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Steuereinrichtung für Gleichstromfahrzeuge mit selbsttätiger .geschwindigkeitsabhängiger
Regelung des Anfahr- und Bremsstromes Bei elektrischen Triebwagen, welche für Vollbahnen,
Stadtbahnen und Untergrundbahnen Verwendung finden, hat man bisher fast nur mit
Druckluft gebremst und die elektrische Steuerung auf den Fahrvorgang beschränkt.
In neuerer Zeit erkennt man jedoch immer mehr, daß mit der Erhöhung der Geschwindigkeit
und der Zuglasten die elektrische Bremse bedeutende Vorteile bringt, auch wenn auf
die Druckluftbremse als Sicherheitsbremse nicht verzichtet werden kann. Diese Vorteile
liegen hauptsächlich in dem geringen Bremsklotzverschleiß, dann aber auch in der
Verminderung der Bremsstaubentwicklung im Tunnel. Desgleichen macht sich auch die
geringe Geräuschentwicklung und die geringe Brandgefahr angenehm bem erkba r.
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Die erfindungsgemäße, «-eiter unten näher beschriebene Steuerung bezieht
sich auf solche, welche das Anfahren und die elektrische Bremsung selbsttätig regeln,
wobei vom Meisterfahrschalter aus mehrere Verzögerungsstufen über Bremswächter wählbar
sind. Die Anfahrt der Motoren erfolgt in der bekannten Reihen-Parallel-Schaltung,
wobei die notwendigen Widerstandsgruppen durch ein selbsttätig gesteuertes Schaltwerk
entsprechend der Stromaufnahme der Motoren abgeschaltet werden. Die Regelung der
Bremse
geht in der Weise vor sich, daß die Motoren in die Bremsschaltung
gelegt und entsprechend dem sich entwickelnden Brenisstrorn die Br:einswirlerstände
selbsttätig durch das Schaltwerk abgeschaltet werden.
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Derartige Schaltwerke haben für die elektrische Bremse nur dann Wert,
wenn der Ein -satz der Bremsverzögerung in gleich kürzer "Zeit vor sich geht. wie
dies bei der Druckluftbremse der Fall ist. Sie muß von sämtlichen Geschwindigkeiten
aus in derselben Zeit einsetzen, damit der Zugführer genau wie bei der Druckluftbrenise
das Gefühl der sicheren Beherrschung des Bremsvorganges hat. Andernfalls wird er
,ich bevorzugt der Druckluftbremse bedienen. Der Wert der zusätzlichen elektrischen
Bremse würde (ladurch nicht ausgenutzt werden.
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Die elektrische Bremsung, insbesondere die selbsterregteKurzschlußbreinse,
setzt aber, je nach der Wagengeschwindigkeit, aus der gebremst werden soll, bei
ganz verschiedenen Breinswiderstandswerten ein, die ein Widerstandsverhältnis von
5 : i aufweisen können. Das bedeutet also, (lall die elektrische Bremsung je nach
der Fahrzeuggeschwindigkeit auf den verschiedensten Stellungen des regelnden Schaltwerkes
einsetzt. Da die Schaltwerke aber eine bestimmte Durchlaufgeschwindigkeit nicht
üb: rschreiten können, muß mit einem mehr oder minder verzögerten Einsetzen der
elektrischen Bremse ja nach der ini Augenblick des Bremsens zufälligen Schaltwerkslage
gerechnet «-erden.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, eine elektrische Bremsung
der Triebwagen vorzusehen. welche in allen Fällen ihren sofortigen wirksamen Einsatz
mit einer merkbaren Verzögerung gewährleistet, ohne die bewährte Bauweise der Schaltwerke
zu komplizieren.
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Die erfindungsgemäße Lösung besteht darin, daß beim Einleiten der
elektrischen Bremsung durch einen vom Meisterfahrschalter des führenden Triebwagens
gegebenen Befehl der der augenblicklichen Zuggeschtvindigkeit entsprechende Bremswiderstand
sofort eingeschaltet wird, unabhängig davon, in welcher Stellung sich das die Bremse
regelnde Schaltwerk gerade befindet. Zu diesem Zwecke sind eine entsprechende Anzahl
zusätzlicher Schütze vorgesehen, welche in Abhängigkeit von der Wagengeschwindigkeit
ansprechen und die elektrische Bremsung augenblicklich einleiten. Diese Bremsung
wird so. lange aufrechterhalten, bis das nacheilende Schaltwerk die angesteuerte
Stellung erreicht hat und nun die Regelung der Bremse viel- oder feinstufig selbsttätig
übernimmt. Die erfindungsgemäße Steuereinrichtung ist sowohl bei solchen Schaltwerken
anwendbar, die im g'leichen Drehsinn weiterschalten als auch bei solchen, «-elche
ihren Drehsinn wechseln.
