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Verfahren zur Bereitung von Emails für den Naßauftrag Emailschlicker
müssen ganz besondere Kolloidalitätseigenschaften aufweisen, damit sie einwandfrei
aufgetragen werden können. Sie werden mit Ton oder einem anderen Schwebemittel,
etwa Bentonit oder Magnesiumoxyd, zusammen vermahlen, da sie sich ohne einen solchen
Zusatz sehr schnell absetzen würden. Schwebemittel wirken aber erfahrungsgemäß nur
dann im gewünschten Sinne, wenn das Schlickerwasser ausreichende Mengen an Elektrolyten
enthält. Bei den meisten Emails ist nun -die Wasserbeständigkeit so gering, daß
sie nicht unerhebliche Mengen löslicher Salze, insbesondere Alkaliborate, an das
Mühlenwasser abgeben. Derartige Emails lassen sich zuweilen ohne weiteren Elektrolytzusatz
einwandfrei auftragen. Oft muß man allerdings den Schlicker nach dem Mahlen noch
längere Zeit ruhen lassen, damit das Wasser ausreichende Mengen an Elektrolyten
aufnehmen kann. Die geschilderten Vorgänge sind nun weitgehend von den Arbeitsbedingungen
abhängig. Kleine Unterschiede in der Mahldauer, in den Temperaturverhältnissen während
des Mahlens und des Lagerns, ferner unvermeidliche Abweichungen in der Schmelzarbeit
haben auf die Menge,der .ausgelaugten .Salze erheblichen Einfiuß. Man nimmt daher
meist einen Ausgleich .in der Weise vor, daß man zusätzlich noch Elektrolyte, sogenannte
Stellmittel, einführt, wobei man die davon benötigte Menge durch Versuche ermittelt.
Unumgänglich erforderlich sind solche Stellmittel bei allen Emails von erhöhter
chemischer Beständigkeit, die wenig oder gar nicht vom Schlickerwasser ausgelaugt
werden.
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Die Stehmittel lassen sich in zwei Gruppen einteilen, nämlich in diejenigen,
welche beim Einbrennen in dem schmelzenden Email Gase oder Dämpfe entwickeln, und
andere, bei denen diese Erscheinung nicht auftritt, sei es, daß sie kein gebundenes
Wasser, kein Kohlendioxyd o. dgl. enthalten, sei es, daß ihr Wärinezerfall
schon
erfolgt, ehe das Email glattzuschmelzen beginnt.
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Zu der letztgenannten Gruppe gehören insbesondere die oft angewandten
Chloride und Sulfate. Diese Stoffe haben indessen den Nachteil, daß sie emailfremd
sind. Sie werden von dein schmelzenden Email nicht als Glasbildner aufgenommen.
Sie dürfen also iiur in ganz kleinen Mengen angewandt werden. Es besteht sonst Gefahr,
daß sie nach dem Einbrennen auswittern oder gar das Email zum Erblinden bringen.
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Aus dieseln Grunde wird vielfach Soda oder Borax vorgezogen, deren
feste Anteile in dem Email eintreten. Leider gehören aber diese und verwandte Stellmittel
zu der erstgenannten Gruppe. Sie zerfallen nämlich beim Brennen unter allmählicher
Abspaltung -ton Wasserdampf bzw. von Kohlendioxyd. Dieser Vorgang spielt sich größtenteils
ab, während das Email glattschmilzt. Die Folge davon ist, daß dieses von zahllosen
Bläschen durchsetzt ist, welche trübend wirken. In Einzelfällen kann diese Trübung
erwünscht sein. Oft aber macht sie das Email unbrauchbar. Dies ist beispielsweise
der Fall bei den durchsichtigen Majolikaemails. Dazu kommt aber noch :eine weitere
Gefahr, nämlich die der Bildung von Gasrändern. Diese entstehen an solchen Stellen,
wo eine Anreicherung der genannten Stell-mittel stattgefunden hat. Wird z. B. ein
aufgetragenes und getrocknetes Arbeitsstück in üblicher Weise gerändert, so dringt
das Schlickerwasser des Ränderemails einige Millimeter weit in die angetrocknete
Masse ein. An der Grenzlinie entsteht dann gegebenenfalls eine Anhäufung von Soda
bzw. Borax, die in solcher Konzentration beim Brennen Kohlendioxyd und Dampf in
Form verhältnismäßig großer Blasen abgeben: das Email kocht auf, es bildet sich
ein Gasrand. Will man dieser Gefahr entgehen, so muß man mit entsprechend kleinen
Zusätzen arbeiten. Dann aber ist häufig die Stellwirkung wiederum nicht ausreichend.
