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Verfahren zur Herstellung von Chromstahl im basischen Siemens-Martin-Ofen
unter Zufügung von chromhaltigem Schrott Bekanntlich fallen zur Zeit große Mengen
von Schrott an mit einem Chromgehalt von etwa o,5o bis 3,50010, vorzugsweise in
Form von Spänen, Blockschrott oder Sprengstücken. Eine Wiederverwendung ist in diesem
Umfange nicht möglich. Die Folge davon ist, daß auf den Hüttenwerken immer mehr
Chromschrott auf Lager geht, so daß dadurch teilweise schon eine Belästigung des
Betriebes aus Mangel an Lagerplatz hervorgerufen wird. Man hat sich vielfach dadurch
zu helfen versucht, daß man diesen chromhaltigen Schrott umgeschmolzen hat, wobei
jedoch der größte Teil des Chroms verlorenging. Es kommt hinzu, daß dieses Umschmelzverfahren
den an sich schon knappen Ofenraum in Anspruch nimmt.
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Es ist auch bekannt, bei der Herstellung von Chromstählen eine gewisse
Menge von Chromschrott mit einzusetzen. Bei dem üblichen Schmelzverfahren im basischen
Siemens-Martin-Ofen ist bisher das Bestreben darauf gerichtet gewesen, den Phosphorgehalt
frühzeitig auf möglichst geringe Werte zu drücken. Dabei findet das erste Abschlacken
bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen statt, aus der Erkenntnis heraus, daß
solch niedrige Temperaturen eine starke Entphospharung besonders begünstigen. Bei
einer derartigen Arbeitsweise
geht ein erheblicher Anteil des zugesetzten
Chroms mit der Vorschlacke verloren. Der Chromverlust betrug bei dieser Arbeitsweise
bis zum Abstechen etwa 50% des mit dem Schrott zugesetzten Chroms.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren, welches es gestattet, in wirtschaftlicher
Weise einen erheblich größeren Anteil des eingesetzten Chroms nutzbar zu machen,
ohne dabei unerwünscht hohe Phosphorgehalte in Kauf nehmen zu müssen. Das Verfahren
nach der Erfindung besteht darin, daß bei der Herstellung von chromhaltigen Stählen
im basischen Siemens-Martin-Ofen das erste Abschlacken erst in dem Augenblick vorgenommen
wird, in dem das Chrom weitgehend reduziert ist. Nach den bisher vorliegenden Erfahrungen
sind in diesem Zeitpunkt Temperaturen von etwa 159o° und darüber erreicht; die Temperaturangabe
bezieht sich auf die Temperatur der Stahllöffelprobe, gemessen mit dem optischen
Farbpyrometer. Es ist dabei notwendig, mit einer dünnflüssigen, sehr reaktionsfähigen
ersten Schlacke zu arbeiten, die schiwach basischen, neutralen oder schwachsauren
Charakter hat. Besonders beachtlich ist, daß bei der Reduktion des Chroms gleichzeitig
der Phosphor in großem Umfange oxydiert worden ist. Es kommt hinzu, daß durch die
Verwendung einer derartigen Schlacke die Wärmeübertragung auf das Bad erheblich
vergrößert und dadurch eine Verkürzung der Schmelzdauer herbeigeführt wird.
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Als weitere Vorteile kommen hinzu: Entsprechend erhöhte Abstichternperaturen,
die ein längeres Abhängenlassen der Stahlpfannen und -damit eine weitgehende Reinigung
des Stahles von mitgerissenen feuerfesten Stoffen, Desoxydationsrückständen u. dgl.
ermöglichen; außerdem wird die Dünnflüssigkeit des Stahles erhöht. Nach diesem Verfahren
können z. B. Stähle mit etwa o,io bis 0,35 % Kohlenstoff, 0,2o bis o,7o % Chrom
sowie gegebenenfalls 0,3o bis i,8o% Mangan, o,io bis i,oo% Silizium, o,o5 bis i,oo%
Kupfer und den üblichen Gehalten an Phosphor und Schwefel hergestellt werden, ohne
dabei hochchromhaltige Stoffe, wie Ferrochrom, Chromerz od. dgl., zu verwenden.
