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Tieftemperaturverhüttung von Eisenerzen und Eisenoxyden Unter den
zahlreichen Vorschlägen zur Verhüttung von Eisenerzen bei tiefen Temperaturen, d.
h. unter Umgehung des Hochofens, haben sich einige hinsichtlich der technischen
und wirtschaftlichen Durchführbarkeit bewährt. Man kann diese Verfahren nach I#.
W ü s t in zwei Gruppen einteilen: t. Verfahren, die mit der direkten Reduktion
arbeiten, d. 1i. bei denen feste Reduktionsmittel mit Erz vermischt «erden und dann
die Reaktion bei höheren Temperaturen, etwa 1000 bis 130o°, erfolgt; a. Verfahren
der indirekten Reduktion, d. h. eine Umsetzung der Erze mit reduzierenden Gasen
bei höheren Temperaturen.
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Der vorliegende Vorschlag bezieht sich auf die letztere Gruppe, von
denen zwei in Skandinavien ausgearbeitete Verfahren, nämlich das I`orsk Staal (Edwin)-Verfahren
und das Wi-berg-Verfahren, sich in der Praxis bewährt haben. Diese Verfahren arbeiten
mit reinen Gasen, die sie nach der Umsetzung mit dem Erz ganz oder teilweise regenerieren.
Die Regenerierung erfolgt in einem Karburator, wobei die ausreagierten Gase mach
Vorerhitzung im elektrischen Lichtbogen oder unter gleichzeitiger Beheizung auf
elektrischem `Fege über Kohle geleitet und evtl. unter Einblasen von Öldämpfen reduktionsfähig
gemacht werden. Diese beiden Verfahren haben sich unter den deutschen Verhältnissen
nicht einführen lassen, da einerseits die erforderlichen billigen elektrischen Energien
in Deutschland nicht zur Verfügung stehen, andererseits der Ölverbrauch nicht tragbar
ist. Beide Verfahren arbeiten bei oder oberhalb von iooo°.
Die bisherigen
%'erfahren beruhten somit auf der IZeduktionsw irkung von Gasen, die von Natur hochwertig
sind oder durch besondere Regelterierungsverfahren hochwertig gemacht bzw. erhalten
werden. Solche Gase sind aber teuer und belasten daher die Wirtschaftlichkeit der
Verfahren erheblich. Der vorliegende Vorschlag beruht auf der neuen Erkenntnis,
daß man zu einer wesentlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit gelangt, wenn
man bestimmte einfache technische Gase bei niedriger Temperatur zur Reaktion mit
den zu reduzierenden Erzen oder Oxyden bringt. Dabei ergibt sich zugleich der Vorteil,
daß das reduzierte Eisen in Pulverform anfällt und so durch Aufbereitung teilweise
in derartiger Güte gewonnen werden kann, daß es als hochwertiger Rohstoff für die
Herstellung sinterkeramischer Werkstücke benutzt werden kann. Durch eingehende Gleichgewichtsuntersuchungen
wurde der Nachweis geführt, daß beispielsweise Generatorgas bei einer Temperatur
von 85o bis goo° Eisenoxyde oder Eisenerze bis zum metallischen Eisen reduziert.
Diese Wirkung des Generatorgases läßt sich technisch besonders gut ausnutzen, wenn
man das Gas in die beiden natürlichen Stufen des stickstoffhaltigen, also niedrigwertigen
Luftgases und des praktisch stickstofffreien, also hochwertigen Dampfgases trennt
und dann mit dem Luftgas die Vorreduktion bis zum Fe O, mit dem Dampfgas die Fertigreduktion
bis zum fertigen Eisen durchführt. Dabei ist es in weitem Umfange möglich, durch
Anwendung des Gegenstromprinzips oder des Rekuperatorprinzips die fühlbare Abwärme
auszunutzen. So kann z. B. die Wärme des fertigen Pulvers zum V orwärmen der Erzbeschickung
verwandt werden. Ebenfalls kann die Abwärme der Ofengase, z. B. zum- Vortrocknen
der Erze, eingesetzt werden.
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Durch die Zerlegung des Reduktionsprozesses in mehrere Teilprozesse
kann sodann erreicht werden, daß das Gas chemisch sehr stark ausgenutzt wird und
daß das Abgas nur noch geringe chemische Energien neben geringer fühlbarer Wärme
enthält Andererseits kann der Prozeß aber auch so gesteuert werden, claß ein Teil
des Gases, als immerhin noch wertvolles Abgas, etwa von der Zusammensetzung und
mit dem Heizwert des Hochofengichtgases anfällt, das wie dieses, z. B in einem Gasmotor,
ausgenutzt werden kann. Die weitgehende Ausnutzung der fühlbaren Wärme und der chemischen
Energien bedeutet einen entscheidenden Vorteil des Verfahrens gegenüber allen bekannten
Reduktionsverfahren.
