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Neigungspendelwaage
Bei den im Handel und Ilaushalt benutzten Balken-,
Tafel- und Laufgewichtswaagen erfolgt das Auswiegen einer auf die Waagschale aufgelegten
Last bekanntlich in der Weise, daß auf die Gegenschale bis zum Gewichtsausgleich
immer kleiner werdende Gewichtsstücke aufgesetzt werden oder ein Laufgewicht auf
einer an der Waagschale angreifenden und als Hehel wirkenden kalibrierten Stange
verschoben wird. Eine derartige Wägung ist somit nicht nur umständlich und zeitraubend,
sondern sie gibt auch beispielsweise durch falsche Zusammenzählung der aufgelegten
Gewichtsstücke zu Irrtümern und Ungenauigkeiten Anlaß. Im Gegensatz zu diesen Waagen
zeigen die sogenannten Neigungspen,delwaagen bei ihrer Verwendung sofort das gesuchte
Gewicht der aufgelegten Last oder beim Abbiegen einer bestimmten Menge das noch
fehlende oder überschüssige Gewicht auf einer Skala an, so daß der Gebrauch von
Gewichtsstücken und Gewichtszusammenrechnungen in Wegfall kommen.
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Bedingt durch diesen einfachen Wägevorgang wird daher die Verwendung
derartiger Neigungswaagen auch ständig größer.
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Die bisher bekanntgewordenen Neigungswaagen haben jedoch noch den
Nachteil, daß ihre Aneige-und Ablesevorrichtung für das festgestellte Gewicht zu
kompliziert ist, denn sie erfordert, um genaue Ablesungen zu ermöglichen, einerseits
eine Gewichtsableseskala mit möglichst großen Teilabschnitten und andererseits eine
möglichst lange Anzeigevorrichtung (Zeiger), damit auch kleine Veränderungen in
der Belastung der Waage auf der Gewichtsskala
noch deutlich sichtbar
werden'. Bei den Neigungswaagen, wie sie z. B. in Lebensmittel- und Fischwarengeschäften
sowie Fleischereien u. dgl. benutzt werden, ist daher die genannte Anzeige- und
Ablesevorrichtung in einem besonderen, an dem Unterbau der Waage angebrachten, verhältnismåßig
großen Turm untergebracht. Hierdurch wird jedoch die Waage sehr verteuert, im Gewicht
zu schwer und im Gebrauch gegebenenfalls auch unzuverlässig, da sie oft nicht so
aufgestellt werden kann; daß die Ableseskala in richtiger Augenhöhe steht, wodurch
aber die Ablesungen ungenau werden. Durch das zu schwere Gewicht läßt sich eine
derartige Waage nur schwierig von einem Ort zu einem anderen transsortieren, wie
es jedoch bei Haushaltswaagen, im Gegensatz zu Geschäftswaagen, deren Aufstellung
im allgemeinen ortsgebunden sein wird, sehr häufig erwünscht sein wird. Aus diesem
Grunde ist daher das Prinzip der Neigungspendelwaage bisher wohl kaum auf die Küchen-
und Haushaltswaagen zur Anwend!ung gekommen.
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Gemäß vorliegender Erfindung werden die genannten Nachteile derartiger
Neigungspendelwaagen dadurch behoben, daß sie für die Ermittlung des festgestellten
Gewichtes einer Ware oder sonstigen Last mit einer kalibrierten Röhrenlibelle versehen
werden, so daß die bisher übliche Gewichtsanzeige-und -ablesevorrichtung und somit
auch der hierfür benötigte Turm in Wegfall kommt.
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In der Zeichnung sind das Prinzip der Neigungspendelwaage, die neue
kalibrierte Röhrenlibelle und einige Verwendungsmöglichkeiten der Röhrenhbelle an
verschiedenartigen Waagen beispielsweise dargestellt.
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Die Grundform der Neigungspendelwaage ist die gewöhnliche Briefwaage.
