Verfahren zur Prozesssteuerung bei der Herstellung von Polyestern oder Copolyestern
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Polyesters oder Copo- lyesters, wobei die Viskosität des Endproduktes durch die Messung der Viskosität des Hauptstroms aus dem Endreaktor gesteuert wird.
Verfahren zur Herstellung von Polyestern und Copolyestern sind bekannt (US 3,499,873,EP 0 532 988, DE 35 44 551 , US 6,582,080). Herkömmlich werden dabei die Rohstoffe zunächst in einer Veresterungsreaktion zu einem Hydroxy- alkyldicarbonsäure-Monomer- oder -Oligomer-Gemisch umgesetzt. Dieses teil- veresterte Oligomer wird anschließend einer Vor- bzw. Prepolykondensation unterworfen, wobei ein Prepolymer und Kondensationsprodukte sowie ein Re- aktionsgas, im Wesentlichen bestehend aus bifunktionalen Alkoholen und Wasser, erhalten werden. Das Prepolymer wird anschließend in einem Endreaktor einer Polykondensation unterworfen, um den Polymerisationsgrad bzw. die Molmasse des Polyesters auf den gewünschten Wert einzustellen. Geeignete Endreaktoren sind beispielsweise aus US 3,617,225 bekannt.
Der gewünschte Polymerisationsgrad hängt stark von der beabsichtigten Verwendung des Polymeren ab und muss in engen Grenzen eingehalten werden, um die Produktionssicherheit und gleichmäßige Eigenschaften der aus der Polymerschmelze hergestellten Endprodukte sicherzustellen.
Anstelle von Molmasse bzw. Polymerisationsgrad wird zum Zweck der Produktionssteuerung üblicherweise die direkt zugängliche Viskosität der Polymerschmelze gemessen. Diese Größen hängen über bekannte und für den Fachmann leicht zugängliche Beziehungen wie beispielsweise die Mark-Houwink- Beziehung zusammen (siehe z. B. Hoffmann/Krömer/Kuhn, Polymeranalytik, Stuttgart, 1977).
Die Kontrolle der Viskosität der aus dem Endreaktor austretenden Schmelze erfolgt üblicherweise online durch Viskosimeter. Aufgrund des Messergebnisses werden, falls notwendig, dann die Bedingungen im Endreaktor, z. B. Druck, Temperatur oder Verweilzeit auf die erforderlichen Werte geregelt.
Für diese online-Viskosimeter sind verschiedene Messprinzipien gebräuchlich:
Kapillarviskosimeter messen die Viskosität in einem Teilstrom, der aus dem aus dem Endreaktor austretenden Schmelzehauptstrom abgezweigt und nach der Messung üblicherweise wieder eingeschleust wird. Bekannt sind geeignete Ver- fahren und Vorrichtungen z. B. aus EP 0 595 276, WO 00/66993 und EP 0 769 690. Die Nachteile dieser Methode bestehen darin, dass ein teures, zusätzliches Messgerät notwendig ist,
- die Eigenschaften nur eines kleinen Teilstroms gemessen werden, der Teilstrom sich durch die Behandlung im Viskosimeter (starke Scherung, unterschiedliche Verweilzeit, unterschiedliche Temperatur) verändern und damit die Messung selbst verfälschen kann. eine schleichende Verstellung des Messgerätes nicht gleich bemerkt wird und damit die Reaktorfahrweise negativ beeinflusst. zusätzliche Kalibrierung und Wartung notwendig ist.
Ebenfalls bekannt ist die Messung mittels eines Ausflussviskosimeters beispielsweise aus US 6,405,579. Hierbei tritt ständig ein kleiner Teilstrom durch eine definierte Düse aus der Produkthauptleitung aus. Die ausfließende Menge wird kontinuierlich, z. B. mittels einer Waage erfasst. Da diese Menge bei sonst gleich bleibenden Bedingungen direkt mit der Schmelzeviskosität korreliert ist, lässt sich hiermit ebenfalls die Schmelzeviskosität überwachen und der Endreaktor regeln.
Die Nachteile dieser Methode bestehen darin, dass ebenfalls nur die Eigenschaften eines kleinen Teilstroms gemessen werden, mit der kontinuierlich arbeitenden Waage ebenfalls ein teures Zusatzgerät notwendig ist, aufgrund der austretenden Menge eine ständige Überwachung und Reinigung der Waage und der Düse erforderlich ist,
ständig Produkt verloren geht.
