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Lehrmittel zum Rechnen Für Kinder im Grundschulalter wird die Wichtigkeit
der Zahlanschauung und besonders die Bedeutung, die dem tätigen, handelnden Rechnen
beim Zahlenerwerb zukommt, von Psvchologen und Pädagogen seit Jahrzehnten und ständig
erneut betont. Daher findet man im ersten und zweiten Schuljahr der Volksschulen
vielfach Papptaler, Eicheln, Kastanien, Bohnen, Streichhölzer, Stäbchen und viele
andere Zählkörper. Sobald aber im zweiten Schuljahr Aufgaben mit höheren Zahlen
gerechnet werden, wie z. B. 75 minus 28 u. dgl., hört das handelnde Rechnen mit
den erwähnten Zählkörpern auf, weil selbstverständlich der Zeitverlust, der durch
das Hinlegen von fünfundsiebzig Papptalern gegeben wäre, in keinem Verhältnis zu
dem gewonnenen Rechenertrag steht. Daher wird zur Zahlveranschaulichung im höheren
Zahlenbereich vielfach in den Schulen ein bekanntes Hunderterblatt (s. Zeichnung)
verwendet. Die Bedeutung und Vortrefflichkeit dieses Hunderterblattes steht außer
Frage.
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Die Erfindung hat sich zur Aufgabe gestellt, ein Mittel zu schaffen,
welches dem Kinde auch noch im höheren Zahlenbereich tätiges, handelndes Rechnen
ermöglicht. Besonders für die oft nicht geringe Zahl der Spätentwickler und schwachbegabteren
Rechner scheint dies notwendig zu sein,- da für diese Kinder das Rechnen mit dem
erwähnten Hunderterblatt oft schon zu abstrakt ist.
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Es sind eine ganze Reihe Rechenhilfsmittel bekannt, die dem Kinde
auch noch im höheren Zahlenbereich handelndes Rechnen ermöglichen. Bei allen bekannten
Hilfsmitteln dieser Art ist jedoch der Zeitverbrauch beim Hinlegen (Zahlenaufbau)
ein zu großer.
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Der eine Zweck des Rechenmittels nach der Erfindung liegt daher darin,
mit möglichst geringem Zeitaufwand größere Zahlen in tätigem, handelndem
Rechnen
aufzubauen. Jede Zahl zwischen i und ioo läßt sich bei dem Rechenmittel mit nur
zwei Handgriffen aufbauen. Bei neunzehn Zahlen des Zahlenraums i bis ioo genügt
sogar ein einziger Handgriff zum Aufbau.
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Das Rechenmittel verfolgt ferner als weiteren Zweck den, auch den
weniger gut begabten Schülern durch anschauliches, handtätiges Zahlzerlegen sämtliche
zweiteiligen Zerlegungsmöglichkeiten der einstelligen Zahlen geläufig zu machen.
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Um das Verständnis zu erleichtern, wird im folgenden nur ein Ausführungsbeispiel
behandelt.
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Das vorliegende Rechenmittel ist aus Sperrholz gearbeitet. Auf eine
quadratische Sperrholzplatte (Länge und Breite z. B. je 95 mm, Dicke 8 mm) sind,
nach vorherigem Anstrich mit weißer Lackfarbe, hundert Ringe aufgestempelt (s. Fig.
i). Die Ringe werden von links nach rechts fortlaufend gezählt. In einer Horizontalreihe
befinden sich, wie Fig. i erkennen läßt, zehn Ringe. In gleichem Abstand sind zehn
solcher Zehnringreihen untereinandergesetzt. Zur besseren Gliederung wurde die Mitte
der Horizontalreihen durch einen schwarzen Strich verdeutlicht. Nach der fünften
Zehnerreihe erscheint ein zweiter Gliederungsstrich in horizontaler Richtung. Außer
der Hunderterringplatte besteht das Rechenmittel nach der Erfindung durch jedesmaliges
Fortlassen einer weiteren Zehnerreihe aus einer Neunziger-, Achtziger-, Siebziger-,
Sechziger-, Fünfziger-, Vierziger-, Dreißiger-, Zwanziger- und Zehnerplatte.