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' Es ist zwar schon eine gescli-%vindig1,eitsabhängige Steuerung für
Fahren und Brerni sen elektris,#lier Fahrzeuge bekanntgeworden, bei welcher der
Fahr- bzw. Bremsschalter durch einen Flielikraftregler unmittelbar in die Stellung
gebracht wird, die der gerade erreichten Geschwindigkeit des Fahrzeuges eilt-' spricht.
Ganz davon abgesehen, daß es sich dabei tun eine Einmotorsteuerung und nicht um
eine solche handelt, bei welcher die Fahrinotoren in Reihen-Parallel-Schaltung angelassen
«-erden. unterscheidet sich diebekannte Einrichtung auch noch dadurch von der erfindungsgemäßen,
daß bei der ersteren ein besonderer Fahrschalter und ein besonderer Ilreinsschalter
vorgesehen sind. Die beiden Walzen sind zwar miteinander gekuppelt. Es wird jedoch
noch ein besonderer Umschalter erforderlich, welcher jeweils einen der beiden Schalter
mit dem Motorstromkreis verbindet. Bei der Steuereinrichtung nach der Erfindung
wird jedoch für den Fahr- und Bremsvorrang das gleiche Schaltwerk benutzt.
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lm nachstehenden wird an Hand des dargestellten Beispiels eines hin
und her gehenden Schaltwerkes das Wesen des Erfin(lungsge(lanlcens näher erläutert.
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Abb. i veranschaulicht die Starkstromschaltung einer feinstufigen
Schaltwerksteurung für vier Motoren. Die vollausgezogenen Linien beziehen sich auf
die Bremsschaltung und die gestrichelten Linien auf die Fahrschaltung. Mit .lh bis
l14 sind die Motoranker und mit F, bis F., die dazu gehörenden Motorfelder bezeichnet.
Die vom l@eisteifahrschalter aus gesteuerten Schütze für die Fahr- und Bremsstellungen
der Motoren tragen die Bezugszeichen i bis B. Sie können auch in Abhängigkeit von
einem Fortschaltrelais schalten. Der Schalttakt der Schütze ist aus der zu der Abb.
i gehörenden Schalttabelle zu ersehen. Vom Stromabnehmer wird der Fahrtrom über
(las i'berlastrelais i i. die Hauptsicherung 12, Kontakte auf dem Bremswender 13
und Schütz i den Motorankern zugeführt. Von dort führt der Stromkreis wiederum über
Kontakte auf dein Freniswender zu den Feldern F1 bis F,. über die Bürsten des feinstufigen
Schaltwerkes i.1 und den dazu gehörenden feinstufigen Widerstand 18 zur Erde.
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Bei der Anfahrt wird der Bürstensatz des Schaltwerkes 1.4 fortschreitend
von links nach rechts bis zum Anschlag bewegt. Damit sind die Reihenstellungen des
Anfahrvorganges durchlaufen. Dann erfolgt eine Umschaltung. und (leg Bürstensatz
durchläuft in umgekehrter Richtung wiederum den Widerstandssatz 18. Damit ist die
Parallelanfahrt beendet.
Für das elektrische Bremsen wird der Bremswender
13 in die in Abb. i dargestellte Lage umgelegt und die bekannte Kreuzschaltung mit
Ausgleichsleiter hergestellt. Bei normalem Bremsen durchläuft der Bürstensatz des
Schaltwerkes 14 genau wie beim Fahren die Widerstandsanzapfungen von links nach
rechts, wobei die Bremsstellungen in Reihenschaltungen der Widerstände durchlaufen
werden, und danach bewegt er sich wieder von rechts nach links in die Ausgangsstellung,
bei der die Widerstände in Parallelschaltung durchschaltet sind.
