 79 %. Dies ist bei neun Clustern ein bemerkenswert hoher Wert. Beim zweiten Muster, der Vermeidung räumlicher Trennung (Cluster 3), findet sich eine Übereinstimmung bei 43 %. Offenkundig sind diese Handlungskontexte sehr prägnant und durch einen markanten und singulären Anlass bestimmt. Die Befunde zu den Heiratsmotiven zeigen zusammenfassend, dass es gegenwärtig keine dominierenden Heiratsmotive zu geben scheint. Liebe spielt als notwendige, meist aber nicht hinreichende Bedingung eine wichtige Rolle. In verschiedenen Variationen und Erscheinungsformen bilden affektive, wertorientierte und zweckrationale Empfindungen und Kalküle die Basis für die Mehrzahl der Eheschließungen. Oftmals entscheiden sich Paare erst dann zur Heirat, wenn sie der Auffassung sind, durch die Heirat Erwartungen auf mehreren Ebenen befriedigen zu können. Nur etwa 13 % der von uns untersuchten Eheschließungen erfolgten auf der Grundlage nur eines dominanten Motivs. Bei knapp der Hälfte (49 %) sind zwei Motivlagen aus- schlaggebend und bei 39 % führen affektive, traditionelle und nutzenorientierte Gründe zum Schritt in die Ehe. Die Fülle der empirisch belegbaren und voneinander abgrenzbaren Motivlagen bestätigt die eingangs formulierte These: Die Ehe der Moderne ist keine funktional hoch spezialisierte, sondern eine multifunktionale Institution. 4.3 Zum Zusammenhang von Sinnzuschreibungen und Heiratsmotiven Es kann angenommen werden, dass die Sinnzuschreibung zur Ehe den Rahmen für die konkreten Heiratsmotive vorgibt. Im Folgenden soll daher überprüft werden, ob und wie die subjektive Sinnzuschreibung und die individuellen Heiratsmotive miteinander verknüpft sind. Erwartet wird ein Zusammenhang in der Form, dass z. B. Personen, die den Sinn der Ehe vornehmlich in deren Nutzen sehen, auch vermehrt aus nutzenorientierten Gründen heiraten. Da nicht auszuschließen ist, dass sich die Sinnzuschreibungen durch die Heirat und die Erfahrungen in der Ehe verändert haben könnten, erfährt die vorzunehmende Analyse eine gewisse Einschränkung. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass etwaige Veränderungen nicht gravierend sind, da sich die individuelle Sinnzuschreibung zur Ehe zwar im Lebensverlauf entwickelt, Veränderungen dieses Konzepts nach unserer Auffassung jedoch moderat und eher mittel- und langfristig erfolgen (vgl. Fußnote 5). Daher versprechen wir uns weiterführende Hinweise, auch im Hinblick auf die in Kapitel 4.1 aufgeworfene Frage, was jene Befragten, die in der Ehe eine „sinnentleerte“ Institution sehen, zu einer Heirat bewegt. Bezieht man die vier Cluster der Sinnzuschreibung auf die drei Kernmotive einer rationalen, wertorientierten und spontan-emotionalen Heiratsentscheidung, so kann hier zwar von einem erkennbaren, aber nicht besonders starken globalen Zusammenhang, der Kontingenzkoeffizient (Ckorr) liegt bei .35 (p < .01), gesprochen werden. Im Einzelnen ergibt sich dieser Zusammenhang, da diejenigen, die die Ehe als eine „nützliche“ Institution begreifen (Sinn-Cluster 1), auch eher aus nutzenorientierten Motiven heiraten. Erweitert man hier die Analyse seitens der Motivlagen auf die 9-Cluster-Lösung, so fällt auf, dass dieser Befund insbesondere für diejenigen gilt, deren Heirat durch eine vorliegende Schwangerschaft motiviert war. Zudem – und dies überrascht ebenso wenig – finden