-
Verfahren zum Uberführen von Trockenkasein in aufgeschlossenes Milcheiweiß
Für die menschliche Ernährung und besonders für diätetische Zwecke wird das Eiweiß
in einer leicht verdaulichen und rasch resorbierbaren Form verlangt. Ein sicherer
Maßstab für das Vorhandensein dieser Eigenschaften ist der Quellgrad des Eiweißes,
der auf sehr einfachem Wege und schnell zu ermitteln ist. Das aus Milch auf üblichem
Wege als Säure- oder Labkasein gewonnene Eiweiß besitzt nach dem Trocknen einen
geringen Quellgrad von etwa 200°1o und ist deshalb als Nahrungsmittel schlecht geeignet.
Das Säurekasein weist noch den weiteren Mangel auf, daß es einen zu geringen Gehalt
an Kalk und Phosphorsäure besitzt und deshalb auch in dieser Hinsicht nicht vollwertig
ist. Ein Beimischen von Calciumbiphosphat hat sich nicht als zweckmäßig erwiesen,
da dieses in dieser Form nur zu einem geringen Prozentsatz vom menschlichen Organismus
verwertet wird und nur das an das Eiweißmolekül gebundene Calciumphosphat als einwandfrei
anzusprechen ist. Das während der Milchschwemme besonders auch im Ausland in großen
Mengen als Nebenprodukt anfallende Kasein hat man aus diesen Gründen bisher vorwiegend
nur zur Herstellung von technischen. Produkten, wie Leim, Kunststoffen und ähnlichen
Erzeugnissen, verwendet.
-
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, das Kasein durch Aufschluß mittels
Alkalien in ein Produkt mit leicht verdaulichen Eigenschaften umzuwandeln. Diese
Verfahren haben jedoch höchstens zu einem Teilerfolg geführt, da der Zusatz von
Alkalien einen chemischen Abbau der Eiweißmoleküle verursacht, der eine mehr oder
minder starke Wertminderung zur Folge hat oder aber eine nachteiligeGeschmacksveränderung
nach
sich zieht. Selbst die Umsetzung mit Ammoniak als der schwächsten Base hat nicht
den erwünschten Erfolg gebracht, weil die dabei entstehenden Ammoniumverbindungen
als Nahrungsmittel oder für medizinische Präparate wenig oder nicht geeignet sind.
-
Ein nicht nur für diätetische Zwecke, sondern auch in der Nahrungsmittelindustrie
brauchbares Produkt aus entrahmter Milch hat man zwar bereits (vgl. das Patent ioo
977) in der Weise hergestellt, claß man das aus der Milch durch Zusatz einer Mineralsäure
ausgefällte Kasein mit Hilfe eines Alkalicarbonats, insbesondere von Natriumbicarbonat,
in das entsprechende Kaseinat, z. B. in das Natriumkaseinat, überführt und dieses
dann trocknet und mahlt, aber dieses Verfahren kann nur in den Molkereien durchgeführt
werden, da die Milch aus bekannten Gründen keine längere Transporte verträgt.
-
Erfindungsgemäß hat es sich nun auf Grund von eingehenden Versuchen
gezeigt, daß man in einem einfachen und bequem durchführbaren Verfahren aus Trockenkasein
ein das Eiweißmolekül in unveränderter Form enthaltendes und gleichzeitig hochwertige
chemische und physiologische Eigenschaften aufweisendes Produkt erhält, wenn man
das Trockenkasein in wäßriger Suspension unter Zusatz von Caleiumoxyd oder Calciumhydroxyd
oder eines Alkalibicarbonats ganz oder teilweise in die entsprechende Erdalkali-
oder Alkaliverbindung überführt und aus der Mischung das Eiweiß durch Zugabe einer
Säure und durch Erhitzen als wasserarmes Gel ausfällt. , Die Ausführung dieses Verfahrensprinzips
erfolgt vorzugsweise so, daß man das Kasein mit einer dem Säuregrad entsprechenden
Menge von pulverförmigen Calciumoxyd oder Calciumhydroxyd oder eines Alkalibicarbonats
innig vermischt und dann mit der vier- bis fünffachen Wassermenge bei 20 bis 30°
Celsius unter kräftigem Rühren aufschläumt. Der Betrag des pulverförmigen Zusatzes
zum Kasein, der sich aus dem Säuregrad des Kaseins errechnet, ist dabei vorteilhafterweise
so zu bemessen, daß die Suspension nach beendeter Reaktion einen pH-Wert unter 7
besitzt und somit ein Teilkaseinat entstanden ist. Dadurch ist die Gewähr gegeben,
daß kein chemischer Abbau der Eiweißmoleküle eintritt. Gleichzeitig wird die Umwandlung
des Kaseins in die entsprechende Alkali- oder Erdalkaliverbindung in einem keinerlei
besondere technische Voraussetzungen erforderlichen und daher leicht durchführbaren
Verfahren erreicht.