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Der Regelbereich in Reihenstellung der Widerstände bezieht sich auf
die hohen Abbremsgeschwindigkeiten. Die erfindungsgeinäße Einrichtung ist auch nur
hierfür zugeschnitten. Bei Parallelschaltung der Widerstände werden nur kleine Abbremsgeschwindigkeiten
erfaßt, wo die Anwendung der Druckluftbremse betriebsmäßig tragbar ist.
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In Abb.2 ist die Reihenschaltung der Widerstände beim Bremsen dargestellt.
Erfindungsgemäß liegen an den Regelwiderständen 18 in gewissen Stufen die Schütze
I bis V, deren Erregerspulen 51 bis 55 in Abhängigkeit von der Spannung das Einschalten
der- Schütze bewirken. Diese Spannung wird von einer Drehzahldynamo 2o, welche von
einer Fahrzeugachse oder von der Welle eines Fahrmotors aus angetrieben wird, erzeugt.
Die Spannung ist verhältnisgleich der Wagengeschwindigkeit. Das Einschalten der
Schütze kann aber auch in Abhängigkeit vor irgendwelchen anderen geschwindigkeitsabhängigeir
Größen erfolgen und beispielsweise vermittels Bremswächter bewirkt werden.
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Hat nach vollzogener Anfahrt ein längerer Auslauf des Fahrzeuges stattgefunden,
so hat die Feder 84 mittels des Hebels 82 die Bürsten 14 in die dargestellte Endlage
gezogen, da die Solenoidspule 8o ja stromlos ist. Bei Einleiten der elektrischen
Bremse aus geringerer Geschwindigkeit, die einem Widerstandswert R3, R, + R.,, R4
entspricht, geschieht nun folgendes: Die Drehzahldynamo to speist über den Bremswenderhilfskontakt
13" den geschlossenen Hilfskontakt 3o, des Schützes 3, die durch die Kontaktbrücke
43 geschlossenen Kontakte 44 42 des Stromwächters 4o2., die Schüttspulen 51 und
53 sowie über den anderen geschlossenen Hilfskontakt 30b des Schützes 3, die durch
die Kontaktbrücke 46 geschlossenen Kontakte 44, 45 des Stromwächters 4o, die Schüttspule
52. Die Schütze I, II und III sprechen also an. Der Bremsstrom der Motoren fließt
nunmehr über den ig, den geschlossenen Kontakt 13L der Bremswendewalze, das Schütz
III in den Widerstand i8, weiterhin über das Schütz 3, die Widerstandsgruppe R.,
R4 und den geschlossenen Kontakt 13 der Bremswendewalze zur Erde. Die Widerstandsgruppe
R3, R5 -E- R., R4 ist also sofort eingeschaltet.. Gleichzeitig hat das Antriebssolenoid
so über den Meisterfahrschalter Strom erhalten und zieht mittels des Kernes 81 den
Hebel 82 entgegen der Kraft der Feder 84 und damit den Bürstensatz 14 in der Pfeilrichtung
durch. Da der Bremsstrom dabei .nicht den Wert, der zu der normalen Verzögerung
gehört, erreicht, der Stromwächter 17 also nicht anspricht, bleibt das Dämpfungssolenoid
89 stromlos, und die mit der Zahnstange 85 verbundenen Kolben treiben die Dämpfungsflüssigkeit
86 über das Durchlaßventil 87 und die Rohrleitung g2 in den Kolbenraum 9i. Gleichzeitig
ist der Meisterfahrschalter 6o über die Kontakte 61 und 6z und den Belag 63, den
Hilfskontakt 13,1 auf der Bremswalze, die Spttle 7o, die Kontakte 96 und 9; und
die Beläge 93 und 94 der Hilfswalze 95 des Schaltwerkes an Erde gelegt. Das Schütz-
70 spricht an und schließt über seine Kontakte 71 und 72 und die Kontaktbrücke
73 seinen eigenen Halte:-stroinkreis. Die Hauptkontakte dieses Schützes 74 und 75
werden durch die Kontaktbrücke 76 geschlossen. In diesem Stromzweig fließt jedoch
so lange kein Strom, wie der Bürstensatz 14 nicht die Stellung erreicht hat, die
dem eingeschalteten Widerstandswert 1z3, R, R., R4 entspricht. Sowie Jedoch. der
Bürstensatz diese Stellung überschreitet, läuft der Bremsstrom vom Zusatzwiderstand
i9 über die Kontakte 74, 75, die Spule 4o" des Bremswächters, den Bürstensatz 14
zum Regelwiderstand i S. Dadurch hebt sich die Kontaktbr ücke 43 von den Kontakten
41 und 42 des Bremswächters 4o« ab und unterbricht die Erregung der Spulen 51 und
53. Die Schütze I und III fallen ab. Der weitere Verlauf der Bremsung regelt sich
jetzt selbsttätig feinstufig weiter. Der für den Widerstand Rr, R, dargestellte
Schaltungsverlauf vollzieht sich in der gleichen Weise auch im Widerstandssatz Ro,
R4.