sich jene, die der Ehe als Institution eine hohe Bedeutung zuschreiben, sei es nun vor einem individu- 147 Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage ellen (Sinn-Cluster 2) oder einem religiösen und konservativen Hintergrund (Sinn-Cluster 3), vermehrt unter denjenigen wieder, deren Entscheidung zur Heirat an wertorientierten Gründen ausgerichtet ist. Die Erweiterung auf die 9-Cluster-Lösung ergibt, dass dies in ausgeprägter Form für die „Heirat als biografische Selbstverständlichkeit“ gilt. Demgegenüber kommt es im Rahmen der Einstellung, die Ehe sei eine „sinnentleerte“ Institution, besonders häufig aus spontan-emotionalen Motiven zur Heirat. Dahinter verbergen sich hauptsächlich zwei konkrete Situationen. Die erste ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Partner zuliebe – und damit auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Paarbeziehung – in die Eheschließung eingewilligt wird. Bei der zweiten erfolgt die Heirat auf der Grundlage eines eher unreflektierten, spontanen Entschlusses, was weniger als begründete Entscheidung, sondern vielmehr als ein „Hineingeraten in die Ehe“ gedeutet werden muss. Dieser zweite Fall kann als besonders charakteristisch gelten, wie hier die Erweiterung der Analyse auf die neun Motiv-Cluster zeigt. Daneben ist jedoch auch eine gewisse Unabhängigkeit von Sinn und Handlungsmotivation festzustellen. So heiraten z. B. jene, die in der Ehe eine bedeutsame traditionelle kirchliche Institution sehen, zwar überdurchschnittlich häufig aus wertorientierten Gründen, aber nutzenorientierte Motive und Erwartungskonformität werden hier ebenfalls genannt. Exkurs zur kirchlichen Heirat Die Entscheidung zur Heirat erstreckt sich auf vier unterschiedliche Handlungsebenen: die prinzipielle Entscheidung ob geheiratet werden soll oder nicht, die Entscheidung für einen bestimmten Partner, die Entscheidung über das Timing der Heirat und auf die Frage, ob auch eine kirchliche Heirat erfolgen soll oder nicht. Für viele, die sich für eine Eheschließung entscheiden, heißt dies ganz selbstverständlich standesamtliche und kirchliche Heirat, anderen ist mit der gleichen Selbstverständlichkeit klar, dass für sie eine kirchliche Trauung nicht in Frage kommt. Für die Übrigen handelt es sich um eine Entscheidungssituation, über die lange und intensiv reflektiert wird, da zwei unabhängige Handlungszusammenhänge vorliegen. Es ist hier nicht der Ort, diese Varianten empirisch weiter zu untersuchen. Es soll hier nur den Fragen nachgegangen werden, welche Faktoren die Wahrscheinlichkeit einer kirchlichen Heirat erhöhen bzw. verringern und welche Sinngebungen zur kirchlichen Heirat empirisch nachweisbar sind. 52,8 % aller Probanden waren zum Befragungszeitpunkt kirchlich getraut und weitere 6,6 % planten diesen Schritt für die nahe Zukunft. Die übrigen 40,6 % heirateten ausschließlich standesamtlich und streben keine kirchliche Heirat an. In Abhängigkeit von der Konfessionszugehörigkeit ergeben sich unterschiedliche Anteile an kirchlichen Trauungen. 