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Durch die Verwendung von Borax kann aber noch ein weiterer Fehler
entstehen. Viele Deckemails neigen während des Brennens zum Teilen. Dieser Fehler
äußert sich derart, daß in der Emailschicht, bevor sie zu schmelzen beginnt, mehr
oder weniger zahlreiche Risse entstehen, die sieh beim Brennen entweder überhaupt
nicht schließen oder nur unter Hinterlassung von sogenannten Haarlinien. Die Ursache
dieser Erscheinung ist noch nicht geklärt. Manche Emails neigen von Hause aus sehr
dazu, andere gar nicht. Stets aber wird die Gefahr des Teilens stark erhöht, wenn
der Schlicker Borax enthält. Es ist also auch aus diesem Grunde der Verwendung von
Borax eine enge Grenze gesetzt. Dasselbe gilt übrigens von anderen Boraten und von
Borsäure.
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Planmäßige Untersuchungen haben einen Weg gewiesen, der es ermöglicht,
unter Vermeidung der angeführten Nachteile eine gute Stellwirkung zu erzielen und
obendrein wichtige Eigenschaften der Emails zu verbessern. Das Verfahren besteht
darin, daß man in rIas Mahlwasser eine Verbindung der Borfluorwasserstoffsäure,
etwa --\-atiium-, Kaliuniod.er Zinkborofluorid, einführt, wobei es grundsätzlich
einerlei ist, ob man diese Stoffe schon zur Mühle zusetzt oder erst später. Die
Borofluoride zerfallen, für sich erhitzt, unter Entweichen von Bortrifluorid. Versuche
haben aber überraschenderweise ergeben, daß sie sich in Berührung mit dein aufzubrennenden
Email ganz anders verhalten. Sie treten, anscheinend unter Bildung von hitzebeständigen
Borosilikaten und Fluoriden, in das Email ein, ohne diese: durch Bläschenbildung
zu trüben oder gar zum Aufkochen zu bringen. Da man schon mit kleinen Zusätzen eine
verhältnismäßig gute Stellwirkung erzielt, bei einem säurefesten Email genügt beispielsweise
0,3 °;'o des Emailgewichtes, bleibt die chemische Beständigkeit Gier Emails
praktisch unverändert. Der Glanz wird ebenfalls nicht beinträchtigt.
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Zu diesen Vorzügen tritt ein weiterer, der das grundsätzlich verschiedene
Verhalten der Borsäureverbindungen und der Borofluoride beim Emaillieren klar hervortreten
läßt. Wie bereits festgestellt wurde, erhöht ein Boratgehalt im Schlicker die Gefahr
des "feilen der Emails. Nimmt man aber @`;atriulnhar@rfltiorid an Stelle des Borax,
so tritt der Fehler nicht auf. Man kann ihn sogar unter Umständen zum Verschwinden
bringen. wenn er sich vorher zeigte.
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Ein Teilen des Emails kann aber auch durch Ursachen, die mit seiner
Zusammensetzung nichts zu tun haben, bewirkt werden. Bei vielen Arbeitsstücken treten.
besonders infolge ungleichmäßiger Wärmeausdehnung, während des Brennens Bewegungserscheinungen
auf, die in dem angetrockneten Email feine Risse erzeugen können. Hierdurch wird
ebenfalls ein Teilen des Emails beim Brande verursacht. Auch dieser Fehler, der
oft sehr hartnäckig auftritt, läßt sich durch Anwendung von Borofluoriden erfolgreich
bekämpfen.
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Hiermit sind die Verbesserungen noch nicht erschöpft, welche rnan
durch Anwendung der Borofluoride erzielen kann. Sie erhöhen nämlich auch die sogenannte
Grifffestigkeit des angetrockneten Schlickers, eine Eigenschaft, die für die flotte
Verarbeitung; wichtig ist. Bei den meisten Durchschnittsemails erzeut der zugesetzte
Ton eine aus-Z,
reichende Griffestigkeit. Es gibt indessen
zahlreiche Fälle, bei denen man, gezwungen ist, auf die Verwendung von Ton und anderen
Schwebemitteln ganz oder doch fast ganz. zu verzichten, da sie stets eine gewisse
Gas-. trübung erzeugen. Bei vollkommen tiefschwarzen Emails stört schon eine geringfügige
Trübung. Noch empfindlicher sind die klaren durchsichtigen Emails, sogenannte Majolikaglasuren.
Bei diesen kann man Ton oder andere Schwebemittel, wenn überhaupt, nur in kleinsten
Mengen anwenden. Die Folge davon ist, daß die Grifffestigkeit der angetrockneten
Stücke nicht ausreicht. Schon bei der leisesten Berührung der ungebrannten Emailschicht
entstehen Fehler. Hier schafft die Einführung von Borofluoriden gründlich Abhilfe.