Eine Methode, die die Nachteile der Teilströme vermeidet, ist die Messung mittels Rotations- oder Oszillationsrheometern (siehe z. B. Hoffmann/ Krö- mer/Kuhn, Polymeranalytik, Stuttgart, 1977) direkt im Schmelzehauptstrom. Hierbei befinden sich von außen angetriebene Rotationskörper direkt in der Produktleitung, wo sie die Eigenschaften der sie umströmenden Schmelze erfassen. Aufgrund der in der Produktleitung auftretenden Temperaturen (> 280°C) und Drücke (> 20 bar) treten jedoch vielfältige Schwierigkeiten hinsicht- lieh Abdichtung, Vermeidung von Einflüssen durch die Schmelzeströmung, Tot- zonenbildung, etc. auf. Auch kann in der laminaren Schicht um den Rotationskörper ein thermischer Kettenabbau stattfinden, der die physikalischen Eigenschaften dieser Schicht gegenüber der des Schmelzehauptstroms verändert und so das Messergebnis verfälscht. Daher ist auch diese Methode mit hohem apparativem und Wartungsaufwand sowie einer hohen Störanfälligkeit verbunden.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Steuerung des Endreaktors zur Verfügung zu stellen, das die oben genannten Nachteile vermeidet.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gelöst, bei dem der Endreaktor aufgrund der Messung mindestens einer Temperatur, mindestens einer Druckdifferenz und dem Volumenstrom im Schmelzehauptstrom gesteuert wird. Als Schmelzehauptstrom wird dabei der Schmelzestrom bezeichnet, der zwischen dem Endreaktor der Polykondensation und der Verformungseinheit, in der aus der Polymerschmelze durch Erstarren Formkörper gebildet werden, fließt. Als Formkörper kommen dabei sowohl Fasern, Filme und Folien in Betracht als auch Stränge, die anschließend granuliert werden und alle anderen Gegenstände, die aus der Polymerschmelze geformt werden können. Entsprechend werden als Verformungseinheiten beispielsweise Lochdüsen, Flach- oder Rundschlitzdüsen, Foliengießer oder Gießköpfe von Granulatoren eingesetzt. Ebenso ist es denkbar, Spritzgießeinheiten zur Herstellung beliebiger Formkörper einzusetzen.
Aus dem Endreaktor wird die Schmelze mittels einer Austragspumpe, meist einer großen Zahnradpumpe ausgetragen. Zahnradpumpen arbeiten volu- metrisch, d. h. das von ihnen geförderte Volumen lässt sich unabhängig von der Viskosität der geförderten Schmelze über die Pumpendrehzahl bestimmen.
Der Schmelzehauptstrom wird zur Entfernung von Verunreinigungen durch ei- nen Polymerschmelzefilter geleitet.
Erfindungsgemäß wird aus den Messwerten von zwei im Schmelzehauptstrom hintereinander angeordneten Druckaufnehmern, der Temperatur der Schmelze zwischen diesen beiden Druckaufnehmern und dem von der Zahnradpumpe, bekannten Volumenstrom der Schmelze die Viskosität berechnet und bei Abweichung dieser Viskosität vom Sollwert der Endreaktor so gesteuert, dass der Sollwert wieder erreicht wird. Beispielsweise wird man bei Absinken der Viskosität unter den Sollwert den Druck im Reaktor verringern und beim Ansteigen der Viskosität über den Sollwert den Druck erhöhen. Weitere Eingriffsmöglich- keiten werden jedoch nicht ausgeschlossen.
In Analogie zur Hagen Poisseuiile-Gleichung ist der Druckverlust Dp bei laminarer Strömung proportional der dynamischen Viskosität multipliziert mit dem Volumenstrom Vt. Die Proportionalitätskonstante Kη lässt sich näherungsweise aus der Geometrie ableiten (bei einem Rohr mit Innendurchmesser D und Länge L beträgt sie beispielsweise 128*L / (7 *D4) ). Besser ist es jedoch, die Kon- stante beim Start der Anlage aus Messwerten zu bestimmen in der gleichen Weise, wie beim Kapillarviskosimeter eine Ermittlung der Gerätekonstante erfolgt. Da viele Polymere eine scherabhängige Viskosität aufweisen, ist bei bekanntem Fliessgesetz gegebenenfalls die Anpassung einer zusätzlichen Konstante Kscher erforderlich. η = Kη * y * ficher(Kscher,η,r,...)