73 % der Katholiken, 69 % der Protestanten, 40 % der Angehörigen sonstiger Religionsgemeinschaften und immerhin 24 % der Konfessionslosen sind auch kirchlich getraut. Bei Letztgenannten handelt es sich überwiegend um Personen, deren konfessionell gebundener Partner auf einer kirchlichen Heirat bestand. Um im Hinblick auf die erste Frage ein möglichst einfaches, aber erklärungskräftiges Modell zu erhalten, wurden nur Personen mit katholischer und evangelischer Konfessionszugehörigkeit in die Analyse einbezogen. Zudem wurden Paare mit mindestens einem geschiedenen katholischen Partner aus der Analyse ausgeschlossen, da in diesen Fällen die Erklärung für eine nicht erfolgte nochmalige kirchliche Heirat evident ist. In das Modell gelangten somit 527 Personen, von denen 394 kirchlich getraut waren. Das dichotome Merkmal, ob eine kirchliche Heirat erfolgte oder nicht, wird als zu erklärende Variable in einem binären logistischen Regressionsmodell untersucht. Das Gesamtmodell ist mit einem Pseudo-R2 (Nagelkerke) von .36 hoch signifikant (p < .01). Als erklärende Variable sind die Einstellungen, das Haushaltseinkommen, der Verlauf der Partnerschaft, die Konfessionszugehörigkeit sowie die regionale Herkunft integriert. Standardmäßig werden die Effekte des Alters und der Bildung der Befragten kontrolliert. Sämtliche im Folgenden berichteten Effekte sind mindestens auf dem 5 %-Niveau (p ) .05) signifikant. Ein entscheidender Effekt auf das Verhalten der Befragten geht von deren Einstellungen aus. Für die Angehörigen der Sinnzuschreibungs-Cluster 2 und 3 liegt die Chance einer kirchlichen Trauung um ein Vielfaches höher (Exp(B) = 9,34) als für die Mitglieder des Clusters 1, die die Ehe eher nutzenorientiert betrachten und hier als Referenzkategorie dienen. Die Angehörigen des vierten Clusters unterscheiden sich dagegen nicht von der Referenzkategorie.11 11 Die berichteten Exp(B)-Koeffizienten (Odds-Ratios) geben an, um welchen Faktor sich die Chance einer kirchlichen Heirat, angegeben durch das Wahrscheinlichkeitsverhältnis (Odds) „P (‚kirchliche Heirat‘) geteilt durch P (‚keine kirchliche Heirat‘)“, verändert, wenn sich die unabhängige Variable um eine empirische Einheit erhöht 148 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 Daneben ist für viele Personen die Entscheidung für oder gegen eine kirchliche Heirat offensichtlich eine schlichte Frage der Kosten. Je geringer das Haushaltseinkommen (gemessen in tausend Euro), desto wahrscheinlicher wird die Situation, dass trotz kirchlicher Bindung nicht kirchlich geheiratet wird (Exp(B) = 1,35). Die finanziellen Aufwendungen für kirchliche Eheschließungen liegen im Sample bei durchschnittlich 6500, für ausschließlich standesamtliche Eheschließungen hingegen lediglich bei 3800 Euro. Eine Verlobung erhöht die Chance einer kirchlichen Heirat (Exp(B) = 2,67), gleiches gilt für die Dauer der vorehelichen Partnerschaft: Mit jedem weiteren Jahr steigt die Chance einer kirchlichen Trauung um den Faktor 1,13. Das Alter, die formale Schulbildung, die regionale Herkunft und die Konfessionszugehörigkeit (katholisch im Vergleich zu evangelisch) brachten keine nennenswerte Erklärungsleistung. Zusammenfassend scheint also der Entschluss zur kirchlichen Heirat vornehmlich durch traditionelle Werthaltungen, eine hohe individuelle Wertigkeit der Ehe, zum Teil in Verbindung mit einer gewissen Erlebnisorientierung sowie durch die Affinität zur Institution Kirche beeinflusst zu sein. Anzunehmen ist, dass auch das Bedürfnis nach Konformität im privaten Bereich die Entscheidung zur kirchlichen Heirat begünstigt. Andere Faktoren haben, mit Ausnahme der