Recht im medialen Feld. Aktuelle und historische Konstellationen, Hg. Susanne Knaller und Doris Pichler, PhiN Beihefte 12, 2016, 159-181., 2016
The final letters of Ovid’s collection Heroides tell the remarkable story of a written oath. Acon... more The final letters of Ovid’s collection Heroides tell the remarkable story of a written oath. Acontius has fallen in love with the beautiful Cydippe. Since she is already promised to another man, Acontius uses a deceitful stratagem: He sends her an apple on which he inscribed „cunning words“, namely, an oath of engagement. As Cydippe reads the inscription aloud mechanically, she finds herself involuntarily bound to marry Acontius, and finally gives in to his insistent wooing. If read against the backdrop of a media theory of law, Ovid’s story raises a couple of important questions concerning the relationship of orality and literacy at the beginning of Western legal history. While the oath undoubtedly is a fundamental element of early law, it is usually understood as part of an „archaic“ oral law that is „rationalized“ only afterwards by being transferred to writing. Ovid, however, presents the idea of an originally written oath and thus invites the reader to reconsider the relation of speech and writing: To what extent may writing exert a binding force that is distinct from the representation of speech?
Bookmarks Related papers MentionsView impact
Uploads
Books by Joachim Harst
Während literarische Ehebruchsgeschichten häufig die Sprengkraft dieser Dialektik bewusst in den Vordergrund stellen, streben Religion und Recht an, sie einzuschränken und zu regulieren. Doch produziert nicht bereits das Reden über Liebe Affekte, sodass jeder Versuch der Einschränkung im Grunde unfreiwillig seiner Subversion zuarbeitet?
Auch von Seiten der Literatur wird diese Gegenseitigkeit immer wieder betont: Romane wie Gottfrieds »Tristan« oder Goethes »Werther« wiederholen unermüdlich, dass Liebe durch Lesen entsteht - und fordern umgekehrt ein liebendes Lesen ein. Sie wollen »Philo-Logie« hervorrufen - literarisch geweckte »Liebe zum Logos«. Der Frage, in welchem Verhältnis diese Liebe wiederum zur Literaturwissenschaft stehen kann, wird hier auf den Grund gegangen.
Mit Beiträgen von Michael Auer (München), Lars Friedrich (Frankfurt), Jason Groves (Yale), Joachim Harst (Bonn), Kristina Mendicino (Notre Dame), Gregory Nagy (Harvard), Thomas Schestag (Frankfurt), Jesper Svenbro (Paris) und Christian Villiger (Zürich).
Instrument dieses »Willens zum Heil« ist die christlich verstandene »figura« in allen ihren Schattierungen: Als emblematische Struktur (Schöne), als heilsversprechendes Interpretament (Auerbach), aber auch als anschauliche theatrale bzw. rhetorische Figur. Ausgehend von zwei Märtyrerspielen (Catharina von Georgien und Carolus Stuardus) werden zunächst die sprachlich-theatralen Strategien von Vereindeutigung und Erfüllung bei Gryphius herausgearbeitet, um dann in Auseinandersetzung mit den zeitgenössisch relevanten Regelwerken nach dem Anteil der Poetik (Scaliger, Heinsius) und Rhetorik (Tesauro), aber auch des Theaterapparats und seiner spezifischen Anschaulichkeit zu fragen: Als theatraler Heilsbeweis hat das Märtyrerspiel grundsätzlich mit dem Problem des rhetorisch-mechanischen Scheins zu kämpfen; der von ihm bewiesene Gott ist ein »deus ex machina.« Diese doppeldeutige Theatralisierung des Heilsversprechens und seiner Einlösung ist, wie zuletzt das Studium der Leichenreden des Gryphius belegt, nicht als Scheitern der literarischen Strategie, sondern als deren theologisches Programm zu verstehen.
Schließlich wird von dem Figurenspiel der Märtyrerstücke und Leichenreden aus der Bogen zurück zu Kleist geschlagen, dessen Lustspiel Der zerbrochne Krug die figurale Technik des barocken Heilsbeweises in der Überlagerung von Sündenfall (Adam und Eva) und tragischem Fall (Ödipus) aufnimmt und zur abgründigen Komödie verkehrt.
Papers by Joachim Harst
Während literarische Ehebruchsgeschichten häufig die Sprengkraft dieser Dialektik bewusst in den Vordergrund stellen, streben Religion und Recht an, sie einzuschränken und zu regulieren. Doch produziert nicht bereits das Reden über Liebe Affekte, sodass jeder Versuch der Einschränkung im Grunde unfreiwillig seiner Subversion zuarbeitet?
Auch von Seiten der Literatur wird diese Gegenseitigkeit immer wieder betont: Romane wie Gottfrieds »Tristan« oder Goethes »Werther« wiederholen unermüdlich, dass Liebe durch Lesen entsteht - und fordern umgekehrt ein liebendes Lesen ein. Sie wollen »Philo-Logie« hervorrufen - literarisch geweckte »Liebe zum Logos«. Der Frage, in welchem Verhältnis diese Liebe wiederum zur Literaturwissenschaft stehen kann, wird hier auf den Grund gegangen.
Mit Beiträgen von Michael Auer (München), Lars Friedrich (Frankfurt), Jason Groves (Yale), Joachim Harst (Bonn), Kristina Mendicino (Notre Dame), Gregory Nagy (Harvard), Thomas Schestag (Frankfurt), Jesper Svenbro (Paris) und Christian Villiger (Zürich).
Instrument dieses »Willens zum Heil« ist die christlich verstandene »figura« in allen ihren Schattierungen: Als emblematische Struktur (Schöne), als heilsversprechendes Interpretament (Auerbach), aber auch als anschauliche theatrale bzw. rhetorische Figur. Ausgehend von zwei Märtyrerspielen (Catharina von Georgien und Carolus Stuardus) werden zunächst die sprachlich-theatralen Strategien von Vereindeutigung und Erfüllung bei Gryphius herausgearbeitet, um dann in Auseinandersetzung mit den zeitgenössisch relevanten Regelwerken nach dem Anteil der Poetik (Scaliger, Heinsius) und Rhetorik (Tesauro), aber auch des Theaterapparats und seiner spezifischen Anschaulichkeit zu fragen: Als theatraler Heilsbeweis hat das Märtyrerspiel grundsätzlich mit dem Problem des rhetorisch-mechanischen Scheins zu kämpfen; der von ihm bewiesene Gott ist ein »deus ex machina.« Diese doppeldeutige Theatralisierung des Heilsversprechens und seiner Einlösung ist, wie zuletzt das Studium der Leichenreden des Gryphius belegt, nicht als Scheitern der literarischen Strategie, sondern als deren theologisches Programm zu verstehen.
Schließlich wird von dem Figurenspiel der Märtyrerstücke und Leichenreden aus der Bogen zurück zu Kleist geschlagen, dessen Lustspiel Der zerbrochne Krug die figurale Technik des barocken Heilsbeweises in der Überlagerung von Sündenfall (Adam und Eva) und tragischem Fall (Ödipus) aufnimmt und zur abgründigen Komödie verkehrt.