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Verfahren zur Herstellung eines Hefe-Leberpräparates
Leber als Therapeutikum
bei perniziöser Anämie ist bekannt. Es handelt sich hierbei nach neueren Forschungen
um einen in der Leber von Tier und Mensch sich bildenden Wirkstoff, dem diese Heilwirkung
zuzusprechen ist. Dieser als Hämochrom oder als Antiperniziosaprinzip bezeichnete
Wirkstoff bildet sich in der Normalleber von Tier und Mensch aus einem Ferment der
Magenschleimhäute (Innenfaktor) und einem durch die Nahrung zuzuführenden Vitamin
(Außenfaktor). Bei der echten Perniziosa ist dieser Bildungsmechanismus gestört.
In der Leber dieser Kranken entsteht kein Hämochrom, was zur Folge hat, daß das
Knochenmark keine neuen Erythrozyten aufbauen kann. Um diese Menschen, die Krankheit
wurde bisher nur am Menschen beobachtet, am Leben erhalten zu können, muß ihnen
dauernd der bereits fertige und in jeder tierischen Leber vorhandene Wirkstoff zugeführt
werden.
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Welche Rolle bei diesem Mechanismus die Folinsäure und das in neuester
Zeit genannte Vitamin B 12 spielt, ist noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist
jedenfalls, daß die Folinsäure nur teilweise die bisherigen Leberpräparate ersetzen
kann; speziell gegenüber den im Verlauf der Erkrankung häufig zu beobachtenden Nervenschädigungen
(Myelose) ist Folinsäure unwirksam, dagegen können zur Bekämpfung und Heilung dieser
Schädigungen mit gutem Erfolg Aneurin und die im Vitamin-B 2-Komplex vorhandenen
antianämischen Faktoren verwendet werden.
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Aus diesen Forschungsergebnissen bei der Perniziosa ersieht man,
daß es zweckmäßig ist, die Erkrankung nicht nur mit dem eigentlichen Perniziosaprinzip
anzugehen, sondern gleichzeitig mit den übrigen antianämischen Wirkstoffen. Es besteht
die Ansicht, daß die hochgereinigten Leberpräparate für intramuskuläre Injektion,
die in weitgehend
gereinigter Form das Hämochrom enthalten, nur
in schweren Fällen zur Reorganisation des Blutbildes angewandt werden müssen. Die
Dauerbehandlung des Patienten dagegen soll am zweckmäßigsten durch ein gutes orales
Präparat erfolgen, das neben dem angereicherten Antiperniziosaprinzip auch die sämtlichen
B-Vitamine in hoher Konzentration enthält.
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Bei den älteren Verfahren bewirkte man eine Anreicherung sämtlicher
antianämischer Wirkstoffe der Leber durch bekannte Extraktionsverfahren mit angesäuertem
Wasser oder wässerigem Alkohol.
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Weitere Verfahren befaßten sich mit anschließenden Reinigungsverfahren
zum Zwecke der Gewinnung eiweißfreier Präparate.
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Darüber hinaus hatte man auch bereits erkannt, daß die antianämische
Wirkung der Leber in wesentlichem Maße dadurch gesteigert werden kann, daß man sie
der Einwirkung von physiologischen Aktivstoffen, die im tierischen Magen vorkommen,
aussetzt. Ein in der deutschen Patentschrift 66I 739 beschriebenes Verfahren besteht
darin, daß man die zerkleinerte Leber, daraus hergestellte Preßsäfte oder Auszüge
mit tierischem Magen, Preßsäften oder Extrakten daraus oder mit natürlichem Magensaft
behandelt und das Erzeugnis als solches oder als Preßsaft oder Extrakt verarbeitet.
Diese Behandlung kann unter gleichzeitiger Verwendung von eiweißspaltenden Fermentern,
z. B. Pepsin, Trypsin (Pankreatin) usw., durchgeführt werden.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß es äußerst
wertvoll ist, wenn mit einem die antiperniziosen Wirkstoffe und Vitamine enthaltenden
Produkt gleichzeitig hochwertiges Eiweiß in gut resorbierbarer Form gegeben wird.
Um zu einem solch hoch wirksamen Produkt, sowohl zur Behandlung der perniziösen
Anämie, als auch anderer Anämien zu kommen, erfolgt gemäß der Erfindung eine Anreicherung
der antianämischen Wirkstoffe der Leber und anderer Organe und Gewebe durch gemeinsame
Autolyse mit Hefe.
