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Verfahren zur Gewinnung eines praktisch stärkefreien, unverdünnten
Fruchtwassers aus Kartoffeln
Die Gewinnung von Eiweiß und anderen Inhaltsstoffen
des Kartoffelfruchtwassers in Verbindung mit der Kartoffelstärkefabrikation konnte
nur dann Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg haben, wenn es gelingt, das Fruchtwasser
aus dem Kartoffelreibsel in unverdünnter Form zu erhalten.
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Die unmittelbare Abscheidung des unverdünnten Fruchtwassers des Kartoffelreibsels
durch Filtern, sei es mittels Filterpressen, Zellenfilter, hydraulischer Pressen,
Siebmantelschleudern od. dgl., bereitet bekanntlich Schwierigkeiten wegen der Verschleimungsgefahr
bei zu engen Filteröffnungen oder wegen der Stärkeverluste bei zu großen Filteröffnungen.
Man hat daher neuerdings mit Erfolg versucht, die Fruchtwasserabscheidung in Vollmantelschleudern,
sogenannten Reibselschleudern, durchzuführen. Hierbei erhält man aber ohne größere
Verdünnung kein stärkefreies Fruchtwasser.
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Die Erfindung stellt sich die Aufgabe, praktisch stärkefreies, unverdünntes
Fruchtwasser aus dem Kartoffelreibsel unter Benutzung von Vollmantelschleudern abzutrennen;
sie löst die Aufgabe unter Ausnutzung folgender- Beobachtungen bzw. Tatsachen: Wird
unverdünntes Kartoffelreibsel ausgepreßt, so hat das abgepreßte Fruchtwasser durch
die löslichen Stoffe ein spezifisches Gewicht von etwa 1,025 entsprechend 3,4 bis
3,60 Be. Es hat sich
nun herausgestellt, daß in einer kontinuierlichen
Reibselschleuder, wie sie derzeitig in der Industrie verwendet wird, sich die Sinkstoffe
auf Grund des hohen spezifischen Gewichtes des Fruchtwassers nicht mit der notwendigen
Geschwindigkeit absetzen können, da diese als Überlaufschleuder arbeitende Maschine
dem Reibsel eine zu geringe Aufenthaltsdauer gewährt. Die von zwei Firmen für diesen
Zweck gebauten sogenannten Trennschleudern arbeiten mit einem C = 3260 bzw.
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C = 4+30. Auch kontinuierlich arbeitende Vollmantelschleudern mit
Überlauf, wie sie bereits für die Abtrennung von Fruchtwasser aus Kartoffelreibsel
vorgeschlagen worden sind, liefern kein praktisch hinreichend unverdünntes und stärkefreies
Fruchtwasser.
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Es hat sich nun überhaupt in der Fachwelt, da alle Versuche mitVollmantelschleudern
zu arbeiten, praktisch fehlschlugen, die Ansicht gebildet, daß das Abtrennen von
unverdünntem, praktisch stärkefreiem Fruchtwasser aus Kartoffelreibsel mit Hilfe
von Vollmantelschleudern gar nicht möglich sei aus folgenden Erwägungen heraus:
Bei unverdünntem Kartoffelreibsel handelt es sich um ein physikalisch vorläufig
überhaupt nicht fdefinierbares Gemisch. Das Reibsel enthält eine flüssige Phase,
die keineswegs einfach ein reines Lösungsmittel darstellt, sondern die aus einer
teils kolloidalen, teils echten Lösung von hohem spezifischem Gewicht der verschiedenartigsten
Substanzen (Salze,verschiedene Zuckerarten, Eiweißabbauprodukte,Vitamine,Wirkstoffe,
Alkaloide, Hoch- und Niedermolekulareiweißkörper, Schwimmstoffe, Farbstoffe, Saponin
u. a. m.) besteht. Die feste Phase enthält Stärke-, Faser-, Lignin- und Korkbestandteile,
die sich in ihrem spezifischen Gewicht stark unterscheiden und von denen die Korkbestandteile
zweifellos leichter als die feste Phase sind, was wahrscheinlich auch für die Faser
zutrifft. Das Reibsel kann jedoch nicht einmal als ein Zweiphasensystem aufgefaßt
werden, sondern es kommt noch eine dritte Gasphase hinzu. Bei der Reibselgewinnung
erfolgt eine starke Untermischung mit feinstverteilten Luftbläschen, so daß in das
an sich schon komplex zusammengesetzte Reibsel ein Flotationsmoment hereingebracht
wird, wodurch die physikalischen Vorgänge beim Schleudern vollends unübersichtlich
und unvorhersehbar werden.