-
L'm (las Eiweiß auszufällen, läßt man die Mischung zunächst eine angemessene
Zeit, etwa eine Stunde, unter öfterem Rühren stehen, bis unter starker Aufquellung
ein Übergang in den Solzustand eingetreten ist, und setzt dann eine Säure, wie z.
13. Salzsäure, Schwefelsäure, Ameisensäure, Milchsäure, Essigsäure, Zitronensäure,
am besten jedoch Phosphorsäure, bis zur Erzielung eines 1)H-Wertes des Gemisches
von etwa 5 zu und erhitzt auf ungefähr 5o° Celsius., Dadurch kommt das Eiweiß als
wasserarmes Gel in einer leicht weiterzubehandelnden Form finit etwa 4j "/o Trockensubstanz
zur Ausfällung. Auch bilden die verwendeten Aufschluß- und Fallmittel mit dein I?iweiß
eine komplexe Verbindung, die insbesondere frei Benutzung von Calciumoxyd oder Calciumhydroxyd
und Phosphorsäure der in der -Milch vorliegenden Verbindung gleich oder ähnlich
ist und daher vom menschlichen Organismus leicht aufgenonilnen und gilt verwertet
wird.
-
Das erzielte Gel wird, nachdem ntan es in einer Nliihle fein zerkleinert
hat, unter Zusatz einer äquivalenten Menge eines Alkalibicarbonats bei kräftiger
Durchmischung so weit neutralisiert, daß sein PH-Wert etwa 7 beträgt. hierauf wird
das neutralisierte Eiweiß einer stufenweise durchgeführten Trocknung unterworfen.
indem es, vorzugsweise in dünner Schicht, ungefähr eine Stunde bei einer Temperatur
von unter 5o° Celsius vorgetrocknet und dadurch von der llauptinenge des Wassers
befreit wird, um dann erst einer auf 75° Celsius gesteigerten Trocknungstemperatur
ausgesetzt zu werden. Durch diese unter 5o° durchgeführte Vortrocknung wird die
bei höherer Temperatur eintretende unliebsame Verhornung der Oberfläche der Eiweißteilchen
vermieden, welche die Quellfähigkeit und die Resorbierbarkeit des Erzeugnisses nachteilig
beeinflußt. Beispiel 5o kg Säurekasein von dein pH-Wert 5 werden in trockenem Zustand
mit 1,7 kg Calciumoxyd in Pulverform innig vermischt und mit 250 1
Wasser angerührt. Unter öfterem Durchmischen läßt man diese Suspension etwa i Stunde
bei 20° Celsius stehen. Die Menge des Calciumoxyds ist so bemessen, daß der PH-Wert
des Gemisches, nachdem es durchreagiert hat, unter 7 liegt. Dann setzt man unter
Rühren so viel chemisch reine Phosphorsäure zu, bis ein PH-Wert von 5 erreicht ist,
wobei unter weiterer starker Aufquellung des Kaseins ein Übergang in den Solzustand
einsetzt. Hierauf wird die Mischung unter neuerlichem Rühren auf 5o° Celsius erwärmt,
was die Koagulation des Eiweißes herbeiführt, das sich in einer leicht von der Flüssigkeit
abtrennbaren Forin abscheidet. Es empfiehlt sich, das ausgefällte Eiweiß noch ein-
bis zweimal mit warmem, schwach angesäuertem Wasser vom PH-Wert 5 zu waschen.
-
Nachdem durch Auskneten das anhaftende Wasser entfernt ist, enthält
das Produkt etwa :15 % Trockensubstanz. Dieses Eiweiß wird in einer Mühle zerkleinert
und mit i,3 kg Natriumbicarbonat innig vermischt. Die sich ergebende krümelige Masse
wird in etwa 3 mm dicker Schicht auf Siebblechen ausgebreitet, die durch einen "Trockenkanal
geschoben werden, dessen Temperatur 45° Celsius beträgt und nach i Stunde auf 75°
Celsius gesteigert wird. Auf diese `'eise ist der Trocknungsvorgang nach etwa 2
Stunden beendet. Das getrocknete Produkt wird dann noch auf einem @1'alzenstulil
gemahlen.
-
Das gewonnene Enderzeugnis besitzt einen Quellgrad von über 6oo%,
d. h. den dreifachen Wert des
Ausgangsstoffes. In dieser Forin ist
es dem ursprünglichen Eiweiß in seiner chemischen Zusammensetzung praktisch gleich
und dank seines hohen Quellgrades sehr leicht vorn menschlichen Organismus resorbierbar
und deshalb als diätetisches Produkt vorteilhaft geeignet. Daneben kann es infolge
seiner günstigen oberflächenaktiven Eigenschaften als Grundlage für die Verstellung
von Schaumspeisen, wie Kreme und Tortenbelägen, sowie für ähnliche Zwecke verwendet
und ferner wegen seines hohen Nährwertes als Zugabe zti Mehlspeisen und anderen
Nahrungsmitteln und außerdem auch mit Erfolg hei der Bereitung von Käse eingesetzt
werden.