finanziellen Situation, nur einen geringen oder keinen Effekt auf die Wahrscheinlichkeit kirchlich zu heiraten. In Abschnitt 2.1 wurde die These formuliert, dass sich (mindestens) zwei Muster der Sinngebung hinsichtlich einer kirchlichen Trauung unterscheiden lassen: Neben dem Muster einer traditionellen religiösen Sinngebung erfolgt die kirchliche Trauung auch zum Zwecke der besseren Inszenierung einer für das Paar sonst weitgehend sinnentleerten Zeremonie. Hierzu lässt sich empirisch zunächst festhalten (vgl. Tab. 4), dass 44 % der Befragten, die kirchlich getraut wurden, angaben, dies nicht aus religiösen Gründen getan zu haben. Ein Viertel der Befragten ließ erkennen, dass die Entscheidung zur kirchlichen Heirat hauptsächlich erlebnisorientiert erfolgte und weitere 30 % bekundeten, dass neben religiösen Gründen die besseren Möglichkeiten zur festlichen Inszenierung mit ausschlaggebend waren. Damit kann die These eine gewisse Bestätigung erfahren, dass es sich bei der erlebnisorientierten bzw. ein Wechsel von der Referenz- auf eine Vergleichskategorie erfolgt. Tabelle 4 Sinngebung der kirchlichen Trauung (in %) Wegen der schönen Feier Gesamt Nein Ja Religiöse Nein 19 25 44 Gründe 26 30 56 45 55 100 Ja Gesamt Quelle: VoM-Daten; n = 447 kirchlichen Heirat um ein empirisch nachweisbares und in nennenswertem Umfang vorfindbares Heiratsmuster handelt. Daneben steht für 26 % der kirchlich Getrauten allein die religiöse Motivation im Vordergrund. Die verbleibenden 19 %, die sich weder einer religiösen noch erlebnisorientierten Sinngebung zuordnen lassen, traten hauptsächlich ihrem Partner zuliebe vor den Traualtar. 5. Diskussion Die neuere familiensoziologische Forschung hat zu einem besseren Verständnis der Ursachen und zu einer differenzierteren Wahrnehmung der Erscheinungsformen des Wandels der Familie beigetragen. Trotz der beträchtlichen Forschungsaktivitäten sind einige relevante Themen und Fragen bislang weitgehend unbeachtet geblieben, so dass dort erhebliche Wissenslücken bestehen. Eines dieser Themen ist der Wandel von Ehe und Eheschließung. Die vorliegende Studie versucht, einen Teil dieser Lücken zu schließen. Die Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis bei, warum Akteure bei scheinbar sinkendem Nutzen der Ehe heiraten. Die Daten bieten eine erste, wenn auch erweiterungsbedürftige Grundlage zur theoretischen Erklärung des Heiratsverhaltens in modernen Gesellschaften. Weitere Forschung ist nötig und auf die Bewertung der Ehe durch nicht verheiratete Personen sowie auf die Entwicklung der subjektiven Deutungsmuster im Lebensverlauf zu richten. Ob sich die vorgestellten Befunde auch zur Beschreibung der Situation in anderen Ländern eignen, ist unklar. Hier können erst vergleichende Studien weiterführende Befunde liefern. Eine zu etablierende Heirats- und Eheforschung bedarf einer internationalen Langzeitstudie, mit deren Daten auch wichtige Aufschlüsse über das Partnerschafts- und Familiengründungsgeschehen zu erhalten wären. Die hier berichteten Ergebnisse basieren auf Daten, deren Gültigkeit durch den Bildungsbias der Stichprobe eingeschränkt sein kann, da, wie die Analysen zeigen, die Heiratsmotive und die an die Ehe herangetragenen Sinnzuschreibungen der Verhei- 149 Norbert F. Schneider und Heiko Rüger: Value of Marriage rateten nicht unabhängig von