A. In dem einfachen Fall einer unverzweigten Strecke nach der Austrags- pumpe (oder vor einer Boosterpumpe) lässt sich die Viskosität in genü- gender Genauigkeit durch die Messung des Differenzdruckes, einer mittleren Temperatur und mit Kenntnis des Volumenstromes aus der Pumpendrehzahl berechnen.
B. Im Fall der Verzweigung des bekannten Hauptvolumenstromes auf zwei oder mehr parallele Teilströme z.B. zu parallel geschalteten Stranggießern lässt sich die Viskosität durch Messung der Drücke und der Temperaturen vor den Stranggießern berechnen, nachdem man die Streckenparameter K,, und Kscher der einzelnen Parallelstrecken bestimmt hat. Aus den Druckverlustbeziehungen für die einzelnen Parallelstrecken und der Aufsummierung der Teilströme zum bekannten Hauptstrom ergibt sich ein Gleichungssystem zur Bestimmung der Viskosität und der Teilströme. Die genaue Kenntnis der Teilströme kann z.B. zur besseren Steuerung der einzelnen Abzugsgeschwindigkeiten genutzt werden, um so ein gleichmäßigeres Granulat zu erzeugen.
Überraschenderweise ist es für die Qualität der erfindungsgemäßen Reaktorüberwachung nicht erforderlich, dass die Druck- und Temperaturmessungen unmittelbar am Produktauslaß des Endreaktors oder direkt nach der Austrags- pumpe erfolgen müssen. Auch die im späteren Verlauf des Schmelzehauptstromes feststellbaren Änderungen sind unter Berücksichtigung der verlänger- ten Regeltotzeiten für eine Überwachung des Endreaktors noch geeignet.
Bei den heute üblichen Polyesteranlagen werden Endreaktoren mit einer Produktionsleistung von bis zu 1000 t Polyester pro Tag eingesetzt. Es ist daher möglich und üblich, mit der Polymerschmelze aus einem Endreaktor mehrere Verformungseinheiten zu versorgen. Hierzu werden spezielle Schmelzeverteiler eingesetzt. Die Aufteilung in mehrere Teilströme kann mittels einem einzigen Schmelzeverteiler oder einer sich verzweigenden Anordnung mehrerer Schmelzeverteiler erfolgen. Geeignete Schmelzeverteiler sind z. B. in EP 615 006 beschrieben.
Bei größeren Anlagen, z. B. bei Direktspinnereien, in denen die Polymerschmelze aus dem Endreaktor ohne zwischenzeitliche Granulatstufe direkt zu Fasern oder Filamenten versponnen wird, ist zwischen Austragspumpe und Verformungseinheit aufgrund des großen Druckverlustes beim Schmelzetrans- port und zur sicheren Versorgung aller Verformungseinheiten mindestens eine Druckerhöhungspumpe notwendig. Diese kann vor oder auch nach dem Schmelzeverteiler angeordnet sein. In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Druckdifferenz zwischen Polymerfilter und Druckerhöhungspumpe gemessen.
Um die Schmelze gleichmäßig auf die Verformungseinheiten zu verteilen, ist es bisher schon gebräuchlich, hinter dem Schmelzeverteiler Druckaufnehmer vorzusehen, mit Hilfe von deren Messwerten der Schmelzeverteiler gesteuert wird. In Anlagen, in denen Polyestergranulat hergestellt wird, sind diese Druckauf- nehmer üblicherweise in den Granuliereinrichtungen eingebaut. Die Temperatur der Schmelze wird vor dem Schmelzeverteiler gemessen. Auch Messungen der Schmelzetemperatur nach dem Schmelzeverteiler sind möglich.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden die Messwerte aller Druckaufnehmer, die Schmelzetemperatur sowie der bekannte Volumenstrom der Austragspumpe zur Ermittlung der I.V. verwendet. Bei Abweichung dieser I.V. von einem Sollwert wird der Endreaktor entsprechend nachgeregelt.