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Außer diesen zehn verschiedenen Platten sind Einerstreifen in neun
verschiedenen Längen vorhanden. Sie haben je neun, acht, sieben, sechs, fünf, vier,
drei, zwei Ringe und einen Ring. Es sind jedoch nicht nur neun einzelne Einerstreifen,
sondern neunundzwanzig, denn die Einerstreifen erscheinen in ihren sämtlichen zweiteiligen
Zerlegungsmöglichkeiten. So ist beispielsweise der Einerstreifen mit neun Ringen
(der Neunringstreifen) fünfmal vorhanden, ein Neunringstreifen, der sich in fünf
und vier Ringe, ein zweiter, der sich in sechs und drei Ringe, ein dritter, der
sich in sieben und zwei Ringe und ein vierter, der sich in acht Ringe und in einen
Ring zerlegen läßt. Der fünfte Neunringstreifen ist unzerlegbar. An zweiteiligen
Zerlegungsmöglichkeiten bestehen für die Zahlen 9 und 8 je vier, 7 und 6 je drei,
5 und 4 je zwei, 3 und 2 je eine. Das ergibt zwanzig verschiedene Einerstreifen.
Hinzu kommen die neun Einerstreifen einmal unzerlegbar. Um mit diesen Platten und
Streifen ein schnelles Rechnen zu ermöglichen, ist außer den erwähnten Gliederungsstrichen
als weiteres Gliederungsmittel die Farbe angewandt.
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Mit Öllackfarbe sind beispielsweise die Ringinnenflächen ausgemalt.
Dabei haben die Einerringe und deren Zehnfaches die gleiche Farbe, z. B. die drei
Ringinnenflächen des Einerstreifens-drei (Dreiringstreifens) sind grün ausgemalt,
und die Ringe der Dreißigerplatte sind ebenfalls grün. Die Farben werden dabei z.
B. folgendermaßen gewählt: für Einerstreifen-eins, Zehner- und Hunderterplatte Schwarz;
für Einerstreifen-zwei und Zwanzigerplatte Gelb; für Einerstreifen-drei und Dreißigerplatte
Grün; für Einerstreifen-vier und Vierzigerplatte Braun; für Einerstreifen-fünf und
Fünfzigerplatte Rot; für Einerstreifen-sechs und Sechzigerplatte Rosa; für Einerstreifen-sieben
und Siebzigerplatte Blau; für Einerstreifen-acht und Achtzigerplatte Silbern; für
Einerstreifen-neun und Neunzigerplatte Gold. Während so das Mittel, das beim geschulten
Erwachsenen äußerst schnell die Erinnerung an eine entsprechende Menge (Mengenvorstellung)
auslöst, die Ziffer ist, hilft hier die Farbe, dem Kinde in etwa gleicher Schnelligkeit
eine relativ richtige Menge vor Augen zu führen.
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Die zerlegbaren Einerstreifen (quadratische, verschieden lange Holzstreifen)
sind auf zwei Seiten mit Ringen bestempelt: auf der Vorderseite (der dem Betrachter
zugekehrten Seite) und auf der Oberseite. Einer der Neunringstreifen zeigt beispielsweise
auf der Oberseite neun Ringe mit goldenen Innenflächen. Auf der Vorderseite aber
sind fünf Ringe rot und vier Ringe braun ausgemalt. Ein anderer Neunringstreifen
zeigt wiederum auf der Oberseite neun goldene Ringe, an der Vorderseite aber sechs
rosafarbige und drei grüne Ringe.
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In dieser Weise sind auf der Oberseite sämtliche Neunringstreifen
golden, sämtliche Achtringstreifen silbern, sämtliche Siebenringstreifen blau, usw.
An der Vorderseite aber erscheinen zwei verschiedene Farben, entsprechend der Zerlegbarkeit
des entsprechenden Streifens.
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In entsprechender Weise sind die Ringe sämtlicher zwanzig zerlegbaren
Streifen ausgemalt. Die praktische Zerlegung der Einerstreifen in zwei Stücke geschieht
durch Auseinanderziehen.