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Die grundlegend bekannte Theorie, daß sich in einer Vollmantelschleuder,
in der das Trennen genau wie beim Absitzen vor sich geht, nur durch den Einfluß
der Schleuderkraft mit größerer Beschleunigung erfolgt, und welche auch normalerweise
auf einfach zusammengesetzte zweiphasige Flüssigkeiten zutrifft, kann aus bereits
obenerwähntem Grund auf Kartoffelreibsel nicht angewendet werden. Wird beispielsweise
unverdünntes Kartoffelreibsel in einem Glasgefäß lange Zeit der Ruhe überlassen,
so trennt sich nicht etwa die flüssige von der festen Phase, dergestalt, daß die
Feststoffe sich am Boden des GefäBes konzentriert haben und das verhältnismäßig
sich gering abscheidendeFruchtwasser darüber steht, sondern es bilden sich drei
Schichten, und zwar a) eine Feststoffschicht am Boden, b) eine Fruchtwasserschicht
in der Mitte, c) eine auf der zu hi schwimmende Feststoffschicht.
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Diese seinerzeit gemachte Beohachtung läßt die Vermutung aufkommen,
die auch durch das bisherige Fehlschlagen von Schleuderversuchen erhärtet wurde,
daß das spezifische Gewicht der flüssigen Phase zu groß sei, daß die zu c) genannte
Schicht die spezifisch leichteren Teile enthalte, während die zu a) genannte diejenigen,
welche schwerer sind als das tragende Medium Fruchtwasser, darstellen müßte. Vorgenommene
Untersuchungen brachten jedoch überraschenderweise das Ergebnis, daß sowohl die
zu a) als auch die zu c) genannte Schicht annähernd die gleiche Analyse aufweist,
auch den gleichen Gehalt an gebundener Stärke, was gleichzeitig ein Kriterium für
die etwa gleich große Korngröße bedeutet.
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Da in einem Glasgefäß die Trennung der flüssigen Phase selbstverständlich
nur unvollkommen und sehr zeitraubend war, wurde versucht, mittels einer Vollmantelschleuder
die Zeit abzukürzen.
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Zahlreiche Versuche, welche mit verschiedener Zentrifugalbeschleunigung
und verschieden langer Dauer der Einwirkung derselben durchgeführt wurden, lassen
folgende Regeln erkennen, welche mühsam erarbeitet wurden: I. Wird unverdünntes
Kartoffelreibsel unterhalb einer ganz bestimmten Zentrifugalbeschleunigung (C =
w2 r = etwa 6000) in eine Vollmantelschleuder gefüllt und nachgeschleudert, so bilden
sich stets drei Ringe, und zwar die flüssige Phase in der Mitte, gleichgültig ob
die Schleuderdauer selbst bis auf 2 Stunden verlängert wird oder ob nachträglich
mit einem C über 6000 selbst lange Zeit nachgeschleudert wird.
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2. Wird von vornherein mit einem C über 6ooo gefüllt, so werden stets
zwei Ringe erhalten, gleichgültig ob bereits nach 2 Minuten Schleuderdauer auch
für lange Zeit das C auf beispielsweise 4000 herabgesetzt wird.
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3. Wird mit einem C über 6000 gefüllt, so ist die Ringstärke der
flüssigen und festen Phasen bereits nach 2 Minuten Nachschleuderdauer annähernd
so groß wie nach 30 Minuten, allerdings wird bei längerer Schleuderdauer durch das
Auspreßmoment ein größerer Anteil der flüssigen Phase freigelegt.
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4. Für die Frage, ob sich zwei oder drei Ringe bilden, ist demnach
ausschlaggebend, bei welcher Zentrifugalbeschleunigung von vornherein die Charge
gefüllt wird.
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Zweifellos spielt die dritte, nämlich die gasförmige Phase (Luftbläschen,
welche sich vom Reiben der Kartoffel im Reibsel befinden) eine ausschlaggebende
Rolle, deren Flotationswirkung durch eine bestimmte Prallwirkung, welche wieder
in einem bestimmten Verhältnis zum C der rotierenden Vollmantelschleuder steht,
aufgehoben wird.
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Diese, durch mühsame Versuche herausgestellten Regeln erkannt zu
haben, welche im Gegensatz zu den normalen physikalischen Grundsätzen
stehen,
sind das erfinderische der Patentschrift.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung ist mithin dadurch gekennzeichnet,
daß das unverdünnte Kartoffelreibsel der ohne Uberlauf und bei einer oberhalb eines
kritischen Wertes (C = w2 r = etwa 6000) liegenden Zentrifugalbeschleunigung betriebenen
Vollmantelschleuder zugeführt wird, worin die ausgebildete, praktisch stärkefreie
Fruchtwasserschicht und die fruchtwasserarme Feststoffschicht in bekannter Weise
voneinander getrennt werden. Die in vorstehenden Absätzen angegebene Wirkung kann
nicht erzielt werden, wenn die Vollmantelschleuder kontinuierlich mit Überlauf betrieben
wird. In diesem Fall wird die Zentrifugalbeschleunigung sowie die Aufenthaltsdauer
in der Schleuder, die das einzelne Teilchen erfährt, um so geringer, je weiter die
Schleuder sich mit den festen Stoffen des Reibsels anfüllt und das neu hinzugeführte
Reibsel immer mehr in der Nähe der Achse der Schleuder eingebracht werden muß. Bei
einer derartigen Arbeitsweise erhält man demnach nur ganz am Anfang ein hinreichend
geklärtes Fruchtwasser, während gegen Ende der jeweiligen Beschickung, wenn der
Feststoffring auf den größten Wert angewachsen ist, so viel Faser und Stärke mit
dem überlaufenden Fruchtwasser abgeht, daß das Fruchtwasser im Gegensatz zu dem
nach dem vorliegenden Verfahren gewonnenen praktisch nicht ausreichend stärke- und
faserfrei ist.