Sie besteht gemäß Abb. I aus einem um den Drehpunkt I verschwenitbaren Winkelhebel,
an dessen Lastarm 2 die Waagschale 3 und an dessen Kraftarm 4 ein Gewicht 5 befestigt
ist. Bei der Ermittlung des Gewichts einer auf die Waagschale aufgelegten Last wird
bei einer derartigen Neigungspendelwaage das Verschwenken eines Gewichtes bzw. dessen
Schwerkraft benutzt, wobei die Größe der Verschwenkung und damit das ermittelte
Gewicht der aufgelegten Last durch einen am Winkelhebel befestigten Zeiger 6 angezeigt
wird, der über eine Gewichtsableseskala 7 streicht.
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Da bei diesen Neigurlgspendelwaagenl mit steigender Belastung der
Waagschale und damit einbergehender fortlaufender Verschwenkung des Winkelhebels
die wirksame Länge des LaStarmes 2 so lange größer wird, bis dieser die Horizontalstellung
erreicht, und bei weiterer Belastung und Alls.schlägen unterhalb der Horizontallage
wieder kleiner wird, die wirksame Länge des gewichtsbelasteten Kraftarmes 4 für
den in Frage kommenden Verschwenkungsbereich dagegen immer größer wird so wird das
je Einheit zusätzlicher Bela.stung ausgeübte Drehmoment bis zur Horizontalsltellung
des Lastarmes 2 immer größer und dann wieder kleiner, so daß auch die Skalenteile
je Gewichtseinheit, ausgehend vom Nullpunkt, bi.s zur genannten Horizontalstellung
fortlaufend größer und dann. fortlaufend immer kleiner werden. Die für jede Waage
erforderliche Skaleneinteilung muß somit empirisch ermittelt oder mathematisch berechnet
werden.
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Dieselben Verhältnisse gelten auch für eine Doppelwinkelhebelwaage,
wie sie in Abb. 2 schematisch veranschaulicht ist. Auch bei dieser weist die Skala,
ausgehend vom Nullpunkt, eine in der Größe der Abschnitte sich nach beiden Seiten
verjüngende Teilung auf.
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Gemäß vorliegender Erfindung wird die genannte Skala und ibre Anzeigevorrichtung
durch eine kalibrierte Röhrenlibelle ersetzt. Eine derartige Röhrenlibelle besteht
gemäß Abb. 3 aus einem dEurths.ichtigen, im Querschnitt runden, ovalen oder eckigen,
kreisförmig gebogenen Rohr 8 aus Glas, Polymethacrylsäureester, Celluloid oder einem
sonstigen geeigneten Stoff, dessen Hohlraum g mit Alkohol, Benzin, Öl oder einer
anderen frostsicheren Flüssigkeit gefüllt ist, jedoch so, daß in der Füllung eine
kleine Luftblase (Libelle) verbleibt. Auf der Vorderfläclle des Rohres ist ferner
eine dem jeweiligen Drehmoment der Waage entsprechende Skala, z. B. für eine Belastung
von o bis 1000 g, durch Ätzen, Bedrucken od. dgl. angeordnet.
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Im veranschaulichten Ausführungsbeispiel der Abb. 3 ist die Röhrentlibelle
an dem durch Gewicht 10 belasteten Doppeiwinkelhebel 1 1 einer zweiarmigen Neigungspendelwaage
angebracht, und zwar derart, daß der Mittelwert ihrer Teilung (500 g) über der Drehachse
12 der Neigungspendelwaage liegt. Wird der Doppelwinkelhebel, an dessen Enden in
bekann-Xer Weise die Waagschalen angehängt sind, einseitig belastet und somit aus
seiner Ruhestellung gebracht, so wird auch die mit ihm verbundene Röhrenlibelle
geneigt. Da jedoch bei dieser Neigung der Röhre die auf der Rohrfüllung schwimmenlde
Libelle zwangläufig immer die oberste Stelle der Krümmung der Röhre besetzt, so
wird sich die Libelle um so mehr aus der Mittellage nach der einen oder anderen
Seite der Skala verschieben, je tiefer die Gegenseite des Doppelwinkelhebels durch
die. auf die Waagschale aufgelegte Last nach unten geneigt wird. Bei entsprechender
Eichung der Skala bildet somit die Libelle die Gewichtsanzeigevorrichtung der Waage
und kann je nach der Konstruktion der Waage entweder zum Anzeigen des Gesamtgewichtes
oder zur Feststellung des Restgewichtes benutzt werden. Bei der Waage gemäß Abb.