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Besonders groß werden die Durchlaufzeiten des Schaltwerkes, wenn bei
hoher Geschwindigkeit in Reihenfahrstellung der Fahrmotorstrom unterbrochen und
sofort anschließend die Bremsung eingeleitet wird.- Dann befinden sich die Bürsten
des Schaltwerkes 14 auf einer niedrigeren Widerstandsstellung als sie der Fahrgeschwindigkeit
entspricht. Diese sei wiederum so, daß die Schütze I, 1I und III anziehen. Nun kann
aber vom Führerschalter aus das Schütz 7o nicht eingeschaltet werden, weil sich
die Kontaktfinger 96 und . 97 der Hilfswalze 95 nicht auf den entsprechenden Belägen
93 und 94 befinden. Also verbindet auch die Hauptstrombrücke 76
nicht
die Kontakte 74 und 75. Für die Einstellung des Widerstandes bleiben lediglich
die Schütze I, 1I und III maßgebend. Die Feder zieht das Schaltwerk so lange durch,
bis es in die linke Endstellung gelangt ist und damit den Stromkreis des Sperrschützes
70
schließt. Gleichzeitig erhält aber auch die Spule 8o des Betätigungssolenoides
Spannung und zieht die Bürstenbrücke des Schaltwerkes in der Pfeilrichtung durch.
Von nun an ist der Vorgang der gleiche, wie er im ersten Bremsfall betrachtet wurde.
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In Ab:b.3 sind die Bremsverhältnisse für die erfindungsgemäße Steuerurig
dargestellt. Solange Schütze I eingeschaltet ist, verläuft der Bremsvorgang in der
mit I gekennzeichneten Widerstandslinie. Das gleiche gilt für die Widerstands-,,verte,
die durch die Schütze I-11 usw. bis I-V eingeschaltet sind. Diese Linien sind so
gewählt, daß im Höchstfalle die mittlere Bremsgeschwindigkeit beim Einschalten erreicht
werden kann. _Unter der Voraussetzung, dali der Geschwindigkeitspunkt a. eingeschaltet
wird, stellt sich sofort ein Bremsstrom a-b ein. Dieser Wert klingt längs der Linie
b-c ab. Bei dieser Geschwindigkeit schaltet nun das Schütz Il ein, und es ergibt
sich ein Bremsstrom, der dem Punkt d entspricht. Im weiteren Verlauf der Bremsung
klingt dieser entsprechend der Linie e-d ab. In diesem Punkt ist das Schaltwerk
im ungünstigsten Falle stromlos und: ungedämpft auf den gleichen Widerstandswert
gelaufen und übernimmt nun die weitere feinstufige Regelung entsprechend der Linie
e-t. Der besondere Vorteil der selbsttätigen Bremsung bei großen Geschwindigkeiten
liegt darin, daß während der Laufzeit des Schaltwerkes von a bis e bereits eine
merkbare Verzögerung des Fahrzeuges eingetreten ist, während bei der bisher üblichen
Schaltwerksanordnung diese Zeit mit der Auslaufgeschwindigkeit ungebreinst weitergefahren
worden wäre. Der theoretisch kürzeste Bremsweg würde sich ergeben, wenn sofort mit
der Betriebsverzögerung gebremst werden würde. Der längste Weg ergibt sich. wenn
während der Durchlaufzeit des Schaltwerkes ungebremst weitergefahren würde. Durch
das sofortige Einsetzen der Bremsbereitschaft mit Hilfe der geschwindigkeitsabhängigen
Schütze «-erden ,go °1o des Verlustwertes ausgeglichen.