der formalen Schulbildung der Probanden sind. Der Effekt der Schulbildung erscheint jedoch insgesamt gering und nicht systematisch. Dennoch sind kleinere Verzerrungen der Ergebnisse bei der empirischen Verbreitung einzelner Heiratsmotive und subjektiver Sinnzuschreibungen möglich. So dürfte der Umfang von Cluster 4 und 8 bei den Heiratsmotiven leicht unterschätzt, der von Cluster 6 dagegen leicht überschätzt sein. Bei den Sinnzuschreibungen dürfte der Anteil von Cluster 1 etwas unterschätzt, der von Cluster 2 hingegen etwas überschätzt sein. Insgesamt scheinen aus dem Bildungsbias jedoch keine größeren Einschränkungen bei der Interpretation der vorgestellten Ergebnisse zu resultieren. Ähnliches gilt auch für eine weitere mögliche Limitierung der Daten. Bei der Interpretation der Befunde ist zu beachten, dass bei den hier abgefragten Themen grundsätzlich die Gefahr sozial erwünschten Antwortverhaltens besteht. Entsprechende Verzerrungen der Ergebnisse können nicht völlig ausgeschlossen werden, aber es liegen keine Hinweise auf ein solches Antwortverhalten vor. Im Gegenteil überrascht die Häufigkeit offenkundig nicht im Sinne sozialer Erwünschtheit gegebener Antworten, etwa im Falle des Motiv-Clusters 3 (Vermeidung räumlicher Trennung) oder des Sinn-Clusters 4 (Ehe als sinnentleerte Institution). Ebenso gibt es keine gewichtigen Hinweise darauf, dass die Erfahrungen in und mit der Ehe zu einer veränderten Wiedergabe von Sinnzuschreibung und Motivlagen führt. Die Institution Ehe, darauf verweisen auch die hier dargestellten Befunde, befindet sich derzeit in einer ambivalenten Situation zwischen traditionellen Normen und neuen sozialen und ökonomischen Realitä- ten. In dieser Ambivalenz liegt einer der wesentlichen Gründe, weshalb für viele Akteure die Vor- und Nachteile einer Heirat nur schwer zu bilanzieren sind. Während eine größere Zahl an Studien auf diverse Vorteile der Ehe für Männer und Frauen verweist – Verheiratete scheinen glücklicher, gesünder und seelisch ausgeglichener zu sein sowie in besseren finanziellen Verhältnissen zu leben als nicht verheiratete Personen (z. B. Ross et al. 1990, Stack/Eshleman 1998) –, machen andere Befunde darauf aufmerksam, dass die Ehe gerade für Frauen auch mit spezifischen Nachteilen verbunden zu sein scheint. Hier wird insbesondere der Autonomieverlust angeführt, der sich mit der signifikanten Etablierung traditioneller Muster der häuslichen Arbeitsteilung im Eheverlauf einstellt (Schulz/Blossfeld 2006). Warum in Zeiten sinkenden Nutzens und fortschreitender Deinstitutionalisierung der Ehe weiterhin so häufig geheiratet wird, ist zu einem erheblichen Teil mit der Verbreitung und Relevanz traditioneller Wertorientierungen erklärbar. Die Ehe als Institution, die um ihrer selbst willen eingegangen wird, ist lebendiger als angenommen. Vor allem Männer scheinen die Ehe in ihrer klassischen Form bewahren zu wollen, während Frauen einem Wandel der Ehe hin zu einer offeneren Institution aufgeschlossener sind. Weithin überschätzt wird dagegen die Bedeutung der romantischen Liebe als Heiratsmotiv. Als Voraussetzung für eine Eheschließung ist Liebe zumeist unverzichtbar. Allein ausschlaggebend ist sie jedoch selten. Geheiratet wird, wenn die Beteiligten den Eindruck haben, dadurch sehr konkrete Vorteile zu erlangen. Trotz sinkendem Nutzen scheinen