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Die Ersparung von Wärme wird dadurch begünstigt, daß das neue Verfahren
bei wesentlich niedrigerer Temperatur vor sich geht als alle anderen bekannten Verfahren
der Eisengewinnung. Wärmeverluste, wie sie im Hochofenprozeß durch die flüssige
Schlacke entstehen und die gerade bei armen Erzen wegen der großen Schlackenmenge
sehr bedeutend sind, werden schon infolge der niedrigen Arbeitstemperatur von meist
etwa 85o° vermieden. :\uch die Teilverluste durch Wärmestrahlung können infolge
der niedrigen Arbeitstemperatur verhältnismäßig gering gehalten werden, wobei zu
beachten ist, daß die Strahlungen mit der vierten Potenz der absoluten Temperatur
steigen.
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Das für das Verfahren erforderliche Gas kann ein aus armen Brennstoffen
gewonnenes billiges Generatorgas sein, das auf deutscher Rohstoffgrundlage aus Torf
oder Braunkohle besonders leicht zu erhalten ist. Das Verfahren wird damit von dem
wirtschaftlich ausschlaggebenden Kohlentransport weitgehend unabhängig.
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Das Endprodukt wird bei der Verarbeitung von Eisenerz zweckmäßig durch
trockene, im allgemeinen magnetische Aufbereitung von seinen Bergen befreit. Dabei
kann nach Belieben die Magnetscheidung so eingestellt werden, daß praktisch alles
Eisen gewonnen wird, wobei dann je nach der Art des Erzes kleinere oder größere
Mengen von Bergen mit in das Endprodukt gehen, oder aber, es kann ein gewisser,
beliebig zu wählender Verlust des mit den Bergen eng verwachsenen Eisens in Kauf
genommen und damit das Endprodukt in hochprozentiger Güte erhalten werden. Die Scheidung
kann ferner so geleitet werden, daß ein Teil des Endprodukts in so großer Reinheit
anfällt, daß es unmittelbar zur Herstellung von sinterkeramischen Werkstücken verwandt
werden kann, wodurch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens weiter gesteigert wird.
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Das Verfahren eignet sich damit besonders zur Gewinnung von Eisen
aus armen. mulmigen Erzen, die sich für die Verhüttung im Hochofen als sehr ungünstig
erweisen. Für die Verhüttung harter, grobstückiger, hochprozentiger Erze ist das
Verfahren weniger geeignet.
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Wo die Zerkleinerungen des Erzes durch mechanische Verfahren Schwierigkeiten
bietet, kann eine Aufspaltung des Erzes durch die Sprengwirkungen des Kohlenoxydes
bei seiner Zerlegung in Kohlensäure und Kohlenstoff erfolgen, die bei etwa 55o°
vor sich geht.
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Die Durchführung des Verfahrens kann so vorgenommen werden, daß das
Generatorgas in zwei getrennte Wälzöfen geleitet wird, und zwar das Luftgas in den
ersten Ofen, in dem die Vorreduktion stattfindet, nach deren Beendigung durch Umschalten
des Gasstromes in den gleichen Ofen Wassergas zur Durchführung der Fertigreduktion
geleitet wird. Während die Vorreduktion im ersten Ofen stattfindet, wird im zweiten
Ofen die Fertigreduktion vorgenommen. Die fühlbare Wärme des fertigreduzierten Gemisches
kann dann in einfachen Wärmeaustauschern großenteils auf das neu zu beschickende
Erz übertragen werden, möglichst im Gegenstromverfahren.
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Die Abgase des Vorreduktionsofens sind in der Regel so energiearm,
daß eine weitere Verwertung unterbleiben kann. Eine Regenerierung des Abgases kann
jedoch durch Wiederdurchleiten des Gases durch den Generator oder durch chemische
Befreiung des Abgases des Fertigreduktionsofens von Wasser und Kohlensäure vorgenommen
werden. Beim Wassergas wird eine ein- oder mehrmalige Regenerierung durch Wiedereinblasen
in den Generator oft vorteilhaft sein. Gase, deren Wiederauffrischung
sich
nicht lohnt, werden zu Hilfsarbeiten, NNie Vortrocknen des Erzes u. dgl., ausgenutzt.
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Das \"erfahren besitzt insgesamt eine ungewöhnlich \\eite. praktisch
sehr bedeutsame Wandlungsfähigkeit und damit Anpassungsfähigkeit an die verschiedeiisten,
i@rtlich lx@<lingten Verhältnisse.