Das angetrocknete Email sitzt fest auf der Unterlage. Die Gefahr einer Gastrübung
besteht aber nicht. Selbstverständlich ist bei derartigen schwebemittelfreien oder
-armen Emails die gute Stellwirkung .der Borofluoride besonders wertvoll. Auch die
Tatsache, daß die Gefahr des Teilens vermieden wird, ist von Vorteil. In solchen
und ähnlich gelagerten Fällen bringt daher die Anwendung der Borofluoride mehrfachen
Gewinn.
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Im übrigen ist eine Verbesserung der Grifffestigkeit niemals ein Fehler.
Auch dort, wo hierfür bislang kein ausgesprochenes Bedürfnis bestand, wird man sie
begrüßen, da die Empfindlichkeit der Arbeitsstücke beim Anfassen und beim Transport
vermindert wird und damit die Fehleranfälligkeit sinkt. Auch bei der Herstellung
von Schildern bietet die Erhöhung der Griffestigkeit durch Borofluoride erhebliche
Vorteile. Man kann damit ähnliche Erfolge erzielen wie bisher mit Tragant oder verwandten
organischen Stoffen. Dabei wird aber die Gastrübung vermieden, so daß leuchtende,
lebhafte Farben nunmehr viel reiner hervortreten als bisher.
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Schließlich bietet die Verwendung der Borofluoride noch weitere Vorteile
bei Grundemails, Werden diese aus irgendwelchen in der Praxis oft unvermeidlichen
Ursachen besonders langsam eingebrannt, .dann treten leicht Kupferköpfe, Zunderstellen,
selbst Zunderblasen auf. Besonders groß ist die Gefahr, wenn unter Verwendung von
Durchlauf-(Tunnel-) Öfen gearbeitet wird, aber auch beim Brennen in der Muffel kann
sich; beispielsweise bei starkwandigen Stücken, bei dichter Besetzung des Brennrostes,
bei Benutzung viscoser Grundemails, der Fehler einstellen. Er wird dadurch verursacht,
daß dgr Luftsauerstoff infolge des verzögerten Glattschmelzens des Grundemlails
allzulange auf die bereits glühende Unterlage einwirkt. Auch in diesen Fällen ist
ein Zusatz an Borofluoriden von Nutzen, da er die Gefahr einer Überoxydation beseitigt.
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Wie hoch im einzelnen Falle der Borofluoridzusatz zu sein hat, das
hängt sowohl von den Betriebsbedingungen wie auch von der angestrebten `'Wirkung
ab. Will man nur eine Stehwirkung erzielen, so genügt meist eine Menge von etwa
o,i bis o,6 °(o des Emailgewichtes. Genaue Angaben lassen sich hierüber nicht machen.
Eigenart des Emails, Mahlfeinheit, Menge und Art der Mühlzusätze und anderes mehr
sind von Einfluß. Man muß, wie auch bei den bekannten Stellmitteln, durch den Versuch
die günstigsten Mengen ermitteln. Will man das Teilen der Emails verhüten, ihre
Griffestigkeit erhöhen oder eine Überoxydation beim Grundbrand verhüten, so ist
es meistens angebracht, mit größeren Mengen zu arbeiten. Es kommt ein Zusatz in
Höhe von etwa o,7 bis 1,5 ofp des Emailgewichtes in Frage, in Ausnahmefällen sogar
noch mehr. Nachteile treten hierbei nicht auf, da de Boro:fluoride vom Email ohne
Gastrübung bzw. Bläschenbildung aufgenommen werden. Sollte ausnahmsweise bei den
gekannten höheren Zusatzmengen sich eine zu starke Stellwirkung zeigen, so läßt
sich diese in bekannter Weise durch vorsichtiges Hinzufügen von Wasserglas berichtigen.
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Selbstverständlich ist es nicht Bedingung, daß Borofluorid für sich
allein angewandt wird. Man kann es sehr wohl mit anderen Elektrolyten zusammen verwenden,
etwa Ammoniumchlorid, Soda, Borsäure oder Borax. Hierdurch läßt sich bisweilen eine
Verbilligung erreichen, weil man die Borofluoride verringern kann. Zweckmäßig wird
man allerdings- den Zusatz dieser Stoffe so klein halten, daß die eingangs geschilderten
Fehler vermieden werden.
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Der Zusatz von Borofluoriden zum Wasser der Naßemails erbringt also
Vorteile der verschiedensten Art. Der technische Fortschritt besteht darin, daß
sich Wirkungen erzielen lassen, die bislang, selbst bei gleichzeitiger Benutzung
verschiedener bekannter Stoffe, gar nicht oder doch nur in beschränktem Ausmaße
erreichbar waren.