3 wäre z. B. das Gewicht einer auf die eine Waagschale aufgelegten Last roh durch
Auflegen von Gewichten auf die zweite Waagschale zu ermitteln, während dann das
noch fehlende Gewicht oder Übergewicht e.in,fach aus der Stellung der Libelle an
der Skala abgelesen werden kann. Eine derartige Einrichtung wäre z. B. sehr vorteilhaft
bei den sogenannten analytischen Waagen, be.i denen dann der Gebrauch der kleinen
Gewichte und die Verwendung des auf dem Waagebalken zu verschiebenden Reitergewichtes
in Wegfall kommen konnte.
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Die genannte zwangläufige Einstellung der Libelle an der höchsten
Stelle der Röhre hat natürlich durch Verdrängung von Flüssigkeit eine kleine Gewichtsverschiebung
im Waagebalken im Gewichts-
wert der von der Libelle verdrängten
Flüssigkeitsmenge zur Folge, was bei hochempfindlichen Waagen, wie analytischen
Waagen zu berücksich tigen wäre, bei weniger empfindlichen Waagen jedoch unbeachtet
bleiben kann.
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Anstatt die Röhrenlibelle durch Paralleistriche zu unterteilen (Abb.
3?, kann sie natürlich auch mit einer anderen Unterteilung, z. B. in Form einer
Zickzackhnienführung (Abb. 4) versehen werden, wodurch die Zwischenwerte zwischen
den in die Skala eingetragenen Zahlen gegebenenfalls noch leichter abgelesen werden
können.
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In Abb. 5 und 6 ist eine Küchenwaage in Vorderansicht (bei abgenommener
Vorderwand) und im Schnitt nach Linie a-a der Abb. 5 mit einer erfindungsgemäßen
Röhrenlibelle veranschaulicht bei einer Belastung von 500 g und einer Belastungsfähigkeit
von Iooo g. Die Waage besteht im wesentlichen aus einem gleicharmigen Doppeiwinkelhebel
13, der um die Achse 14 verschwenkt werden kann und durch ein Gewicht 15 belastet
ist. An dem Hebelarm I6 ist ein um die Achse I7 verschwenkbarer Unterhebel 18 und
an dem Hebelarm 19 ein um die Achse 20 verschwenkbarer Unterhebel 21 angehängt,
durch die die Brücke 22 und die auf dieser befestigte Waagschale 23 getragen werden.
Die Aufhängepunkte der Brücke sind an den Unterhebeln I8 bzw.
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21 So angeordnet daß der Unterhelbel I8 bei Belastung positiv und
der Unterhebel 21 negativ auf den Doppeiwinkelhebel 13 einwirkt, d. h. daß der Unterhebel
I8 bei seiner Belastung um seinen Drehpunkt nach unten verschwenkt wird und den
Doppelwinkelhebel 13 belastet, also nacb unten zieht, während der Unterhebel 2I
hierbei um seinen Drehpunkt nach oben verschwenkt wird und den Doppelwinkelhebel
I3 somit entlastet.
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An dem Doppeiwinkelhebel I3 ist auch dlie kreisl>ogenförmige Köhrenlibelle
24 befestigt, und zwar derart, daß der Mittelwert ihrer Teilung (5oo g) über dem
Drehpunkt des Doppelwinkelhebels liegt, so daß bei Belastung der Waagschale entsprechend
der Neigung des Doppeiwinkelhebeis auch die Röhrenlibelle verschwenkt wird.
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Damit die Waage unbelastet Null anzeigt, also die ganze Neigung der
Skala von links nach rechts ausgewertet werden kann, muß der Unterhebel 21 mit einer
Vorlast 25, die dem an der Skala ablesbaren Gewicht von I kg entspricht, und der
Unterhebel I8 mit einer Vorlast von 26 von 500 g belastet werden.