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Die Hefe enthält verschiedene antianämische Faktoren neben Vitaminkomplexen
und hochwertigem Eiweiß, das bei der gemeinsamen Autolyse mit Leber usw. in Aminosäuren
gespalten und in sehr gut resorbierbare Form gebracht wird und zusammen mit den
übrigen Faktoren der Hefe das spezielle antiperniziöse Prinzip der Leber unterstützt.
Mit den Aminosäuren können die Blutelemente aus Eiweiß bzw. Aminosäuren durch das
Knochenmark aufgebaut werden.
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Der Verfahren kann folgendermaßen durchgeführt werden. Frische, d.
h. lebende Hefe beliebiger Herkunft, so z. B. Torulawuchshefe, Bäckereihefe, Bierhefe
usw., und Leber oder andere Organe oder Gewebe werden in geeignetem Verhältnis,
z. B. 2 : 1, gemeinsam unter Zusatz von zellabtötenden Mitteln, wie z. B. Toluol
oder Essigester, bei 35 bis 390 C autolysiert. Die Autolyse ersetzt dabei die technisch
nur unbefriedigend durchführbare künstliche Verdauung mit Magensaft oder Magenschleimhaut.
Die Autolyse darf nicht zu lange fortgesetzt werden, damit nicht zuviel Eiweiß zu
Aminosäuren abgebaut wird. Die Aminosäuren sind zwar durchaus erwünscht, sie erniedrigen
jedoch andererseits im Endprodukt, gewissermaßen durch Verdünnung die Konzentration
der wirksamen antianämischen Faktoren.
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Nach beendigter Autolyse wird der verflüssigte Ansatz bei einem für
die Extraktion optimalen pn, z. B. 3 bis 6, mit geeigneten Extraktionsmitteln, z.
B. Alkoholen, wie Äthanol oder Methanol, auf etwa 65 bis 85 O/o Alkohol gebracht
und der Extrakt vom unlöslichen Rückstand, z. B. durch Filtrierpressen, Zentrifugen
o. dgl., abgetrennt. Unlöslich bleiben unverdauliches Eiweiß, Peptide und höhere
Kohlehydrate, welche gegebenenfalls für andere Verwendungszwecke weiter verarbeitet
werden können. In der Lösung sind nach entsprechendem Auswaschen des Rückstandes,
beispielsweise mit 70 0/obigem Alkohol, praktisch quantitativ sämtliche antianämischen
Wirkstoffe aus der Leber und Hefe enthalten. Außerdem enthält die Extrakttrockensubstanz
etwa 50 O/o des Ausgangseiweißes in Form von Aminosäuren und niedrigen Peptiden.
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Die vereinigten Alkoholextrakte werden auf eine möglichst hohe Konzentrationsstufe,
z. B. im Vakuumverdampfer, eingeengt. Dabei destilliert der Alkohol über und kann
nahezu restlos wiedergewonnen werden. Der eingedickte Extrakt wird in geeigneter
Weise, z. B. in einem Zerstäubungstrockner, zu einem hygroskopischen Pulver getrocknet,
das in eine geeignete Form, z.B. in Tabletten, gepreßt und dragiert wird.
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Ausführungsbeispiel I 10 kg gemahlene Leber und 20 kg Frischhefe
werden unter Zusatz von 0,I5 kg eines Desinfiziens, z. B. Toluol, Essigester u.
ä., mit oder ohne Zugabe von Wasser, 2 Tage bei 370 autolysiert.
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Nach beendeter Autolyse werden 501 Methanol oder Athanol zugegeben;
nach kurzem Stehen wird der alkoholische Extrakt durch Filtration oder Zentrifugieren
gewonnen. Der Rückstand wird nochmals mit 700/obigem Alkohol (Methanol oder Äthanol)
extrahiert. Das p, der Extrakte soll zwischen 5 und 5,5 liegen. Dieser Wert wird
meist praktisch durch die Autolyse erreicht, kann, wenn notwendig, jedoch auch durch
Zugabe von Mineral- oder organischen Säuren eingestellt werden. Der Extrakt einschließlich
Waschextrakt wird in einem Vakuumverdampfer auf etwa 60 °/o Trockensubstanz eingedampft.
Der anfallende Dickextrakt wird in einem Zerstäubertrockner zu einem hellbraunen,
hygroskopischen Pulver getrocknet.