Es ist selbstverständlich auch möglich, die Stähle in üblicher Weise mit weiteren
Legierungselementen, wie Molybdän, Vanadin, Nickel, Wolfram, Titan usw., zu legieren
sowie ihnen durch Zusatz von Ferrochrom höhere Chromgehalte zu verleihen.
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Zur näheren Erläuterung des Verfahrens und seiner Ergebnisse werden
nachfolgende Beispiele gebracht. Diese Beispiele unterscheiden sich wesentlich durch
den Charakter ihrer Einlaufschlacken. Beide Beispiele bilden Grenzfälle, wie hochbasische
und schwachsaure Einlaufschlacke, wobei es jedoch durch die Erfindung möglich geworden
ist, das Ziel des hohen Chromrückgewinnes von rund 8o % aus dem eingesetzten legierten
Schrott ohne unerwünscht hohe Phosphorgehalte im Stahl zu erzielen.
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i. Es sollte ein Baustahl mit 0,3o bis 0,450/0 Chrom ohne Ferrochrom
erschmolzen werden. Der eingesetzte Chromschrott mit 2,700/0 Chrom im Mittel betrug
r8,2o0% des Gesamteinsatzes, was einem theoretischen Gehalt des Stahles von o,5o
% Chrom entsprach. Durch ungünstig gewählte Einsatzverhältnisse bildete sich in
der Einschmelzperiode eine hochbasische Schlacke. Der größte Teil des mit dem legierten
Schrott eingebrachten Chroms oxydierte. Die Einlaufschlacke war dickflüssig und
daher reaktionsträge. Diese Einlaufschlacke wurde erst bei hoher Stahlbadtemperatur
zu einem Zeitpunkt abgezogen, in dem das Chrom weitestgehend reduziert war. Die
Schmelze wurde darauf durch laufende kleine Kalkzugaben mit einer neuen basischen,
sämigen und reaktionsfähigen Schlacke fertiggemacht. Nach dem beschriebenen Verfahren
ist es gelungen, den verlangten Stahl mit einem Chromrückgewinn von 84% aus dem
eingesetzten Chromschrott ohne Ferrochromzusatz herzustellen. Die Fig. i zeigt den
Temperaturverlauf sowie das Verhalten von Chrom, Mangan und Phosphor während des
Fertigmachens der Schmelze. Es Ist bei 162o° das erstemal abgeschlackt worden. Trotz
der höheren Stahltemperaturen findet gleichzeitig eine starke -Oxydation von Phosphor
und eine starke Reduktion von Chrom statt. Mangan wird bei steigender Temperatur
des Stahlbades zunächst reduziert, darauf durch weitere Kalkzugabe schwach oxydiert.
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2. Es sollte ein Stahl erschmolzen werden mit einem Gehalt von 2,75
% Chrom im Mittel, wobei bei einem Einsatz von 3o11/9 des Gesamteinsatzes an Chromschrott
möglichst viel Chrom aus diesem Schrott im Stahl reduziert bleiben sollte. Die Einsatzverhältnisse
waren so gewählt worden, daß sich eine schwachsaure, dünnflüssige, reaktionsfähige
Einlaufschlacke einstellte. Fast der gesamte Chromgehalt des Einsatzes lag reduziert
im Stahlbad vor. Nach dem Abzug der Einlaufschlacke erfolgte das weitere Fertigmachen
der Schmelze in der Weise, daß durch laufende kleine Kalkzugaben die beiden weiteren
basischen Schlacken sämig und reaktionsfähig blieben. Das beschriebene Verfahren
ermöglichte es, aus dem eingesetzten Chromschrott einen Chromrückgewinn von 77%
zu erzielen, so daß die zuzugebende Ferrochrommenge, um auf den Betrag von :2,750/0,
Chrom zu gelangen, erheblich verringert werden konnte. Die Fig. 2 zeigt den Temperaturverlauf
sowie das Verhalten von Phosphor und Chrom während des Fertigmachens .der Schmelze.
Es Ist bei 1630° das erstemal abgeschlackt worden. Der Chromgehalt des Stahles blieb
ziemlich unverändert, während bei einer Temperatur von 166o° durch weitere Kalkzugabe
eine starke Oxydation des Phosphors einsetzte.