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Um eine ausreichende Separation im unverdünnten Reibsel bei gleichzeitiger
praktischer Stärkefreiheit des Fruchtwassers noch leichter zu erzielen, hat es sich
als vorteilhaft erwiesen, für die Weiterverarbeitung des Fruchtwassers auf Eiweiß
u. dgl., jedesmal von jeder Charge nur etwa 4/5 des Fruchtwassers abzuführen, während
das letzte Fünftel, welches eine Übergangszone darstellt, wieder in das Ausgangsmaterial
vor der Vollmantelfüllschleuder zurückgegeben wird. Es wird also praktisch das Ausgangsreibsel
durch jeweilige Rückgabe eines gewissen Fruchtwasseranteils flüssiger gemacht.
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Hierdurch wird es auch pumpfähiger und läßt sich besser in die Maschine
einbringen. Die jeweilige Rückgabe von etwa 200/0 des Fruchtwassers in das frische
Ausgangsmaterial hat weiterhin zur Folge, daß zufolge des besseren Separationseffekts
sich auf der Fruchtwasserschicht schwimmend, eine praktisch stärkefreie Faserschicht
bildet, welche in erster Linie die spezifisch leichten, von der Kartoffelschale
herrührenden Korkbestandteile enthält.
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Diese sind durch geeignete engmaschige Siebvorrichtungen leicht abiuscheiden.
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Wird eine derartige Fruchtwasserabscheidung einer Stärkefabrik vorgeschaltet,
so ergibt sich hierdurch die Möglichkeit, bereits vor dem sich an die Vorreibe anschließenden
eigentlichen Stärkegewinnungsprozeß, einen Teil stärkearmer Faser dem Ausgangsreibsel
zu entziehen, so daß hierdurch eine erhebliche Entlastung des anschließenden Stärkegewinnungsverfahrens
eintritt.
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Es hat sich weiter herausgestellt, daß unverdünntes Fruchtwasser
(d.h. der Originalkartoffelsaft), sofern es der Einwirkung des Sauerstoffs möglichst
entzogen ist, verhältnismäßig wenig schäumt, keine schleimige Beschaffenheit aufweist
und sehr leicht selbst feinste Seide durchfließt. Bei Verwendung einer Vollmantelfüllschleuder
findet eine Durchlüftung nur in geringstem Maße statt, während bei den derzeitig
gebräuchlichen Reibselschleudern, welche nach dem Überlaufprinzip und vornehmlich
mit verdünntem Reibsel arbeiten, gleichzeitig eine außerordentlich starke Durchlüftung
stattfindet, die zufolge der Sauerstoffeinwirkung eine starke Schaumbildung verursacht
und das Fruchtwasser schleimig macht. Die aus dem Fruchtwasser mittels Siebvorrichtung
abgeschiedenen dunklen, korkstoffhaltigen und stärkearmen Faserteile beeinflussen
Qualität und Farbe der Trockenpülpe ungünstig.
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Es ist daher die gesonderte Verwertung für alle aus der Kartoffel
anschließend gewonnenen Produkte von großem Vorteil für deren Beschaffenheit.
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Die Erfindung ist in der Zeichnung schematisch veranschaulicht.
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A stellt die Kartoffel reibe dar. Das unverdünnte Ausgangsreibsel
gelangt in den Bottich B und wird von hier chargenweise einer geeigneten Vollmantelfüllschleuder
C zugeführt, wobei auf schnelle Füllung und hohe Zentrifugalkraft besonders zu achten
ist. Nach einer Schleuderdauer von beispielsweise 2 bis 4 Minuten befinden sich
innerhalb der Trommel zwei Schichtringe, a Feststoffe und b Fruchtwasser. Nach jeweiliger
Beendigung der Periode werden mit einem schmalen, mit Ausschälmesser versehenen
Ausschälrohr D etwa 4/5 der Fruchtwasserschicht b ausgeschnitten, mittels einer
Siebvorrichtung E abfiltriert und dieses etwa 3,4 bis 3,60 Be schwere Fruchtwasser
der Eiweißgewinnung od. dgl. zugeführt.
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Das letzte Fünftel der Schicht b wird in den Ausgangsreibseltank
B zwecks Verflüssigung des frischen Reibsels zurückgegeben. Die Schicht a wird mittels
eines großen Schälmessers unter Zugabe von Frisch- oder Prozeßwasser, welches in
die Auslaufschurre F zwecks Verdünnung und Ausspülung gegeben wird, ausgeschnitten
und bei G der Stärkegewinnungsanlage zugeführt. Das die Siebvorrichtung E verlassende,
in erster Linie korkstoffhaltige Fasermaterial c kann entweder gesondert verwertet
oder an geeigneter Stelle der Anlage für Stärkegewinnung oder der für Pülpetrocknung
zugeleitet werden.