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Ausbeute: 3,9 kg Fertigprodukt (Trockensubstanz) = 55,30/0 der Ausgangstrockensubstanz.
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Analyse des Fertigproduktes: Ges. N: I0,820/o; Amino-N: 6,I2 °/o;
Asche: 9,45 0/0.
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Ein derartiger Hefe-Leber-Extrakt besteht zu etwa go O/o aus Aminosäuren.
Das Verhältnis von Gesamtstickstoff zu Aminostickstoff liegt bei 50 bis 600/0, woraus
hervorgeht, daß höher molekulare Peptide neben den Aminosäuren kaum vorhanden sind.
Das Gemisch eignet sich daher u. a. auch besonders zur Verwendung als orales Aminosäurepräparat.
Die Vereinigung der antiperniziösen
Wirkstoffe mit den Aminosäuren
ergibt eine physiologische Wirkung, die besonders als Aufbaupräparat (Tonikum) geeignet
erscheint. Durch Zugabe anderer Aminosäuren oder sonstiger medizinischer Stoffe
können weitere therapeutische Wirkungen erzielt werden.
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Ausführungsbeispiel 2 Als Beleg für die erfindungsgemäße Behauptung,
daß eine gemeinsame Autolyse von tierischen Organen mit frischer Hefe eine Verbesserung
der Aminosäurebildung darstellt, wurde folgender Versuch durchgeführt: Ansatz I:
2 kg gemahlene Frischleber wurden mit 2 1 Wasser und I50 ccm Toluol versetzt und
bei 200 mehrere Tage der Autolyse überlassen.
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Ansatz 2: 2 kg abgepreßte Frischhefe (Backhefe) wurden mit 2 1 Wasser
und I50 ccm Toluol versetzt und bei 200 mehrere Tage der Autolyse überlassen.
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Ansatz 3: Die in Ansatz I und 2 angegebenen Mengen an Leber, Hefe,
Wasser und Toluol wurden zusammen unter den gleichen Bedingungen wie bei Ansatz
I und 2 der Autolyse überlassen.
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Von jedem Ansatz wurden täglich Proben entnommen und in einem 50
Volumprozent Alkohol enthaltenden Extrakt aus diesen Proben der Gehalt an Aminostickstoff
(nach Pop e u. 5 t e ve n s, Biochem. Journal 33, 1070 [I9391 bestimmt.
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Außerdem wurde der Gehalt an Ammoniakstickstoff im gleichen Extrakt
ermittelt.
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Die Ergebnisse der Aminostickstoffbestimmungen sind in der folgenden
Tabelle wiedergegeben.
Ansatz 3 |
Mehrausbeute |
Versuchsdauer Amino-N-Gehalt in o/o Theoretische an Amino-N
in 0/0 |
in Stunden Ausbeute al der |
aus I Ansatz 2 Ansatz 3 aus Ansatz I und 2 theoretischen Ausbeute |
Ansatz I Ansatz 2 Ansatz 3 Ansatz 1 und 2 |
2 2 3 4 8 |
23 0,I208 o,og65 0,1536 o,Io86 4I,4 |
47 0,I542 0,I320 0,243 0,I43I 70,0 |
68 0,I780 0,I540 0,3230 o,I660 94,8 |
I40 0,2364 0,572 0,670 0,4042 66,o |
Wie man sieht, übertrifft die Ausbeute an Aminostickstoff im Ansatz 3 an allen Tagen
bei weitem die Durchschnittsausbeute aus Ansatz I und 2 (Spalte 4), die entsprechend
den Versuchsbedingungen zu erwarten gewesen wäre, wenn bei der gemeinsamen Autolyse
von Hefe und Leber lediglich eine Addition der enzymatischen Abbaureaktionen eingetreten
wäre.
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Ferner konnte lediglich bei dem reinen Leberansatze eine deutliche
Ahmoniakbildung festgestellt werden, und zwar nach 23 Stunden 0,0280/0, nach 47
Stunden o,oI8 o/o und nach I40 Stunden o,oI8 o/o. Bei Ansatz 2 konnte nur eine spurenweise
Ammoniakbildung beobachtet werden, während bei Ansatz 3 eine Bildung von Ammoniak
nicht mehr nachweisbar war. Dies beweist, daß die im Sinne der Erfindung unerwünschte
Bildung von Ammoniak durch Amidasen infolge der gemeinsamen Autolyse von Hefe und
Leber unterdrückt wird.