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Die Vorlasten werden durch Verschieben auf ihren Unterhebeln so ein'reguliert,
daß die Waage Null anW zeigt und nur noch das am Winkelhebel I3 vorgesehene Gewicht
Ig als Gegengewicht zur aufgelegten Belastung in Frage kommt. Aus der Neigung der
Skala bzw. Stellung der Libelle kann dann das gesuchte Gewicht der aufgelegten Belastung
B festgestellt werden.
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Die Vorteile einer derartigen. Küchenwaage bestehen darin, daß bei
ihr beispielsweise bis zu einer Belastung von I000 g das Gewicht der aufgelegten
Last automatisch und schnell festgestellt wird, daß ferner dieWaage billig hergestellt
werden kann, wenig Raum beansprucht und eine einwandfreie Wägung gewährleistet.
Da ferner die Brücke der Waagschale auf vier Achsen ruht, ist keine Kippmöglichkeit
vorhanden, und infolge der schwingenden Aufhängung der Brücke ist sie auch stoßunempfindsich.
Ferner ist die Brücke bzw. die Waagschale durch keinen vertikalen: Aufbau behindert,
und andererseits ermöglicht die Waage eine einwandfreie Justierung.
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Der wesentlichste Vorteil der beschriebenen Röhrenlibelle besteht
jedoch darin, daß durch ihre Verwendung bei allen Neigungspendelwaagen selbst die
durch kleinste Belastungen bewirkten geringen Pendelausschläge deutlich sichtbar
gemacht werden können, sodaß z. B. Küchenwaagenhergestellt werden können, die auf
Gewichtsdtifferenzen von nur 2 bis 3 g deutlich ansprechen und derartige Gewichtsdifferenzen
auch einwandfrei anzeigen. Es ist offensichtlich, daß, bedingt durch die zwangsweise
Einstellung der Libellenblase auf den höchsten Punkt des Röhrenradius, die Libellen!blase
bei einer bestimmten Neigung der Röhre sich von ihrer Ruhestellung um so weiter
in Richtung der Steigung des Rohres entfernen wird, je größer der Radius der Krümmung
der Röhre ist und umgekehrt. Durch Änderung der Größe des Radius der Krümmung der
am Doppelwinkelhebel befestigten Röhre läßt sich somit erreichen, daß die durch
jeGewichtseinheit Belastung bewirkten Neigungen des Doppelwinkelhebels eine größere
oder geringere Verschiebung der Libellenblase im Rohr verursachen, wobei jedoch
in jedem Falle der durch die Belastung erfolgte Pendelausschlag durch die Libelle
in ein beliebig großes. Übersetzungsverhältnis übertragen werden kann, was bisher
nur diurch Verwendung einer sehr langen Anzeigevorrichtung (Zeiger 6, Abb. I) mit
vom Drehpunkt des Doppeiwinkelhebels sehr entfernt angeordneter Ableseskala möglich
sein würde. Die bisher auf schmalem Raum zusammengedrängte Skaleneinteilung kann
auf einer Röhrenlibelle so angeordnet werden, daß sie sich über die ganze Länge
des Doppelwinkelhebels erstreckt, wodurch die Empfindlichkeit der Waage gesteigert,
die Ablesung der Wägung erleichtert und diese auch genauer durchgeführt werden kann.
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Soll die Waage für eine größere Belastung als z. B. IOOO g verwendbar
gemacht werden, so kann in sie natürlich auch noch eine an sich bekannte Schaltvorrichtung
für Zusatzgewichte eingebaut werden.
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Anstatt die Waage, wie beschrieben, mit einer sich nach beiden Seiten
fortlaufend verjüngenden bzw. vergrößernden Skala zu versehen, könnte natürlich
auch eine Skala benutzt werden, bei der der Radius der Krümmung der Röhre fortlaufend
der Drehmomentkurve des Neigungspenidels so angepaßt wird, daß eine Skala mit fortlaufend
gleich großen Teilabschnitten erhalten wird.