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Nimmt das Kind beispielsw. ise einen Siebenringstreifen in die Hand,
der auf der Vorderseite links vier braune Ringe und rechts drei grüne Ringe trägt,
und zieht ihn auseinander, so hat es in der linken Hand einen kurzen Streifen mit
vier braunen Ringen und in der rechten Hand einen kürzeren mit drei grünen Ringen.
Die Zerlegbarkeit wurde technisch dadurch erreicht, daß in die Endseiten aller z°rlegbaren
Streifen Löcher gebohrt wurden. Die Verbindung besorgt ein kurzes, etwa 3 cm langes
Drahtstück. Es ist fest in das eine Loch eingesteckt. Das Zusammenstecken und Auseinanderziehen
ist somit ein Stöpseln.
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Die Anordnung der Platten und Streifen ist folgende Zum Beispiel ein
Stück Holzfaserplatte ist durch aufgenagelte schmale Holzfaserplattenstreifen von
etwa i cm Breite und verschiedener Länge in zwanzig verschieden große Fächer unterteilt.
In ihnen liegen lose die Platten mit den verschiedenen Zehnerreihen, d. h. Zehnerplatte,
Zwanzigerplatte, Dreißigerplatte usw., und die Einerstreifen.
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Auf der oberen Hälfte der Holzfaserplatte sieht man von links nach
rechts Zehner-, Zwanziger-, Dreißiger-, Vierziger- und Fünfzigerplatte. Vor den
Platten mit ganzen Zehnerreihen liegen die Einerstreifen. Es liegen vor der Zehnerplatte
ein einziger Ring, vor der Zwanzigerplatte zwei Zweiringstreifen, nämlich ein unzerlegbarer
und ein in i und i zerlegbarer, vor der Dreißigerplatte zwei Dreiringstreifen :
unzerlegbar, zerlegbar in 2 und i, vor der Vierzigerplatte drei Vierringstreifen:
unzerlegbar, zerlegbar in 3 und i, zerlegbar in 2 und 2, vor der Fünfzigerplatte
drei Fünfringstreifen:
unzerlegbar, zerlegbar in 4 und i, zerlegbar
in 3 und 2.
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Auf der unteren Hälfte der Holzfaserplatte liegen, wiederum von links
nach rechts fortlaufend, die Sechziger-, Siebziger-, Achtziger-, Neunziger- und
die Hunderterplatte. Davor liegen in gleicher Weise, wie oben beschrieben, die zugehörigen
Einerstreifen.
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An besonderen Vorteilen dieses Rechenmittels dürften erwähnt werden:
Es regt die Kinder an, eigene Aufgaben zu stellen und zu lösen.
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In den Volksschulen werden zur Darstellung größerer Zahlen zur Hauptsache
Rechenhilfsmittel aus Papier und Pappe verwandt. Während bei all diesen Mitteln
der Gewichtsunterschied, ein Hauptmerkmal der hinter der Ziffer stehenden Zähldinge,
überhaupt nicht oder fast nicht in Erscheinung tritt, wird er beim Hantieren mit
den Platten und Streifen von den Kindern bemerkt. Es ist nicht nur mengenmäßig,
sondern auch gewichtsmäßig für das Kind etwas anderes, ob es beispielsweise eine
Zwanzigerplatte oder eine Hunderterplatte in der Hand hält. Ein Vergleich mit der
russischen Rechenmaschine, wo durch das Aufgehängtsein der Kugeln an Drähten dem
Kinde ein Spüren des Gewichtsunterschiedes unmöglich wird, zeigt den hier liegenden
Vorteil der Platten.
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Ferner ist eine schnelle Ergebnisüberprüfung durch Lehrer und Schüler
möglich. Durch die Farbgliederung ist es dem Lehrer möglich, in kürzester Zeit,
schon auf größere Entfernung, ohne langwieriges Nachzählen der ausgelegten Zählkörper
die Ergebnisse der einzelnen Kinder zu überprüfen. Auch sind die Kinder untereinander
in der Lage, infolge der Farbigkeit von Platten und Streifen etwaige Fehler zu entdecken
und zu berichtigen.
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In Fig. 2 ist eine Gesamtansicht eines Aufbewahrungskastens für das
Rechenmittel nach der Erfindung dargestellt.