die Vorteile einer Ehe aus Sicht der Akteure noch sehr zahlreich zu sein. Anhang Tabelle A1 Die Mittelwerte der Einstellungs-Items nach Sinnzuschreibungs-Cluster Items Cluster 1 2 Gesamt 3 4 Die Ehe ist eine Bindung auf Lebenszeit 1,86 1,59 1,53 2,51 1,90 Die standesamtliche Heirat ist heutzutage völlig ausreichend 1,58 3,92 3,25 1,77 2,55 Wer Kinder haben will, sollte heiraten 2,20 2,86 2,0 4,06 2,79 Zu einem erfüllten Leben gehört für mich eine Ehe 2,06 1,73 1,83 3,69 2,36 Die Ehe dient der finanziellen und rechtlichen Absicherung 2,34 3,26 3,05 3,35 2,98 Die Ehe sollte auch Paaren gleichen Geschlechts offen stehen 1,75 1,63 4,35 1,99 2,39 Unverheiratete Paare sollten verheirateten Paaren rechtlich gleichgestellt werden 2,51 2,26 4,12 2,25 2,76 Die Ehe ist eine unverzichtbare gesellschaftliche Einrichtung 2,43 2,72 2,17 3,80 2,79 Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung); die Antwortskala reicht von 1 „volle Zustimmung“ bis 5 „volle Ablehnung“; Clusterbezeichnungen siehe Text; n = 754 150 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 36, Heft 2, April 2007, S. 131–152 Tabelle A2 Die Mittelwerte der Motiv-Items nach Motiv-Clustern Items Cluster Gesamt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Ich hatte schon immer den Wunsch zu heiraten 2,05 2,44 2,32 2,00 1,87 1,70 3,14 3,81 3,94 2,58 Viele meiner Bekannten haben auch geheiratet 4,30 4,00 4,03 2,14 2,76 4,39 4,40 4,39 4,59 3,95 Meine Familie hat eine Hochzeit erwartet 4,63 3,95 3,93 2,05 3,02 4,28 4,66 4,64 4,66 4,05 Spontane Entscheidung 3,78 3,24 3,11 2,93 3,66 4,35 1,83 1,86 4,55 3,39 Festigung der Beziehung 1,94 2,68 1,83 1,85 2,00 2,24 1,64 3,70 3,22 2,33 Heirat aus Liebe 1,23 1,39 1,20 1,19 1,13 1,07 1,14 1,22 1,36 1,19 Gemeinsames Sorgerecht für Kinder 1,47 2,43 4,26 1,38 4,73 4,89 4,81 4,36 4,54 3,97 Ökonomische Vorteile, wie Steuervorteile 3,17 3,28 3,29 2,71 2,99 4,19 4,08 4,14 3,59 3,56 Freude an einer besonderen Feier 2,73 3,27 2,86 2,12 2,17 3,69 2,08 4,38 3,74 3,09 Vermeidung räumlicher Trennung (Abschiebung, Versetzung o.ä.) 4,55 4,65 1,37 4,19 4,82 4,83 4,87 4,79 4,71 4,44 Die Heirat war für mich selbstverständlich 2,31 2,42 2,39 2,12 2,04 2,02 3,28 3,37 3,82 2,69 Ich bzw. meine Partnerin war schwanger 4,97 1,15 4,74 4,48 4,88 4,91 4,85 4,79 4,83 4,45 Symbolisierung eines neuen Lebensabschnitts 1,95 2,01 1,78 1,74 1,86 2,01 1,94 4,26 2,87 2,23 Anmerkungen: Ergebnisse aus Clusteranalyse (Ward-Verfahren mit anschließender K-means-Optimierung); die Antwortskala reicht von 1 „besonders ausschlaggebend“ bis 5 „überhaupt nicht ausschlaggebend“; Clusterbezeichnungen siehe Text; n = 754 Literatur Bacher, J., 1996: Clusteranalyse. 2. 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Zuletzt in dieser Zeitschrift: Woran scheitern Partnerschaften? Subjektive Trennungsgründe und Belastungsfaktoren bei Ehepaaren und nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften. ZfS 19, 1990: 458–470. Heiko Rüger, geb. 1978 in Mainz. Studium der Soziologie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Mainz. Seit 2006 Doktorand am Institut für Soziologie und Lehrbeauftragter am Klinikum der Universität Mainz. Seit 2007 Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Mainz. Forschungsschwerpunkte: Familiensoziologie, Mobilitätsforschung, Methoden der empirischen Sozialforschung.