Zwei mögliche Ausführungsformen der Erfindung werden im Folgenden genauer beschrieben, ohne allerdings die Erfindung auf diese beiden Ausgestaltungen zu beschränken:
Fig. 1 zeigt eine Anlage zur Herstellung von Polyestergranulat, das beispielsweise für die Herstellung von Getränkeflaschen verwendet werden kann. Die Schmelze wird aus dem Endreaktor 1 mittels einer Austragspumpe 2 durch einen Polymer-schmelzefilter 3 vorbei an einem in der Rohrleitung eingebauten Temperaturfühler Ti, der die Temperatur T misst, auf einen Schmelzeverteiler 4 geleitet. Der Schmelzedurchsatz V wird aus dem bekannten Fördervolumen pro Umdrehung und der Drehzahl der Austragspumpe 2 berechnet. Im Schmelzeverteiler 4 wird die Schmelze auf mehrere (abgebildet sind hier vier) Granulatoren 5 aufgeteilt. Die Druckauf- nehmer P1 , P2, P3 und P4, die die Druckmesswerte p-i - p4 liefern, sitzen direkt in den als Stranggießer bezeichneten Teilen dieser Granulatoren und messen den Differenzdruck über den Giesskopf zur Atmosphäre. Die Messwerte werden in das Pro- zessleitsystem eingespeist, in der die aktuelle I.V. berechnet wird. In Abhängigkeit von der Differenz dieses Wertes vom vorgegebenen Sollwert der I.V. wird nun in die Reaktorsteuerung eingegriffen, beispielsweise indem über die Vakuumsteuerung PC der Druck im Reaktorraum geändert wird.
Fig. 2 zeigt eine Direktspinnerei. Diese entspricht bis zum Polymer- schmelzefilter 3 der in Fig. 1 gezeigten Anlage. Nach dem Filter 3 befindet sich im Schmelzehauptstrom jedoch direkt die Differenz-
druckmessstrecke zwischen den beiden Druckaufnehmern P5 und P6, die die Druckmesswerte liefern. Zwischen beiden Druckaufnehmern wird die Temperatur des Schmelzehauptstromes mit dem Temperaturfühler Ti1 gemessen. Nach dieser Druckmessstrecke befindet sich eine Druckerhöhungspumpe 6, die den not- wendigen Druckaufbau für die Verteilung des Schmelzehauptstroms über den Schmelzeverteiler 4 auf die einzelnen Spinnbalken 7 übernimmt. Die Messwerte werden in das Prozessleitsystem eingespeist, in dem die aktuelle I.V. berechnet wird. In Abhängigkeit von der Differenz dieses Wertes vom vorgegebenen Sollwert der I.V. kann nun ebenfalls in die Reaktorsteuerung eingegriffen werden.
In vielen Spinnereien ist vor dem Schmelzeverteiler eine Möglichkeit zur Ausschleusung von Polymerschmelze vorhanden. Üblicherweise handelt es sich hierbei um einen Granulator 8, der aus momentan nicht in der Spinnerei benötigtem Polymer Chips herstellt, die später erneut aufgeschmolzen und beispielsweise zur Faser-, Folien- oder Flaschenherstellung verwendet werden können. In diesem Fall erfolgt die Ausschleusung beispielsweise zwischen Polymerfilter 3 und erstem Druckaufnehmer P5. Dieser Schmelzestrom wird über die Differenz der Pumpenströme bestimmt und erlaubt unter Benutzung des Druckaufnehmers P7 und des Temperaturfühlers Ti2 ebenfalls die Berechnung einer Viskosität mit Hilfe des Prozessleitsystems.
Die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens wird im Folgenden an Hand von Beispielen verdeutlicht.
Beispiel 1
In einer Anlage zur Herstellung von PBT mit nur einem Granulator wurde alter- nativ zum Viskosimeter die Viskosität aus der Drehzahl der Austragspumpe, der
Temperatur in der Austragsleitung und dem Druck vor dem Giesskopf berech-
net. Fig. 3 zeigt über mehrere Tage die gute Übereinstimmung der beiden Werte nach Anpassung der Proportionalitätskonstante KSCher-
Beispiel 2
In einer Anlage zur Herstellung von Flaschen-PET mit zwei Granulatoren wurde die Viskosität aus der Drehzahl der Austragspumpe, der Temperatur in der Aus- tragsleitung und den Drücken vor den Giessköpfen berechnet und zur Viskositätsregelung verwendet. Es zeigte sich, dass die Qualität dieser Regelung mindestens ebenso gut war, wie mit einem üblichen Viskosimeter. Die Zielviskosität von 0,625 dl/g konnte mit einer Standardabweichung von 0,0015 dl/g (± 0,004 dl/g absolut) eingehalten werden.